Selbstverteidigung im öffentlichen Raum

  • Ein interessantes Thema und je nach Aufenthaltsort sicherlich eines welchem man mehr oder weniger Gewicht zumessen sollte.


    Ich selbst wohne aktuell leider noch in einer Gegend in welcher man sich insbesondere abends gut überlegen sollte wo man lang geht. Tagsüber ist es durchaus friedlich, sofern man gewisse Ecken meidet, sobald es jedoch dunkel wird kommen ziemlich komische Gestalten zum Vorschein. Wenn wir auf dem Land sind gehen wir entspannter durch die Welt, gerade bei abendlichen oder gar nächtlichen und manchmal unvermeidbaren Wegen durch das Stadtzentrum und entlang gewisser Strecken ist jedoch immer etwas zusätzliche (physische) Ausrüstung mit dabei.



    1) Ja und zwar alle in unserem Haushalt/direkte Familie und das macht auch vor unseren Kindern (mittlerweile eher Jugendliche :grinning_face_with_smiling_eyes:) nicht halt. Angefangen haben wir/sie aber schon im Kindergartenalter (natürlich altersgerecht).

    Wir achten z.B. grundsätzlich darauf in großen Menschenmengen Ecken und Engstellen zu meiden, verschaffen uns schon vor Beginn von Veranstaltungen einen Überblick über potenzielle Fluchtwege und vereinbaren Orte an denen wir uns im Zweifel treffen können, sollten wir getrennt werden.


    Wir kennen die Handynummern der Familie auswendig und haben zwei Codeworts vereinbart.

    Nr. 1 dient als Beweis das jemand auch tatsächlich von uns (Eltern) geschickt wurde. Sollte die Kinder jemand fremdes ansprechen der ihnen, notfalls auch auf Nachfrage, nicht den Code sagen kann, dann kommt er oder sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht von uns, mit allen daraus resultierenden Konsequenzen.

    Nr. 2 dient einem versteckten Hilferuf z.B. per Handy. Es ist so abstrakt das es in unserem normalen Sprachgebrauch nicht vorkommt und nicht als solcher zu erkennen, sowie kurz. Sollte jemals eines von meinen Mädels mir auf welchem Weg auch immer diese Nachricht zukommen lassen weis ich, dass sie in ernster Gefahr ist und dann wird sofort die entsprechende Maschinerie in Gang gesetzt. Das wissen auch die Mädchen und so kam es noch zu keinem "Mal gucken wie Mama reagiert.".

    Plötzlich Akku alle gibt es bei uns auch nicht, da jeder eine Mini-Powerbank dabei hat wenn wir länger außer Haus sind. Jaja, die moderne Technik ... :winking_face_with_tongue:


    Hinzu kommt:

    Wir alle gehen regelmäßig zum SV-Training, wobei ich hier ganz bewusst von Selbstverteidigung und nicht von Kampfsport rede, auch wenn es faktisch viele solcher Elemente enthält. Der Fokus liegt jedoch auf der verbalen und nonverbalen Vermeidung und Klärung von Konflikten, insbesondere auf der Vermeidung von körperlichen Auseinandersetzungen, sowie darauf, sollte das alles nichts geholfen haben, sich bei Bedarf schnell Raum zu verschaffen um anschließend wieder handlungsfähig sein zu können. Handlungsfähig heißt hier in der Regel für alle, für Erwachsene wie für Kinder, Beine in die Hand und weg, so schnell und so weit wie nötig. Dabei werden im Training, und natürlich erst Recht im Fall einer direkten körperlichen Bedrohung, insbesondere die Körperbereiche angegangen, welche im klassischen Kampfsport normalerweise ausgespart werden, einfach weil sie hierfür zu effektiv wären. Im Training wird zudem das Auge für gewisse Bewegungsabläufe sowie die Körperhaltung und die geistige Einstellung geschult denn, wer aufhört besser werden zu wollen hört auf gut zu sein.

