Hallo,
ich war in den Pfingstferien mit Frau und Kind für eine Woche im Zillertal. Soweit so unspekatkulär. Wir hatten uns eine kleine, auf 1600m ziemlich abseits der Touri-Infrastruktur gelegene Hütte eines privaten Vermieters, oberhalb der Ortschaften Hippach/Schwendberg ausgesucht.
Die Eckdaten waren:
Almhütte aus den 1940er Jahren
Kein Strom-/Wasser-/Abwasser-/Festnetz-Anschluss, kein TV
Die Hütte hatte eine gefasste Quelle, die einen Brunnentrog speiste, der zugleich als Kühlschrank diente.
Das Quellwasser stand auch in der Hütte an einem Spülbecken der Küche per Wasserhahn zur Verfügung.
Die Hütte hatte zwei Stuben: eine Wohnstube mit Holzofen und eine Ess-/Küchenstube mit Holzherd.
Es gab ein Schlafzimmer und zwei Dachkammern mit Betten.
Es gab ein Plumpsklo neben der Hütte.
Für die Beleuchtung diente eine auf 12V DC umgeklemmte normale 230V-Elektroinstallation, die von einem großen 12V-Akku gespeist wurde, der wiederum von drei PV-Modulen geladen wurde.
"Bewacht" wurden wir von einer kleinen Kuhherde, die ihre Weide um unsere Hütte herum hatte, sowie abwechselnd übern Tag zwei kleine Ställe in der Nähe nutzte.
Die Anfahrt zur Hütte war mit dem PKW möglich, die letzten Kilometer über einen für die Allgemeinheit gesperrten (und abgeschrankten) Schotterweg. War mit dem PKW (Golf) gut machbar, aber grenzwertig (Bodenfreiheit, Steilheit). Ich war froh, auf dem Wagen noch die Winterreifen draufgelassen zu haben. Nicht wegen Schnee (der war seit 3 Wochen weg), aber wegen der besseren Traktion auf dem Schotterweg. Dazu muss man sagen, dass wir selber in den "Bergen" wohnen, auf 800m auf der Schwäbischen Alb, aber die engen und teilweise wirklich steilen unbefestigten Fahrwege in den Alpen sind nochmal eine andere Qualität.
Was haben wir gemacht:
Wichtigste Erfahrung: die Familie kann ohne Auto und künstliche Bespaßungsangebote sieben Tage auf/bei einer Hütte in der Abgeschiedenheit verbringen ohne einen Lagerkoller zu entwickeln. Sollte man nicht unterschätzen. Wir bewegten das Auto erst am Abreisetag wieder. Da die Hütte für eine alpine Touristenregion tatsächlich abgeschieden lag (minimum 1h Fußmarsch zur "Zivilisation"), hatten wir keine aktuellen Wanderwege in der Nähe. Was ein Vorteil war, so hatten wir in der Woche nur einen einzigen Wanderer, der vorbeikam.
Wir erkundeten täglich die Umgebung und fanden mehrere aufgegebene alte Wanderpfade und Wildwechsel, die öfter durch umgestürzte Bäume blockiert waren oder einfach am Hang im nichts endeten. Gut war, dass wir eine Klappsäge dabei hatten, so konnten wir an mehreren Stellen uns einen Durchschlupf unter den liegenden Tannen/Fichten freischneiden und die Tour zu einigen völlig unberührten Bergbächen mit Wasserfällen fortsetzen.
Mein Sohn und ich haben eine große Tagestour unternommen, Ziel war der oberhalb unserer Hütte (1600m) gelegene Gipfel unseres Hausbergs, der 2.200m hoch lag. Auch hier war kein Wanderweg in der Nähe, so suchten wir im bewaldeten Hang einen machbaren Einstieg und konnten mit einigem Suchen und Irrwegen eine sichere Route für die 600 Höhenmeter finden, die uns durch steilen Wald, endlose Buschzonen und oberhalb der Baumngrenze in eine tundraartige Landschaft führte, bis wir kurz vorm Gipfel einen offiziellen Wanderweg/Downhill-Track kreuzten und diesem folgten. Für unseren 10jährigen Sohn eine sehr spannende Erfahrung, auch was die Orientierung im Gelände (Einprägen von Geländemarken, setzen von Markierungen (Steinmännchen, an Äste geknotete Streifen von Papiertüchern), die Einteilung der Kräfte und den Sicherheitsaspekt (Wetterbeobachtung: wir hatten tagsüber immer bestes Wetter, nachmittags/abends zogen aber regelmäßig teils schwere Gewitter auf) betraf. Belohnt wurde die 14km-Tour mit Wiener Schnitzel und Almdudler auf einer Jausenstation auf dem Hochplateau...
