Mein BoB Test - Drama in drei Akten ;-)

  • Vorspiel - 28.07., 08:00 Uhr


    Der Wecker klingelt, ich kämpfe mich aus dem Bett. Heute soll es losgehen. Der Wetterbericht hat für Dienstag und Mittwoch bedeckten Himmel und 20 – 24 Grad angesagt, quasi ideal für meinen BoB-Test in Anbetracht der Tatsache, dass ich den größten Teil der Strecke durch landwirtschaftliche Nutzfläche ohne Wald laufen werde.


    Nicht so ideal ist, dass ich mich angeschlagen fühle. Die letzte Woche hat meine Autoimmunerkrankung wieder rumgezickt, was sich in anlasslos erhöhter Körpertemperatur und Schweißausbrüchen äußert. Aber egal, ich will heute los.


    Beim Blick aus dem Fenster kommen mir allerdings erste Zweifel. Ja, der Himmel ist bedeckt, allerdings weht dazu ein kräftiger Wind und so wie es draußen aussieht, kommt immer wieder mal ein kleinerer Regenguss runter. Ich frage mich, wie gesund es wohl ist, zwei Tage bei Wind in verschwitzten Baumwoll-T-Shirts herumzulaufen. Eigentlich wollte ich die Strecke auch in kurzen Hosen gehen, weit geschnitten im Cargo-Style, bei dem Wetter müsste ich wohl auf Jeans ausweichen… auch nicht grade die perfekte Bekleidung. Aber egal, ich will heute los.


    Ich schmeiße Madame aus den Federn, die mich zum Startpunkt meiner Strecke fahren soll, tape mir die Füße und mache die 3L-Wasserblase voll. Und bringe das Ding kaum in das Trinkblasenfach an meinem Assault II. Bei meinen Testläufen hat die Wasserblase immer gut gepasst, jetzt wo auch noch die BW-Isomatte im Rucksack steckt, ist das eine verdammt enge Angelegenheit. Am Ende muss ich den Rucksack aufmachen um Druck vom Rücken zu nehmen, stopfe die Trinkblase ins Fach und mache den Rucksack wieder zu. Die Reißverschlüsse knarzen. Und der Rücken wölbt sich nach außen, als hätte ich einen kleinen Baumstamm in den Rucksack gequetscht.


    Eigentlich ist mir an dem Punkt schon latent klar, dass das heute nichts wird. Ich will es allerdings noch nicht ganz einsehen und wuchte mir den Rucksack auf die Schulter. Der Rucksack ächzt, die Nähte am Ansatzpunkt der Schulterriemen sehen ungesund aus. Ich befingere die Dinger und stelle fest: Völlig ohne Substanz. Das ist einfach nur der Stoffüberzug der Schulterriemen am Rucksack angenäht. 20 Kilo werden die nach meiner Einschätzung nicht über zwei Tage halten.


    Als ich den Rucksack dann auf den Schultern habe ist klar, dass ich heute nicht loslaufen werde. Die Wölbung der Trinkblase drückt sich wie ein Knie in meinen Rücken und der Rucksack schaukelt darauf hin und her. Das lässt sich so nicht tragen und ich mache mir (ob begründet oder unbegründet) Sorgen, dass die Trinkblase, zwischen meinem Rucken und 17 Kilo Rucksack (20 Kilo – 3 Liter Wasser) eingequetscht irgendwann platzt.


    Ich bin tierisch angefressen und muss dran denken, was im Forum immer wieder gesagt wird: Wer billig kauft, kauft zweimal.

    Interludium - 29.07 - 01.08


    Nach längerem Hadern, der Überlegung den BoB-Test komplett sein zu lassen und viel gutem Zureden von Madame ist mir klar, dass ich um einen vernünftigen Rucksack nicht herumkommen werde, zumindest dann nicht, wenn ich meinen BoB auf einem Fußmarsch testen möchte. Der Aussault II taugt in dem Zusammenhang zu wenig mehr, als ihn ins Auto zu werfen und damit in Richtung zu brettern.


    Zwei Tage Recherchieren und Vergleichen später liegen der TT Raid Pack Mk III und der TT Trooper Kopf an Kopf. Preis in etwa identisch, beide 45 Liter. Der Trooper gefällt mir eigentlich besser… Frontloader mit diversen Taschen und Täschchen, da stehe ich ja drauf. Am Ende wird es aber doch das Raid Pack, denn: Mein ganzes Gerödel ist in Modultaschen verpackt, die werde ich nicht aufmachen um die Ausrüstung auf die diversen Taschen des Trooper zu verteilen. Und das Raid Pack hat, letztlich ausschlaggebend, ein Schlafsackfach… und den Schlafsack (und das Bivy und den Poncho) einfach unten in den Rucksack zu packen ist einfach zu verlockend.


    Dazu besorge ich mir noch ein Multifunktionsshirt mit Dry-Function und UV-Protection, denn für die gesamte nächste Woche ist schönster Sonnenschein angesagt… das wird heißt werden. Und wo ich schon mal bei Intersport bin, springt auch noch ein aufblasbares Kopfkissen mit raus… ein Nordisk Dag. Etwas größer als nötig, aber ich penne gerne auf der Seite, dafür ist das Ding ideal. Insgesamt lege ich nochmal knapp 250 Tacken auf den Tisch… aber egal, ich will meinen BoB-Test.

    1. Akt - 03.08., 09:00 Uhr


    Der Wecker klingelt, ich kämpfe mich aus dem Bett. Heute soll es losgehen. Der Wetterbericht hat für Montag und Dienstag Sonnenschein und 30 – 32 Grad angesagt. Eigentlich wollte ich schon um 8 Uhr los, aber ich konnte ewig nicht einschlafen und habe insgesamt auch eher schlecht geschlafen, darum habe ich den Wecker irgendwann auf 9 Uhr umgestellt.


    Ich wanke ich die Küche und stürze auf nüchternen Magen 0,5 Liter Wasser… Hydration wird ein Thema heute. Danach schnell Duschen, Sonnencreme aufgetragen, Füße getaped. Madame muss mich heute nicht fahren, wir sind morgen bei meinen Eltern zum Grillen eingeladen… ich gehe die Strecke also wie für den BO-Fall geplant und komme morgen Abend zum Grillen bei meinen Eltern an. Der Rucksack wiegt mit Trinkblase wieder 20 Kilo, ich muss gestehen, dass ich statt 3 Packungen nur eine Packung und ein mitnehme. Ich könnte mir vorstellen, dass ich mich heute Abend über eine warme Mahlzeit freue. Und mein vieldiskutiertes Medikamentenpack lasse ich auch zuhause… allerdings nicht aus Gewichtgründen, ich möchte einfach nicht riskieren, dass 30 Grad Dauerhitze die Medikamente angreift. Zwei Ibuprofen und eine 5mg Prednisolon (meine aktuelle Tagesdosis) sollten es auch tun.