    Wir sind KEINE "Elitekrieger" die alles platt machen können/würden und denen niemand etwas kann und sojemanden gibt es meiner Meinung nach auch nicht. Einmal unvorbereitet erwischt kann einen nämlich auch eine alte Oma umhauen, also werden immer schön die Augen und Ohren offen gehalten und auf das eigene Gefühl gehört, jedoch ohne dabei paranoid zu werden. Für manche möglicherweise eine Gratwanderung, uns geht es trotz aller Vorsicht jedoch ziemlich gut und wir nehmen ganz normal am Leben teil, nicht jedoch ohne mancher Situation mehr als nur einen skeptischen Blick zuzuwerfen.


    Dies äußerst sich in lauter Kleinigkeiten.

    An Bahnhöfen jeglicher Art warten wir z.B. nicht direkt am Gleis, sondern immer im Bereich der Treppen/Zugänge und gehen erst an den Bus/Zug/Straßenbahn/U-Bahn wenn diese schon steht. Nach Möglichkeit wird sich "bei Pausen" so hingestellt das eine Wand im Rücken ist, zumindest aber niemand mal eben so unbemerkt von hinten ankommen kann. Selbstbewusste Körperhaltung, entgegenkommende Menschen ansehen ohne sie anzustarren, komische Fahrzeuge ganz bewusst mustern und sich das Nummernschild und andere Details einprägen, Geldbörse und Handy nicht unnötig offen tragen, nicht zu "auffällig unpassend" gekleidet sein, ... usw.

    Alles aufzuzählen wäre hier viel zu viel.


    Es klingt vielleicht trotz allem ein wenig paranoid, geschieht zumindest bei mir mittlerweile jedoch schon ganz automatisch und belastet im Alltag kein Stück. Auch die Kinder bewegen sich ganz normal unter gleichaltrigen, erzählen aber doch öfters mal das sie froh um ihr Hobby sind und dass es ihnen hier und da schon geholfen hat.



    2.) Grundsätzlich nur Kleinkram, ABER wenn wir/ich in gewissen Gegenden unterwegs sein müssen/muss und keine Ausweichmöglichkeit habe/n auch mal die großen Geschütze.


    Eigentlich immer dabei:

    Mich selbst :winking_face:, ACME-Tornado Pfeife + kleine Taschenlampe am Schlüsselbund


    Wenn ich mit kleiner Tasche unterwegs bin:

    ein klassisches EDC samt kleinem Taschenmesser (wirklich ein praktisches Teil) und großer Taschenlampe + Kubotan als Kugelschreiber + Nagelfeile + der Schlüsselbund


    Die großen Geschütze (nur für den äußersten Notfall und nicht immer dabei):

    Pfefferspray + Gel und/oder Elektroschocker mit Sicherungsstift hübsch verstaut in der großen Damenhandtasche und je nachdem wann und wo ich unterwegs bin griffbereit oder weiter unten.



    3.) Ergibt sich aus den Punkten 1 und 2. Gut vorbereitet sein gibt ein gutes Gefühl, allerdings bringt alle Vorbereitung nichts wenn man nicht auf sich und seine Umgebung achtet. Also fit bleiben, körperlich und geistig, sowie immer aufmerksam. Bitte jedoch gerade Letzteres nicht übertreiben, das verdirbt einem ansonsten schnell die Freude am Umgang mit anderen Menschen und plötzlich ist man der seltsame alte Kauz den keiner so wirklich mag. :upside_down_face:

  • Die einzige Messerabwehrtechnik die funktioniert wird hier gezeigt.

    Special force knife defense tactics:

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  • Interessante Beiträge, danke euch.

    Ich sehe das Mitführen eines Verteidigungsmessers selbst auch kritisch. Einen wirklichen Vorteil bietet es nur dann, wenn die Angreifer selbst kein Messer dabei haben und man das Messer nicht an selbige verliert. Aber es gibt m.E. momentan auch noch kein wirkliches Verteidigungstool, das sowohl legal als auch in jeder Situation effektiv und alltagstauglich ist. Und lieber hat man "was", als garnichts. Ob man es einsetzt, ist natürlich wieder eine ganz andere Sache. Meine Hemmschwelle wäre da auch sehr hoch.


