Ausbildung(sstand) PSNV

  • Ausbildung(sstand) PSNV 2

    1. Nein (0) 0%
    2. Ja (2) 100%

    Hi



    Da hier viele User bei diversen Hilfsorganisationen tätig sind, würde mich interessieren ob und falls ja, in wie weit ihr im Bereich der PSNV ausgebildet seid.


    Für die Menschen, welche nicht wissen was PSNV bedeutet:
    Psycho Soziale Notfall Versorgung
    (Für mich) Der Übergeordnete Begriff zur Ersten Hilfe der Seele.
    Manchem mag sie auch unter anderen Abkürzungen wie bspw. "KIT" bekannt sein, was für "Krisen Interventions Team" steht.
    Wie es so oft ist, ist es auch hier vorzufinden, dass jede Organisation ihr eigenes Süppchen kocht. Daher kommen die verschiedenen Bezeichnungen zustande.


    Da dieses Thema für mich aktuell an der Uni ein großes Handlungsfeld einnimmt, würde ich gerne eine Umfrage erstellen, welche nur mit "ja" bzw. "nein" beantwortet werden kann.
    Bewusst möchte ich bei dieser eine Aufsplittung vermeiden, da mach einer sich bspw. auch als PSNV geschult betrachten könnte, ohne eine Ausbildung genossen zu haben.
    Mich würde allerdings wirklich nur interessieren, wie viele Menschen sich hier versammeln, welche PSNV Kenntnisse haben.
    Natürlich bleibt das Ergebnis der Umfrage intern. (Wäre ja auch zu grob und für sich alleinstehend nichtsaussagend)


    Unbeachtet der Umfrage, würde ich trotzdem gerne wissen, wie vielfältig ihr ausgebildet seid und vor allem, ob euch diese "Ausbildung" schon abseits von Realeinsätzen weitergeholfen hat.
    Zudem würde ich gerne wissen, wie die Ausbildung bei euch in der Organisation geregelt ist. Natürlich brauchen keine Interna verraten werden, aber evtl. der ein oder andere Tipp zur Umsetzung einer kostengünstigen personellabdeckenden Ausbildung in diesem Bereich.


    Liebe Grüße
    Dualcare



    EDIT: Gibt es keine Umfrageoption mehr?

  • Hallo Dualcare,


    Der Thread ist ja schon etwas älter, und leider unbeantwortet geblieben. Ich bin erst jetzt drüber gestolpert, deshalb antworte ich Dir.


    Ich bin in der PSNV beruflich tätig, habe auch eine spezielle Ausbildung (EKvW) durchlaufen. Diese erfüllt eines Deiner Kriterien in Deiner Anfrage, nämlich " kostengünstig" zu sein. Die sog. "Notfallseelsorger-Ausbildung" in Trägerschaft der Kirchen ist ein offenes Angebot an alle Interessenten, ungeachtet der persönlichen Voraussetzungen.


    Da liegt auch schon ein wenig das Problem, denn ich habe zumindest in meiner Ausbildung erlebt, dass es den interessierten Laien dort an sehr vielem grundlegenden Psychologieverständnis gefehlt hat. Das wurde auch nicht einmal im Ansatz vermittelt. Der Schwerpunkt dieser Ausbildungen liegt in der Überbringung von Todesnachrichten. Meiner Ansicht nach reicht das in der PSNV nicht aus.


    Ich bin gleichzeitig ausgebildet in Traumatherapie und Psychotherapie und darin aufgrund jahrelanger Praxis recht erfahren. Daher habe ich schon eine Vorstellung, was in solchen Ausbildungen an Themen wünschenswert wäre. Ich bin auch schon seit vielen Jahren als Ausbilder und Seminardozent in der PSNV tätig, das allerdings stets im Auftrag von Organisationen und Weiterbildungsinstituten. Ich könnte leicht eine Ausbildungsreihe in PSNV für Krisenzeiten zusammenstellen, der psychologische Ersthelfer zur Zielgruppe hat - aber mir fehlt kaufmännische Infrastruktur, sowas auf eine Art und Weise auf dem Markt anzubieten, so dass ich Lust darauf hätte, da Zeit und Aufwand reinzustecken.


    Anderweitig ist mir nichts an Angeboten bekannt. Ausschließlich die Landesfeuerwehrschulen und einige Anbieter für professionelle KIT-Teams bieten PSNV-Kurse an. Die richten sich m.E. aber nur an professionelle Retter in HiOrgs.


    Beantwortet das ein wenig Deine Anfrage?


    LG Gode

  • Moin @ll!


    Nun, zumindest in meiner HiOrg erhält jeder ehrenamtliche Helfer eine Basisausbildung KIT. Da geht es um das Grundverständnis von Reaktionen Betroffener und um das Erkennen von weitergebendem Hilfsbedarf und allererstes Auffangen.

    Führungskräfte durchlaufen noch ein weiteres Modul mit der gleichen Zielsetzung zur Betreuung ihrer Helfer ...


