Hungerwinter 1946/47

  • Hallo,


    nur kurz zum Streitpunkt Selbstversorgungsgrad:


    Ich denke, alle haben Recht und gleichzeitig sehen es alle zu einseitig.


    Der hohe Selbstversorgungsgrad der angegeben, und auch durch Quellen untermauert wurde, stimmt zwar, ist aber keine "Vollkosten-Rechnung".
    Dieser hohe Grad, mit den heutigen Ressourcen an Personal, Geräten und Boden, wird nur erreicht durch massive Zuführung von Energie von aussen.Treibstoff, Strom, Energie zur Produktion von Maschinen etc. (trifft auch auf unsere gesamte Gesellschaft zu).


    Früher war die Landwirtschaft ein Netto-Energieproduzent. Das Futter für Arbeitstiere (und Arbeiter) wurde selber angebaut.
    Heute wird, statt einen Teil des Landes für Futtermittel zu verwenden einfach Diesel gekauft. Heute ist die Landwirtschaft ein Netto-Energiekonsument.


    Passiert ist diese Änderung vom Netto-Produzent zum Netto-Produzent als die Landwirtschaft grossflächig mechanisiert wurde, das heisst nach dem 2. Weltkrieg.
    In unserem Dorf gab es Beispielsweise bis nach 1945 keinen Traktor.
    Hier ein Bild einer Käserei aus der Nachkriegszeit in meiner Gegend (man beachte den VW-Käfer im Hintergrund)


    Somit hat Elf schon recht mit seiner Rechnung.


    Aber gleichzeitig geht er davon aus, dass diese Energiezufuhr von einem Tag auf den anderen wegbricht, was ich jedoch auch nicht glaube.
    Zuerst würde die Energie anderswo, z.B. beim Privatverkehr, eingeschränkt. Staatliche Reserven und möglicherweise beschränkte Importe würden rationiert.


    Somit käme die Versorgungskriese nicht Knall auf Fall, sondern vermutlich schleichend. Einem solchen Hungerwinter wäre eine längere Zeit der Minderversorgung vorausgegangen.
    Und wie viel Kraft ausgehungerte Leute noch hätten um (energieaufwändig) zu Plündern ist fraglich.


    Die romantische Vorstellung dem Bauern bei Ernte zu helfen, würde, neben dem fehlenden Wissen, auch ganz einfach am fehlenden Gerät scheitern: Es gibt schlicht nicht mehr genug Sensen.
    Dasselbe gilt natürlich für alle früheren Produktionsmittel, wie Zugtiere etc.



    Grüsse, Gresli

  • Hybride: Theoretisch ist es so, dass sich Hybride (je nachdem teilweise oder komplett) wieder in ihre Vorgängersorten entkreuzen. Da ein wichtiges Zuchtziel im Regelfall höherer Ertrag ist, kann man die Sorten in der Regel schon weiter verwenden, aber der Ertrag nimmt stark ab. "Ordentliche Landwirtschaft" ist schon weiterhin möglich, aber eben mit verringerten Erträgen sowie mit anderen unerwünschten Eigenschaften der Vorgängersorten.


    Gresli hat mit seiner Einschätzung in beide Richtungen sicher Recht:


    Einerseits kommt es sicher nicht bei einer normalen Versorgungs- oder Wirtschaftskrise sofort zu Hungererscheinungen. Auf die Masse gesehen gibt es dann eben doch Vorräte, vom Einzelhaushalt bis zu den strategischen Regierungsreserven, gesetzliche Möglichkeiten zu Beschlagnahmung, Zwangsbetrieb und Rationierung sowie noch funktionierende geringe nationale und internationale Handelsflüsse.


    Auf der anderen Seite erscheint es unwahrscheinlich, dass bei einer längeren Krise (mehr als ein Jahr) eine Umstellung der Lebensmittelproduktion auf Muskelkraft gelingen könnte. Dann müssten gewaltige Anzahlen von Arbeitskräften aufs Land verlegen. Man stelle sich mal vor, man müsste den Boden komplett mit Hacken bearbeiten. Mit einem guten Pferdegespann schafft man am Tag einen halben Hektar. Wie viel schafft ein Mensch mit einer Hacke? Vielleicht ein Zehntel würde ich schätzen. Dazu kommt die Frage des Transport der Nahrungsmittel. Wer soll das alles organisieren, wenn man rundherum insgesamt krisenhafte Verhältnisse annimmt? Falls es wirklich zu einem so abrupten und tiefschürfenden Zusammenbruch der modernen Landwirtschaftsproduktion kommt, sind massive Bevölkerungsverluste nicht zu vermeiden. Allerdings kann ich mir nicht allzu viele Szenarien vorstellen, in denen es wirklich dazu kommt.

  • Zitat von Gresli;308293

    ...


    Früher war die Landwirtschaft ein Netto-Energieproduzent. Das Futter für Arbeitstiere (und Arbeiter) wurde selber angebaut.
    Heute wird, statt einen Teil des Landes für Futtermittel zu verwenden einfach Diesel gekauft. Heute ist die Landwirtschaft ein Netto-Energiekonsument.


    Passiert ist diese Änderung vom Netto-Produzent zum Netto-Produzent als die Landwirtschaft grossflächig mechanisiert wurde, das heisst nach dem 2. Weltkrieg.
    In unserem Dorf gab es Beispielsweise bis nach 1945 keinen Traktor...


    Das wage ich aber zu bezweifeln.


    ich gehe sehr stark davon aus, dass die Energieproduktion aus der Landwirtschaft (Rapsöl, RME, Biogase, KUP,...) heute deutlich(!) höher ist als deren direkter Energiebedarf. (auch indirekt, also inkl. Spritzmittel und Dünger gehe ich stark davon aus).
    Ich schreibe das in Form einer Vermutung, weil ich für eine halbwegs seriöse Rechnung vermutlich ein paar Stunden bräuchte.
    Als Einstiegspunkt kann man den Anteil der Landwirtschaft (genauer gesamte Primärproduktion also inkl. Bergbau, Forstwirtschaft, Fischerei...) am Primärenergieverbrauch betrachten und das sind in D ca. 1%.


    Die Annahme, dass ein Pferd "effizienter" sei als ein Traktor ist auch völlig falsch. Ein Pferd benötigt eine weitaus größere Fläche für sein Futter (Hafer & Co) als ein Traktor Fläche für die Rapsöl/RME Produktion bräuchte. (jeweils in Relation zur bearbeiteten Fläche).
    Noch besser wäre die Bilanz, würde der Traktor mit der Energieproduktion aus einer Photovoltaikanlage betrieben werden können.


    Von der Energie pro Flächeneffizienz kommt bei der Solarenergienutzung nichts auch nur annähernd ran an eine Photovoltaikanlage. Photosynthese ist nun mal furchtbar ineffizient.


    So gesehen ist moderne Technik und insbesondere der Umstieg auf technische Solarenergienutzung ein dramatischer Boost bzgl Selbstversorgungsfähigkeit. Global ist es mMn die einzige realistische Option 10 Mrd. Menschen nachhaltig zu versorgen .
    Bzgl. der Resilienz mag es schlechter sein als der rein biologische Pfad mit dem Pferd, aber zum einen will dahin keiner ernsthaft zurück, zum zweiten kann man auch das technische System hier sicherlich deutlich verbessern.




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    Zitat von lord_helmchen;308290


    Lässt sich damit eigentlich noch eine ordentliche Landwirtschaft über einen längeren Zeitraum betreiben? Aus der Sicht eines Laien eigentlich nicht.


    Wenn man auf moderne Sorten (inkl. Hybride) in der Landwirtschaft verzichtet dürfte man - global betrachtet - ein erhebliches Versorgungsproblem bekommen, außer wir werden alle Vegetarier.


