Schwerlastkarre, Selbstbau

  • Das Ding hat mich im Keller schon lange geärgert, heute hat ich ihm dann den Rest gegeben. :) Gesamtkosten waren etwa 140 Eu.

    Ziel war die Herstellung einer stabilen Schwerlastkarre, auch genannt HSP-Muli, mit der sich bis zu 100 Kilogramm mehr oder weniger unbeschwert ziehen lassen, die nicht viel kostet und die mit Behelfsmitteln zu warten ist. Das Ergebnis lässt sich mit einem 13er-Schlüssel und einem Schlitzschraubendreher komplett zerlegen. Das Gewicht liegt bei 12,5 Kilo (ohne ÜGÜ).

    Man nehme:

    - eine 'Schweizer Karre', beispielsweise von Westfalia

    - eine Deichsel eines alten Rasenmähers

    - einen ÜGÜ (Überlebensgürtel) plus einen halben Meter Gurtband und zwei Schnellverschlüsse, 2 Zoll

    - eine Achse 20 mm und 6 passende Buchsen sowie zwei Schubkarrenreifen und hömmele M13 Muttern und Schrauben

    Die Karre muss um etwa 20 cm eingekürzt werden, hierzu braucht man eine Flex und ein WIG-Schweißgerät sowie jemanden, der Alu schweißen kann. Die Reifen des Originals habe ich durch solche mit geringerem Durchmesser (26 cm) ersetzt, um den Schwerpunkt niedriger zu bekommen, die Achskonstruktion musste auf 20 mm geändert werden, da ich mit Gleitlagern nichts anfangen kann. Die verwendeten Reifen sind doppelt kugelgelagert, sowie bei 3 bar schaumgefüllt und somit nur noch durch Atomschlag platt zu kriegen. Ein Reifenwechsel verlangt das Lösen von einer M13-Mutter und einer Buchse, dauert 5 Minuten.

    Die Deichsel des Rasenmähers wurde vom Gerät abgeflext und die Winkelaufnahmen bereinigt, dann auf das Rohrgestell aufgeschraubt. Die Konstruktion erlaubt, dass die Karre durch Entfernen der mit dem Pfeil gekennzeichneten Schrauben klein geklappt werden kann, die Deichsel ist teilbar. So kann man die 'halbe' Deichsel sehr gut zum Holzrücken nehmen (hat dann genau die richtige Höhe), die 'komplette' Deichsel wird mit dem ÜGÜ verbunden. Dazu habe ich an dem ÜGÜ links und rechts über dem äußeren Gesäßmuskel (Polsterung) die weiblichen Seiten der Schnellverschlüsse aufgenäht, die männlichen mit Gurtband an das Rohr der Deichsel geschraubt. Die Verschlüsse erlauben ein schnelles Trennen, halten aber eine Last von bis zu 50 Kilo gut.

    Wir haben das Ganze mal auf dem Rasen des Nachbarn ausprobiert, da dieser nicht sehr, äh, eben ist. Bei einer Kampfbeladung von 70 Kilo (Kiste plus Seilsack plus Tochter) kippt an der Karren nichts, die Spur ist breit genug. Am besten fährt sich das Teil, wenn etwas Übergewicht auf der Hüfte liegt. Die Schnellverschlüsse schaukeln ein wenig, wenn man aber einmal im Tritt ist, läuft die Karre ruhig. Im Gelände können die Hände am Rohr der Deichsel unterstützen.

    Das Querrohr der Deichsel liegt hinten auf dem Polster des ÜGÜ auf. Mein Rucksack passt störungsfrei drüber, der Druck wird gut verteilt. Auch ausgreifende Schritte sind möglich, hinten kommt man mit den Fersen nicht an den Karren.

    Ich denke, die Bilder sind gut zu interpretieren - wenn Fragen, fragen!

