Richtigkeit der 7er Regel (Radioaktivität bei ner Atombombendetonation)

  • Hallo,


    die meisten von euch kennen sicher die 7er Regel bei ner Atombombenexplosion die lautet:


    Nach 7h hat man noch 1/10 der Radioaktivität, nach 7 mal 7h noch 1/100stel, nach 7 mal 7 mal 7 h - 2 Wochen noch 1/1000stel usw.


    In wie weit hat diese Regel Gültigkeit?


    Wie kann ich das auf meine Situation, unter der Annahme, dass die näherste Bombe ca 70 km Luftlinie von mir explodiert, übertragen? Stimmt in meinem Fall die Regel? Gilt die Regel nur wenn es zu einer Detonation in der Luft kommt oder auch bei Bodendetonationen?


    Danke und Grüße, Tesa

  • Klar, die Regel bezieht sich auf die Halbwertszeit.


    Durch die Entfernung hast du vielleicht von Anfang an weniger strahlende Partikel und durch eventuellen Fallout steigt die Strahlung auch später einmal an, aber der Zerfall bleibt gleich.

  • Jein, man kann sie gut nutzen, wenn man keine Messtechnik und keine Ahnung hat um sein Verhalten zu planen (ich würde auch so verfahren).
    Physikalisch gesehen ist sie eine sehr grobe Näherung.



    Der User Otto 70 (http://www.gutefrage.net/frage…eine-atombombe-ein-gebiet) hat einige Gedankengänge recht gut zusammengefasst, die mir logisch erscheinen und die ich hier auszugsweise wiedergeben möchte:


    "...Der Fall-out besteht aus vielen -zig Isotopen mit Halbwertszeiten von Mikrosekunden bis zu Millionen Jahren.
    Da die Aktivität von radioaktiven Strahlern umgekehrt proportional zur Halbwertzeit ist, und nach ca 10 Halbwertszeiten zu vernachlässigen ist und da der Fall-out erst mal mit der Pilzwolke über 10 km hochsteigt, bevor er dann herunterfällt....gilt:
    1). alle Isotope mit Halbwertszeiten unter 10 Minuten (die gefährlichsten) kann man vergessen.
    2). Alle Isotope mit Halbwertszeiten von über 50 Jahren liefern fast keinen Beitrag .
    3). Unsere Erde ist voll von natürlichen radioaktiven Isotopen, z.B. Uran (viel häufiger als Gold,Silber,...)Kalium 40 (liefern in Deinem Körper ca 5000 Zerfälle pro Sekunde) Kohlenstoff 14 (drum kann man mal in vielen tausend Jahren messen,wann Du gestorben bist) aber auch:
    Blei 204,Dysprosium156,Hafnium174,Indium115,Krypton85, Lanthan138,Lutetium176,Neodym144,Platin190,Rhenium187,Rubidium87,Samarium147,148,Thorium(viel häufiger als Uran),Vanadium50, alle diese liefern einen kleinen Beitrag zur Umweltbelastung, aber vor allem : Radon !
    4). Die Fall-out-Isotope zerfallen nach einem Potenzgesetz : I = I(1) x t hoch-1.2. das läßt sich etwa durch die 7er Regel vereinfachen: Die Aktivität I ist nach 1Stunde(nach dem Zerfall) I(1) .
    Nach 7 Stunden noch 1/10tel , nach 7x7 Stunden noch ein 1/100stel, nach 7x7x7 Stunden noch 1/1000stel. usw. Das was dann nach Jahren übrigbleibt ist schon schwierig genug zu finden , noch zu messen ..."


    Ich bin ehrlich gesagt zu faul, jede seiner Behauptungen nachzurechnen, aber das deckt sich in etwa mit meinen Gedankengängen.

    IN LIBRIS LIBERTAS

  • Sie ist halt schön einprägsam.


    Im Gegensatz zum s-GAU mit intakter Infrastruktur und andauernder Emission, wo eine rasche Flucht sinnvoll ist, ist bei einem Atombombentreffer das Verkriechen eine sinnvolle Strategie, da die Flucht evtl. unmöglich ist durch Schäden und Brände in der Umgebung und auch die sofort vorhandene sehr hohe Strahlung.