    Die enormen Ertragssteigerungen der konventionellen Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten, welche erst ermöglicht haben, den Hunger in der Welt trotz Bevölkerungsexplosion zurück zu drängen, kommen ja nicht von ungefähr, sondern basieren auf extrem wüchsigen Sorten, hoch wirksamen Pflanzenschutzmitteln und massivem Düngereinsatz.


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    Zitat von lord_helmchen;301381


    Wer von uns hat Rationen für 4 Personen und 4-5 Monate? Ich leider nicht. So viel Platz haben wir gar nicht.


    Wobei ich schon länger darüber nachdenke, wie ich es das Problem lösen kann.


    5 Monate x 4 Mann sind 20 Mannmonate oder 600 Manntage


    Eine Packung NRG5 enthält 9 Riegel. Isst man davon ein Drittel am Tag hat man die komplette Tagesdosis Vitamine und Mineralstoffe und ca. 700kcal.


    Das macht also in Deinem Szenario 200 Packungen NRG5. Die kosten ca. 1000 Euro und wiegen ca. 100kg. Aktuelles MHD 20 Jahre. Also 50 Euro pro Jahr, wenn man rechtzeitig rotiert. Dürfte problemlos in einem kleinen Regal oder Schrank unterkommen.


    700kcal und alle Vitamine extra dürfte die meisten gut über den Hungerwinter geholfen haben, selbst denen, die eben zu wenig abbekommen hatten.


    Billiger in der Erstanschaffung wäre, Grundnahrungsmittel einzulagern, da muss man dann aber auch rotieren und zubereiten können und wollen.


    MfG


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    Zitat von Elf;308207

    Interessant ist in diesem Fall der Zusammenhang zwischen Selbstversorgungsgrad und Verwundbarkeit (Hungertote) bei Systemschocks:
    ...3. Beispiel: Heutige Situation
    Selbstversorgungsgrad der Landwirtschaft: <50% (wenn überhaupt)
    Ausblick: ???


    Man muss hier garnicht spekulieren. Zahlen wurden schon genannt, hier noch etwas aktueller und grafisch aufbereitet:



    Quelle: https://www.wichtigster-beruf.…chaft_in_deutschland.html


    Dass wir heute viel Obst und Gemüse importieren ist dem Konsumverhalten geschuldet. Ananas und Kiwi wurden vor 100 Jahren noch seltener gegessen. Außerdem sind es Lebensmittel mit hohem Anteil Arbeitskosten am Preis und einer hohen Wertdichte, was die Produktion im Ausland und den Transport begünstigt.


    Bei Getreide erzeugen wir heute gigantische Mengen, damit könnte man auch locker 200 Millionen Menschen ernähren. Das meiste davon geht bei uns heute in die Viehzucht. Würde man sich beim Fleisch stärker zurück halten hätte man auch das "Importproblem" bei Futtermitteln nicht.


    Fazit: Deutschland kann sich heute mit der heutigen Landwirtschaft wesentlich besser ernähren als vor dem 2. Weltkrieg.


    MfG


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    Zitat von Helvetia;308269

    Je nach Art der Krise würde die Nahrungsmittelversorgung mehr oder weniger schnell zusammenbrechen. Fehlt Strom oder Treibstoff über längere Zeit, würde der Selbstversorgungsgrad auf ein Minimum schrumpfen, egal wie gross er heute ist.
    Wenn ein Bauer Lebensmittel von Hand oder mit Hilfe von Pferd oder Ochse anbauen muss, wird er nur wenig produzieren können...


    Das ist richtig.


    Ein Kollaps der Infrastruktur würde zu einem Kollaps der Nahrungsmittelversorgung führen. Es erscheint mir vollkommen undenkbar, dass man "per Hand" von einem Jahr auf das nächste auch nur 20%, vermutlich nicht mal 10% der heutigen Erträge erzeugen kann.


    Gerade in der konventionellen Landwirtschaft fehlt es da an allem für den Umstieg, angefangen beim Saatgut und endend bei einem funktionierenden Biologie im Boden und der Umgebung, um Krankheiten und Schädlinge zumindest eindämmen zu können.


    Eine ökologische Nahrungsmittelproduktion wäre daher weniger ertragreich, aber vermutlich erheblich rebuster gegen Wegfall von Komponenten. Solange wir die nicht haben sollten wir uns auf Strategien konzentrieren, das konventionelle System auch in der Krise am laufen zu halten, also Priorität darauf, die Landwirte mit Produktionsmitteln zu versorgen statt Dutzende Leute dazu bringen zu wollen, mit Hacke und Pferd über den Kartoffelacker zu laufen...


    Das sehe ich aber als klare Aufgabe des Staates, als einzelner (nicht Landwirt) kann man da wenig sinnvolles beitragen, sondern sollte sich lieber um die Dinge kümmern, die man selber in der Hand hat.


    Die ganzen Mittelalterstrategien sind individuell vielleicht denkbar, wenn man die Fläche hat und die sehr große Gruppe das umzusetzen und zu bewachen, gesellschaftlich aber schädlich, da sie viel zuviel Fläche benötigen.


    MfG

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Zitat von Cephalotus;308329

    ich gehe sehr stark davon aus, dass die Energieproduktion aus der Landwirtschaft (Rapsöl, RME, Biogase, KUP,...) heute deutlich(!) höher ist als deren direkter Energiebedarf. (auch indirekt, also inkl. Spritzmittel und Dünger gehe ich stark davon aus).


    Die Annahme, dass ein Pferd "effizienter" sei als ein Traktor ist auch völlig falsch. Ein Pferd benötigt eine weitaus größere Fläche für sein Futter (Hafer & Co) als ein Traktor Fläche für die Rapsöl/RME Produktion bräuchte. (jeweils in Relation zur bearbeiteten Fläche).
    Noch besser wäre die Bilanz, würde der Traktor mit der Energieproduktion aus einer Photovoltaikanlage betrieben werden können.


    Da gehe ich mit Dir einig und vermute dasselbe. Tatsache ist sicher, dass die Landwirtschaft enorm effizienter wurde.
    Nur: Wie viele Traktoren fahren den heute tatsächlich mit heimischen Biokraftstoffen?
    Die Fläche für deren Produktion müsste man eben von der heutigen Produktionsfläche abziehen, was den Selbstversorgungsgrad. Und da bin ich, als Schweizer speziell, eher pessimistisch:


    Zitat

    Jährlich werden pro Hektare landwirtschaftliche Nutzfläche 1400 Liter Heizöläquivalent für die Produktion landwirtschaftlicher Primärgüter verwendet.

    Quelle
    Ohne lange zu suchen: Ertrag Rapskörner (nicht Öl oder gar Diesel) ungefähr 3.5 Tonnen pro Hektare. (Quelle)
    (Ich weiss jetzt nicht, wie viel Kraftstoff man aus einer Tonne Samen gewinnt)


    Selbst wenn man energieintensive Produkte, wie Fleisch oder Zuckerrüben, zugunsten energieeffizienter zurückfahren würde, wäre der zusätzliche Landverbrauch immer noch kein zu vernachlässigbarer Faktor.