    Was die o.g. Kriminalstatistik angeht: Die halte ich persönlich für stark verzerrt, aus politischen Gründen. Hinzu kommt eine vermutlich hohe Dunkelziffer. Selbiges nehme ich auch bei anderen Statistiken an, wie z.B. bei den Arbeitslosenzahlen, wo etwa Menschen über 58, Kranke oder 1€-Jobber nicht auftauchen und deren Berechnungsweise bereits mehrfach geändert wurde, um "schönere Zahlen" zu erhalten. Ich kann mir gut vorstellen, dass es ein starkes politisches Interesse gibt, die Zahlen zur (Zuwanderer-)Kriminalität ebenfalls möglichst angenehm aussehen zu lassen. Aber es stellt ja nicht nur die Migrantenkriminalität ein Problem dar, sondern auch die allgemeine Verrohung und das offenbar schleichend zunehmende "Hinnehmen" vieler schrecklicher Ereignisse.


    Schade ist es, dass einige Menschen der Ansicht sind, dass man mit dieser Entwicklung leben bzw. sich anpassen muss. Denn eigentlich müssen wir das nicht und wollen es auch nicht. Aber es fehlt der Masse eben auch an Bereitschaft, persönlich etwas für eine friedlichere Gesellschaft zu tun. Wir sind finde ich sehr bequem geworden. Als Einzelner ist man halt auch ziemlich machtlos und eine politisch neutrale, größere Bewegung, die sich dafür einsetzt, ist mir nicht bekannt. Eine solche könnte m.E. viel erreichen, bedürfte aber auch viel Engagement.


    Also heißt es wohl erstmal "wachsam bleiben". (? - Falls jemand einen schlaueren Schluss aus der bisherigen Diskussion ziehen kann, dann immer raus damit:grinning_face_with_smiling_eyes: )

  • In sachen Selbstverteidigung hab ich folgende Strategie:


    1.) In Städten/Bahnhöfen/Menschenansammlungen: erhöhte Wachsamkeit (vorbeugen ist besser als...)

    2.) Zuhause und im EDC befinden sich seit einiger Zeit Pfeffersprays

    3.) ich bin zwar „auch schon 45“, aber seit 30 Jahren Kampfsportler (Boxer), wenn dann auch davonrennen nix mehr hilft, dann vielleicht meine Kampferfahrung und einigermassen vorhandene Fitness.. :winking_face:


    Gruss

    Canelo

  • ich bin zwar „auch schon 45“, aber seit 30 Jahren Kampfsportler (Boxer), wenn dann auch davonrennen nix mehr hilft, dann vielleicht meine Kampferfahrung und einigermassen vorhandene Fitness.. :winking_face:

    :thumbs_up::thumbs_up:

    Körperliche Fitness und Routine/Erfahrung/Training sind in Gefahrensituationen die beste Vorbereitung.



    Gruß Frank

  • :thumbs_up::thumbs_up:

    Körperliche Fitness und Routine/Erfahrung/Training sind in Gefahrensituationen die beste Vorbereitung.



    Gruß Frank


    Jeder ist verschieden und reagiert im "Ernstfall" anders.

    Ich finde jedoch, eine gewisse "Ernstkampferfahrung" ist nicht zu unterschätzen. Ein Kollege von mir wurde vor Jahren mal in eine Schlägerei verwickelt (mehr oder weniger unvermittelt angegriffen). Er machte davor schon einige Jahre irgend eine (weiss nicht mehr genau welche) asiatische Kampfkunst/Sport. Er hatte gegen den (besoffenen) Schläger trotzallem keine Chance. Dies weil ihm genau die "Ernstkampferfahrung" gefehlt hatte. So sagte er im nachhinein: Man könne die Bewegungsabläufe 1000x üben, da er aber damals zum ersten mal echte Treffer hatte einstecken müssen, war er gar nicht mehr in der Lage, sein "theoretisches" Können abzurufen, weil es für ihn eine völlig neue Erfahrung war, getroffen zu werden... er war völlig "aus dem Konzept"...

  • Genau deswegen muss man auch echt Sparring und Angriffsituationen üben. Voll oder Halbkontakt/Kreiskampf hilft da sehr.

    Man muss beim Sparring auch echt mal paar voll auf die Glocke kriegen um das Gefühl kennenzulernen und eben dem standzuhalten ohne in Panik und Flucht zu verfallen. Ja, das tut weh, soll es auch, nur so lernt man dem standzuhalten und gegen zu gehen.