    Im Hintergrund steht dann einerseits die Notfallseelsorge für Betroffene und das Einsatznachsorgeteam für Helfer.


    Mit diesen Strukturen sind wir erfahrungsgemäß recht solide aufgestellt.


    Ich halte es auch für durchaus sinnvoll, dass KIT/PSNV/Notfallseelsorgeausbildungen sich primär oder fast ausschließlich an (semi-)professionelle Helfer richten. Nicht, dass ich Menschen außerhalb einer Struktur das Interesse oder Talent dazu absprechen wollte. Allerdings führt ein Engagement in diesem Bereich auch zwangsläufig zu Belastungen, die auf irgendeinem Wege (Nachbesprechung, Reflektion, Supervision oder was auch immer) bearbeitet / kompensiert werden müssen. Zumindest muss im Bedarfsfall die Möglichkeit dazu gegeben sein ...

    Dies ist in einer festen Struktur (HiOrg, Feuerwehr, Kirche ...) gegeben, aber ein „freischwebend“ agierender Laie hat diese Rückfallebene nicht.

    Ein entsprechend beruflich qualifizierter Mensch wie @Gode-RE kann sich diese Ebene immerhin selbst schaffen bzw. sollte entsprechenden Eigenbedarf erkennen können und rechtzeitig für seine eigene Seelenhygiene sorgen können.


    Übrigens ... eine gute Notfallseelsorge zeichnet sich dadurch aus, dass man ihr die Eigenschaft des Seelsorgers nicht anmerkt und das Bibel und Gesangbuch ganz weit unten im Koffer bleiben ...


    CU

    ksbulli, seit 45 Jahren im Namen des Herrn untewegs ... :winking_face:

    Hier wird das Licht von Hand gemacht ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Hallo ksbulli,


    Ja, das sehe ich genauso. Die psychische Erste Hilfe gehört genauso in professionelle Hände, wie die somatische. Vor allem sehe ich den Effekt, dass solange Laienorganisationen diese Aufgabe ja schön brav übernehmen, braucht unser Gesundheitswesen dafür keine Mittel bereitstellen. Und weil keine bereitgestellt werden, gibt's auch kaum ausreichend professionelle KITs. Also braucht es die Laien. Und weil's die Laien gibt, gibts zu wenig Profis...


    Übrigens halte ich de religiösen Aspekt in der PSNV für ziemlich unpassend. Psyche braucht profundes und sauberes "Programmieren" , der Seelsorgeaspekt ist da eher kontraproduktiv.

  • Moin Gode,


    nun ja, wie soll ich sagen ... ein ganz klares JEIN ...


    Sobald Menschen wirkliche psychische oder psychosomatische Krankheitszeichen zeigen, gehören sie zum Profi. Punkt.


    Im Bereich von KIT und PSNV bewegen wir uns häufig weit unterhalb einer Schwelle, die therapiewürdig ist. Hier geht es oft tatsächlich nur um die „Erste Hilfe für die Seele“ und das ist gut so.

    Entscheidend hierbei ist, dass die Helfer genau ihre Grenzen kennen und wissen, wann sie entweder Profis hinzuziehen oder den Betroffenen dorthin „führen“.

    Aber oft sind es diese niederschwelligen Angebote, die dann dem Betroffenen den Zugang zu professioneller Hilfe erleichtern oder gar erst möglich machen. Das Gespräch auf Augenhöhe mit dem PSNV-Kollegen ist erst einmal leichter geführt, als mit dem Psychologen. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Betroffene bzw. der spätere Patient eines Psychologen die Hilfe wollen muss sonst hilft es nicht...


    Außerdem ist - und auch hier ist der Vergleich zum medizinischen Notfall treffend - eine flächendeckende schnelle bzw. sofortige Versorgung auf professioneller Ebene nicht leistbar. Und hier wie dort sind sind es dann die „Ersthelfer“, die eine Verschlimmerung verhindern.


    Zu deinem letzten Punkt:

    Ich kennen keinen Notfallseelsorger, der für sich in Anspruch nimmt, einen Psychologen ersetzen zu wollen. Im Gegenteil, die wissen sehr genau zwischen Seelsorge und Tehrapie zu unterscheiden und sagen den Menschen durchaus ganz klar, wenn sie der Meinung sind, dass an dieser oder jener Stelle der Fachmann zu konsultieren ist. Und glaube mir, ich kenne als Mitarbeiter eines Tendenzbetriebes eine gute Zahl von Seelsorgern ...


    In einem weiteren Punkt sind wir auch wieder einig:

    Es gibt zu wenige Therapieangebote. Wartezeiten von 6 bis 12 Monaten sind indiskutabel!


    In diesem Sinne


    CU

    ksbulli

    Hier wird das Licht von Hand gemacht ... und der Motor gehört nach hinten!