    Grüsse, Gresli

  • Zitat von Gresli;308336

    Da gehe ich mit Dir einig und vermute dasselbe. Tatsache ist sicher, dass die Landwirtschaft enorm effizienter wurde.
    Nur: Wie viele Traktoren fahren den heute tatsächlich mit heimischen Biokraftstoffen?
    Die Fläche für deren Produktion müsste man eben von der heutigen Produktionsfläche abziehen, was den Selbstversorgungsgrad. Und da bin ich, als Schweizer speziell, eher pessimistisch:


    "...Pro Quadratmeter beträgt der Ertrag an Biodiesel etwa 0,12 bis 0,16 l Biodiesel pro Jahr.[132] Bei einer Dichte von 0,88 kg/l sind dies etwa 0,14 kg Biodiesel/m². Im Jahr 2015 wurden in Deutschland rund 37 Millionen Tonnen Dieselkraftstoff verbraucht.[133] Diesel hat einen Heizwert, der um etwa 9 % höher als der von Biodiesel ist...."


    https://de.wikipedia.org/wiki/Biodiesel#Herstellung


    "...Im Schnitt verbrauchen deutsche Landwirte jährlich 100 l Diesel, um ein Hektar Land zu bewirtschaften. Doch das ist keine feste Größe. Der Dieselverbrauch lässt sich senken..."


    https://www.wochenblatt.com/la…dieselverbrauch-9328.html


    Wenn ich davon ausgehe, dass ich 0,12l Dieseläquivalent pro m² produzieren kann (also 1200l pro ha), dann braucht die moderne Landwirtscahft heute ca. 8% der Anbaufläche um sich über Raps mit Kraftstoff zu versorgen. Das geht sich mit der Fruchtfolge aus und ein Teil des Rapses wird zu Rapskuchen und taugt noch als hochwertiges Eiweißfutter.


    Bei Pferden finde ich die Quelle nicht mehr, zu meinen Peak oil Zeiten wurde da 1/3 der bearbeiteten Fläche für zusätzlichen Haferanbau diskutiert. (glaube ich mich zu erinnern). Weiß es jemand genauer? Pferde waren daher schon immer Luxus.


    Da Dieselkraftstoff für Landwirte subventioniert und damit sehr billig ist kann man davon ausgehen, dass bei Knappheit auch deutlich effizienter damit umgegangen würde.


    In Deutschland werden zur Zeit ca. 1,5 Mio. Tonnen Biodiesel pro Jahr produziert.


    Wie aufwändig es ist, Traktoren auf RME oder Rapsöl umzustellen weiß ich nicht. da Deutschland aber eine gigantische strategische Treibstoffreserve hat, die zumindest die Landwirtschaft (und Behörden und Militär) über Jahre versorgen könnte, wenn man das Zeug nicht stattdessen in die Heizungs- und Fahrzeugtanks der Bevölkerung schüttet, sollte das schon klappen.
    Wo ein Wille da ein Weg.


    Ich bin absolut kein Freund von Agrartreibstoffen, um das Zeug dann in PKW zu verheizen (ökologisch sehr fragwürdig), aber als Resilienzstrategie für Landwirtschaft und in den Einsatzbereichen wo es dem Boden- bzw. Gewässerschutz dient (Pflanzenöl ist "ungiftig" und viel einfacher biologisch abbaubar als Mineralöl) finde ich es gut.


    Gewisse Probleme kann ich mir bei der Synthese von Stickstoffdünger vorstellen, da verwendet man heute reichlich (Größenordnung?) Methan (Erdgas). Deutschland hat aber auch hier gigantische Erdgasspeicher, die halt heute primär für Gebäudeheizungen genutzt werden. Da müsste der Staat dann in einer Katastrophe die richtigen Prioritäten setzen und den Inhalt der Speicher sowie die geringe Eigenförderung entsprechend verteilen.


    Prinzipiell sollten sich Nitratdünger aber auch mittels elektrischem Strom (Solar- und Windkraftanlagen) aus Basis"stoffen" wie Luft und Wasser erzeugen lassen. Macht heute keiner, da Erdgas spottbillig ist.


    Kalium haben wir wohl genügend im Land, Phosphat dürfte eher ein langfristigeres Problem sein, die meisten Böden haben heute wohl eher zuviel davon. (???)


    Pflanzenschutzmittel sollten sich vielleicht in einer strategischen Reserve einlagern lassen (Aufgabe des Staates), ansonsten haben wir hier eine große chemische Grundstoffindustrie. Selbst wenn wir kein Erdöl mehr bekämen kann man alles aus heimischer Braunkohle synthetisieren, der Umbau dauert halt und das sind keine Themen für Bastler sondern Industrieprojekte.


    MfG

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Das mit dem Biodiesel und PÖl wird zusehr mit der rosaroten Ökobrille gesehen.


    Ich habe mich mit dem Einsatz dieser alternativen Kraftstoffe beruflich viele Jahre beschäftigt.


    Sog. Biodiesel setzt eine Verestherungsanlage inkl. der notwendigen Logistik voraus. Reinen Biodiesel veträgt kaum ein Motor bzw. Kraftstoffanlage.
    Alles Nichts für den E-Fall.


    PÖL hat eine deutlich andere Viskosität als DK. Der Flammpunkt liegt deutlich höher. PÖL muß entsprechend aufbereitet bzw erwärmt werden. Nur Motoren mit unterteilten Brennräumen (Wirbel- und Vorkammer, M- und Hyperboloidverfahren) sind bedingt geeignet, diese werden aber seit vielen Jahren in Neufahrzeugen nicht mehr eingesetzt. Auch die Erwärmung des PÖLs führt zur Überlastung des Einspritzsystems.
    Alles Nichts für den E-Fall.


    Elektrischer Strom läßt sich, außer im Hobbybereich, nicht speichern. Ausreichend Pumpspeicherwerke hat D nicht und es sollen sogar welche außer Betrieb genommen werden. Neubauten werden angeregt, Bürgerinitiativen verhindern seit Jahren den Neubau.



    Gruß


    Rocky
    (Dipl.-Ing. FH
    f. Kraft- und Arbeitsmaschinenbau
    Vertiefungsrichtung Dieselmotoren)

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Vor rund 10 Jahren hatten wir das alles schon mal, da schossen kleine dezentrale Ölmühlen wie Pilze aus dem Boden:


    http://www.nachwachsende-rohst…d_dezentraler_oelmuehlen/


    Irgendwer muss das Zeug ja auch verbraucht haben. Ich kann mich noch erinnern, dass es da schon Probleme mit den Motoren gab (vor allem bei Pflanzenöl mit den mineralischen Bestandteilen, weniger beim industriellem RME), aber wie gesagt, wo ein Wille da zur Not auch ein Weg. Ich sehe da weitaus mehr Chancen als in den Aufbau einer neuen Ackergaul und Ochsenzucht, Kartoffelkäfer sammeln und Rüben hacken...


    Damals wurde dann aber die Steuerbegünstigung gestrichen und das ganze Thema Pflanzenöl war auf einen Schlag unrentabel und tot.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Hei,


    na dann baut man halt wieder Holzvergaser... :winking_face:
    Not macht verdammt erfinderisch!
    Ein Problem ist eher, dass man nicht ein System für alle nehmen kann.
    Es können nicht alle ihr Haus mit Öl heizen. Oder nur mit Holz.
    Der Mix macht es erst möglich.



    Grüße,


    Tom

  • @Cephalotus
    Vielleicht war es in meinem vorherigen Beitrag nicht klar genug formuliert. Es ist ein technisches Problem. Und nicht das vom Willen oder der Steuerbegünstigung.


    Dieselmotoren werden für Kraftstoff entsprechend DIN EN 590 produziert.
    Biodiesel und PÖL entsprechen dieser Norm nicht.


    PÖL ist zu zäh und hat eine wesentlich höhere Verdampfungstemperatur. Biodiesel/RME ist sehr aggressiv und die Werkstoffe in den Einspritzanlagen sind dafür nicht geeignet.


    E10 kommt mir als Motoreningenieur nicht in den Tank. Und meine Fachkollegen im Freundes-und Verwandtenkreis machen das nicht anders...
    Denk drüber nach.