    PS: mein Sifu sagt immer: Schmerzen sind Schwäche die den Körper verlässt :smiling_face_with_sunglasses:

    Einmal editiert, zuletzt von Hobbyholzspalter ()

  • Zitat

    asiatische Kampfkunst

    Alle Kampfkünste ohne ernsthaftes Sparring bringen für die Selbstverteidigung nichts. @Hobbyholzspalter hat das sehr gut beschrieben.

  • Alleine das man in vielen Kampfsportarten meist vergleichbare Gegner gegenübergestellt bekommt und die wirklich effektiven Zonen ganz gezielt ausgelassen werden (müssen), einfach weil das sonst dem Sportcharakter entgegenstehen würde ... Man ist im Training zudem mental auf den Angriff vorbereitet, die Umgebung ist bekannt, in der Regel sogar entsprechend präpariert (weicher Hallenboden), usw.


    Echte Situationen gezielt zu trainieren ist ... schmerzhaft. Sehr schmerzhaft, nicht nur für den "Trainingspartner" sondern auch für einen selbst und daher nicht empfehlenswert, außer man will es wirklich wissen. Das Verletzungsrisiko ist jedoch unglaublich hoch wenn man wirklich kompromisslos kämpft, also z.B. auch ohne Bandagen und mit allem was einem zur Verfügung steht, oder sich in Reichweite befindet und deswegen macht das eigentlich niemand.

    (Das ein Meister seine Schüler vorführt mal nicht mit eingerechnet, denn auch diese Kämpfe folgen Regeln.)


    Wer echte Treffer jedoch nicht kennt, der hat auch bei noch so langjähriger KampfSPORTerfahrung und aller sonstigen Theorie selbst gegen die meisten einfachen Schläger schlicht das Nachsehen, insbesondere wenn es überraschend kommt. Hinzu kommt, es ist selten nur ein Angreifer. Spätestens wenn man sich, vielleicht sogar erfolgreich, gewehrt hat taucht irgendwo ein Sympathisant auf. Man darf sich auch nicht mitreißen lassen, sondern muss sofort wieder aufhören können sobald die Gefahr abgewehrt ist.


    Der Fokus sollte daher im öffentlichen Raum IMMER auf der Vermeidung jeglicher körperlicher Auseinandersetzungen liegen.

    Selbst wenn man mit einem, vielleicht auch noch mit einem zweiten Angreifer noch klar kommen könnte und sei es nur durch Glück... echte Kämpfe ohne Regeln dauern nie lange und man tut sehr gut daran sie so lange es geht zu vermeiden. Wenn es jedoch dazu kommen sollte, keine Kompromisse und genau hier hilft ein möglichst realitätsnahes Training dann doch wieder. Wer Kinder hat wird diesen Punkt verstehen. :)


    Kampfsport ist in meinen Augen übrigens nicht überflüssig. Aber es ist eben ein Sport. Gut um fit zu bleiben, je nach Sportart jedoch nur mehr oder weniger gut zur Selbstverteidigung geeignet.

    "Die eine" Selbstverteidigung gibt es zudem nicht, denn vielleicht ist ja auch der Gegenüber geübt und das auch noch ausgerechnet in dem was die Schwachpunkte der eigenen Sportart aufgreift ...

    Sind wir also wieder bei - Kämpfe vermeiden. :upside_down_face:

  • Moin.

    Ich war mehrere Jahre Feldjägerunteroffizier und genoss somit auch eine Ausbildung in waffenloser Selbstverteidigung.

    Es war mehr ein Kurzlehrgang mit wenigen Unterrichtseinheiten während meiner Unteroffizierausbildung in Sonthofen.

    Aber: Ich habe diese Techniken nie anwenden müssen, bis auf eine Situation vor zwei Monaten, in der ich einen Taschen-

    dieb am Bahnhof "auf die Bretter schickte". Erst ein paar Minuten nach diesem Vorfall ist mir bewusst geworden, dass

    ich erlernte Techniken doch noch in irgendeiner Schublade im Kopf abgespeichert habe. Automatismus pur.