    09:25 Uhr


    Noch schnell einen zweiten halben Liter gekippt und dann ist es endlich so weit. Die Haustür klappt hinter mir zu und mit Chasing the Fox https://www.youtube.com/watch?v=p3QjVOKtFAc in den Ohren ziehe ich in den nicht mehr ganz so jungen Morgen und fühle mich großartig. Es geht noch ein Stück durch die Stadt, aber nach einem knappen Kilometer habe ich schon den Stadtwald erreicht. Danach führt mich der Weg stracks südwärts. Die Bäume spenden Schatten, der Rucksack sitzt, die Temperatur ist angenehm und auch wenn ich schon anfange zu schwitzen ist das genauso, wie ich es mir vorgestellt habe.


    10:30 Uhr


    Die ersten 4 Kilometer liegen hinter mir und ich fühle ein menschliches Bedürfnis. Also verdrücke ich mich vom Weg ab in den Wald. Es stellt sich heraus, dass meine Bear Grylls Axt ein adäquates Provisorium ist um ein Loch zu graben. Und dass sich die Kunde meines Kommens unter sämtlichen Blutsaugern des Waldes verbreitet hat die Ihre Chance nutzten, mich mit runtergelassenen Hosen zu erwischen.


    Bei der kurzen Katzenhandwäsche danach stelle ich fest, dass ich unterwegs ggf. mal Brauchwasser fassen sollte… bei den Temperaturen sollte ich mein Trinkwasser nicht grade zum Händewaschen verschwenden und wozu habe ich einen Faltkanister im Gepäck?


    10:40 Uhr


    Ich bekomme langsam Hunger. Zum Frühstück gibt es leckerlecker drei Riegel . Im Laufen. Pfui Deibl. Das ist als würde man auf einem Schwamm herumkauen. Als ich fertig bin, sind in meiner 1 Liter Nalgene nur noch 400 ml. Dieses könnte echt ein Problem für meine Wassereinteilung werden. Als Belohnung gibt es noch ein paar Happen von meiner Studentenfuttermischung.


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    11:00 Uhr


    Ende des Stadtwalds. Vor mir liegt eine Straße, wie erwartet und eigentlich sollte ich auch den M.-See sehen können. Den sehe ich allerdings nicht… da ist nur ein Erdwall auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Und Sonne. Und kein Schatten. Jetzt wird’s unangenehm. 20 Meter weiter führt allerdings eine Treppe auf den Erdwall und auf der anderen Seite liegt… der See. Wunderbar, soweit alles im grünen Bereich. Ich muss den See etwas zu einem Drittel umrunden, danach geht’s überland durch die Felder… leider nicht durch Wälder.


    11:30 Uhr


    Etwa 2,5 schattenlose Kilometer später… mir ist ziemlich warm. Hier müsste ich jetzt nach links vom See weg abbiegen. Direkt vor mir liegt allerdings auch ein Naherholungsgebiet. Ich hadere etwas mit mir jetzt anzuhalten, weil egal ob ich jetzt 30 Minuten oder eine Stunde oder auch 1,5 Stunden Pause mache, ich würde den temperaturtechnisch „schlimmsten“ Abschnitt in der größten Mittagshitze beginnen. Andererseits ist das hier aber auch das „letzte Wasserloch vor der Wüste“ und ich habe extra meine Badehose eingepackt. Und mir ist warm. Also scheiß drauf. Auch wenn es das Ostufer ist, auf das die Sonne auch schon sauber draufknallt. Aber ich finde einen netten Baum an der Uferböschung an dessen Stamm ein winziges Fleckchen Schatten zu finden ist (mit einer Ameisenstraße, was ich aber erst später merke). Also Rucksack abgesetzt, Shirt zum Trocknen in die Sonne, ich zum Abkühlen ins Wasser… herrlich.


    2. Akt - 12:00 Uhr


    Nachdem ich alle Ameisen von meinen Klamotten geschüttelt und anhand des Stauwehrs am Nordufer des Sees nochmal zur Sicherheit (und um mir zu beweisen, dass ich es kann) meine Position mit Karte und Kompass gepeilt habe (ja, ich bin, wo ich glaube zu sein) geht es in die Mittagshitze. Vorher nochmal die Sonnencremeschicht erneuert und den Boonie-Hat nass auf die Rübe gerammt, man gönnt sich ja sonst nichts.


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    13:30 Uhr


    3,5 Kilometer später… von meiner Nase tropft der Schweiß wie ein Uhrwerk. Ich habe meinen Boonie-Hat zwar in jeden Wasserlauf am Wegesrand geschmissen, aber genauso schnell wie er nass wird, ist er auch wieder trocken. Um mich herum liegen Felder und sonst nichts. Kein Wäldchen, nicht mal ein paar Baumgruppen. Ab und an mal irgendwas buschartiges am Wegesrand aber nichts, was für ein wenig Schatten ausreichen würde. Außer ein paar Jugendlichen, die mit dem Fahrrad in der entgegengesetzten Richtung (seewärts) unterwegs sind, habe ich auch niemanden getroffen der bei dem Wetter mittags unterwegs ist. Dafür geht es ab Mitte Kilometer 2 eine „sanfte“ Steigung bergan. Ich fange an mich zu fragen, ob mein BoB-Test bei diesen Temperaturen tatsächlich so eine gute Idee ist. Auf der anderen Seite, in einer BO-Situation hat man auch keine Wahl. Und oben angekommen findet sich ein Maisfeld, an dem vorbei sich die Straße wieder bergab schlängelt, nordöstlich, ich bekomme also zumindest ein bisschen Schatten ab…. also meine Beine… aber besser als nichts.


    Unten angekommen komme ich an eine Sportanlage vorbei, die meinen Berechnungen zufolge die des TSV M. müssen. Und gegenüber, eine kleine Baumgruppe… Schatten. Ich muss plötzlich dringend die Karte checken, und wo, wenn nicht hier. Also ab in den Straßengraben Rucksack ab, Karte raus… joa, könnte passen. Ein leichter Windhauch kühlt mir den verschwitzten Rück… ich würde hier gerne sitzen bleiben. Eigentlich würde ich mich am liebsten hinlegen. Als ich so mit hängendem Kopf den Boden anstarre fällt mir auf, dass sich die Sohlen von meinen Schuhen lösen. Von beiden Schuhen. Goddammit. Also das Panzertape aus meinem Lagermodul rausgekramt und die Sohlen notdürftig angetaped. Jeder Schuster würde weinen. Aber ich bin Prepper und Panzertape ist unser ein-für-alles.


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    13:45 Uhr


    Ich erreiche M.-Dorf. Und zwischen meinen Beinen macht sich ein unangenehmes Gefühl breit. Um genau zu sein Innenseite der Oberschenkel.


    14:30 Uhr


    Am Ortsausgang M.-Dorf, fühlt es sich mittlerweile so an, als hätte jemand meine Beine mit einer Käsereibe bearbeitet. Ich laufe breitbeinig wie ein Cowboy, nein, eher wie eine Cowboy-Persiflage. Die Sonne brennt vom blauen Himmel, der Schweiß fließt, vor mir nichts als Felder, jeder Schritt tut weh, jetzt ist wirklich Zeit für eine Pause. Ich folge dem Feldweg bis zum ersten Baum am Wegesrand… Schatten.


