Liebe Mit-Foristi,
immer wieder lese ich (hier und anderswo), dass sich Leute Daheim und/oder in der BOL ein Niedervolt-Gleichstromsystem (typischerweise 24V) aufbauen. Entweder parallel zur normalen Installation oder als alleinige Lösung (v.a. in Wochenendhäusern).
Jetzt frage ich mich natürlich: Welchen Vorteil (außer, dass man sich einen Wechselrichter erspart) hat man davon?
Ok, zugegeben: Ein WR hat einen gewissen Eigenverbrauch, welcher berücksichtigt werden muss. Meiner (Waeco PP1004; 24->230V, 1.000W: max. 15%). Ist nicht ohne. Bzw.: Man muss diesen Verlust bei der Planung des Erzeugungs-Speicher-Systems berücksichtigen. Gegen den Standby-Verbrauch (wenige W) müsste man ihn bei Nichtgebrauch abschalten, oder damit leben.
Abgesehen davon hat das System mMn nur Nachteile:
- Die übertragbare Leistung ist sehr begrenzt; oder:
- man benötigt sehr große Leitungsquerschnitte, um vernünftige Leistungen übertragen zu können *)
- Viele Geräte sind nicht auf den direkten Betrieb mit (um beim Beispiel zu bleiben) 24V Gleichspannung ausgelegt. Man muss also entweder spezielle Geräte kaufen (Kühltruhe, Gefrierschrank, ...), und/oder einen DC-DC-Spannungswandler einsetzen. Spannungswandler sind ebenfalls verlustbehaftet. Entspechende Geräte (aus dem Camping/Yachtbereich) kosten locker mal das Doppelte eines "normalen" Geräts - bei wesentlich geringerem Nutzwert.
- Die Auswahl an Geräten für Gleichstrom ist arg begrenzt, der Gebrauchtwarenmarkt dafür ist dünn.
- Sich im SHTFF Geräte zu "beschaffen" ist ebenfalls wesentlich schwieriger
Kühl/Gefriergeräte mit großer Kapazität halte ich im SHTFF für extrem wichtig.
Gerade im Eigenheim (wo ich sowieso schon Kühl/Gefriergeräte habe) sehe ich daher den Vorteil eines NV-DC-Systems noch weniger. Ausschließlich 24V-Geräte wären ökonomischer Unsinn. Ich würde mehrere Geräte benötigen, um den Bedarf zu decken. Mein Camping-Kühlschrank z.B. hat gerade mal 40l Nutzinhalt - mein normaler Kühlschrank beinahe das Zehnfache! Selbiges gilt zwar auch für die Maximalleistung, nicht jedoch für den Verbrauch. **)
Man könnte jetzt natürlich dazu übergehen, ein NV-DC-System nur für Beleuchtung aufzuziehen. Das wäre prinzipiell möglich, aber nur bei einem Neubau oder einer Totalrenovierung ansatzweise sinnvoll. Und man hätte immer noch das Problem, dass man mit der Benutzung anderer Geräte stark limitiert ist...
Da die o.a. Überlegungen aber auch meiner beschränkten Kenntnis geschuldet sein können (bzw. bis zu einem gewissen Grad auf jeden Fall sind) bitte ich euch, eure Sicht der Dinge zu teilen. Insbesondere interessiert mich, was ich vergessen habe und/oder wo ich Denkfehler habe.
Danke und LG,
Maresi
*) 100W bei 24V über eine 10m lange 1,5mm² Kupferleitung ergibt bereits einen Spannungsabfall von >4%; Zum Vergleich: 4% erlaubt die TAEV für das gesamte öffentliche Netz von der Höchstspannungsebene (Übertragungsnetz) bis hin zum Hausanschluss erlaubt! Die DIN 18015 Teil 1 nennt 3% als empfohlenen maximalen Spannungsabfall zwischen Zähler und Verbraucher.
Zusätzlich muss man sich noch anschauen, ob die thermische Belastung für diesen Leiter eingehalten wird. Gerade bei kurzen Leitungslängen kann es passieren, dass der Spannungsabfall noch im Toleranzbereich liegt, aber die Leitung trotzdem schon massiv überlastet ist! Richtwert: 3-8 A/mm² (maximal 10 A/mm²), je nach Verlegeart, Umgebungstemperatur usf..
**) Eine Lösung dieses Problems könnte natürlich darin liegen, im SHTFF einen "Eiskasten" zu bauen (im bestehenden Kühlschrank das obere Fach für das Eis frei lassen oder z.B. einen größeren Holzschrank mit Styropor auskleiden) und den Campingkühlschrank zur Gewinnung des notwendigen Eises (ggf. mit Wasser gefüllte PET-Flaschen) zu nutzen.