Nächtlicher Ausflug mit nasser Ausrüstung

  • Letzes Wochenende hatte ich in der Nacht von Samstag auf Sonntag endlich mal Zeit die teilamphibische Ausrüstung einem intensiveren Test zu unterziehen.
    Dabei ging es um die Ausrüstung die in diesem Thread vorgestellt wurde:


    https://www.previval.org/forum/showthread.php/38398-Bedingt-amphibische-Ausrüstung-im-Winter


    Das hatte da ja auch alles ganz gut geklappt. Die Frage, die bei mir noch offen war, war die Fragestellung wie es sich mit dem Marschieren mit den nassen Klamotten im Winter verhält.


    Folgende Rahmenbedingungen:


    - ca. -3° Lufttemperatur, leichter Ostwind
    - Start der Aktion um 0:00Uhr nach einem normalen Samstag (mit den Kindern schwimmen, einkaufen etc.)
    - letzte Aufnahme fester Nahrung gegen 19:00Uhr
    - Gewicht des Rucksackes (TT Pathfinder) in der Ausstattungsvariante fünf Tage vollautark Winter ca. 24kg ohne Wasser.


    Auftrag:
    - Erreichen des Siels im Deich, Aufenthalt im Wasser, wenn möglich Deichunterquerung (ca. 100-120m).
    Dabei, auf Anregung von Sam Hawkins kontrolliertes Absenken der gemessenen Körpertemperatur (orale Messung) auf ca. 35°C.
    - Gepäckaufnahme
    - Erreichen des sicheren Waldes nach ca. 8km Marsch.
    - Errichten des Zeltes
    - Ruhephase 3h., keine Nahrungsaufnahme
    - Packen und Rückverlegung
    - Abschließender Anzugtest (erneutes Wassern)



    Kleidung:


    Erste Schicht:
    - Thermofunktionshemd Decathlon
    - Thermolaufhose
    - einfache MASCOT-Socken


    Zweite Schicht:
    - Hansen Protection Anzug
    - Helly Hanssen Balaklava


    Dritte Schicht:
    - Lycra-Mütze 40g
    - BW Nässeschutzjacke
    - BW Nässeschutzhose
    - Stiefel HAIX Airpower X21 high in Übergröße (45 statt 44)


    Kurz nach 0Uhr ging es dann los:


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    Was mir grundsätzlich etwas negativ auffällt ist, das die Klamotten recht laut sind.
    Bin dann also zum Wasser und habe meine Temperatur gemessen:


    knapp 36°


    Dann also ins Wasser:


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    Eigentlich hatte ich geplant, wieder mit dem ganzen Gerödel unter dem Deich durch und dann weiter.
    Durch die geschlossene Eisdecke war das leider nicht möglich. Ich habe daher das Eis soweit zertreten, das ich genug Platz hatte.
    Ich bin dann zunächst fürs Video ca. 2min rein, dann bin ich raus, habe das Fieberthermometer geholt und wieder rein.


    [ATTACH=CONFIG]38085[/ATTACH]


    Ich habe dann gewartet, bis ich mich kalt füllte, bin dann mit ca. 34,6 °C raus zu einer kleinen Schutzhütte dort direkt nebendran.
    Dort habe ich dann "geschummelt" :winking_face: , weil ich das Wasser aus den Stiefeln gekippt habe, war aber überraschend wenig drin, hätte ich auch bleiben lassen können:


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    Dann bin ich endlich losgelaufen....


    Gruß



    TID

  • Holy cow, Du gibst es Dir aber! Keine Nahrungsaufnahme bei kalten nassen Klamotten ist rabiat, da wird man meist nicht wieder warm.

  • Zitat von T I D;301306

    Dabei, auf Anregung von Sam Hawkins kontrolliertes Absenken der gemessenen Körpertemperatur (orale Messung) auf ca. 25°C.


    Die 25°c sind hoffentlich ein Tippfehler? :staun:


    LG. Nudnik

  • Was ich noch nicht erwähnt habe:
    Ich hatte als Beleuchtung unsere Standardkopflampe PETZL Pixa 3 dabei, zusätzlich noch ne LEDLENSER SEO 7, die ich zum Testen bekam.


    Ferner noch ein Nachtrag:


    3min nach Verlassen des Wassers habe ich 36,4° gemessen, also eine signifikante Steigerung. In der Hütte beim Schuhauskippen waren es schon wieder nur noch 35,9°.