    Naja und dazu kann man sich dann eben merken, dass nach 2 Tagen (ca. 7x7 Stunden) die Strahlungsbelastung auf 1/100stel und nach 2 Wochen auf 1/1000stel gefallen sein wird. Was zählt ist die Größenordnung. Um sich 2 Wochen zu verkriechen zu können braucht man schon gute Vorbereitung.


    Bei einer Atombombenexplosion in 70km wird man sich vermutlich nicht verkriechen (müssen).

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Wie meinst du das mit nicht mehr verkriechen müssen? Kommt keine nennenswerte Menge an Strahlung so weit?
    Wie ist das wenn weltweit z.B. paar hundert Atombomben hochgehen, aber keine in meiner nähe näher als 70 km? Gibt es dazu auch Prognosen oder ähnliches?

  • Zitat von tesa;299837

    Wie meinst du das mit nicht mehr verkriechen müssen? Kommt keine nennenswerte Menge an Strahlung so weit?
    Wie ist das wenn weltweit z.B. paar hundert Atombomben hochgehen, aber keine in meiner nähe näher als 70 km? Gibt es dazu auch Prognosen oder ähnliches?


    Weltweit sind schon ein paar hundert Atombomben hoch gegangen. (edit: oberirdisch!)


    Das hat die durchschnittliche Radioaktivität weltweit auch etwas erhöht...

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Ob du in 70 km Entfernung zu Hause einige Zeit aussitzen musst, kann man vermutlich nicht mit Sicherheit sagen. Denn nukleare Waffen haben sehr unterschiedliche Sprengkraft und setzen unterschiedlich viel Strahlung frei.


    Es gibt kleinere Bomben, zu denen auch die von Hiroshima und Nagasaki zählen. Vergleichbare Bomben könnten benutzt werden, um einzelne Orte zu treffen und dort großen Schaden anzurichten.
    Es wurden später viele stärkere Modelle gebaut und getestet, die wohl ein Vielfaches davon anrichten können. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Experten sich nicht einig seien, wie stark die Auswirkungen wären. Eine Quelle dazu weiß ich nicht mehr. Aber wahrscheinlich wärst du von der Esplosion selbst nicht übermäßig betroffen. Wichtiger wäre der Fallout, welcher auch viel weiter als 70 km reichen kann.


    Es gibt einen Simulator, um die Auswirkungen einer Atombombe abzuschätzen. Dort kannst du den Abwurfort angeben, die Stärke der Bombe, auch mit Auswahlmöglichkeit einiger existierender Modelle, und andere Optionen.
    http://nuclearsecrecy.com/nukemap/

  • In 70km Entfernung...:staunen:
    Als ob so eine Bombe dann ein Einzelfall wäre. Wenn das passiert, brauchen wir keine 7er Regel oder Fachwissen über Halbwertszeiten mehr. Dann machen wir sowieso den Arsch dicht.:-( Zumindest in Deutschland.

  • Ein interessantes aber verstörendes Thema.


    In der Schule und auch später wurde uns es schon beigebracht, sich beim Atomschlag mit dem Ranzen über dem Kopf hinter den Bordstein zu legen.


    Unser Physiklehrer war ein 25ender (ehem. Offz. 25a NVA). Der hat immer gesagt: Steht auf, seht Euch das direkt an, das sieht man nur einmal und Ihr müßt nicht so lange leiden wie die hinter dem Bordstein oder gar die im Keller mit der selbst gebauten Atemmaske!


    Wenn ich die Bunker aus dem kalten Krieg hier in der Region sehe, die lediglich einige Tage bis wenige Wochen die Insassen schützen konnten, denn dann waren die Nahrungsbestände, Kraftstoffvorräte, Luftfilter usw. aufgebraucht, dann frage ich mich wo der persönliche Sinn liegt.
    Und professioneller als die Bunker eines Geheimdienstes oder einer Armee kann man sowas wohl kaum selbst bauen.
    Dann gute Nacht schwarze Katze... Vielleicht hat ja der Physiklehrer recht. Hoffen wir, daß wir es nie herausfinden müssen.