    Als erstes muss ich was gegen den Wolf tun. Warum habe ich nur mein Medikamentenpack zuhause gelassen… was gäbe ich jetzt für die Bepanthen. Aber immerhin habe ich mein Verbandspack dabei… ich fummele zwei Wundauflagen heraus, und versuche sie mit Leukoplast zu befestigen. An meinen schwitzigen Beinen hält das natürlich nicht. Also gehe ich mit dem Leukoplast am oberen und unteren Rand der Wundauflagen je einmal um das komplette Bein herum. Scheint zu halten. Allerdings ist mein Leukoplast jetzt fast alle… ich frage mich, ob der Rest morgen noch einmal fürs Füße tapen reicht.


    Allerdings ist mir das jetzt schon fast egal… ich schmeiße die Isomatte unter den Baum und falle drauf. Hauptsache nicht bewegen und Schatten. In einem Anfall von Komfortbedürfnis zerre ich noch das Kopfkissen aus meinem Rucksack. Und dann liege ich da, auf meiner Isomatte, am Rand des Feldwegs, unter dem einzigen Baum weit und breit… keine Ahnung wie das aussieht. Aber es kommt keiner vorbei… ich bin der einzige Mensch auf der Welt, der so blöde ist, um 14 Uhr bei 30+ Grad durch die Gegend zu rennen.


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    Irgendwie fröstelt es mich jetzt, wo ist aus der Sonne heraus bin… ich frage mich, ob das ein gutes Zeichen ist.


    3. Akt – 15:00 Uhr


    Ich habe mich wieder so weit berappelt, dass ich an meinem Rucksack lehnen kann, der widerum am Baum lehnt. Die Nalgene ist leer, dafür liegt der Trinkschlauch meines Wassersacks über meiner Schulter und befeuchtet mir den Mund. Ich habe noch einen Riegel gegessen und denke über meine Optionen nach. Der nächste Wegpunkt ist S.-Dorf das quasi südlich von mir liegt, nochmal 3,5 Kilometer durch offenes Gelände. Ich könne hier direkt weiter geradeaus gehen, aber der Feldweg führt am Westrand der Felder entlang, da bin ich der Sonne ungeschützt ausgesetzt. Alternativ kann ich nach Osten abbiegen. Da habe ich die Sonne zwar etwa einen Kilometer lang direkt im Rücken, dafür geht es danach 2 Kilometer durch die Maisfelder nach Süden und ich bin durch den Schatten der Maispflanzen etwas gedeckt.


    15:30 Uhr


    Und es geht weiter. Nach 250 Metern sind die Wundauflagen zwischen meinen Beinen durchgeschwitzt und zerfetzt… the Cowboy is back. Ich schiebe mir den Boonie soweit es geht in den Nacken und stolpere breitbeinig den Feldweg entlang. Ich will nur wieder in den Schatten. Als ich endlich nach Süden abbiegen kann muss ich feststellen, dass hier nur 1 Maisfeld steht… danach kommen Getreidefelder… größtenteils abgeerntet. Am Horizont dreht ein Mähdrescher seine Runden. Hat sich was mit Schatten. Ich fühle mich elend.


    16:00 Uhr


    Ich schleppe mich breitbeinig durch die Hitze und muss an eine Beschreibung eines Segelschiffs in der Flaute denken, die ich mal gelesen habe… kein Lüftchen regt sich, das Meer glatt wie flüssiges Blei… so ähnlich muss sich das anfühlen. Ich klebe mir den Boonie seitwärts ins Gesicht um meinen Kopf irgendwie zu schützen. Die Hitze liegt wie eine schwere Decke über allem. Kein Schatten, kein Wundhauch, nichts, dass irgendwie Abkühlung bringen würde. Mein Wolf fühlt sich an, als hätte würde der Kerl mit der Käsereibe jetzt Salz einmassieren. Vor mir taucht ein abgestellter Anhänger auf dem Feldweg… der gehört wohl zu dem Mähdrescher. Schatten… gottseidank.


    Ich drücke mich in den Schatten des Anhängers, lasse mal wieder die Hosen runter, und fummel die Wundauflagen- und Leukoplast-Reste von meinen Beinen. Diesmal schnappe ich mir Octenisept und Verbandspäckchen aus meinem First-Aid-Kit. Definfizieren, Wundauflage auf den Wolf und dann mit der Binde ordentlich ums Bein rum festgemacht. Wenn mich der Bauer jetzt hinter seinem Anhänger sieht… ist mir aber auch egal. Als ich die Binde festmachen will, stelle ich fest, dass das Fixiertape aus dem nur Müll ist. Mein Leukoplast ist fast alle, festknoten möchte ich aber auch nicht, da jetzt bloß nichts dran bringen was reibt. Also Panzertape.


    Als ich loslaufe stelle ich fest, dass die Ränder vom Panzertape an den freilegenden Hautpartien reiben… so habe ich in 10 Minuten den nächsten Wolf. Also wieder in den Schatten des Anhänger zurück und so lange rumgeschnippelt bis nichts mehr reibt. Und auf geht’s.

    16:10 Uhr


    Der Mähdrescher erntet neben mir her… ich laufe in einer Wolke aus Staub. Stehenbleiben will ich nicht mehr, zu heiß, nicht in der prallen Sonne. Ich versuche irgendwie durch meinen mit Trinkwasser befeuchteten Boonie zu atmen.


    16:20 Uhr


    Das Ende des Felds ist erreicht, noch einen knappen Kilometer über Asphalt und ich bin in S.-Dorf. Die Sonne knallt auf mich hernieder, der Cowboy ist auch wieder da… das mit den Verbandspäckchen kam wohl zu spät. Und beim Laufen mache ich FlipFlop-Geräusche… meine Panzertape-Reparatur hat nicht gehalten, die Schuhsolen hängen nur noch unter dem Fußballen. Der Rest der Sole klatscht wie einem Strandpantoffel bei jedem Schritt locker gegen den Fuß.


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    16:40 Uhr


    S.-Dorf. Ich kippe in den Schatten der ersten Gartenmauer und kühle ein wenig ab. Etwa 200 Meter die Straße runter sehe ich eine Grünfläche mit einer Bank unter ein paar Bäumen. Ich rapple mich nochmal hoch und falle dann schwer auf die Bank. Mir ist klar, dass ich eine Entscheidung treffen muss.