    Zur Theorie hier, dass "Ernstkampferfahrung" essentiell sein muss, halte ich entgegen, dass es einfach nicht trainierbar

    ist, weil selbst das beste Training keinen Ernstfall simulieren kann. Allein der Adrenalinausstoss, der in Bruchteilen einer

    Sekunde, vom Körper als Hochleistungsabwehrdroge in den Körper gepumpt wird, ist nicht im Trainig simulierbar. Da

    helfen auch 1000 Sparringstunden nichts. Nur meine Meinung.

    Hilfreich ist es eher, wie auch schon hier erwähnt, sich auf Situationen mental vorzubereiten.

    Ich weiß auch nicht mehr in welcher ZDv bei der Bundeswehr es so treffend geschrieben stand, aber im Kern für mich

    prägend war; sinngemäß: "Der entschlossenere Kämpfer entscheidet den Nahkampf für sich."

  • These: Zivilisierte emphatische und gebildete Menschen sind zu einer effektiven Verteidigung nicht mehr in der Lage.


    Nehmen wir nur mal als Beispiel das letzte halbe Jahrhundert der Erziehung junger Menschen in Deutschland. Schon im Kindergarten, später in der Schule, werden Kinder in Deeskalation und Konfliktvermeidung geschult. Jegliche Balgerei oder auch härtere verbale Auseinandersetzung wird im Keim unterbunden, jegliche Aggression anderen gegenüber wird unterdrückt. Eigentlich richtig und sinnvoll in einer friedlichen und weitestgehend zivilisierten Gesellschaftsform.


    Aber nicht alle Menschen genießen ein nettes freundliches Elternhaus und lernen bei ihrer Kindergartentante ihren Namen tanzen. Viele junge Menschen sind in einem komplett anderen archaischen Milieu aufgewachsen, in dem Friede, Freude Eierkuchen Fremdwörter sind und wo man frühzeitig lernt seine Interessen auf eine andere Art und Weise durchzusetzen.


    Trifft jetzt ein satter und zufriedener Mensch der ersten Kategorie auf einen der zweiten Sorte hat er zwangsläufig das Nachsehen. Und da ich den Eindruck habe das Menschen dieser zweiten Kategorie sich auf wundersame Weise in unserer friedlichen und zivilisierten Welt vermehren wird nach dem Gesetz der Evolution die erste Kategorie der Kandidat für den Darwin Award sein.


    Wir werden wohl oder übel lernen müssen Teile unserer Erziehung abzulegen, wenn wir eine Chance haben möchten.

    Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom..........;-)

  • Duke

    Da hast du schon recht. Daher schrieb ich auch, dass jeder in der "Ernstsituation" anders reagiert und man das wohl kaum voraus planen/trainieren kann.

    Da man ja (hoffentlich!) nicht selbst der Angreifer ist, sondern der Angegriffene, hat der Gegner halt den Vorteil des Überraschungsmoments...


    Trotzdem denke ich, dass zB Sparring, mit Gegnern die einem z.T auch am liebsten den Meister zeigen würden (sprich "auf die Bretter schicken"), dem ganzen näher kommt, als alles andere... wobei das natürlich nicht ausschliesst, dass derjenige, welcher "nur" theoretische Kenntnisse hat, diese nicht doch auch im Ereignisfall abrufen kann. Ist halt anders, wenn man das schön konzentriert für sich nach "Büchlein" macht, als wenn man dann überraschend angegriffen wird, und wegen des überraschenden, ersten Treffers einen gewissen "Schwindel" im Kopf verspürt und man diese Situation noch nie vorher hatte...


    War bei mir beim Sparring ganz am Anfang auch so:

    Ich musste meinen Körper kennnen lernen. Wie gehe ich mit Schwindel/Schmerzen nach Treffern um? Was vergeht rasch wieder und wann wird's wirklich kritisch? Sprich: Beurteilung "In welchem Zustand bin ich (noch)?"

    Im normalen Leben bewegt man sich nicht in diesem "Grenzbereich" und die Erfahrung für das "ausloten" seiner körperlichen Grenzen in diesem Bereich fehlt logischerweise komplett.


    Dazu kommt, dass ein Angreifer oft mit einer Waffe/Messer bewaffnet und/oder in der überzahl ist. Sich also eines gewissen Vorteils sicher ist, sonst würde er meist kaum angreifen (Alkohol/Drogenvernebelte mal ausgenommen).