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Es gab einen sehr interessanten Fernsehbeitrag, wie die Noch-Einwohner um Tschernobyl heute in der Gegend leben und wie sie den Japanern praktische (Über)lebenshilfe geben. Die allerwichtigste Erkenntnis für mich aus diesem Beitrag war, daß die Strahlungsdosis von Gemüse aus dem Garten über eine Entfernung von einigen zig Metern um den Faktor >10 differieren kann und damit den Unterschied zwischen genießbar und sehr gefährlich ausmachen kann. Dort (über)lebt keiner ohne regelmäßige Benutzung von Geigerzählern, andererseits werden auch dort Leute alt (mit diesen Einschränkungen). Hat mich sehr berührt und erstaunt.
    Ich betrachte derzeit das Risiko aus AKWs wie z.B. Fessenheim höher als aus irgendwelchen Waffen. Erstere sind nämlich schon da und brauchen permanente sorgfältige Betreuung durch qualifiziertes und motiviertes Personal über Jahre hinweg (und keine längeren Stromausfälle), um nicht hochzugehen, während letztere aktives Handeln und Transportieren an Ihren "Einsatzort" und weitere u.U. komplizierte Handlungen durch qualifiziertes und motiviertes Personal benötigen, um hochzugehen. D.h. letztere sind relativ sicher so paradox dies klingen mag.
    Ich stelle mir es sehr schwierig vor, die Motivation des Personals über 5 Jahre Abklingperiode aufrechtzuerhalten, wenn keine einzige kWh ins Netz eingespeist wird.

  • Hallo Rocky, hallo zusammen,


    Zitat


    ...Steht auf, seht Euch das direkt an, das sieht man nur einmal und Ihr müßt nicht so lange leiden wie die hinter dem Bordstein oder gar die im Keller mit der selbst gebauten Atemmaske!


    Wenn ich die Bunker aus dem kalten Krieg hier in der Region sehe, die lediglich einige Tage bis wenige Wochen die Insassen schützen konnten, denn dann waren die Nahrungsbestände, Kraftstoffvorräte, Luftfilter usw. aufgebraucht, dann frage ich mich wo der persönliche Sinn liegt.
    ...


    So pessimistisch würde ich es nicht sehen, auch in Hiroshima und Nagasaki haben Menschen überlebt:https://de.wikipedia.org/wiki/Hibakusha


    Im Moment einer Warnung - wenn ich also überhaupt die Möglichkeit habe vorher in den Keller zu gehen, oder auch unmittelbar nach einer Explosion (die ich erstmal überlebt habe) weiß ich ja auch nicht ob es nun zu einem atomaren Overkill kommt (dann ist eh alles egal) oder es sich aus irgendeinem Grund um einzelne Kernwaffenexplosion(en) handelt, dann habe ich m.E. schon eine erhöhte Chance wenn ich versuche mich vor (weiterer) Strahlung so gut es geht zu schützen, bzw. die aufgenommene Dosis so gering wie möglcih zu halten.
    Ich würde mich doch nicht schon vorher aufgeben wenn z.B. durch einen mehrtägigen Kelleraufenthalt eine Channce besteht keine starke Strahenkrankheit zu entwickeln, sondern sich "nur" die Wahrscheinlichkeit stark erhöht Jahre später an Krebs zu erkranken.


    Sollte man merken, dass man doch zu viel abgekriegt hat, kann man immernoch die Reissleine ziehen z.B. in dieser Phase:https://de.wikipedia.org/wiki/Walking-Ghost-Phase


    Hier:

    Zitat

    Hoffen wir, daß wir es nie herausfinden müssen

    bin ich natürlich wieder bei Dir.


    Gruß,
    Paddy

  • Zitat von Solarfuzzi;300003

    Die allerwichtigste Erkenntnis für mich aus diesem Beitrag war, daß die Strahlungsdosis von Gemüse aus dem Garten über eine Entfernung von einigen zig Metern um den Faktor >10 differieren kann und damit den Unterschied zwischen genießbar und sehr gefährlich ausmachen kann. Dort (über)lebt keiner ohne regelmäßige Benutzung von Geigerzählern,...


    Sorry, wenn ich da mal reingrätschen und einen populären Mythos, der auch gerne von den Medien (die berühmten Reporter des franz. Fernsehens, die nach Tschernobyl mit dem Geigerzähler über den Wochenmarkt gehen und zeigen, dass alles ungefährlich ist) zerstören muss.


    Es ist mit einem einfachen Geigerzähler nicht möglich die (aufgenommene) Strahlenbelastung von Nahrungsmitteln zu überprüfen!
    Dies ist ein Irrglaube, dem ich auch lange angehangen habe und der durch mein Grund- (Physik-Biologieschein) und Hauptstudium (Strahlentherapie/Nuklearmedizin) und eigene Recherche (v.A. Man nehme einen Geigerzähler, Bd.3, Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt - Rupprecht Maushart EAN / ISBN: 9783921956830, 3921956838, 3921956838) gründlich widerlegt wurde.


