Die Kehrseite der Medaille bei einer großflächigen Problemlage

  • Ich sehe das alles nicht so positiv.

    Es geht erst los.

    Wir stehen am Beginn einer weltweiten Gesundheits- UND Versorgungs- UND Finanznotlage.

    Bleiben wir nur bei der Versorgung und nur bei Behörden und Organisationen der Kritischen Infrastruktur:

    Ein überwältigender Teil der technischen Ausstattung ist "Made in China". Der Versorgungsstrom ist abgerissen. Selbst wenn einige Geräte alternativ beschafft werden könnten, wird z. B. irgendwann eine sich als wichtig herausstellende Dichtung nicht mehr verfügbar sein. Bei den bisherigen problemlosen Erfahrungen und der jetzigen neuen Lage ist für diesen "Kleinkram" nur wenig Bewusstsein vorhanden.

    Der Gedankengang vieler Entscheider, die es eigentlich besser wissen müssten, ist immer noch "Strom kommt aus der Steckdose und Ersatzteile aus dem Baumarkt".

    Nur wer sich ändert, bleibt sich treu.

  • Wir stehen am Beginn einer weltweiten Gesundheits- UND Versorgungs- UND Finanznotlage.

    Zur Versorgungnotlage: das wird zu einer teilweisen "De-Globalisierung" führen, was per se nicht schlecht ist.

    So wie Trumps Gebaren (Einfuhrzölle, Zoff mit China) tatsächlich dazu geführt hat, dass z.B. Autozulieferer und Elektronikhersteller ihre Produktionsstandorte in die USA oder nach Mexiko ("das China der USA") verlagert haben und noch verlagern.

    Wir brauchen nicht jedes Jahr ein neues Handy oder Tablet. Ich wurde bislang für mein "altes" Samsung Xcove3 belächelt. Es tut aber immer noch seinen Dienst. Wir brauchen auch nicht permanent neue IKEA-Möbel oder 3x im Jahr neue Schuhe.


    Was wir brauchen, sind Medikamente, da ist Indien kritisch (z.T. jetzt schon Lieferstopp) und Mikrochips (da hat EU-Europa mittlerweile noch 6% Marktanteil). Wobei die Chips bislang nur zum Teil aus China kommen, eher aus Taiwan, Südkorea, Malaysia und USA.


    Was mittelfristig passieren könnte (wenn man mal von 2 Jahren COVID-19-Pandemie ausgeht), ist ein Rückgang der Agrarproduktion in Europa, wegen Personalausfällen und damit ein Rückgang der Exporte von Lebensmitteln, was andere Länder (u.a. China - Milchprodukte) in Schwierigkeiten bringen könnte.


    Die Gesundheitsnotlage können Länder wie D/A/CH vermutlich noch am ehesten bewältigen. Wir brauchen Covid-19-Testzentren (werden momentan eingerichtet, teilweise als "Corona Drive-In" wie in Marburg), wir brauchen einen Bringservice für die Versorgung zuhause isolierter Verdachtsfälle (haben wir: Pizzadienste, Paketdienste, Lebensmittel-Online-Händler etc.), wir brauchen "COVID-19-Sanatorien" für die schwerer Erkrankten (kriegen wir hin: Experten beklagen schon lange, D hätte viel zu viele Kliniken, was die Behandlungsqualität senkt und die Kosten treibt. Bevor man die unnötigen Häuser dichtmacht, könnte man sie als spezialisierte Corona-Hospitäler nun noch mal die nächste Zeit weiterbetreiben.). Medizinischer Sauerstoff kommt von Messer Griesheim oder Linde und Beatmungsgeräte von Dräger/Siemens, Philips oder vielen anderen Unternehmen bei uns. Und bei der Impfstoff-Erforschung und -Entwicklung ist Europa auch ganz gut dabei, teilweise führend. (u.a. Uni Marburg, CureVac, Sanofi)


    Die Finanznotlage sehe ich in erster Linie bei den Börsen (vgl. 2008/2009). Und bei allen, die auf ETFs als Vermögensbildung spekuliert haben. Die Indizes sind überall flott nach unten unterwegs. Und bei Unternehmen, die von den Einschränkungen bei Grossveranstaltungen und beim internationalen Reiseverkehr betroffen sind (Airlines, Messeveranstalter und -ausrüster). Und bei den Firmen, die mit wenig Eigenkapital, hohen Finanzierungskosten und großem Exportanteil aufgestellt sind.


    Grüsse

    Tom

    Einmal editiert, zuletzt von tomduly ()

  • Was mittelfristig passieren könnte (wenn man mal von 2 Jahren COVID-19-Pandemie ausgeht), ist ein Rückgang der Agrarproduktion in Europa, wegen Personalausfällen und damit ein Rückgang der Exporte von Lebensmitteln, was andere Länder (u.a. China - Milchprodukte) in Schwierigkeiten bringen könnte.