    • Temperatur: Laut Handy wird es erst gegen 19 Uhr kühler… um ein Grad. Keine 32 Grad mehr sondern nur noch 31. Und alle so: Jeäh! Um 20:30 ist laut Handy Sonnenuntergang. Mein Tagesziel liegt noch etwa 7 Kilometer weit weg. Um ehrlich zu sein kann ich mir keine weiteren 7 Kilometer in dieser Hitze vorstellen. Warten bis es kälter wird würde allerdings bedeuten in die Nacht zu laufen und im dunklen mein Lager aufzubauen.
    • Wasser: Meine Wasservorräte sind auf einen Liter im Trinksack und ein Liter Notfallwasser zusammengeschrumpft. Mit dem einen Liter, den ich heute Morgen getrunken habe, habe ich heute vier Liter Wasser in mich reingeschüttet. Geht das so weiter, habe ich heute Abend kein Wasser mehr. Laut Karte komme ich bis heute Abend aber an keinem Wasserlauf mehr vorbei. Ohne Wasser stehe ich das allerdings nicht durch… ich müsste also „cheaten“ und Wasser kaufen. Was mir auch etwas Sorgen macht, ist, dass ich die vier Liter scheinbar komplett rausgeschwitzt habe… ich musste mir den ganzen Weg über keinen Baum suchen.
    • Der Wolf: Ich weiß nicht, wie lange ich noch so weiterlaufen kann … das wird mit jedem Schritt schlimmer. Und ich habe nichts, womit ich über Nacht kurativ gegenwirken kann. Einzige Möglichkeit wäre, in S.-Dorf eine Apotheke zu finden. Allerdings hat S.-Dorf keine 1000 Einwohner. Ein kurzer Check mit dem Handy bestätigt meine Befürchtung. Die nächste Apotheke liegt in M.-Dorf. Auf der anderen Seite der Agrar-Wüste, durch die ich grade gekommen bin. Da könnte sie genauso gut auf dem Mond stehen
    • Die Schuhe: Sind durch. Evtl. halten sie noch die 7 Km bis zu meinem vorgesehenen Lagerplatz. Aber morgen nochmal 25 Kilometer? Never.


    Ich sitze auf der Bank im Schatten und mich fröstelt. Mir gehen die ganzen Sprüche vom Bund durch den Kopf.


    „Klagt nicht, kämpft!“


    „Der Körper sagt nein, aber der Kopf sagt ja“


    „Wenn Sie glauben, sie können nicht mehr, dann haben Sie erst 50% Ihrer Ressourcen verbraucht“


    Und dann kommt mir Marcellus Wallace Ansprache an Butch aus Pulp Fiction in den Sinn... „In der Nacht des Kampfes wirst du vielleicht einen leichten Stich spüren. Das ist der Stolz, der dich hier oben ärgert! Scheiß auf den Stolz... Stolz tut nur weh, aber er hilft nie.“


    Ich rufe Madame an und bitte sie, mich abzuholen.

    Nachspiel – 04.08


    Auch wenn ich nach 17 Kilometern abbrechen musste, würde ich meinen Test jetzt nicht als kompletten Misserfolg betrachten… da lassen sich für mich einige Learnings draus ableiten.


    1. Material:


    Der Rucksack passt, auch von der Ladung her. Ich hatte die komplette Strecke kein Problem mit dem Gewicht an sich, musste also den Rucksack nicht absetzen, weil mir der Rücken wehtat. Auch der Muskelkater heute hält sich in Grenzen. Wobei sich halt die Frage stellt, wie das nach 25 Kilometern gewesen wäre


    Nie wieder in Baumwollboxershorts im Sommer auf längere Märsche gehen. Die Dinger haben mir quasi die Haut vom Bein geschmirgelt. Da muss irgendeine enganliegende Funktionsunterhose her. Und sicherheitshalber immer Bepanthen in den Rucksack.


    Schuhe: So was darf mir nicht nochmal passieren. Die Dinger waren von Salomon, also auch kein Billigschrott, aber halt auch schon ein paar Jahre alt. Ob viel oder wenig benutzt, die Schuhe müssen nach ein paar Jahren ausgewechselt werden, ohne Wenn und Aber.


    2. Kondition


    Zweischneidiges Schwert. Einerseits bin ich nicht unzufrieden. Ich denke, dass ich zumindest den ersten Tag hätte komplett schaffen können. Allerdings nur mit heilen Schuhen, ohne Wolf und nicht bei diesen Temperaturen. Wie es mit dem zweiten Tag aussieht weiß ich nicht… der wäre vermutlich zäh geworden.


    Andererseits, dass ich am Ende aufgegeben habe, war nicht zuletzt auch ein Problem mit der Kondition. Ich frage mich allerdings, ob es echt mein Ziel sein sollte, bei 30+ Grad 25 Kilometer in der prallen Sonne mit 20 Kilo auf dem Buckel zu laufen. Ich bin keine 25 mehr sondern 35 und gesundheitlich angeschlagen… evtl. muss ich einfach anerkennen, wo meine Grenzen sind.


    Grundsätzlich möchte ich die Strecke allerdings wie geplant laufen können. Von da aus werde ich mir wohl eine Trainingsstrecke suchen und die regelmäßig mit beladenem BoB gehen. Der erste Abschnitt meiner Route durch den Stadtwald würde sich gut dafür eignen, das sind 6,3 Kilometer einfach, also 12,6 hin- und zurück. Mit ein paar zusätzlichen Schleifen lässt sich das Stück für Stück auf 20 Km erweitern… der Stadtwald ist groß. Und wenn ich das mal gegen Abend mache und mich irgendwo in die Büsche schlage, kann ich auch mein Material hinsichtlich Lager und Übernachtung testen.


    Fazit:


    Grundsätzlich bin ich auf dem richtigen Weg. Ich muss neue Schuhe und Funktionsunterwäsche kaufen. Frühestens in September, mein Prepper-Budget für diesen Monat ist um mehr als 100 % überzogen. Dann Trainieren. Evtl. mal ein Biwak im Stadtwald machen.


    Nächster Versuch: Ostern 2016 :)

  • Hallo,


    Hier gibt es einige, die immer eine Rolle Draht dabei haben. vielleicht hätte damit die "Schuhreparatur" geklappt?
    Das mit der Unterwäsche war mir nicht klar, danke dafür. Ich denke da muß ich auch mal shoppen gehn.



    Gruß
    Gerald

  • Hihi bin ich froh dass ich hier nicht der einzige Irre bin :grosses Lachen:


    An Irgendwas erinnert mich dein Bericht, weiss grad nur nicht was...


    Aber so oder so, gut gemacht. Auch wenn es nicht so geklappt hat wie Du es Dir vorgestellt hast. ( Keine Angst, geht am Anfang ALLLEN so :winking_face: ) Du bist es angegangen, hast Dir ein Ziel vorgenommen und es probiert. Vielleicht etwas viel Pech auf einmal, aber dafür hast Du doch sehr viel gelernt. Und beim nächsten Mal wirst Du das mit eingelaufenen, guten Schuhen auch bestimmt schaffen.


    Zum Thema Wolf, da gibt's so viele Tipps, keine Ahnung was bei Dir funktioniert.
    - Wenn Unterhosen, dann ebenfalls Funktionsunterwäsche
    - vor dem Abmarsch Babypuder auftragen, alle 5 bis 7 Km nachschütten
    - Reisverschluss offen wenn unbelebtes Gebiet
    - Gibt Leute die für längere Strecken keine Unterwäsche tragen


    Wasserverbrauch, gerade bei solcher Hitze wird immer unterschätzt. Meine 3l Blase auf meinem 48h Ausflug hat auch keine 12h gereicht, und musste nicht mal NRG oder BP5 nachspülen.
    Macht's wie die Apachen und legt Euch einen kleinen glatten Stein unter die Zunge, so habt ihr dauernden Speichelfluss und müsst (etwas) weniger trinken.