    Der kleine Marsch gestaltet sich gefühlt sehr gut. Es war mir ausreichend war und umso verwunderter war ich, das schon nach 1,5km die Nässeschutzjacke teilweise fest gefroren war.
    Hat dadurch aber schöne Falten gehabt ;-).


    [ATTACH=CONFIG]38087[/ATTACH]


    Kann man schlecht sehen, war nur mit dem Handy...


    Dann bin ich auf den "langen Jammer", das nennen wir hier immer so, weil man ein paarKilometer ohne jeder Abwechslung geradeaus läuft. Ich hatte Glück, das heißt ich hatte die leichte Ostbriese als Gegenwind.
    Das war sehr interessant, konnte ich dabei doch gut an mir selbst beobachten, was man ja weiß.
    So lag meine gemessene Temperatur immer so um die 35,1° rum. Ich habe mich dabei auch wohl gefühlt, habe aber entsprechend Tempo gehalten.


    [ATTACH=CONFIG]38088[/ATTACH]


    Einmal habe ich dann eine ca.3-4minütige Videopause eingelegt und da ist Temperatur im Wind gleich mal auch 34,1° runter.


    [ATTACH=CONFIG]38089[/ATTACH]


    Ich musste da also Tempo halten um Körpertemperatur zu halten. Also Energieverbrauch deutlich erhöht. Selbst eine kleine Verletzung kann sich bei dieser Witterung schon ohne Versorgungsmöglichkeit tödlich auswirken. Beispielsweise hätte ich mir auch dort, wie im letzten Jahr, das Sprunggelenk brechen können. Es gibt dort weit und breit nix zum Feuer machen. Da läge man dann im Ernstfall rum und wartet aufs Erfrieren.



    Um so wichtiger ist es, immer ganz bei Sache zu bleiben, um Unfälle zu verhindern.


    Sobald ich wieder aus dem Wind raus war, war ich wieder auf gemütliche 35,1°.


    Später mehr.



    Gruß


    TID


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    Zitat von Nudnik;301311

    Die 25°c sind hoffentlich ein Tippfehler? :staun:


    LG. Nudnik


    Oh ja, vielen Dank für den Hinweis, habe schon korrigiert auf 35°


    Gruß


    TID

  • So, weiter geht's.


    Ich bin dann also aus dem Wind raus und fühlte mich dann auch gleich wieder wärmer :) .


    Insgesamt war das ne schöne Atmosphäre, der Mond schien recht hell und ich bin während der gesamten Zeit keiner Person und auch keinem Fahrzeug begegnet.
    Was auffällig für mich war, ist das sich das Auskühlen gefühlt und messtechnisch immer schneller einstellte. Die Temperatur konnte ich auf dem letzten Kilometer auch bei Steigerung des Tempos nicht mehr steigern.


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    Um ca. 2:30Uhr war ich dann endlich windgeschützt im Wald angekommen:


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    Die Temperatur war auch hier konstant um die -3°.


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    Ich habe dann dort total angefangen zu frieren, die letzte halbe Stunde war echt doof um es mal so zu nennen :winking_face:
    Als Behausung hatte ich ein, in dunkeloliv umgefärbtes QUECHUA Arpanaz 2 für 23€ dabei. Mittlerweile Liebe ich die Hundehütte, kann ich sie doch überall auch ohne Abspannung etc. aufbauen.
    Das finde ich besonders wichtig, da ich so auch von sonstigen Einflüssen geschützt beispielsweise in einer Ruine etc. sehr schnell ein warmes Quartier bekomme´.
    Mit einem Packgewicht von derzeit 2,1Kg bin ich da sehr zufrieden.


    Was aber im nächsten Schritt angepasst wird, ist die Farbe des Innenzeltes:


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    Weiß ist halt bei dem Anspruch gedeckt zu bleiben relativ unpraktisch, also wird das Innenzelt demnächst schwarz sein.