    @Tom
    Hast Du Erfahrungen mit Holzvergasern?
    Ich schon!
    Kann man bei der heutigen Motorentechnik auch vergessen.
    Entsprechende Beiträge habe ich hierzu schon hier geschrieben.




    So. Fertig aus die Maus.



    Rocky
    (Dipl.-Ing. FH
    f. Kraft- und Arbeitsmaschinenbau
    Vertiefungsrichtung Dieselmotoren)

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Zitat von Rocky;308342


    So. Fertig aus die Maus.


    Du bist zu dem Thema der Experte, auf Fachebene kann ich mich da garnicht streiten. (Zum Thema Stromspeicher übrigens schon, aber das ist hier offtopic)


    Meine Freundin fährt einen (seinerzeit teuer) umgerüsteten Diesel Scoda, der viele Jahre lang mit reinem Pflanzenöl fuhr und demnächst 300.000km auf der Uhr hat. Genaue Details kann ich Dir nicht sagen, ist weder mein Auto noch mein Fachgebiet. Hatten wir ja schon mal drüber gesprochen.


    Offensichtlich ist es also irgendwie doch möglich.


    Zu Pflanzenöl und Traktoren spuckt Google sehr vieles aus, anbei nur ein Beispiel:


    http://www.ufop.de/biodiesel-u…raktor-mit-werksgarantie/



    "... aldland-Organisation unter Geschäftsführer Gerhard Zinner sowie der Maschinenring Zwettl-Weitra unter Geschäftsführer Markus Artner konnten kürzlich erstmals Neutraktoren übernehmen, die ab Werk zum Betrieb mit selbst gepresstem Rapsöl als Treibstoff ausgerüstet sind – es handelt sich um Premiumtraktoren des Herstellers John Deere, Serie 6R...
    John Deere bietet branchenweit als einziger Traktorenhersteller ab Werk und mit voller Garantie eine praxisgerechte Lösung an, bei der anstelle von Diesel mit Rapsöl gefahren werden kann. Die verfügbaren Traktormodelle sind: 6105M, 6115M, 6125M, 6130M, 6140M, 6150M, 6170M sowie 6105R, 6115R, 6125R, 6130R, 6140R und 6150R. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass Traktoren dieser Serie, die der Abgasstufe IIIB entsprechen und bereits im Praxiseinsatz sind, direkt bei John Deere auf Pflanzenölbetrieb nachgerüstet werden können...."


    (Hervorhebung durch mich)


    MfG

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  • Zitat von Cephalotus;308337


    "...Im Schnitt verbrauchen deutsche Landwirte jährlich 100 l Diesel, um ein Hektar Land zu bewirtschaften. Doch das ist keine feste Größe. Der Dieselverbrauch lässt sich senken..."


    Diese 100 Liter sind aber eben nur der reine Kraftstoffverbrauch und keine Vollkostenrechnung.

    Zitat

    1400 Liter Heizöläquivalent pro Hektare Nutzfläche: Diese Energiemenge verbrauchte die Schweizer Landwirtschaft 2012 für die Produktion landwirtschaftlicher Primärgüter. Über die Hälfte des Energieverbrauches steckte dabei in Form grauer Energie in Gebäuden, Maschinen und Futtermitteln. Zu diesen Ergebnissen kommt Agroscope bei der Datenauswertung bezüglich des Agrarumweltindikators zum Energieverbrauch auf nationaler Ebene.

    https://www.admin.ch/gov/de/st…ilungen.msg-id-56323.html

    Zitat von Cephalotus;308337


    da Deutschland aber eine gigantische strategische Treibstoffreserve hat, die zumindest die Landwirtschaft (und Behörden und Militär) über Jahre versorgen könnte, wenn man das Zeug nicht stattdessen in die Heizungs- und Fahrzeugtanks der Bevölkerung schüttet, sollte das schon klappen.


    Da sind wir, zum Teil, einer Meinung. Deshalb glaube ich auch nicht an eine Krise von heute auf morgen.
    Aber was willst Du den Leuten kurzfristig (!) in Heizungs- und Fahrzeugtanks schütten?
    Kälte- statt Hungertote?
    OK, D hat wenigstens Kohle, wir nicht, aber wie viele Wohnungen haben noch die Einrichtung diese zu verheizen?


    Einig bin ich mit Dir, dass wir etwas ändern müssen. Und zwar jetzt, nicht erst in der Krise.
    ]

    Zitat von Cephalotus;308337


    Kalium haben wir wohl genügend im Land, Phosphat dürfte eher ein langfristigeres Problem sein, die meisten Böden haben heute wohl eher zuviel davon. (???)


    Leider an den falschen Orten. Das Zeug wird ausgeschwemmt und landet in tieferen Schichten, Grundwasser und Gewässer.


    Grüsse, Gresli


  • Das wird mir jetzt zu doof!


    Du widersprichst Dir selbst!
    Schreibst hast keine Ahnung, ich hätte welche, aber Deine Freundin hat's drauf?!


    Der Skoda fährt teuer/aufwendig umgerüstet damit, aber wie weißt Du nicht. Was sollen solche Aussagen? Wenn, dann solltest Du genaue Angaben machen zu Bj, Motorversion, Umrüstsatz, Umrüstfirma, Umrüsttechnik, Zusatzaufwand beim Betrieb usw.
    Und wer kann sowas einfach mal schnell im E-Fall realisieren?


    Ufop kenne ich und an diversen 100-Schlepper-Programmen habe ich teilgenommen.



    So, und jetzt bin ich raus aus diesem Trööt.



    Genau wegen solchen Dingen war ich schon mal von mir aus raus aus diesem Forum...

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Zitat von Gresli;308344


    Aber was willst Du den Leuten kurzfristig (!) in Heizungs- und Fahrzeugtanks schütten?
    Kälte- statt Hungertote?


    Nichts, wenn die Alternative wäre, dass Leute verhungern oder staatliche Strukturen kollabieren.


    In Deutschland sollte niemand unmittelbar durch Kälte in seiner Wohnung sterben. Zur Not macht man Wärmestuben in der Stadt. Auf dem Land findet sich schon ein Verwandter oder Nachbar mit einem Holzofen.


    Für die Mobilität reichen im Notfall Fahrräder (davon gibt es in D heute mehr als Menschen) und die elektrische Bahn.


    Wer alt ist und ins Krankenhaus muss hat halt ein Behördenfahrzeug zur Verfügung.


    Also ich sehe mehr Sinn darin, in der kalten Bude zu hocken und mit dem Rad zur Arbeit zu fahren als darin, den Tag damit zu verbringen auf dem Rübenacker zu stehen oder mich als Räuber durchzuschlagen.


    Im Grunde ist es meiner Ansicht nach eindeutig Aufgabe des Staates einen Hungerwinter zu verhindern. Privat kann (und soll) man sich sinnvoll auf Versorgungsengpässe begrenzter Dauer vorbereiten.


    Dass man vom Gemüseanbau im Hinterhof leben muss sehe ich nur in einem apokalyptischen Szenario wenn es keinen Staat mehr gibt. Da sind dann aber 90% eh tot und das überleben wird auch zur Glückssache.


    MfG

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Zitat von Cephalotus;308347

    Zur Not macht man Wärmestuben in der Stadt. Auf dem Land findet sich schon ein Verwandter oder Nachbar mit einem Holzofen.


    Für die Mobilität reichen im Notfall Fahrräder (davon gibt es in D heute mehr als Menschen) und die elektrische Bahn.