    Boonie nässen ist schon mal gut, besser ist es ein Nasses Bandana unter dem nassen Boonie, wirkt etwa 2 1/2 mal so lange.


    Zum Thema Wetter, klar war es auf den ersten Blick nicht optimal bei > 30°C, aber geh davon aus das bei nur 5°-6°C weniger etwa einen Viertel Strecke mehr zurück gelegt hättest.
    Ausserdem weiss keiner was für Wetterbedingungen herrschen wenn der Ernstfall eintritt und Du hast das jetzt mal erlebt, es bleiben Dir noch genügend Möglichkeiten das bei anderen Temperaturen zu testen.


    Mein Tipp :
    Bevor zu Deinem nächsten Test auf dieser Strecke aufbrichst, mach mal mindestens einen Monat lang jede Woche NUR 5 Km mit dem gleichen Gewicht im RS.
    Dafür solltest Anfangs 1 1/2h bis nach dem 4ten mal 1 1/4el h Stunden an Zeitaufwand brauchen, das ist sicher machbar. Hat aber einige gute Nebeneffekte.
    Der Körper gewöhnt sich bei mehreren regelmässigen Wiederholungen an das den RS und sein Gewicht.
    Die Beine auch. Ausserdem ist das keine schlechte Methode für Konditionsaufbau. Kannst ja die Strecke ab dem 5ten mal jeweils um 1 Km steigern, ab 8km eine halbe h Zeit für einen heissen Tee frisch von deinem Kocher zur Halbzeit gemacht dazurechnen.


    Gruss

    Usque ad finem ! Good logistics alone can’t win a war. Bad logistics alone can lose it.

  • Nun interessante Beschreibung die aber bestätigt improvisiert klappt es nicht.


    So ein paar Punkte, der allererster bei solchen Temperaturen steht man sehr früh auf, ich bin diesen Sommer ziemlich viel in den Bergen gewandert in Kalkweissen Landschaften. Aufstehen 06:00 spätestens um 07:00 geht es los, wenn möglich noch früher aber da meutert die Familie.


    Dann Material, das hast du jetzt auf die Harte Tour gelernt. Geld ausgeben für einen Rucksack ist ein Must, desgleichen für die Schuhe. Ich habe die Doppelgenähten aus Leder (Kein Goreetex) von Hanwag, da geht nichts kaputt ausser ab und zu die Sole erneuern lassen. Merinos Strümpfe + reines Leder und die Füsse Schwitzen nicht.
    Hose, man brauch keine Unterwäsche im Sommer, hingegen lange luftige Wanderhosen ändern das Leben. Ich habe diejenigen von Mammutt, die 130.- sind gut investiert. Wolf habe ich mir nie in meinem Leben geholt obwohl ich sehr viele Km gelaufen bin. Dann ein normales T-shirt und es läuft.
    Auf den Kopf ein Bonnie und nicht zu vergessen ein Stirnband um den Schweiss ab zu fangen.


    Mit diesen wenigen Griffen, wird so eine Wanderung zu einem netten Erlebniss und nicht eine Tortur selbst wenn man 20 Kg auf dem Rücken und es 30° heiss ist.


    Hier was ich in diesen Ferien gemacht habe, hatte ein Pulsuhr dabei und man kann sehen sportlich ist es schon.




    16 Km laufen 670m hoch, 1600m runter, durchschnittlicher Puls 120/min, das aber über 5:30 Stunden. Dabei bin ich 53 Jahre habe 15 Kg zuviel auf den Rippen aber der Rucksack war bedeutend leichter 13Kg. Sehr viel Wasser war es am Schluss nicht das ich gebraucht habe, mal gerade 3 l.


    Es ist die Summe der kleinen Details die es machen und Material spielt da ein sehr grosse Rolle.

  • Erst Mal: Super Bericht! :Gut:


    Zu Deinen Schuhen: Egal wie teuer sie waren, nach ein paar Jahren ist dies das Schicksal eines jeden modernen (Wander) Schuhs. Der Vorgang nennt sich Hydrolyse und sorgt dafür, dass das in der Sohlenkonstruktion verwendete Polyurethan versprödet und irgendwann, meist im Fersenbereich zuerst, sich vom Schuh löst.


    Dagegen hilft eigentlich nur der zwiegenähte und ungedämpfte Juchtenlederwanderschuh. Mit dem Nachteil, dass man 3 Kg am Fuß mit sich schleppt.


    Ich war die letzte Woche Bergwandern. Das mit dem Wasser kann ich sehr gut nach vollziehen. Letzte Woche war echt extrem. Eine weise Entscheidung, dass Du Dich hast abholen lassen.

    I feel a disturbance in the force...

  • Zitat von lord_helmchen;237062

    Erst Mal: Super Bericht! :Gut:


    Zu Deinen Schuhen: Egal wie teuer sie waren, nach ein paar Jahren ist dies das Schicksal eines jeden modernen (Wander) Schuhs. Der Vorgang nennt sich Hydrolyse und sorgt dafür, dass das in der Sohlenkonstruktion verwendete Polyurethan versprödet und irgendwann, meist im Fersenbereich zuerst, sich vom Schuh löst.


    Dagegen hilft eigentlich nur der zwiegenähte und ungedämpfte Juchtenlederwanderschuh. Mit dem Nachteil, dass man 3 Kg am Fuß mit sich schleppt.




    Das muss eben nicht sein die 3 Kg.... Ich habe den Bergler Top von Hanwag, zwiegenäht und 750g http://www.hanwag.de/produkte/…itions/zwiegenaht/bergler

  • Vielen Dank für den spannenden Bericht!


    Ich glaube, die wichtigste Erkenntnis hast du selbst korrekt benannt: Unter weniger heftigen Bedingungen trainieren und langsam steigern. Das betrifft übrigens auch das Material.


    Wenn du einfach mal einen Waldspaziergang mit der Ausrüstung gemacht hättest, dann wären dir vermutlich die Schwächen des Rucksacks und der Bepackung aufgefallen und du hättest die Tour nicht verschieben müssen. Vielleicht hätten sich auch schon erste Risse in den Schuhen gezeigt.


    Ich persönlich traue mir 25 Kilometer Tagesleistung durchaus zu, auch wenn ich üblicherweise mit wesentlich kleinerem Gepäck unterwegs bin. Trotzdem würde ich vermeiden, diese oder auch eine kürzere Strecke bei mehr als 30 Grad über Mittag in Angriff zu nehmen. Man kann natürlich mit einer Situation argumentieren, in der man los muss, ohne Rücksicht auf die Temperatur. Aber selbst dann kann man im Sommer die Wanderung von der Zeit her anders einteilen. Derzeit haben wir bei klarem Himmel von etwa 5 bis 22 Uhr ausreichend Licht zum wandern. Das würde ich auch ausnutzen und vor allem morgens früh Strecke machen, mich über Mittag und am Nachmittag irgendwo in den schattigen Wald zurückziehen und dann am späten Nachmittag nochmal losziehen.