    Die einschätzung erschließt sich mir nicht ganz. Warum sollte ausgerechnet die Landwirtschaft besonders betroffen sein? Da würde ich erst mal, rein von der Warte der Personalausfälle her, sämtlche Dienstleistungsbranchen als besonders betroffen sehen, weil die besonders personalintensiv sind.

  • Mich würde schon mal interessieren was der große Pandemieplan hierzulande sein soll. Schutzausrüstung vorhalten ist es schon mal nicht, Zuständigkeiten klären auch nicht, unkomplizierte Verfahren bei Tests auch nicht. Stattdessen wochenlange Diskussionen wer nun wie abrechnet.


    Zum Glück ist der aktuelle Virus bisher nur ein besseres Übungsvirus, nichts wovor die meisten Angst haben (sollen).


    Glück ist halt nicht Vorbereitung. Wär Corona was übleres stünden wir mit herunter gelassenen Hosen da.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Die einschätzung erschließt sich mir nicht ganz. Warum sollte ausgerechnet die Landwirtschaft besonders betroffen sein? Da würde ich erst mal, rein von der Warte der Personalausfälle her, sämtlche Dienstleistungsbranchen als besonders betroffen sehen, weil die besonders personalintensiv sind.

    Ich seh' das umgekehrt. Landwirtschaft ist bei uns hochtechnisiert und rationalisiert, aber nicht vollautomatisiert. Pro Vollerwerbsbauernhof arbeiten heute nur noch zwei drei Leute Vollzeit. Fallen die aus, steht der Betrieb komplett, sofern man keine Betriebshelfer organisieren kann. Ein Freund von uns ist selbständiger Lohndrescher mit einem modernen großen Mähdrescher. In der Ernteperiode fährt er von Süd nach Nord dem Reifegrad des Getreides nach durch Deutschland. Moderne Drescher schaffen über 600t Ernteleistung in einer 8h-Schicht. Wenn er 6 Wochen mit durchschnittlich 6 Tagen und 2 Schichten/Tag drischt, dann sind das über 40.000t. Fallen nur 25 solcher Lohndrescher-Teams, also 50 Mann, aus, dann entspricht das 1 Mio. t Getreide, die nicht planmäßig geerntet werden kann (in D betrug 2019 die Getreideernte 23 Mio. t). Die Personaldecke in der Landwirtschaft ist vergleichsweise dünn.


    Wenn dagegen beim Paketdienst Hermes mit 14.000 Fahrern gleichzeitig 1.000 ausfallen, dann bricht der Betrieb nicht völlig zusammen, sondern es reicht (rechnerisch), wenn die verbliebenen 13.000 Fahrer 8% mehr arbeiten, um den Ausfall auszugleichen.

  • Mich würde schon mal interessieren was der große Pandemieplan hierzulande sein soll. Schutzausrüstung vorhalten ist es schon mal nicht, Zuständigkeiten klären auch nicht, unkomplizierte Verfahren bei Tests auch nicht. Stattdessen wochenlange Diskussionen wer nun wie abrechnet.


    Zum Glück ist der aktuelle Virus bisher nur ein besseres Übungsvirus, nichts wovor die meisten Angst haben (sollen).


    Glück ist halt nicht Vorbereitung. Wär Corona was übleres stünden wir mit herunter gelassenen Hosen da.

    Was denkst du jetzt über die Aussage?

  • So, zwei Wochen sind nun seit meinem initialen Betrag für diesen Thread vergangen. Einiges sehe ich nun anders, ein paar Sachen sehe ich aber weiter kritisch...

    - Der Föderalismus in Deutschland macht ein (einheitliches) handeln sehr schwer. Um alles auf Linie zu bringen vergeht eine Woche in der schon hätte gehandelt werden könnte.

    - Die Bevölkerung hat Probleme etwas zu akzeptieren, was man noch nicht im Alltag bemerken kann. Es wird sich weiterhin die Hand gegeben und trotz der nun stattfindenden Schließung von Läden ist bei den verbleibenden Menschen im Kundenservice keinerlei Bewusstsein über die Wirkungsweise von Übertragungswege zu beobachten.

    - Die kleinen Leute (Freelancer, Niedriglöhner, Geringverdiener mit Zeitverträgen, Inhaber kleiner Läden, usw ...) bekommen erhebliche Geldprobleme und eine schnelle/einfach und wirksame Lösung ist (noch) nicht in Sicht.

    - Es wird viel zu viel von "Wirtschaft" geredet. Die ist durch eine globale Pandemie sowieso im Eimer. Also plant man viel Geld in die nationalen Firmen zu stecken, um Insolvenzen und die damit eintretenden Massenentlassungen zu verhindern.

    - In Deutschland tut man sich sehr schwer klare Ansagen zu machen die die Zukunft betreffen. Die gestern verkündeten Schließungen der Läden wird nicht nur zwei Wochen dauern, wie die meisten Leute heute noch glauben. Einige Sachen werden nicht klar gesagt und wir werden im dunkeln tappen gelassen. (Bei vielen ist das aber auch gut so, siehe später Angststörungen und Übersprungshandlungen.)


