Agafia - Leben in Sibirien

  • Ich habe auf YouTube ein interessantes Video entdeckt:
    https://youtu.be/BFK3DJ7Kn6s


    In diesem Video geht es um Agafia Lykov, einer so genannten Altgläubigen, und ihrem Leben in Sibirien.
    1936 sind ihre Eltern auf Grund der religiösen Verfolgung durch die sowjetische Staatsmacht in die sibirische Taiga geflohen und lebten dort ohne einen einzigen Kontakt zur Außenwelt. Sie bekamen dort insgesamt 4 Kinder und führten ein sehr einfaches, oft erbärmliches Leben. Erst 1978 wurde die Familie durch ein Geologenteam entdeckt. Die mittlerweile 70jährige Agafia ist das letzte lebende Familienmitglied und lebt weiterhin abgeschieden in der Taiga.
    Meiner Meinung nach eine sehr informative Dokumentation, die zeigt mit wie wenig man Überleben kann. Dieses Leben ist aber kein Zuckerschlecken und kann auch sehr gefährlich sein.

    Gott gebe mir ein gutes Schwert und keine Gelegenheit, es zu gebrauchen. (Unbekannt)

  • Ich habe das Buch gelesen.
    An diesem Beispiel wird aber auch deutlich, dass so eine isolierte Existenz umso wahrscheinlicher in eine Sackgasse führt, je kleiner die Gemeinschaft ist.
    Die Totalverweigerung jeden Kontaktes mit der Aussenwelt nimmt den Nachkommen jede Chance auf Bildung ausserhalb dessen, was der Patriarch/ die Matriarchin für wert erachtet. Die Menschen ausserhalb der Gemeinschaft werden dämonisiert. Durch die Unterbrechung jeden Informationsflusses fallen die Mitglieder nicht nur zunehmend aus der Zeit, sondern es geht mit dem Tod der Gründergeneration auch implizites Wissen und Können verloren.
    Die Familienmitglieder entwickeln nur sehr rudimentär die Fähigkeit, mit Fremden tragfähige Beziehungen aufzubauen und erinnern ein wenig an sogenannte "Wolfskinder".
    Sie erhielten nie die Chance, ihre eigenen Talente oberhalb der täglichen Fron für die Existenzsicherung zu entwickeln.
    Schon gar nicht konnten sie Einfluss auf die Entwicklung der Gesellschaft nehmen.
    Daher sind solche isolierten Populationen, sobald ihr Refugium "entdeckt" wird, hilfloser Spielball fremder Interessen, falls nicht wohlmeinende NGOs ein "Schutzreservat" für sie einrichten und sie bei der Vertretung iher eigenen Interessen unterstützen.


    Insofern ist diese Geschichte ein Beispiel dafür, was unter den Bedingungen des historischen Sowjetrusslands punktuell möglich gewesen ist.
    Als Vorbild für den Aufbau autarker Gemeinschaften ist es m.M. nicht zukunftsfähig,
    weil unser Planet bald vollkommen lückenlos kontrolliert und ausgebeutet wird.
    Wer sich nicht in irgendeiner Form an der Gestaltung von "Welt-Innenpolitiken" beteiligt,
    wird von ihren Auswirkungen betroffen sein, ohne sich die geringsten Chancen auf Einfluss zu erhalten.