    Vor allem aber solltest du jetzt nicht alles auf Null zurückfahren und dann frohgemut erst wieder Ostern 2016 loslegen. Besser wäre es, kürzere Touren zu machen und dabei nicht nur die Kondtion zu trainieren, sondern auch Ausrüstung zu testen und Techniken (beispielsweise Lagerbau) auszuprobieren.

  • Zitat von Asdrubal;237069

    Vor allem aber solltest du jetzt nicht alles auf Null zurückfahren und dann frohgemut erst wieder Ostern 2016 loslegen.


    Da hast Du mich mißverstanden.... ich meinte damit, dass ich bis Ostern 2016 so fit sein will, dass ich dann die komplette Tour laufen kann :)

    Haben ist besser als brauchen.

  • Du hättest NICHT aufgeben dürfen! Und das nächste mal ist das nächste mal.....


    Warum bist Du nicht ohne Schuhe gelaufen? Der einfachste Weg um an Wasser zu kommen ist
    auf Friedhöfen. Für mich jedenfalls.


    Das erneute aufraffen wird bestimmt schwer für Dich. Machs zu zweit dann zieht man sich gegenseitig.
    Aufgeben ist keine Option!


    Es war ein BOB Test? Nicht bestanden!


    Meine Meinung klingt vielleicht hart aber ich bin nicht für betüdelndes haste fein gemacht oder Du hast es versucht.

  • Ein sehr ehrlicher und aufschlussreicher Bericht HenryWinter.
    Ich bin auch recht bald soweit, erste Tests mit Körper und Material durchzuführen und konnte einiges von dir lernen.
    Danke für die Mühe, deine Erlebnisse für uns zusammenzufassen.
    Mein Urteil ist eindeutig:
    Wenn du etwas lernen konntest und, wie in deinem Fall, auch anderen etwas beibringen konntest, wie könnte man das Scheitern nennen?
    Weiter so! sagt
    VanDoom

  • Zitat von GrimmWolf;237060

    Macht's wie die Apachen und legt Euch einen kleinen glatten Stein unter die Zunge, so habt ihr dauernden Speichelfluss und müsst (etwas) weniger trinken.


    Würde ich nicht machen. Als nicht Hitze gewöhnter Mitteleuropäer ist nicht der trockene Mund Dein Problem sondern der Hitzschlag und Dehydrieren ist da eine blöde Idee. 4 Liter Wasser im Hochsommer während dem Wandern ist zumindest für mich viel zu wenig, ich trinke alleine in der Zeit im Büro schon 3 Liter.


    Bzgl. Schuhe wüsste ich nicht, was bei diesem Wetter z.B. gegen luftige Turnschuhe sprechen sollte, sowas hat man idR zuhause. Damit rennen andere Marathons ganz ohne Blasen und auch ich habe mir in Tunrschuhen schon lange keine Blasen mehr gelaufen, auch nicht bei meinem 55-60km/Tag Experiment.


    Als Unterhose nehme ich zum wanderen (und radfahren) alte Baumwollslips mit ausgeleiertem Gummibund. Das funktioniert meistens gut, eine 100% Garantie für 100% Problemfreiheit ist es leider nicht, aber abbrechen musste ich aus der Erinnerung raus deswegen noch nie.


    Ich würde nicht 2016 die nächste Wanderung planen sondern diese Woche, einem Misserfolg muss man einen schnellen Erfolg folgen lassen :)


    Außerdem sind "Wolf" und Blasen nun wirklich Unannehmlichkeiten, die man sich sehr schnell abgewöhnen kann. Dass das dazu gehört ist eher ein Bundeswehr Mythos, der von der schlechten Bundeswehrausrüstung her rührt...


    mfG


    PS: Den Satz von moleson will ich noch aufgreifen, das sowas Spaß machen soll. Wenn es nur eine Quälereie ist verschiebt mans eben aufs nächste Jahr anstatt Lust zu haben, gleich morgen wieder los zu wollen.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Sehr guter Bericht!
    Abgesehen vom angenehmen Schreibstil gefällt mir auch die reflektive Betrachtung der eigenen Gedankengänge und dem schlussendlichen Erkennen der Grenzen. Sowohl der körperlichen, als auch des Materials.
    Ähnliches dürften die meisten Leute, die gelegentlich mal den Hintern hoch bekommen, auch schon erlebt haben -da nehme ich mich nicht von aus... :winking_face:


    Zum Thema Rucksack und Schuhe möchte ich ein paar kleine Anmerkungen loswerden, weil ich da auch schon genug mit zu tun hatte. Die spiegeln allerdings nur meine eigenen Erkenntnisse und sind keine unumstößlichen und akademischen Wahrheiten.


    Grundregel 1: Ist der Rucksack voll, ist er zu klein.
    Prinzipiell achte ich darauf, dass mir die Rucksackgröße immer ein wenig Luft lässt (5-10l), um im Bedarfsfall auch noch was umpacken zu können und auch um noch etwas zusätzlich aufzunehmen. Also z.B. Fundäpfel :winking_face: Außerdem kann man damit die Balance und das Tragegefühl des Rucksacks erheblich verändern, was situativ nützlich sein kann. Bei angestrebten 45l Rucksackinhalt würde ich also zu einem 45+5/10 oder einem 55l Rucksack greifen. Gut sind abnehmbare Taschen, die man auch zur Nahrungs- oder Wasauchimmer-Suche einzeln verwenden kann. Auch gut ist ein Stoff-Einkaufsbeutel zusammengerollt im Rucksack für den gleichen Zweck.


    Grundregel 2: Fußbekleidung ist die wichtigste Schutzschicht beim Wandern, Marschieren, Flüchten, und sollte so behandelt werden.
    Bedeutet, dass Schuhe und Stiefel regelmäßig kontrolliert und gewartet werden (bei Klebesohlen kann man durchaus mal dran ziehen und wackeln, ob noch alles fest sitzt). Zusätzlich zu soliden Halbschuhen oder Stiefeln empfehle ich, ein paar leichte Laufschuhe (bald ist wieder SSV, oder?) zusätzlich in den Rucksack zu packen. Hat den Charme, dass man alle 2 Stunden mal die Schuhe wechseln und trocknen lassen kann und man im Nachtlager nicht für jeden Latrinengang Stiefel schnüren muss. Zudem wenigstens ein bisschen Redundanz.
    WELCHE Stiefel oder Schuhe man bevorzugt, ist individuell in extremis -da muss jeder seine Erfüllung finden...