    Erklärter FDGO-Fan

  • chickes gerät deine interpretation des hsp muli :) könnte man das evtl auch noch verändern um es an ein mofa oder roller zu hängen ? (ist sowas erlaubt oder bräuchte man für das ding dann noch eine tüv abnahme ? )

    -<[ N u n q u a m - N o n - P a r a t u s ]>-

  • Das ist ´ne Idee, die ich noch nicht hatte! Danke dafür! Mein Rad ist ziemlich hoch, ich könnte mir vorstellen, eine Kupplung an der Sattelstütze müsste die richtige Höhe haben. Das Gegenstück dann an das Querrohr der Deichsel. Stellt sich die Frage nach der Bewegungsfreiheit des Hinterreifens - ich teste das mal.

    Erklärter FDGO-Fan

  • schonewidder arbeit :devil:


    kleine Änderung


    das ist der S&P-Muli inspieriert durch den kleineren HSP-Muli :grosses Lachen:


    (für die die es nicht wissen HSP = Human Survival Projekt)

  • Hihi! Wenn Du meinst... Ist hier alles schneller, schöner, größer? :face_with_rolling_eyes:

    Brechen wir keinen Dogmenstreit vom Zaun.

    Erklärter FDGO-Fan

  • @Stefan

    Sehr schöne Arbeit, Gratuliere!
    Aber.
    Auf deinen Bildern findet man schon einen wichtigen Grund dafür, wehalb ich mir NIEMALS so ein Ding basteln werde. Ich stelle mir gerade vor wie ich die Mädels den sanften Hügel bei mir daheim hochziehen muss... Nö, so etwas kommt mir nicht ins Haus! Höchstens mit einem Friesen als Zugpferd.

    Man darf in der Demokratie eine Meinung haben, man muss nicht. Es wäre ganz wichtig, dass sich das mal rumspricht: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten."
    Dieter Nuhr

  • Du hast recht, das ist gefährlich - lässt man so etwas erst mal einreißen, ist´s vorbei mit dem lieben Frieden! :)

    Zum Glück sind die Hügel hier nicht ganz so steil wie an Deinem Standort. Ich erinnere mich noch mitRespekt daran - und das wird mir bei der nächsten Tour zur Lehre gereichen, den Rucksack nicht ganz so voll zu machen.

    Erklärter FDGO-Fan

  • Doc hat zu Beginn noch gelästert, wo da denn die Herausforderung bleibe... :devil:

    Jaja die lieben Berge. :smiling_face_with_hearts:

    Man darf in der Demokratie eine Meinung haben, man muss nicht. Es wäre ganz wichtig, dass sich das mal rumspricht: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten."
    Dieter Nuhr

  • Absolut Klasse! So ein Ding hätte ich mir in Schweden gewünscht, um die Ausrüstung und Verpflegung durch den Wald zum Kanu zu transportieren.

  • Hallo!


    Schöne Konstruktion, auch sehr stabil,
    2 Dinge fallen mir aber dabei auf


    - Der Schwerpunkt ist nicht der niedrigste und
    - Die Reifen nicht die grössten


    Nun stellt sich mir die Frage, wie das "Fahrverhalten" auf schlechten, besonders steinigen Untergründen ist, und ob die Karre nicht zum Umkippen neigt, da die luftgefüllten Reifen ja auch noch etwas nachgeben...
    Einen Teil kann man bestimmt auch über die Deichsel ausgleichen, aber eigendlich sollt du dich ja aufs ziehen konzentrieren, und noch mehr auf deine Umgebung!
    Könnt man nicht auch eine Längere Steckachse machen, oder eine "Einzelradaufhängung", bei der Die Räder weiter nach aussen kommen, und auch noch so gross werden das sie in der Seitenansicht knapp die obere Ladefläche erreichen?
    Abnehmbar können die ja bleiben! und gewichtsmäßig tut sich das auch nicht viel!
    Aber grösserer Durchmesser = Weniger Rollwiederstand


    Gruß Bastian

  • Gute Ideen, das - lass mich das Teil mal ausprobieren, dann berichte ich! Die Deichsel kommt mir auch noch als Schwachpunkt vor.