  • Was ich zu bedenken geben möchte, derartige Angreifer sind keine Helden. In Wirklichkeit sind sie Feiglinge und weil sie keine Helden sind, sondern Feiglinge suchen sie sich auch keine Gegner zum Kämpfen aus, sondern Opfer. Das passiert in der ersten Phase des Kampfes, der visuellen Phase.

    Hier geht es um Körpersprache. Anhand von Blick, Körperhaltung und Gestik entscheidet der Agressor ob er einen Gegner oder ein Opfer vor sich hat.


    Die meisten von uns bemerken diese Phase oft nicht mal, in der der Agressor einen taxiert. Stichwort, Aufmerksamkeit! Weg mit dem Handy in der Öffentlichkeit! Genau hier greift auch der erste Aspekt einer guten Selbstverteidigung. Man wird durch das Training selbstsicher und Haltung und Ausstrahlung ändert sich. Egal ob man in einem tatsächlichen Kampf gewonnen hätte, durch das veränderte Auftreten kommt es erst gar nicht zum Kampf.

    Feiglinge wollen keine Gegner, sie wollen Opfer.


    Als nächstes kommt die verbale Phase. Der Agressor spricht sein Opfer an. Er versucht zu provozieren, auszuloten wie sein Opfer reagiert. Reagiert es selbstbewusst, deeskalierend oderIst es ängstlich und vermeidend? Der Unterschied zwischen deeskalierend und vermeidend ist wichtig. Ersteres überträgt die Botschaft, "Lass es gut sein, ich bin nicht dein Feind aber wenn du hier weitermachst, wird das für dich nicht einfach", zweiteres überträgt die Botschaft, "Lass mich in Ruhe ich habe Angst vor dir und kann mich nicht wehren. Du hast leichtes Spiel".

    Wichtig ist, keinesfalls mit Aggression zu reagieren. Aggression wird von solchen Typen gerne als Ausdruck für Angst und Schwäche gewertet und hat auch keinesfalls eine deeskalierende Wirkung.


    Jetzt ist auch ein guter Zeitpunkt um zu eintscheiden worum es geht. Gehts nur um verletzten Stolz? Gehts nur um mich oder gehts um meine Frau/Familie? Gehts um Geld? Muss ich kämpfen?


    Funktioniert deeskalieren nicht folgt meist Schubsen und Anfassen und genau hier beginnt der physische Kampf. Wenn man hier noch nicht entschieden hat zu flüchten, dann ist jetzt der Zeitpunkt dem Aggressor zuvorzukommen. Denn sein Anfassen und Schubsen ist nur noch eine Vorbereitung auf den eigentlich Angriff. Nebenbei gesagt, auch Schubsen ist vor dem Gesetz ein notwehrfähiger Angriff, denn ich kann dabei stürzen und mir das Genick brechen.

    Ob man nun voll in den Genger reingeht oder ihn nur wegschubst ist natürlich wieder situationsabhängig. Ist es ein Betrunkener, werde ich anders reagieren als bei einem agressiven nüchternen Gegner. Standardrezept gibts leider keines.


    Eines möchte ich noch sagen, denn aufgrund voriger Posts in diesem Thread könnte der Eindruck entstehen, es hat eh keinen Sinn, sich zu wehren, weil der Agressor sowieso viel stärker, größer und besser ist. DAS IST BULLSHIT!


    Die meisten Feiglinge können nichts, ausser mit wilden Schwingern auf dich zuspringen. Ja, wenn dich sowas trifft, dann liegst aber nicht jeder dieser Geigen ist erfahrener MMA Kämpfer. Das wollte ich hier abschließend nochmal betonen!


    Also, lernt euch zu verteidigen! Vergesst 1, 2, 3-Wochenkurse. Das bringt nichts. Meldet euch in einer Kampfkunstschule an und trainiert und macht Sparring. Anders gehts nicht.


    LG: Nudnik

  • Nudnik

    Volle Zustimmung. Genau so ist es. :thumbs_up:

    (Bis auf den kleinen Punkt "Vergesst 1, 2, 3-Wochenkurse. Das bringt nichts.", denn auch die bringen was.)

    __________________________________________________________________


    Jede Art der Vorbereitung ist besser als gar keine.