    Hier sieht man noch einmal das Zelt, während innen schon die Heizung läuft. Es gibt derzeit noch minimale Lichtemissionen, dass wird sich aber mit der Modifikation des Innenzeltes weiter reduzieren lassen:


    [ATTACH=CONFIG]38117[/ATTACH]


    Nun hatte ich also Zelt fertig, Heizung lief, also raus aus den Klamotten, was sich zunächst nicht so einfach gestaltete waren doch die Schnürsenkel fest gefroren und ich fluchte da fröstelnd vor mich hin.
    Den Anzug habe ich dann einfach in den nächsten Baum gehängt und bin dann ins Zelt.
    Schlafsetup wie üblich, Defense 4 mit Thermarest 870g.
    Das Zelt habe ich dann richtig aufgeheizt, weil ich dachte das hilft :winking_face:
    Ich hatte es am Ende auf 36°+ aufgewärmt, dachte ich schlafe dann seelig. Heizung dann also aus und nach ca. 1h habe ich gefröstelt, weil ich nicht mehr genug Energie hatte. Anstatt mir dann noch ne Daunenjacke rüber zu werfen habe ich als bis. 7Uhr "geruht".
    Dann war es auch Zeit für den Rückweg, weil ich mit der Familie frühstücken wollte. Also raus aus "den Federn" --> Daune wird Defense 4 ersetzen.


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    Gegen 8:15 war ich dann voll verlegefähig. (Die Uhrzeit im Bild ist um ca. 30min falsch). Der Anzug hatte über die 3-4 Stunden viel an Feuchtigkeit verloren und ich war angenehm überrascht, das sich nichts kalt und feucht anfühlte als ich alles wieder an hatte.


    Hier noch einmal ein Bild vom Platz nach Zeltabbau. Der Standort des Zeltes ist recht eindeutig zu erkennen, aber nach m.E. hätte jeder Versuch, den Abdruck zu verschleiern nur deutlichere Spuren hinterlassen:


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    Der Rückweg gestaltete sich recht angenehme, ich traf im Dorf eine Zeitungsausträgerin und unterhielt mich eine kurze Weile mit ihr, da ich es bewunderte, das sie nun schon seit 5 Uhr ohne Handschuhe mit dem Fahrrad Zeitungen ausfuhr.
    Aus dem Dorf raus kam dann wieder der "lange Jammer", hier mal ein Bild am Tage, was die Tristesse des Wanderes etwas verdeutlicht:


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    Ich habe mich dann, so gut es ging, gesputet um am Ende der Tour noch einmal zu testen ob das Ganze immer noch dicht ist. Zum Glück war der Fleeth auf gut 100m eisfrei und so konnte ich ein morgendliches Bad nehmen:


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    Der Anzug hielt trotz in der Nacht teilweise gefrorenen Membrane dicht wie eh und je.... :) :)


    Ein halbe Stunde später habe ich dann mit der Familie gefrühstückt und den Sonntag zum Aufwärmen genutzt.


    Gruß


    TID


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    - Das Konzept dieser Ausrüstung ist für mich schlüssig und anwendbar.
    - Der Hansen-Protection-Anzug büßt auch beim Marschieren seinen Tragekomfort nicht ein.
    - Taugt aber nur was bei Temperaturen ab 2-3° und tiefer.
    - In diesem Falle war das Themfuntkionshemd und die Laufhause wärmetechnisch etwas "unterdimensioniert"
    - Warme Socken wären gut gewesen.
    - Man muss sich nach solchen Touren zwingen, etwas zu essen (mit möglichst hohen glykämischen Index) um Energie für Wärme zu bekommen.


    Hier ein Video des Ganzen, mit 21 min vielleicht etwas lang, aber seis drum:


    https://www.youtube.com/watch?v=6Wi47xVcqm0


    Würde mich über eine Diskussion zwecks Verbesserung sehr freuen.


    Gruß


    TID

  • Ein toller Bericht!


    Vielen Dank fürs Teilen. Inhaltlich kann ich leider nichts beitragen, weil ich mich solchen Strapazen noch nie ausgesetzt habe. Da kann ich nur lesen und lernen.