    Ganz abgesehen von der romantischen Vorstellung über die Verbreitung alternativer Heizmöglichkeiten, dem vorhanden sein von genügend Brennholz (selbst mit gerade mal einem Drittel der Bevölkerung im WK II war die Schweiz auf Kohleimporte aus Deutschland angewiesen) und der Hilfsbereitschaft der Leute.


    Wie viele Leute brauchen dem Arbeitsplatz fern zu bleiben, weil sie nicht 30 oder 40 Kilometer mit dem Rad fahren wollen, damit unsere hochkomplexe Gesellschaft zu kränkeln beginnt?


    Grüsse, Gresli


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    Zitat von Cephalotus;308347


    Dass man vom Gemüseanbau im Hinterhof leben muss sehe ich nur in einem apokalyptischen Szenario wenn es keinen Staat mehr gibt. Da sind dann aber 90% eh tot und das überleben wird auch zur Glückssache.


    Ich sehe das auch so. Ich glaube nicht an den "Lonely Survivor", auch nicht an eine Gruppe ausserhalb der gesamten Gesellschaft.


    Ich bin einfach nicht so optimistisch, dass in einer Krise der Umbau unserer Strukturen so reibungslos und vor allem schnell genug möglich sein wird, wenn die Weichen nicht bereits heute gestellt werden.


    Gresli


  • Bei einem Krieg ist die Wahrheit immer das erste, das stirbt.
    Nach dem zweiten Weltkrieg fand (vermutlich :) ) die größte Propagandaschlacht der Geschichte statt.
    Eins der wenigen beweisbaren Dinge sind z.B. eine gigantische Zenzur und Büchervernichtung durch die Alliierten. Deshalb mein Beispiel.


    Wie viele Menschen im Hungerwinter gestorben sind, und was die Ursachen dafür waren, wird Dir vermutlich heute niemand wirklich mit stichhaltigen Belegen beweisen können.


    Deshalb sollte man sich weder auf die angeblichen Versorgungsgradzahlen, Unruhen oder Ruhe der Bevölkerung, Angebliches Verhalten der Alliierten,
    angebliche Hilfslieferungen etc. verlassen.


    Man sollte sich die Geschichten als mögliches Szenario ausdenken, und wie man darin sich verhalten würde. Dafür sind sie gut.


    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Moin Opa,


    was die Propagandaschlacht und die Zensur angeht, gehe ich mit Dir 100% d'accors. Aber das ist ein offenes Geheimnis. Bei der Büchervernichtung bin ich eher sehr skeptisch, da hatten die braunen Herren doch wohl eher einen Anspruch auf den Titel. Und selbst die haben es nicht vollständig geschafft.


    Aber wo ich Dir absolut widerspreche, ist die mögliche Beweislage zu Versorgungszahlen, Todesraten, -ursachen, Unruhen etc. Denn nichts - nicht einmal die NS-Bürokratie oder die Stasi hatten eine so perfekte Dokumentation wie die allierte Militärverwaltung.
    Und viele dieser Akten sind heute durchaus der Forschung zugänglich, sofern sie nicht sogar direkt in der Zivilverwaltung geführt wurden ...


    Also sorry, aber hier bewegst Du dich auf dem glatten Parkett reiner Spekulation. Nur um ein Beispiel zu nennen:
    Die Zahnarztunterlagen der jeweiligen Militärbehörden waren so detailliert, daß vor einigen Jahren eine Doktorarbeit über die positive Wirkung der Ausgabe von Kaugummi erstellt werden konnte!
    Warum sollten die Alliierten auf einmal weniger von der Dokumentationswut befallen sein, wenn sie doch damit ihr segensreiches Handeln nachweisen konnten?


    Sicherlich sind keine Berechnungen bis auf die letzte Kartoffel möglich, aber allein um in passenden Mengen Lebensmittelkarten drucken und ausgeben zu können, ist schon eine recht genaue Dokumentation notwendig - mal will ja nicht, daß ein Besetzter mehrfach kassiert ...

    Hier wird das Licht von Hand gemacht ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Ich möchte gerne dem flehentlichen Wunsch nach weitern Informationen nachkommen. Anbei ein Text, den ich mal für ein anderes Forum geschrieben habe.
    Bitte entschuldigt eventuelle Rechtschreibfehler / Grammatik oder was sonst für Fehler.


    ....Auch in Deutschland hat sich die Erfahrung mit Hunger ins kollektive Bewusstsein gebrannt: Die Briten setzten im Ersten Weltkrieg eine Seeblockade als Druckmittel gegen Deutschland durch, die sich explizit gegen die Zivilbevölkerung richtete. Im Herbst 1915 verschlechterte sich die Versorgung.( Obschon das Deutsche Reich etwa 68 Mio. Einwohnern und 540T Km2 Fläche und doppelt so viel Ackerfläche wie das heutige Deutschland mit 82 Mio. und 357 T km2 Fläche verfügte und sich zu über 80% selbst versorgen konnte. 1914 hat die deutsche Landwirtschaft 65 Mio. Einwohner zu 80% ernähren konnte. Im ersten Weltkrieg verlor Deutschland 13% seiner Gesamtfläche und 14% einer landwirtschaftlichen Fläche. Dennoch konnte man durch intensivierte Landwirtschaft im Jahr 1933 bereits wieder die gleiche Zahl Einwohner zu 80% ernähren. Massive Erhöhung der Ernteerträge und massive Nutzbarmachung bisher unberührter Landschaften wie Moore oder Wälder.


    1938 betrug der Selbstversorgungsgrad nach offiziellen Angaben 84%. Die Reichsregierung entschied sich darauf, fünf Mio. Schweine zu schlachten (man hatte erkannt, dass es energetisch effizienter war, wenn die Bevölkerung die Nahrungspflanzen direkt verzehren, als wenn sie verfüttert werden (700.000 Schweine verzehrten gleich viel Kalorien wie 1,5 Mio. Menschen). Das Schweinefleisch wurde in minderwertigen Konservendosen haltbar gemacht und war deshalb bereits im Herbst verdorben. Durch die massenhafte Schlachtung fehlte es nun jedoch an Schweinedung, denn Deutschland konnte seinen Stickstoffdüngerbedarf wegen der Blockade der Briten nicht mehr importieren. Der Herbst war überaus regenreich und sorgte für eine Missernte bei den Kartoffeln in einem Land, das vor dem Krieg ein Drittel der Weltkartoffelproduktion beisteuerte. Die Ernährung der Bevölkerung musste daraufhin rationiert auf 90 Gramm Fett, 150 Gramm Fleisch, 2kg Brot und einem Ei - pro Woche. Zwischen 1916/17 sank die durchschnittliche Versorgung auf 1.000 Kalorien pro Tag (vor dem Krieg waren es noch 3.000 Kalorien). Der Höhepunkt der Versorgungskrise wurde im Winter 1916/17 erreicht, als die Kartoffelernte um die Hälfte einbrach. Als letzte Reserve wurden Kohlrüben eingesetzt, die sehr robust praktisch bei jedem Wetter gedeihen und kaum Kunstdünger benötigen. Auch das half nichts. Die Hungerblockade durch britische Schiffe wurde in ihrer Wirkung durch eine unfähige Bürokratie in Deutschland noch potenziert. Lange (Das Wilhelminische Berlin, Berlin 1984) schreibt: „Noch nie hatte sich so offen wie in diesem Kohlrübenwinter und danach gezeigt, wie gänzlich unfähig und morsch bis in die Knochen das preußische, auf Ressort- und Kastengeist gezüchtete bürokratische System ... in Wirklichkeit war“. Und der Schriftsteller Stefan Zweig schreibt: „Wer korrekt sich an die Lebensmittelverteilung hielt, verhungerte“.