    Achse: das Ding soll nicht breiter werden als ich - sonst komme ich nicht mehr durch meine bewährten Lücken im Gewächs.

    Erklärter FDGO-Fan

  • Da fällt mir doch noch was ein
    - wieso nicht unter der Karre links und rechts mittig unter dem Plateau einen 4x4cm Vierkantrohr schweissen, und darüber kommt ein weiteres etwas grösseres Vierkantrohr mit einer Schnappverriegelung, oder einem Splint, so könnte man die Räder wahlweise nach innen oder nach aussen drehen... oder abbauen ohne Werkzeug....
    Die Räder dürften dann nur im "eingeklappten modus" nicht grösser sein als die Oberfläche des Plateaus. oder man konstruiert das irgendwie so, das die Räder im "ausgeklappten modus" im Seitenprofil über das Plateau stehen, dann kommt der Schwerpunkt auch weiter runter! :)
    Hoffe, das war irgendwie verständlich ausgedrückt, sonst muss ich mal ein Schmierbild malen - bin leider kein technischer zeichner :staunen:
    Gruß Bastian

  • Ich weiß, dass ich hier eine Threadleiche wiedererwecke, aber manchmal gibts dafür Gründe. Gute Gründe, wie ich finde. Der erste Grund ist, dass mich meine Karre V 1.0 jetzt ziemlich genau 5 Jahre lang geärgert hat, und zwar genau aus den Gründen, die hier vorher gesehen wurden - zu kleine Räder, zu hoher Schwerpunkt, fehlende Befestigungsmöglichkeiten, falsches Material. Der zweite Grund ist, dass ich einen Geistesblitz hatte und infolgedessen eine alte GFK-Kiste der Flex zum Opfer fiel (Vorsicht, auf jeden Fall Atemschutz tragen! GFK-Staub ist lungengängig und extrem böse).


    Das Ergebnis ist der Schwerlastmuli V 2.0, ich denke, ich werde keinen weiteren mehr bauen müssen. Zur Erläuterung:


    Die Karre besteht aus einem Viertel einer Milan-LFK-Kiste, einer Rasenmäherdeichsel (wie das alte Modell), zwei 40cm-Rädern (gekauft) mit doppelter Kugellagerung und diversen Kleinteilen. Traglast sind 60 kg, der Schwerpunkt liegt direkt über der Achse (Edelstahl, 12mm). Gezogen wird das Ding mittels meiner 2nd-Line. Bei der V 1.0 waren die Schnellverschlüsse dummerweise so angebracht, dass das Rohr der Deichsel sie ab und an öffnete. No more. Das Gewicht liegt hinten auf der Mehrzwecktasche, die 50mm-Nexus-Clips 'ziehen' nur.


    [ATTACH=CONFIG]25715[/ATTACH]


    Die Maximalbeladung: Eine GFK-Kiste 60x40x40cm, hier mit ca 35kg Gewicht. Wie man sieht verträgt das sogar die Schneiderpuppe - auf dem Hüftgurt liegten ca. 1,5kg. Für diese Kiste ist auch die Cordura-Persenning gerechnet, die sich für kleinere Lasten per Klett verkleinern lässt. Die Plane ist per Druckknopfsystem mit dem Chassis verbunden. Es gibt 8 Zurrpunkte für die 4 Spanngurte.


    [ATTACH=CONFIG]25718[/ATTACH]


    Die Deichsel lässt sich teilen und umklappen, nachdem man zwei Schrauben entfernt hat. Der rückwärtige Teil ist mit vier Schnellspannern am Chassis befestigt, so dass man den auch abnehmen kann - warum, dazu später. Komplett zerlegt ist das Packmaß erstaunlich gering, passt in jeden Kofferraum. Das Gesamtgewicht beträgt 12,2kg.