    LG. Nudnik

  • Respekt! Ich bin froh, dass es bei uns kein Gewässer gibt, was man nicht ohne Schwierigkeiten um- oder durchlaufen kann. Von der Idee her und was die Ausrüstung angeht habe ich ja glatt trotzdem Lust, es Dir nachzutun, aber da wird meine Frau nicht zu nicken. :winking_face:

    Erklärter FDGO-Fan

  • Ordentlich kcal zuführen hilft in jedem Fall!
    War am Wochenende mal wieder tauchen bei 4°C Wassertemperatur, nach 30 min wird einem selbst mit einem 400er Unterzieher kalt. Man kühlt an den Extremitäten schnell aus und nach 45 min ist die Motorik deutlich eingeschränkt.
    Möchte denjenigen sehen der nachdem er z.B. im Eis eingebrochen ist danach mit seinem Feuerstahl ein Feuer entfacht... Der Gaskocher ist da für mich immer noch erste Wahl schnell und einfach etwas zu kochen. Auch ist immer bei solchen Aktionen eine Thermoskanne dabei. Auf Wintertouren sowieso zu empfehlen, jede Wh Wärme die ich mir so einverleibe muss der Körper nicht heizen.

  • Zitat von T I D;301506


    ...Also raus aus "den Federn" --> Daune wird Defense 4 ersetzen...


    Moin TID,


    betrifft das dein grundsätzliches Setup? Ich bin bisher auch ein großer Freund des Defense 4. Die "Gesamtwärmkapazität" bei niedrigen Temperaturen peppe ich wenn nötig mit Jacke und Hose auf Hohlfaserbasis auf.
    Für meine Verwendungen reichte das bisher immer dicke. Bislang tobe ich aber auch nicht in den Grenzbereichen rum.


    Da die Diskussion Hohlfaser <=> Daune, gerade was die "ausreichende" Isolierleistung pro Gewichtseinheit angeht, ja immer aufkommt, bestätigte die Tüte in deinem Rucksack meine Meinung bisher. :winking_face:


    LG
    Grauer

  • Hallo Grauer,
    Schon lang nix mehr gehört von Dir :)
    der Defense 4 ist wirklich gut, aber ich möchte gerne ans Gewicht ran. Mit knapp 2 Kilo geht der Wohl, bei gleichem Gewicht ist Daune dann kaum noch ertragbar von der Wärme her.
    Es kann natürlich auch an der Gesamtkonstitution liegen, die ich hatte, aber ich habe da immer von Daune geträumt ;-).
    Das mit dem Aufpeppen geht natürlich auch, ist aber wiederum eine Platz und Gewichtsfrage. Ich habe immer eine 340g leichte Daunenjacke dabei, habe es aber erst morgens gerafft, das ich sie besser angezogen hätte.


    Ich überlege halt mal was komplett neues in Bezug auf Schlaf zu basteln. Die eine Idee wäre, komplett ohne Schöafsack um die volle Mobilität zu gewährleisten, die andere, eben auf Daune und leichtes Gewicht zu setzen.



    Gruß



    TID


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    StefanS:
    Komm vorbei, habe genug von dem Kram, das wir beide los können.



    Gruß



    Tid

  • Ein größeres Problem könnte natürlich sein, das wenn bei deiner Planscherei die Daune mal Nss wird du quasi mit runtergelassener Hose dastehst.... und beim Norddeutschen Wetter ist mit nachtrocknen nach feuchter Nacht leider auch nix.... Dennoch ist Daune nach wie vor ungeschlagen von der Leistung


    Gruß EZS !

  • Genau das ist der Grund warum ich nicht auf "Daune" bin. Kufas wiegen bei gleicher Leistung (sagen wir mal -20°C) ca. 1 Kg mehr. Aber das ist für mich nicht (mehr) diskutabel. Leichter geht halt nicht.


    Von Daune habe ich auch immer geträumt. Zumal ich als eher schmalbrüstiger Mensch im Gewicht limitiert bin und das eine Möglichkeit wäre, nochmal so richtig einzusparen. Aber letztendlich aufgrund der Empfindlichkeit und auch wegen des hohen Preises (wann brauche ich den schon mal, realistisch betrachtet) habe ich es sein lassen. Heute ist das kein Thema mehr für mich.


    Ich habe mir den Defense 6 besorgt, getestet und ich behaupte, dass der ein gutes Preis-Leistungsverhältnis hat. Und der sollte auch bei Deiner Größe gehen, TID. 220 Eur gegen ca. 800 Eur...

    I feel a disturbance in the force...

  • Ich war gerade mit einem Daunensack in Feuerland unterwegs (sehr nass im Januar) und das ging sehr gut. Neben dem geringeren Gewicht hat man auch noch ein deutlich geringeres Packmaß das für mich eben so wichtig ist.