    Grundregel 3: Bekleidung wird eingetragen(!) und getestet, bevor man sie braucht. Entsprechend der geplanten Gegebenheiten (Wetter, Strecke, Aufgabenstellung, Materialverträglichkeit...) wird dann die Auswahl getroffen. Als Unterhose empfehle ich etwas länger geschnittene sogenannte Retro-Shorts. Darauf achten, dass der Saum sich nicht dauernd hoch rollt, das scheuert :winking_face: Finde ich super bei sportlicher Betätigung und der männlichen Anatomie entsprechend hat man dann Bein-Stoff-Stoff-Kronjuwelen-Stoff-Stoff-Bein. Ich find die aus Materialmix von "NUR DER" (gibt es bei uns beim Rewe) sehr angenehm zu tragen, aber wird sicher auch bessere und für Sportler aus-designte geben.
    Zusätzlich zum Tapen der Blasen-gefährdeten Stellen am Fuß bieten sich das Tapen der Brustwarzen (vorher falls vorhanden den Teppich entfernen) an. Wenn da den ganzen Tag ein feuchtes Shirt und der Tragegurt vom Rucksack drüber scheuert... kann sogar ohne Rucksack schon anfangen zu bluten. Als Tape nehme ich immer Sporttape und zwar "Leukotape Classic".
    Zusätzlich: Auf Märschen -alter Soldatentrick- bereits einmal getragene Wollsocken anziehen. Diese sind immer nur mit wenig Waschmittel und OHNE Zusatz von Weichspüler zu waschen. Der Weichspüler macht nicht nur die Fasern weicher, sondern auch die Haut.


    Das soll es jetzt erstmal gewesen sein :winking_face:


    Dir viel Erfolg beim Erholen und beim nächsten Anlauf!!


    So long,
    Sam

  • Zitat von flywheel;237074

    Es war ein BOB Test? Nicht bestanden!


    Harte Worte, harte Worte. Wohl wahr.


    Nicht jeder kennt sein Grenzen, nicht jeder ist in der Lage sie zu überschreiten. Wobei das meist ja nur ein Kopfproblem ist, wie Henry ja schon schrieb.


    Schlechte Vorbereitung ist einfach scheiße. Und da macht es im Falle eines Tests durchaus Sinn abzubrechen und noch mal von vorne zu starten.


    Ein Beispiel: Ebenfalls letzte Woche (ich war ja wandern) das Wetter wie den Wasserverbrauch unterschätzt. Ich war in einem Gebiet ohne Wasser unterwegs, was für die Alpen eher ungewöhnlich ist. Bis zur "Zivilisation" noch ein paar Stunden Fußmarsch über einen "schwarzen" Weg der über einen Gipfel (2500m) führte. Selbst in der Höhe war es gnadenlos heiß. Ich schwitzte wie ein :grunz: und hatte aber nur 1,5 Lite Wasser dabei. Ich hatte einfach nicht nach gedacht. Vorher keinen Blick in die Karte geworfen, was nur eine Minute Zeit in Anspruch genommen hätte. Die Gewohnheit ist so mit mein schlimmster Feind. :face_with_rolling_eyes: Ich hatte nicht einen Moment darüber nach gedacht, dass es dort kein Wasser geben könnte.


    Das Ende vom Lied war dann, dass ich dehydriert mit dem Durst meines Lebens im Tal ankam und mich den darauf folgenden Tag erholen musste und auch einen Tag später noch wackelig auf den Beinen war.


    So eine Situation ist mit Sicherheit sehr motivierend, aber freiwillig... Wozu?

    I feel a disturbance in the force...

  • Zitat von flywheel;237074

    Du hättest NICHT aufgeben dürfen! Und das nächste mal ist das nächste mal...


    Warum denn nicht? Über meine Grenzen hinaus kann ich gehen, wenn es drauf ankommt. Aber wenn alles was ich erreichen kann kaputte Schuhe, Beinverletzungen, Dehydrierung und evtl. ein Hitzschlag sind wäre das einfach nur blöde. Kann sein, dass andere das anders sehen, aber wie gesagt.... Scheiß auf den Stolz. Stolz tut nur weh, aber er hilft nie.


    Zitat von flywheel;237074

    Warum bist Du nicht ohne Schuhe gelaufen?


    7 Kilometer bei 30 Grad im Schatten auf Feldwegen und Asphalt mit 20 Kilo auf dem Buckel? Und am nächsten Tag nochmal 25 Kilometer? Wenn Deine Füße das aushalten herzlichen Glückwunsch... meine nicht :)


    Zitat von flywheel;237074

    Der einfachste Weg um an Wasser zu kommen ist auf Friedhöfen. Für mich jedenfalls.


    Wasser zu bekommen wäre nicht das Problem gewesen. Aber mein Ansatz war autark zu bleiben... egal ob auf dem Friedhof oder aus dem Supermarkt, Wasser aus der Leitung wäre cheaten gewesen.


    Zitat von flywheel;237074

    Es war ein BOB Test? Nicht bestanden!


    Och nö... :grosses Lachen:


    Zitat von flywheel;237074

    Meine Meinung klingt vielleicht hart aber ich bin nicht für betüdelndes haste fein gemacht oder Du hast es versucht.


    Aber wenn Du mich dann mal lobst, dann weiß ich, dass ich das wirklich verdient habe, stimmts? Ich vorfreue mich schon... das wird bestimmt super :partying_face:


    Zitat von Cephalotus;237076

    Ich würde nicht 2016 die nächste Wanderung planen sondern diese Woche, einem Misserfolg muss man einen schnellen Erfolg folgen lassen :)


    Ach naja... wie gesagt, ich betrachte das nicht als kompletten Mißerfolg :) Aber bei Temperaturen >30 Grad wie grade muss ich mir das bei aktuellem Trainingsstand nicht nochmal geben. Im September wenn es das Budget wieder hergibt kommen ein paar schöne neue Trekkingschuhe her und eine Sportunterhose von Under Armor und dann werden ein paar schöne Spätsommer- und Früherbst Trainigsrunden durch den Stadtwald gemacht :)

    Haben ist besser als brauchen.

  • Ich beeindruckt, sowohl von deiner Leistung, wie auch von deinem Schreibstil !!!


    Das mit den Schuhen ist eine Katastrophe, aber daraus lernt man...


    Warum (d)ein BoB 20kg wiegt, das verstehe ich nicht. Letztendlich hast das meiste Zeug umsonst geschleppt. Das ist keine Kritik, sondern mein persönlicher Schluss. Ich befürchte aber, dass in meinem BoB auch die Hälfte überflüssig sein könnte... Modulares Packen hast du ja schon angesprochen, da steckt wohl Optimierungspotenzial.


    Was ich dir empfehle, um den Stolz doch noch zu befriedigen : mit besserer Ausrüstung (Schuhe, Pflege- und Verbandszeug) sowie weniger Gewicht die Strecke bei kühleren Temperaturen nochmal in Angriff zu nehmen !


    Und nochmals vielen Dank für den interessanten und lehrreichen Bericht !!!

  • Zitat von beprudent;237104

    Warum (d)ein BoB 20kg wiegt, das verstehe ich nicht. Letztendlich hast das meiste Zeug umsonst geschleppt.