    Die Briten hatten damit ihr Ziel erreicht. Die Hungerrevolte in der Bevölkerung und vor allem unter den Soldaten beendete die Herrschaft des Kaisers und damit den Ersten Weltkrieg. Die monatelang andauernde einseitige Ernährung und die Tatsache, dass viele Vitamine (Eine Kohlrübe (Steckrübe) erhält nur 0,15g Fett und 3,67 g Zucker je 100 Gramm was etwa 22 kcal. Entspricht. Aber viele Mineralstoffe, Carotin, Provitamin A und die Vitamine B1, B2, C sowie Nicotinsäureamid (Nach Ansicht einiger Autoren war das der Hauptgrund, warum in Deutschland 1916 nicht der gefährliche Skorbut ausgebrochen war, vgl. Juckenack, „Die Volksernährung, 6. Heft“, Springer, 1923. Eine Kohlrübe (Steckrübe) erhält nur 0,15g Fett und 3,67 g Zucker je 100 Gramm was etwa 22 kcal. Entspricht. Aber viele Mineralstoffe, Carotin, Provitamin A und die Vitamine B1, B2, C sowie Nicotinsäureamid (NB: Nach Ansicht einiger Autoren war das der Hauptgrund, warum in Deutschland 1916 nicht der gefährliche Skorbut ausgebrochen war, vgl. Juckenack, „Die Volksernährung, 6. Heft“, Springer, 1923.) im Verarbeitungsprozess der Steckrüben verloren gingen, forderten ihren Tribut. Bereits im Sommer 1917 stieg die Sterblichkeit in der Zivilbevölkerung drastisch an. Die Totgeburten bei den Frauen stiegen in astromonische Höhen, viele Menschen starben an Tuberkulose. Im Winter 1918/19 starben dann 764.000 Menschen infolge der Hungerblockade. Die Überlebenden zeigten schwere Schädigungen, so dass der englische Forscher Sterling die Annahme aussprechen konnte, dass Deutschland voraussichtlich vor zwei Generationen seine alte Spannkraft nicht wieder erlangen würde.( Zahlreiche Ehen sind kinderlos geblieben, weil die Frauen gerade in ihren Entwicklungsjahren die Hungerzeit durchmachten und ihr Uterus dauerhaften Schaden hatten.)


    Randnotiz:
    Zwei Jahre früher war bereits die Lebensmittelverteilung im besiegten Russland aufgrund des Bürgerkrieges zusammengebrochen. Was folgte war der nackte Kampf ums Überleben, der auch vor K. nicht Halte machte. Schätzungen zufolge sollen bis 1922 etwa 5-10 Millionen Menschen verhungert sein


    Die Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg waren eine Warnung für die Nazis. Man erinnerte sich damals noch gut, dass In den ersten neun Monaten nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs die Lebensmittelpreise um etwa 65% gestiegen waren und zu Unmut in der Bevölkerung führten, der schliesslich in Zermürbung und damit offene Rebellion ab 1916/1917 zu kippen drohte, nachdem der Bevölkerung nur noch 1.000 Kalorien zugestanden werden konnte.( Hauptsächlich in Ersatzlebensmittel wie Kunsthonig, Sojawurst, Getreidekaffee etc.)


    Die deutsche Regierung betrieb einen enormen Aufwand, um die Kalorienversorgung der Bevölkerung von 1939 bis etwa 1944 auf einem Niveau konstant von rund 2.800 Kcal zu halten – unter anderem dadurch, dass man sich in den eroberten Gebieten bediente. 1940 kam es allerdings zu einem Rückgang bei Getreideernte im Kernland um über 20% welche die Regierung zwang, grosse Teile ihrer Vorräte freizugeben. Am Ende des zweiten Kriegsjahrs war der Getreidevorrat des Deutschen Reiches um zwei Drittel gesunken. Es wurde nicht besser. Ab 1944 fiel dann die Kalorienversorgung und vor allem die Qualität der Nahrung rapide ab. Genau wie im Ersten Weltkrieg machte sich der Mangel an tierischem Eiweiss bemerkbar - die Zahl der Schweineschlachtungen im Vergleich zur Vorkriegszeit drastisch gesunken. Im Mai 1945 liegt Deutschland schliesslich zerstört am Boden. Die alliierten Siegermächte hatten im Sommer 1945 offiziell entschieden, die Versorgung der deutschen Bevölkerung sei niedrig zu halten. Bis zum 5. Juni 1946 war es auf Befehl der Siegermächte verboten, Nahrungsmittelspenden z.B. aus der Schweiz, Irland oder Südamerika nach Deutschland zu schicken. Hilfslieferungen des Roten Kreuzes wurden an der Grenze zurückgewiesen. In Deutschland selbst sah es schlecht aus: Das landwirtschaftliche Produktions- und Verteilsystem war plötzlich voneinander abgeschnitten (beispielsweise lag ein Drittel der Agrarbasis und alle grossen Saatguthersteller unerreichbar östlich der Oder-Neisse-Grenze– die grossen Kunstdüngerhersteller lagen in der französischen Zone und mussten in erster Priorität Frankreich beliefern). Es bestand ein Mangel an Düngemittel, Landmaschinen, Saatgut und männlichen Arbeitern in der Landwirtschaft Getreideimporte aus dem Ausland waren verboten. Womit hätte man sie auch zahlen sollen? Dafür hätte man die einzig verbliebenen Rohstoffe wie Kohle, Salz oder Kali exportieren müssen. Aufgrund der Besatzungspolitik waren aber Produktionsanlagen demontiert und ins Ausland gebracht worden. Treibstoffmangel führte dazu, dass einheimische Lebensmittel nicht transportiert werden konnte. Der Winter hat zudem die Wasserwege gefrieren lassen. 25% der inländischen Lebensmittelproduktion (umgerechnet 650kcal pro Kopf der Bevölkerung) waren verloren gegangen. Vergleichbar mit den Ereignissen 100 Jahre zuvor in Deutschland, kam es im Hungerwinter 1946/1947 kam es zum totalen Zusammenbruch. Die Ernte lag Ende 1946 um die Hälfte tiefer als vor Ausbruch des Krieges. Die Bevölkerung der Stadt Trier erhielten im Jahr 1945 von der alliierten Militärbehörden 960 kcal zugewiesen, im Jahr 1946 fiel dieser Wert dann auf 922 kcal. Im April 1947 mussten die Menschen in Köln mit 737 kcal auskommen.


    Randnotiz: Dass nicht mehr Menschen verhungert sind liegt an einem besonderen Umstand: In Notzeiten tritt ein lebensrettender Mechanismus im menschlichen Körper ein, der vergleichbar ist mit dem Prinzip des Wintersruhe bei Tieren. Der Grundumsatz sinkt schneller als die Gewichtsabnahme. Sämtliche Körperfunktionen inklusive Gehirnleistung werden auf ein absolutes Minimum reduziert, wodurch der Mensch seine Überlebenswahrscheinlichkeit zu erhöhen versucht. Eine ganze Bevölkerung kann somit eine Unterernährung über längere Zeit durchstehen, sofern der Nahrungsentzug nicht zu abrupt geschieht. Auf diese Erkenntnis griff man im Zweiten Weltkrieg zurück und senkte die Lebensmittelrationen in mehreren Schritten Experten vom Max-Planck Institut kamen in der Untersuchung für die Jahre 1942 bis 1947 zu einem Erhaltungsminium von rund 1.500 Kalorien. Man hatte ermittelt, dass bei Gewichtsabnahme und Einschränkung der Tätigkeiten das Erhaltungsminimum noch weiter abgesenkt werden konnte