    Und wenn es nur ist zu üben laut zu sein, also wirklich laut und "nein" zu sagen und es auch wirklich so zu meinen. Man glaubt es kaum, aber das können viele einfach nicht. Es wurde ihnen schlicht immer untersagt. Die versteinern und gucken nur noch wenn es unangenehm wird.


    Ansonsten solange es geht deeskalieren, aber wenn das nichts hilft, spätestens wenn der andere körperlich aufdringlich wird, ist der Spaß für mich definitiv vorbei. Wo die eigene Grenze ist muss jedoch jeder für sich entscheiden.

    Solche Grenzen hängen dann nicht zuletzt von der eigenen mentalen wie körperlichen Fitness, sowie von einigen anderen persönlichen Merkmalen (z.B. Geschlecht, Größe, Gewicht, äußerliches Erscheinungsbild, Erfahrung, ...) ab.

    Mein Partner mit entsprechender Erscheinung kann z.B. viel länger ruhig bleiben als ich als eher zierliche Frau. Da nimmt sich mancher Typ auch mal mehr raus, einfach weil er nicht abschätzen kann was da auf ihn wartet, wenn er noch diesen einen Schritt weiter geht.


    Dazu gibt es auch noch eine kleine Anekdote:

    Wir waren auf einem Konzert, ganz vorne und mitten im Gedränge. Mein Freund ging etwas zu trinken holen, ich stand da also einige Zeit alleine und irgendein Typ hinter mir meinte plötzlich mir dauernd äußerst schmerzhaft in die Hacken treten zu müssen. Ich stellte ihn zur Rede und es kam zu einem heftigen Streit doch plötzlich wurde der Typ ganz ruhig, schaute über meine Schulter, entschuldigte sich bei jemandem hinter mir und suchte das Weite.

    Ich dreh mich um und sehe meinen Freund mit zwei vollen Bechern in den Händen leicht verwirrt aus der Wäsche schauen. Den fremden Typen haben wir den Rest des Abends nicht mehr gesehen.

    Einmal editiert, zuletzt von Lilly ()

  • Sehr gut beschrieben, auch der Rest vom Post!:thumbs_up::thumbs_up::thumbs_up:



    Gruß Frank

  • Bezüglich Angreifer legen sich lieber mit Opfern als mit Gegnern an eine sehr alte Geschichte, persönlich erlebt:

    Zu einer Zeit, als zumindest gefühlt der Großteil der Ausländer noch aus Türken bestand und als ich erst kurz (2-3 Jahre??) mit Judo angefangen habe, gab es neben unserer Schule einen Hof, der von Halbstarken besiedelt wurde. Da durch geht man normalerweise nur in Gruppen. Ich irgendwie ganz vergeistigt laufe mal leichtsinnigerweise alleine da durch, und werde, weil ich für mein Alter sehr sehr klein war, auch prompt angemacht. Der eine will mich schubsen, ich bleibe stabil stehen und sage sowas wie "Hey, ich will keinen Ärger". Die Haltung der beiden hat sich sehr auffällig schlagartig geändert, dass ich erst mal verblüfft war, dass sie ganz ohne weiteres abgezogen sind und mich durchgelassen haben. Es waren zwei Stück, und sie waren deutlich größer.


    Ich glaube, das muss man selber mal erlebt haben, erklären und nachfühlen kann man so eine Situation nur sehr bedingt.


    Weil Angreifer aber oft nicht die Hellsten sind, und deshalb vielleicht auch mal jemanden anmachen, der zu groß für sie ist, sollte man sich vielleicht irgendwas unter dem Level "in die Fresse geben" als Handlungsalternative auf Lager legen.

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Da ich leider auch nicht mit einem respekteinflößenden Erscheinungsbild gesegnet bin (1,77, 65 kg, Brillenträger, trainiert aber drahtig), sehe ich solche Situationen immer als schwierig an. Ich habe in grauer Vorzeit 10 Jahre Kampfsport gemacht, aber dann eben in der Richtung gar nichts mehr. Ich hatte in meinem Leben noch nie eine ernsthafte körperliche Auseinandersetzung, auch wenn ich noch mit vielen Rauferein aufgewachsen bin - nicht wie heute in Knallfolie eingewickelt.