Welche Ausrüstung hatten wir:
Jeder von uns hatte
- Wanderstiefel
- Schutzhandschuhe (dünne Arbeitshandschuhe, insbesondere beim Erkunden von Aufstiegsrouten im steilen Gelände sehr bewährt)
- Rucksack
- Schlechtwetter-Kleidung (Regenjacke, Regenhose, Pullover/Fleecejacke)
- Sonnenschutz (Basecap/Hut, Sonnenbrille, SF50-Creme)
- Verpflegung (Äpfel, Salamistangen, Manner-Waffeln)
- Trinkwasser (1-2l pro Person und als Backup eine Katadyn "my bottle" Filterflasche für Wasser aus Bergbächen)
- Taschenmesser, Feuerzeug
- Verbandszeug, Alu-Rettungsdecke + Alu-Biwaksack
- Stirnlampe (2x Petzl Duo, 1x Petzl Tikka)
- aufgeladenes Handy
- Tourenstock
Zusätzlich hatten wir für Touren noch dabei:
- 2 Taschenferngläser (hat sich als der meistgenutzte Gegenstand entpuppt, es gibt soviel zu beobachten in den Bergen)
- 2 PMR-Funkgeräte Cobra MT110 (haben sich bei unserer ganztägigen "Männertour" im überwiegend freien Gelände bestens bewährt, wir hatten fast durchgehend Funkkontakt - auch ohne Sichtlinie - zum "Basislager", das von meiner Frau in der Hütte besetzt war)
- Papierwanderkarte der Region
- die Karten-App OsmAnd
- 2 Fotoapparate
- 1 Klappsäge
- 1 Reservehandy (Motorola Defy+ mit 2 geladenen Akkus)
Für die Hütte hatten wir dabei:
- Katadyn-Wasserfilter Pocket (wurde aber nicht benötgt, Wasser an der Hütte war hervorragend)
- eine "Wochenkiste" mit Lebensmitteln, dazu eine kleine Kiste mit etwas Obst & Gemüse, zwei Laibe Brot, eine Packung Knäckebrot
- 30l Mineralwasser, ein paar Säfte, ein Sixpack kleiner Colaflaschen ("Gute-Laune-Booster"), 2l Wein, 5l Milch
- ein faltbares 40W-Solarmodul mit 12V-Ausgang, in dem ein 12V/USB-Adapter steckte
- eine USB-Powerbank 20.000mAh
- Bücher!
- Spielesammlung
- Unser Sohn hatte noch etwas Lego dabei, was er aber kaum beachtet hat, draußen war es spannender und wenn es nur die Kühe waren.
Lessons learned:
- Familie geht auch ohne Radio, TV, Musik, Game-PC/Youtube und andere künstliche Entertainment-Angebote
- Sohn hat Holz hacken und Feuermachen im Herd gelernt
- Man findet viel Zeit für tiefschürfende Gespräche (witzigerweise insbesondere bei den Wandertouren)
- Wir haben deutlich mehr Kaffee getrunken, das kalkulierte kleine Glas löslicher Kaffee reichte gerade so bis zum letzten Tag
- Dito bei unserem Milchmonster: die 5l Milch waren im nu weg, gut dass ich noch zwei Beutel Milchpulver für je 1l dabei hatte (übrigens von uns geschmacklich als sehr gut benotet)
- Wir hätten einen Gaskocher mitnehmen sollen: bei 30 Grad und praller Sonne den Holzherd anfeuern zu müssen, um Kaffeewasser zu bekommen, macht aus der Stube eine Sauna.
- Kaiserschmarrn und Pfannkuchen auf dem Holzherd zu machen, ist eine Herausforderung (reine Holzglut reicht nicht aus, um das Öl in der Pfanne sieden zu lassen), zum Glück schmeckt in der Höhenluft alles besser, so war mein etwas bleicher Kaiserschmarrn "der beste ever"
- Eipulver ist genauso praktisch wie Milchpulver
- Whatsapp ist wichtig Teilweise wurden Almdudler- und Schnitzelbilder live von Berghütte zu Berghütte mit woanders urlaubenden Schulkameraden ausgetauscht...
- Die Kombination 40W-PV-Modul und großer USB-Powerbank hat sich voll bewährt. Das tagsüber flach in der Sonne liegende Modul bekam die Powerbank jeden Tag wieder komplett voll und nachts hingen die Handys an der Powerbank.
- nächtliche Gewitter mit Starkregen und Hagel sind in den Bergen beeindruckend
Grüsse
Tom
Hütte.jpgraues-Terrain-für-den-Golf.jpgBrunnen.jpgStromtankstelle.jpgTraumwald.jpgHindernisse-im-Wald.jpgAn-der-Baumgrenze.jpgAdler.jpgVor-dem-Abstieg.jpg