    Der Hunger und die Tatsache, dass durch den Flüchtlingsstrom von ca. 10 Mio. Vertriebenen eine Bevölkerungsverdichtung von 25% stattfand. begünstigte zudem Infektionskrankheiten wie die Tuberkulose oder Typhus – typische Begleiter bei Hungerkrisen an der unzählige Einheimische und vor allem vertriebene Flüchtlinge zugrunde gingen. (Erschwerend kam auch hinzu, dass sich die Zusammensetzung der Nahrung verschlechterte. Die Fleischzuteilung sank bis auf 100 g pro Monat ab, die Fettzuteilung sogar auf 50 g. Diese Fehlernährung war natürlich gerade für die Körper der heranwachsenden Kinder fatal. Viele deutsche Kinder litten an Skorbut und Rachitis. Letztes war deswegen bedingt, weil sie wegen fehlender Schuhe und Kleider oftmals nicht aus dem Haus gehen konnten und dadurch kein Vitamin-D über die Sonne bilden konnten. Noch 1948 haben mehr als 20% der Schulkinder in Essen keinen Mantel und keine Schuhe. Viele Kinder erkrankten an Diphterie, Scharlach, Pocken oder Tuberkulose als Folge der schlechten Hygiene- und Ernährungsbedingungen – aber auch, weil der Impfschutz, der noch im Krieg durchgeführt wurde, mangels Erneuerung seine Schutzwirkung verlor. Durch die hohe Ansteckungsgefahr kam es zu massenhaften Todesfällen, gerade bei kinderreichen Familien. Die Gruppe der Kinder ohne Vater und Mutter, von Vertriebenen, Flüchtlingen oder Ausgebombten waren natürlich noch gefährdeter. Einige Historiker, die durch kontroverse Studien (Die Autoren gelten als kontrovers, weil sie die Politik der alliierten Befreier in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Im Kalten Krieg waren die Amerikaner Verbündete der BRD und die Russen Verbündete der DDR. Kritik war deswegen auf beiden Seiten nicht zulässig. Auch heute noch ist die Kritik unerwünscht und wird oft mit dem Argument Verschwörungstheoretiker mundtot gemacht.)


    aufgefallen sind, schätzen die infolge von Unterversorgung umgekommene Zivilbevölkerung in den vier Besatzungszonen Deutschlands zwischen Okt 1946 und Sept. 1950 auf ca. 5.7 bis 5.8 Mio. Menschen - Darin sind keine Vertreibungs- und Deportationsverluste oder Verluste durch Bombenangriffe enthalten- (zum Vergleich: die Zahl militärischer Verluste in Deutschland betrug 5,9 Mio. Menschen). Hinzukommen etwa 3.2 Mio. Todesfälle, die mit einer für Friedenszeiten normalen Sterberate erklärt werden können.
    Ein weiterer Grund: Nur 14% der Einwohner waren nach offiziellen Statistiken damals noch autarke Selbstversorger, etwas mehr als 50% waren Teilselbstversorger - der Rest der Bevölkerung war völlig abhängig von staatlicher Nahrungsmittelzuweisungen und der durchschnittliche Empfänger von Lebensmittelkarten musste sich mit 2410 kcal zufrieden geben (1942/43 wurde die Kalorienverfügbarkeit pro Kopf und Tag im Mittel bei Voll-Selbstversorgern auf gut 3.700 bezifferte). Selbstversorger waren – wie bereits im Ersten Weltkrieg – erheblich besser dran, sie hatten im Schnitt ein Drittel mehr Nahrung als ihre Landsleute in den Städten, die von staatlichen Lebensmittelkarten abhängig waren. Der durchschnittliche Empfänger von Lebensmittelkarten musste sich mit 2410 kcal zufrieden geben. Die betroffenen Menschen konnten in ihrer blanken Not nur den Ausweg über Diebstahl sehen und schreckten auch vor Gewalttaten nicht zurück. Unter der Zivilbevölkerung und vor allem unter den Kriegsgefangenen stiegen zwischen 1945 und 1947 die Zahl der hungerbedingten Toten.


    Randnotiz: Dabei war weniger der Rückgang der absoluten Kalorienzahl verantwortlich, als primär der Eiweissmangel – vor allem der von tierischem Eiweiss. Bei Eiweissmangel kann eine geringe Erkältung bereits fatal wirken, wenn sich ein unwesentliche Temperaturerhöhung durch Fieber eingestellt. Durch eine Infektion wird der Stoffwechsel erhöht, was zusätzlich den Körper auszehrt. Der menschliche Stoffwechsel benötigt fortlaufend Aminosäuren, 9 Aminosäuren gelten als essentiell, d.h., sie müssen fortlaufend über die Nahrung zugeführt werden, weil der Körper auch kaum Eiweissspeicher besitzt. Kommt es zu einem Eiweiss (Aminosäure-)Mangel, greift der Körper auf die Eiweissreserven im Darm zurück. Zufälligerweise ist der Darm das Zentrum des Immunsystems. Somit ist es kein Zufall, dass Eiweissmangel auch oft mit Störungen des Immunsystems und typischen Krankheiten wie Tuberkulose begleitet ist).


    1948 bestand die Mehrzahl der Bevölkerung notgedrungen aus Selbstversorgern. Viele hatten eine Ziege oder ein Schwein im Hinterhaus, man grub den Vorgarten um und bautet Spinat, Kartoffeln oder Kohl an (Quelle: Christoph Buchheim Der Mythos vom „Wohlleben“ Der Lebensstandard der deutschen Zivilbevölkerung im Zweiten Weltkrieg.) Aus einem der zahlreichen Flüchtlingsheime in Berlin berichtet Boehringer: 15 Liter Milch werden pro Tag für die Kinder geliefert, und 300 bis 400 Kinder müssen damit auskommen“. Aus R. Boehringer (1945), „Zur Versorgungslage des europäischen Kontinents im Herbst 1945“. Rascher Verlag Zürich.


    Ende des Krieges sah es in Deutschland wie folgt aus:
    Deutschland verlor 27% seiner Fläche und rund 21% seiner Bevölkerung (ca. 15 Mio. von ehemals 69 Mio. Menschen). Die Lücken wurden durch Heimatvertriebene geschlossen. Dadurch stieg die Bevölkerungsdichte von ehemals 144 Menschen pro Quadratkilometer im Jahr 1937 auf 194 im Jahr 1947. Mehr Menschen mussten auf kleinerer Fläche ernährt werden (deswegen findet sich in Frankreich noch viel mehr unberührte Natur als bei uns – es gab keinen Zwang zur Effizienzsteigerung). Auf einem Quadratkilometer landwirtschaftlich nutzbarer Fläche standen sich jetzt 330 Menschen gegenüber 235 vor dem Kriegsausbruch (das entspricht einem Anstieg von 40%). Die Gebietsverluste von über 2,6 Mio. Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche machten auch eine Anbauflächenverschiebung nötig. Dieser wurde ausgeglichen durch intensivere Landwirtschaft, Rodung von Waldland und Anbau von hochintensiven Kulturarten mit hohem Kalorienertrag je Hektar. Die Lösung des Problems lag also wiederum darin, mehr aus dem verbliebenen Boden herauszuholen. Man investierte daraufhin massiv in den Zuckeranbau, weil man damals davon ausging, dass Zucker am ehesten geeignet sei, den Mangel an tierischen Erzeugnissen (vor allem Fett) auszugleichen. Man wusste, dass die Zuckerrübe die höchste Kalorienerträge je Fleischereinheit versprach. Staatliche Stellen empfahlen die Steigerung des Kalorienbetrages des Zuckers von ehemals 250kcal vor dem Krieg auf neu 340kcal pro Tag. Gleichzeitig sollte der Beitrag von Fett von 545 kcal auf neu 125 kcal gesenkt werden. Mit fatalen Folgen für die Gesundheit, wie wir heute sehen.