    Deshalb vermeide ich, sofern möglich, Konfliktsituationen. Sollte ich jedoch körperlich angegriffen werden, würde ich eine Flucht dem Kampf jederzeit vorziehen (ich kann definitiv schneller laufen als die meisten), außer es gilt nicht nur mich sondern meine Familie zu beschützen. In diesem Fall bin ich (in der grauen Theorie) bereit, ohne Hemmungen jedwedes notwendiges Register zu ziehen. Viele Bewegungsabläufe habe ich immer noch intus und die kommen tatsächlich automatisch. Ob das genügen würde... ich hoffe, ich werde es nie erfahren.

    - Wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage -

    Bertold Brecht

    Einmal editiert, zuletzt von PapaHotel ()

  • Hi Nudnik,


    gutes Statemen von Dir deshalb ein :thumbs_up: sehen ja auch viele Andere hier so und hier kommt jetzt mein Aber:

    Also, lernt euch zu verteidigen! Vergesst 1, 2, 3-Wochenkurse. Das bringt nichts.

    ...hier irrst du gewaltig und das sage ich mit der Erfahrung von unzähligen Verteidigungskursen damals bei uns im Dojo!


    Die hier erlernten Praktiken hatten bei uns drei primäre Ziele - zwei davon ausgelegt für eine wirkliche unabwendbare Notsituation:

    a. sich erst gar nicht Angreifen lassen bzw. keine Opferrolle einzunehmen!

    b. sich bei ausgeführtem festhalten/umklammern des Angreifers zu befreien!

    c. sich ein Zeitfenster und einen Vorteil für die immer priorisierte Flucht zu verschaffen!


    Hier nur mal drei Bespiele dazu, die keine Kampfsportausbildung benötigen und natürlich in WE-Kurse zu erlernen/trainieren möglich sind:

    a. Selbstbewusste Körperhaltung einzuüben, wirklich mal so richtig laut und bestimmt NEIN sagen/schreien zu trainieren!

    b. Ein Fersentritt wirklich hart durchgezogen auf die Fußzehen beim festhalten/umklammern von hinten mit z.B. Arme nach Unten/Seite zu reisen!

    c. Ansatzlos/unerwartet mit flachen Händen auf beide Ohren schlagen oder ein harter durchgezogener Tritt aufs Scheinbein/Kniegelenk!


    Klar ist es, wie Du ja auch gut geschrieben hast besser ne Kampfkunst zu erlernen und regelmäßig zu trainieren und ich rede hier vom "normalen" Angreifer und JA, die meisten dieser Aggressoren zu wohl 90% sind Feiglinge und wollen ein gefügiges Opfer. Nimmst du ihnen das von ihnen gedachte Machtgefühl, bist du mit hoher Wahrscheinlichkeit sowie Flucht in Sicherheit und sowas auch in einem WE-Kurs zu erlernen ist immer eine sinnvollere Möglichkeit als sich "nur" mit irgendetwas zu bewaffnen!


    Übrigens kommt der/die Eine dabei auch auf den Geschmack, verliert die zumeist bestehenden Hemmungen beim kennenlernen eines Dojo und den Leuten dort um sich dann eine neue sportliche Welt zu erschließen und "wola... wie bei uns!" ein paar Jahre später Hessenmeisterin im Taekwondo zu sein...

    "Normatilät tsi legidilch enie statsiticshe Häunufg mögilhcer Wahcsrheinlicheikten!"

    Meine wichtigsten Ressourcen sind Zuversicht, mein Wissen, Ideen, handwerkliches Geschick und die verknüpfte Improvisation davon!

    Sicherheit ist relativ und erfordert der alltäglichen Anwendung meiner intelligenten Beurteilung selbiger!

    Gruß derSchü

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    Einmal editiert, zuletzt von derSchü () aus folgendem Grund: verheerender Schreibfehler gemacht

  • Ich hatte in meinem Leben noch nie eine ernsthafte körperliche Auseinandersetzung

    Das bringt es doch auf den Punkt. Unser (Über) Leben erfordert es nicht mehr, auf physischer Ebene zu "argumentieren".


    Wir müssen uns ja nicht mal mehr um die Frauen schlagen. Die finden das mittlerweile nicht mehr total süß sondern total blöd.

    I feel a disturbance in the force...