    Man misst dabei lediglich die Oberflächenkontermination, um eine Aussage über die durchschnittliche Belastung der Lebensmittel-/Wasserprobe zu treffen müsste man das Nahrungsmittel zu einem homogenen Brei kleinhäckseln und in einen vor Umweltradioaktivität abgeschirmten Messbehälter geben (Bleiburg). Streng genommen müsst man auch mittels Massenspektrometrie die einzelnen Isotope aufschlüsseln.


    Wenn die in dem Beitrag gezeigten Menschen mittels Geigerzähler ihre Nahrung "freimessen" wiegen sie sich in falscher Sicherheit und könnten ihre "Messwerte" genau so gut würfeln.

    IN LIBRIS LIBERTAS

  • Zitat von tesa;299837

    Wie meinst du das mit nicht mehr verkriechen müssen? Kommt keine nennenswerte Menge an Strahlung so weit?
    Wie ist das wenn weltweit z.B. paar hundert Atombomben hochgehen, aber keine in meiner nähe näher als 70 km? Gibt es dazu auch Prognosen oder ähnliches?



    Guten Abend,


    wie entsteht die Annahme der 70km Distanz? Ist dort die nächste Großstadt von Dir entfernt?


    Solltest du in einem Ballungsraum, wie bspw. Raum München, FFM-Speckgürtel oder ähnlichem wohnen, solltest du wissen, dass es nicht unbedingt nur "die Bombe" gibt, sondern dass ein Träger alleine ggf. viele einzelne Sprengköpfe über einem Gebiet verteilen kann. So war es technisch vor vielen Jahren schon möglich, nach deutschen Größenordnungen ganze Bundesländer mit nur einer Atombombe zu Grunde zu richten, da viele Sprengköpfe in größeren Abständen runterkommen.




    Grüße


    zOSh

  • Lebensmittelkontamination zu messen, ist tatsächlich die ganz hohe Schule. Erstens braucht man das entsprechende Equipement - allein das Gamaspektrometer liegt im fünfstelligen Eurobereich - und vor allen Dingen Erfahrung plus Wissen. Um In einem kg Waldpilze (aus Bayern) 600 Becquerel (= zulässige Wert für Speisepilz im Supermarkt) zu detektieren, braucht es Profil-Equipement, mit einem Gamma-Scout kommt man da nicht weit. Was soeben geht und dann doch 800 € (z.B. für den auch an Schulen eingesetzten Inspector Ex) kostet, ist der Test von Parannüssen, die man vor dem Ausmessen natürlich breitflächlich kleinhäckseln muss. Wer sich für Grenz- und Richtwerte hier interessiert, dem sei das kleine Skript ans Herz gelegt: http://www.fs-ev.org/fileadmin…04-03-internetversion.pdf

  • Ich habe einmal vor Urzeiten einen Strahlenschutzlehrgang mitgemacht. Viel ist nicht hängengeblieben, aber der Vortragende hat strahlende Atome mit einer Handgranaten verglichen, die jeden Augenblick hochgehen können. Wenn die Hälfte der vorhandenen Granaten hochgegangen ist (und dabei Strahlung emittieren und in stabilere Elemente zerfallen sind) nennt man das Halbwertszeit. Daraus folgert auch, dass eigentlich die strahlenden Element mit niedriger Halbwertszeit die erheblich schlimmeren sind, weil sie schlicht mehr Strahlung abgeben.


    Von daher macht es schon Sinn sich die erste Zeit maximal bedeckt zu halten, weil genau da das Feuerwerk am größten ist.


    Wer also das "Feuerwerk" der Elemente mit kurzer Halbwertszeit abwartet und anschließend die Inkorporation (Aufnahme) strahlender Partikel begrenzt. (Über Abschirmung, Sauberkeit und saubere Nahrung), der hat zumindestens bessere Chancen. Kinder sind zudem noch empfindlicher gegenüber Strahlenschäden als Ältere. Von daher macht es Sinn Kinder besonders zu schützen.


    Der Mensch ist ein zähes Vieh. Strahlung ist echter Mist, weil unsichtbar und tückisch. Aber Leben heißt kämpfen!

    Brot ist nicht hart. Kein Brot ist hart!