    [ATTACH=CONFIG]25722[/ATTACH]


    Der Grund für das abnehmbare Heck: Man kann die Karre auch zum Rücken von Holz im Wald einsetzen. Meterstücke funktionieren prima, da rutscht nix und man bleibt nicht hängen. Der hohe Freibord sorgt dafür, dass man auch über Wurzeln kommt.


    [ATTACH=CONFIG]25721[/ATTACH]


    Die leere Wanne. Ich muss noch einen Kindersitzadapter basteln, damit ich meinen Sohn durch die Gegend ziehen kann. Wenn wir zu dritt Touren machen, wird wohl das Gepäck auf dem Karren landen, damit einer den Kleinen tragen kann - oder wir tragen die Rucksäcke und setzen den Kleinen auf seine persönliche Riksha.


    [ATTACH=CONFIG]25720[/ATTACH]


    Am Heck untergebracht: Werkzeugkiste mit zwei Kettensägenschlüsseln (Alle Schrauben sind 13 oder 19mm), ein paar Ersatzschrauben. Ebenso hier hinein gehört Flickzeug und ein Ersatzschlauch, zudem passen die Zurrgurte hier rein. Die Persenning ist leider etwas zu groß. Eine Luftpumpe vervollständigt den Werkzeugsatz.


    [ATTACH=CONFIG]25719[/ATTACH]


    So sieht das Ding voll geladen aus der Nähe aus:


    [ATTACH=CONFIG]25717[/ATTACH]


    Hier im Detail das Zugsystem mit den beiden ITW-Nexux Buckles. Ich habe zwei Handgriffe auf Moosgummi mit verbaut, wenn man mal mit der Hand beim Ziehen nachhelfen muss.


    [ATTACH=CONFIG]25716[/ATTACH]


    Der seitliche Kippwinkel mit der Maximallast liegt bei ca 40 Grad. Ich stelle demnächst noch Bilder von der ersten Tour mit dem Karren hier ein, wenn gewünscht. Dann kann man das Handling im Gelände bestimmt etwas besser beurteilen. Erste Versuche stimmen mit ziemlich glücklich. Vor allem im Vergleich zur ersten Version. :grinning_squinting_face: Kommentare gerne hier, verbessern kann man bestimmt noch etwas...

  • Für den nicht versierten Bastler kann man in etwa das ganze fix fertig kaufen als altes CH Armee teil. Ich bin damals Berge rauf getrotet mit der Tragbahre die auf eine 2 Räder Gestell befestigt wurd und man eine Pferdegschir für Menschen bekam. Der > 100Kg war natürlich auf der Tragbahre.


    Im Moment finde ich es nicht auf dem Netz,aber vielleicht hat es greenstore irgendwo im Keller.

  • Schönes Teil
    Ähnliche Projekte sind im Web unter Pilgerwagen zu finden

    Zum Avatar / Bild wäre noch zu sagen > lang ist`s her <

  • Mir gefällt der (zivile, alltagsrelevante) Zusatznutzen um damit Meterholz bequem zu ziehen.
    Könnte man zum Ziehen solcher Karren nicht auch ein Brustgeschirr verwenden, wie es Bergkletterer verwenden?
    Das wäre dann noch ein sinnvoller Mehrfachnutzen.

  • Schönes Projekt Stefan wann gehen wir mal zusammen auf Tour?


    Zitat von Luftikus;222806

    Mir gefällt der (zivile, alltagsrelevante)
    Könnte man zum Ziehen solcher Karren nicht auch ein Brustgeschirr verwenden, wie es Bergkletterer verwenden?


    Ein Brustgeschirr wohl eher nicht da der Montagepunkt sehr hoch läge und das Gewicht wieder auf der Schulter ist, eher wäre ein Sitzgurt / Klettergurt geeignet jedoch läuft es sich mit diesen bescheiden.