  • ich habe zwischenzeitlich einen Ausbildungslehrgang für PSU/PSNV für Einsatzkräfte nach der C.I.S.M.- Methode (Mitchell) und eine Ausbildung für laienorganisierte Notfallseelsorge nach bundesweiten Mindeststandard für Notfallseelsorgeausbildungen erstellt (jeweils 4 Wochenenden). Die habe ich als Honorardozent auf meiner Website beworben. Mal schauen, ob es angesichts der sich zuspitzenden psychisch-seelischen Belastung aller Beteiligten (Betroffene UND Einsatzkräfte) zukünftig zu mehr Bedarf nach peer-orientierten PSU-Ausbildungen gibt. Im Moment machen das die Hilfsorganisationen noch alles selber mit eigenen Kräften, aber die werden angesichts der sich ausbreitenden Pandemielage zusehends überlastet. Vielleicht kriege ich da ja mal nen Lehrauftrag...

  • Update:

    Mein letzter Besuch hier ist schon über ein Jahr her, zwischenzeitlich hat sich viel getan! Aus meiner einjährigen Tätigkeit im Flutkatastrophengebiet Ahrtal und Erfttal als Notfallseelsorger ist hier ein Ausbildungscamp im Ruhrgebiet entstanden, wo ich schon 36 Teilnehmer/innen als Kriseninterventionsfachkräfte / Notfallseelsorge ausgebildet habe. Nach Auflösung des Helfershuttle-Camps in Grafschaft-Ringen hat der Markeninhaber uns die Weiterverwendung der Marke "Helfershuttle" gestattet für diesen Zweck, so dass es seitdem das neue "Helfershuttle-Camp Ruhrgebiet" in Recklinghausen gibt.


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    In nur zwei Wochen (zwei mal 5 Werktage, Mo - Fr) lernen die Teilnehmer/innen alles, was in den "Gemeinsamen Qualitätsstandards und Leitlinien zu Maßnahmen der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) im Bereich der Psychosozialen Akuthilfe" der vier großen Hilfsorganisationen (ASB, JUH, MHD, DRK) und der Notfallseelsorgekonferenzen der Evangelischen und Katholischen Kirchen festgelegt ist. Mit 120 Stunden übertrifft die Ausbildung die darin vorgeschriebenen Mindeststunden bei weitem, und berücksichtigt auch Themen wie Notfunk/Notkommunikation, Arbeit mit Flüchtlingen und Krisenintervention an Schulen.


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    Der Lehrgang ist sogar zertifiziert, er gilt als eine Art "Weiterqualifikation", um z.B. in Hilfsorganisationen, Notfallseelsorgestrukturen oder Einrichtungen, die verpflichtet sind, Kriseninterventionsfachkräfte vorzuhalten, die zeitlich und inhaltlich vollständige Ausbildung nach dem Rahmenausbildungsplan nachweisen zu können. Ein Großteil der Zeit liegt dabei auf praktischen Übungen. So mussten alle Teilnehmer/innen eine bestimmte Anzahl als aktive Interventionskraft nachweisen, eine weitere Anzahl als gespielte Betroffene/Opfer und ebenso eine Anzahl als reflektierende Zuschauer, um aus allen Perspektiven zu lernen. Der gesamte Lehrgang (beide Wochen) ist dabei kostenseitig stark subventioniert, der Kostenanteil für die Teilnehmer/innen beträgt pro Woche nur etwa 300 Euro für die gesamten 5 Tage.

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    Die Besonderheit des Ausbildungscamps ist hierbei, dass "unter Katastrophenbedingungen" geübt wird. Während beider Wochen verpflegen sich die Teams selbst, bilden Versorgungs-, Einkaufs- und Kochteams, wird der Strom aus einer Solaranlage selber erzeugt und Internet- sowie Funkverbindungen aufgebaut und erprobt. Einige haben auf dem Gelände gezeltet (es gibt sogar ein Blockbohlen-Waschhaus), andere im Wohnfahrzeug übernachtet. Und natürlich wurde auch mein Einsatzfahrzeug aus dem Ahrtal besichtigt und im die Ausbildung integriert. Abends geht es dann im "gemütlichen Teil" weiter für diejenigen, die im Camp bleiben. Hierzu dient die recht große parkähnliche Anlage, in der mittendrin das grüne Zelt des neuen Helfershuttle-Camp Ruhrgebiet steht.

    Weitere Informationen und Berichte zu den bisher gelaufenen 3 Ausbildungsdurchgängen kann man auch in der eigens dafür eingerichteten Facebook-Gruppe "Ausbildung Kriseninterventionsfachkraft / Notfallseelsorger(in)" nachlesen unter dem Link: https://www.facebook.com/groups/233585408533331/


    Zur Zeit sind keine weiteren neuen Lehrgänge geplant, weil sich schon für die letzten zwei nicht genügend Teilnehmer gefunden haben. Wenn sich mindestens 6 Leute finden (max. 8), kann über einen neuen Termin selbstverständlich nachgedacht werden.


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