    Naja, alleine das Wasser sind 5 Kilo (3 Liter Trinksack, 1 Liter Nalgene, 1 Liter Notfallwasser) und der Rucksack selber wiegt 2,9 Kilo. Leg noch ein Kilo für den BW-Poncho und ein Kilo für den BW-Bivy drauf und Du hast schon das halbe Gewicht.


    Klar, die meisten Sachen würde ich auf eine normale Wanderung nicht mitnehmen, gar keine Frage. Aber mir ging es ja nicht ums wandern, sondern ob ich mit dem Setup zu Fuß fliehen könnte. Und da muss ich dann halt das komplette Gerödel mitnehmen, sonst wärs ja kein Test :)

    Haben ist besser als brauchen.

  • Danke, dass du deinen Test mit uns geteilt hast und auch so ehrlich warst. Ich verstehe zwar die Ansicht, dass dieser Test nicht bestanden worden sein soll, sehe das aber dennoch anders.
    Denn um seine Grenzen überschreiten zu können, muss man sie erstmal kennen - und dafür muss man sie auch erstmal erreichen. Und man kann noch soviel lesen und schauen, eigene Erfahrungen haben eine ganz andere Qualität. Du hast in diesem Test erlebt, was an Kleinigkeiten schon schiefgehen kann - diese Erfahrung ist ein Gewinn!


    Und du hast deine Gesundheit nicht übermäßig gefährdet, da du dich hast abholen lassen. Ein Aufenthalt im Krankenhaus ist selten eine Erfolgsgeschichte, daher "Daumen hoch".


    Grüße
    Basmyr

  • Moin,



    schön das du den Bericht geschrieben hast gerade von Fehlschlägen kann man lernen!


    Weil es gerade gut zum Thema passt:

    Fünf Irrtümer zum Trinken bei Hitze

    http://www.spiegel.de/gesundhe…le-glauben-a-1047147.html


    Irrtum 1: Wer Durst hat, trinkt zu spät.

    Zitat

    "Unsinn", sagt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop. "Durst ist ein Signal des Körpers. Damit will er sagen: Ich brauche jetzt Wasser, nicht früher und nicht später."



    Irrtum 2: Zu viel trinken gibt es nicht.

    Zitat

    Leider doch. Erst kürzlich verstarb ein Teilnehmer beim Ironman in Frankfurt, weil er zu viel getrunken hatte.



    Irrtum 3: Bei Hitze mindestens drei Liter Wasser trinken.

    Zitat

    Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen, mindestens 1,5 Liter zu trinken. Bei Hitze dürfen es demnach gerne auch drei Liter und mehr sein. Pauschal lässt sich die Frage nach der Wassermenge allerdings nicht beantworten.



    Irrtum 4: Kein kaltes Wasser trinken.

    Zitat

    Ärztin und Klimatologin Angela Schuh erklärt, dass der Körper aufgrund der zugeführten Kälte seine Blutgefäße verenge und sich von innen wieder aufheize . Uwe Knop dagegen empfiehlt zu trinken, worauf man Lust hat. "Sich zu etwas zu zwingen, was man nicht möchte, macht langfristig nur unglücklich", sagt der Ernährungswissenschaftler. Außerdem gebe es keine wissenschaftlichen Beweise dazu, dass lauwarmes Wasser tatsächlich besser sei als kaltes.



    Irrtum 5: Stilles Wasser ist gesünder als kohlensäurehaltiges.

    Zitat

    Ebenfalls ein Irrtum. Kohlensäure hat zwar den Nebeneffekt, dass man aufstoßen muss - vielleicht kommt daher der schlechte Ruf -, ungesünder ist es aber nicht. "Es ist eine Frage des Geschmacks", sagt Knop.


    Zitat

    Während des Sports ist es ratsam, eher stilles Wasser zu trinken. Kohlensäure übt einen leichten Dehnungsreiz auf den Magen aus, manche Sportler empfinden das als unangenehm. Außerdem vermeidet man mit stillem Wasser Schluckauf.

  • Er hat jetzt nochmal betont, dass es um einen Test ging und nicht ums wandern. Ein Ziel, das erreicht werden sollte.


    Warum dann nicht an die Grenzen gehen? Alles rausholen was geht und irgendwie und irgendwann am Ziel ankommen.


    Dazu muss man schon einen Gewissen Ernst und Druck auf sich selbst ausüben. Mich hätte die kurze Badeetappe oder das Tapen aus dem Tritt gebracht.


    Mir ist es egal was andere über meine Ansicht denken und meine Erfolge sowie die wachsende
    Anzahl meiner Kursteilnehmer geben mir recht.


    Da ist soviel Reserve im Körper und soviel Geist der durch Motivation immer einen Boost geben kann.


    Selbst wenn mann völlig am ende ist, liegt vor einem das Ziel und nicht dahinter.


    Bist Du den Weg schon mal ohne Gepäck gelaufen? Wenn nicht, dann mach das, sofort!
    Und dann legst du eine Schüppe drauf.
    Für wen? Für Dich!

  • Zitat von flywheel;237151

    Bist Du den Weg schon mal ohne Gepäck gelaufen? Wenn nicht, dann mach das, sofort!
    Und dann legst du eine Schüppe drauf.
    Für wen? Für Dich!


    Ich hab das mal auf den Teil eingekürzt, der für mich den meisten Sinn ergibt...


    Markige Sprüche helfen nämlich niemandem weiter und einfach zu sagen "Du hast versagt" auch nicht.
    Eventuell kannst du aus deiner Erfahrung ja auch was produktives beitragen, beispielsweise Hinweise, wie man es beim nächsten Mal besser machen kann?


    Zweifellos ist der Körper in der Lage -insbesondere in Gefahrensituationen- mehr aus sich herauszuholen, als man kopfmäßig erstmal glaubt, sich selbst aber bewusst Schaden zuzufügen um sich oder anderen ohne Not "etwas zu beweisen"?


    An der Stelle macht nur die Verbesserung der Ausrüstung und regelmäßige Übung Sinn, um sich dadurch zu steigern und damit auch NACHHALTIG zu motivieren. Abgesehen von dem Fakt, dass man seine Umgebung besser kennenlernt und einschätzen kann, wenn man darin öfter unterwegs ist.


    Zitat

    Er hat jetzt nochmal betont, dass es um einen Test ging und nicht ums wandern. Ein Ziel, das erreicht werden sollte.


    Es ging um einen Test, ja. Darum, mit dem Equipment Ziel X zu erreichen. Natürlich ist der Test gescheitert -das Material hat nicht mitgespielt. Selbst wenn er mit blutenden Füßen und brennenden Oberschenkeln die Strecke durchgezogen hätte, wäre der Test trotzdem gescheitert.


    Aber da dich ja die Meinung anderer zu deiner Ansicht eh nicht interessiert, hab ich noch einen Spruch für die Pinwand: "Schmerz ist nur Schwäche, die den Körper verlässt!" :grosses Lachen:


    So long,
    Sam