    Anders Beispiel: China
    13 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges fand in China eine Hungerkrise in bislang nie gekanntem Umfang statt, was die absolute Zahl der Todesopfer anging. Zwischen 1958 und 1961 starben aufgrund von Trockenheit, schlechter Witterung und Missmanagement der Zentralregierung schätzungsweise 45 Mio. chinesische Männer, Frauen und Kinder. Die Zustände, die sich während der Grossen chinesischen Hungersnot abgespielt haben, lassen Erinnerungen an das Märchen Hänsel und Gretel wach werden, inklusive Hexe und Ofen. Hinzu kamen Widerwärtigkeiten der Regierung, an der schätzungsweise 2,5 Mio. Menschen starben. Mit dem Hunger kamen drakonische Strafen der Regierung um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Auf Wikipedia wird hierzu ein schauriges Beispiel für Staatsterror zitiert, nachdem ein Familienmitglied des Diebstahls überführt worden war, das jeder selbst nachlesen kann.


    Anderes Beispiel: Philipinen


    Nach der fürchterlichen Hungerkrise in China kam es im Schnitt alle 4-5 Jahre irgendwo auf der Welt zu einer schlimmen Hungersnot, die meist eine Folge von Dürre, Krieg und Überschuldung war, verstärkt durch jahrhundertelangen Raubbau an Wäldern und Übernutzung der Böden. Oder es war einfach eine Folge falscher Wirtschaftspolitik, die zu einer totalen Abhängigkeit vom Ausland führte. So zum Beispiel zuletzt im Jahre 2008 auf den Philippinen bei der eine Hungerkrise nur mit grösster Kraftanstrengung abgewandt werden konnte. Exportiere das Land noch in den 1970er Jahren mehr Lebensmittel als es importierte, änderte sich das schlagartig, als der Internationalen Währungsfonds das Land zur Öffnung seiner Märkte zwang. Plötzlich wurde das Land von billigen subventionierten ausländischen Produkten überschwemmt und die kleinbäuerliche Landwirtschaft dadurch zur Aufgabe gezwungen. Viele Bauern verloren ihre Arbeit und waren gezwungen zum Geldverdienen in die Stadt zu ziehen. Die Globalisierung hatte die lokale Kaufkraft der Menschen zerstört. Als dann 2007 und 2008 die Weltmarktpreise hochschnellten, kam es zu einem Versorgungsengpass, da die Lieferländer zunächst ihre eigene Bevölkerung versorgen wollten oder einfach das Angebot zurückhielten, um selbst vom Preisanstieg zu profitieren. In panischer Angst vor sozialen Unruhen kaufte die philippinische Regierung Millionen Tonnen Reis zu völlig überhöhten Preisen am Markt ein. Nur jeder Dritte im Land musste deswegen hungern.


    Fazit: Anstatt sich an irgendwelchen Detailzahlen hoch zu ziehen, sollte man aus den historischen Beispielen die relevanten Schlüsse ziehen.


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  • Wie gesagt: Die Studien zu den Hungertoten nach dem Zweiten Weltkrieg würde ich gerne mal sehen. Die Zahlen scheinen mir auf den ersten Blick zu hoch gegriffen, aber wenn das mathodische Vorgehen der Studienautoren korrekt erscheint, lasse ich mich auch eines Besseren belehren.

  • Hier noch die Originalquellen, die ich für den o.a. Text verwandt habe.


    Autor Titel Jahr Kategorie Link Seiten
    Maurizio Die Geschichte unserer Pflanzennahrung von den Urzeiten bis zur Gegenwart 1927 Nahrung https://www.amazon.de/Geschich…0679?tag=httpswwwaustr-21 480
    Fraser Rimas Empires of Food Feast Famine and the rise and fall of civilization 2011 Nahrung https://www.amazon.de/Empires-…Food&tag=httpswwwaustr-21 302
    288
    Horbelt Spindler Die deutsche Küche im 20. Jahrhundert 2000 Nahrung https://www.amazon.de/Die-deut…dert&tag=httpswwwaustr-21 360
    Diels Ersatzstoffe aus dem Pflanzenreich 1918 Nahrung https://www.amazon.com/Ersatzs…L9QU?tag=httpswwwaustr-21 432
    Biesalski Ernährungsmedizin 1995 Medizin https://www.amazon.de/Ern%C3%A…lski&tag=httpswwwaustr-21 517
    Neumann Die im Kriege 1914-1918 Verwendeten und zur Verwendung Empfohlenen Brote, Brotersatz- und Brotstreckmittel 1920 Nahrung https://www.amazon.de/Verwende…iege&tag=httpswwwaustr-21 316
    176
    Abderhalden Die Grundlagen unserer Ernährung und unseres Stoffwechsels 1939 Nahrung https://www.amazon.de/Grundlag…sels&tag=httpswwwaustr-21 193
    Schenck Das menschliche Elend im XX Jahrhundert 1965 Medizin https://www.amazon.de/Das-mens…dert&tag=httpswwwaustr-21 290
    250
    Ziegelmayer Die Ernährung des deutschen Volkes 1947 Ernährung https://www.amazon.de/Ern%C3%A…lkes&tag=httpswwwaustr-21 732
    57
    196
    Kollath Lehrbuch der Hygiene Band 1 Allgemeine Hygiene 1949 Medizin https://www.amazon.de/Lehrbuch…iene&tag=httpswwwaustr-21 258
    Schenck Woina Plenni 10 Jahre Gefangenschaft in sowjetischen Lagern 1985 Medizin https://www.amazon.de/Woina-Pl…gern&tag=httpswwwaustr-21 470
    Rao Armies, Wars and Their Food 2012 Ernährung https://www.amazon.de/Armies-W…food&tag=httpswwwaustr-21 556
    Boehringer Zur Versorgungslage des europäischen Kontinents im Herbst 1945 1945 Ernährung https://www.zvab.com/servlet/B…ents%2Bim%2BHerbst%2B1945 72
    Zeller Die menschliche und tierische Ernährung in Mangelzeiten 1945 Ernährung
    22
    Fleisch Ernährungsprobleme in Mangelzeiten – Die schweizerische Kriegsernährung 1939-1946 1947 Ernährung
    518
    VdH Verband der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermissten-Angehörigen e.V. Extreme Lebensverhältnisse und ihre Folgen Band VII 1959 Ernährung https://www.amazon.de/Lebensve…+VII&tag=httpswwwaustr-21 359





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  • Danke für die Bewunderung. Dafür macht man ja Zusammenfassungen, damit man die wesentlichen Inhalte schneller erfassen kann. Außerdem habe ich den Part rausgegriffen, der sich mit dem Threadthema befasst.


    Zum Rest könnte man auch einige kritische Anmerkungen machen. Beispielsweise bin ich nicht der Meinung, dass die britische Blockadepolitik auf eine Hungerrevolte zum Sturz des Kaiserreichs zielte. Vielmehr ging es darum, die deutsche Wirtschaftskraft auf allen Sektoren zu schwächen. Auch die Angaben zu Lage nach dem Zweiten Weltkrieg sind unklar (14% Selbstversorger - Mehrheit Selbstversorger), die Landwirtschaftsentwicklung zumindest unvollständig dargestellt: Die Intensivierung der Landwirtschaft hatte schon ganz wesentlich im "Dritten Reich" stattgefunden. Die Rodungstätigkeit nach 1945 blieb gering.


    Aber diese Punkte möchte ich nicht intensiver diskutieren. Mir geht es im Wesentlichen um die Methodik der genannten Studien zu den Hungertoten.