    Dinge die ich gelernt habe:

    - Es zieht immer noch niemand eine Maske im Alltag an. Ein deutlicher Unterschied zu den asiatischen Ländern.

    - Bei einer Pandemie braucht man nirgendwo hin fahren. Jedes Land ist betroffen, überall wird es dich erreichen. Selbst wenn man sich komplett von der Außenwelt abschotten kann, wird es einen erreichen, wenn man wieder in die Gesellschaft zurückkehrt.

    - Ich habe meine Speisekammer und meine Vorräte wirklich zu schätzen gelernt. Es erspart einem Stress und schlaflose Nächte. Keine "was wäre wenn"-Gedanken die einem wach halten. Egal was passiert, man hat es erstmal und kann bei allen anderen Produkten in ruhe abwarten, wann es sie wieder mal gibt.

    - Hinsichtlich Vorsorge: Die Menschen sind schrecklich unvorbereitet! Nicht nur können sie nicht sinnvoll Vorräte lagern, sie können noch nicht mal kochen und einen Haushalt führen/planen. Das Problem beginnt also schon bei den Grundlagen. Wurde ihnen nie beigebracht, jetzt ist es zu spät! Die Leute wurden von Kantinen und dem Pizzaservice versorgt.

    - Soziale Fürsorge: Das die Jungen die Alten schützen können und sollen ist erschreckend wenig im Verhalten der Leute wiederzufinden. Ich hätte gedacht es würde mehr Fürsorge in der Gesellschaft enthalten sein. Vielleicht müssen die Umstände noch schlimmer werden und die Auswirkungen müssen klar sichtbar werden, um dieses Verhalten zu wecken. Wir werden sehen ...

    - Fake News regen mich auf. Anscheinend versuchen diverse Spinner ihre Ansichten nun zu verbreiten um irgendwas zu erreichen. Diese schwachsinnigen Tipps bringen gutgläubige Menschen in Gefahr und rauben den anderen Leuten Zeit und Geduld die anderswo nötig ist.

    - Bei vielen Menschen liegen die Nerven blank und Angststörungen treten auf. Auch Übersprunghandlungen werden mehr. Die Gefahr des Virus tritt auf einem Supermarktparkplatz in den Hintergrund.

    - Die Leute beschäftigen sich zu wenig mit Dingen die Freude machen und ihre Gedanken auf andere Gedanken bringen. Das ist wichtig für die geistige Gesundheit. Ab einem gewissen Punkt muss man sagen "Ich habe alles getan" und sich nicht ständig weiter zermartern.

    - Die Vorsorge sieht im Vorfeld immer übertrieben aus, im Nachhinein erscheint sie einem aber als unzureichend. Das gilt für die eigenen Vorräte als auch das Handeln der Regierung gerade. Obwohl sie meiner Meinung nach früher hätte handeln können, insbesondere für die kritischen Materialien für den Gesundheitsbereich. Das hätte schon im Hintergrund passieren können, ohne die Bevölkerung zu beunruhigen. Dann hätte man sich auch schon besser vorbereiten können, was die Einschränkungen des öffentlichen Lebens und andere Dinge betrifft. So hätte man auch schon Hilfen für die unteren Einkommensschichten bereitlegen können. Aber unsere Regierung handelt nicht pro-aktiv. Das ist nun klar geworden.


    Nachtrag: Trotz allem macht unsere Regierung eine besseren Job als ich es so manchem unserer Politiker zugetraut habe. Ich findes es zwar lustig wie man nun auf die Wissenschaft hören soll und muss, wo genau dies beim Klima und der Umweltverschmutzung nicht möglich war. Aber ... geschenkt.


    Bleibt Gesund!

    Einmal editiert, zuletzt von UweW ()

  • Vor ein paar Tagen hatte sich einer ( weiß wirklich nicht mehr, es lief im Radio ) aus der Deckung gewagt, mit dem Vorschlag, daß die arbeitslosen Gastronomen u.ä. doch als Erntehelfer tätig werden können ( denn aus dem Ausland wird wohl keiner mehr anreisen können/wollen ). Habe seitdem aber nichts mehr davon gehört, die Idee kam wohl zu früh und wurde wieder weggesperrt. Derzeit glauben noch alle an Ausgleichszahlungen usw. Der große Umbruch kommt erst, wenn das Wertesystem der Gesellschaft sich komplett verschiebt. Man kann Geld nunmal nicht essen (jedenfalls nicht ausreichend lange) und Zahlen (Kontostände) auf Bank-Computern erst recht nicht. Es wird sich dann erweisen, welche Berufsgruppen dann wirklich als notwendig betrachtet werden und welche dann eher nicht gebraucht werden, die bis vor kurzem noch als Überflieger galten. Daß die unteren Einkommensschichten die Hauptlast tragen werden müssen wird sich wohl kaum ändern. Die wenigen historischen Fälle, wo das mal anders war, wären wohl alle grundgesetzwidrig, können also legal nicht diskutiert werden. Mal schauen inwieweit sich der Virus an geltende Gesetze hält. Hope for the best, prepare for the worst.


    Proaktive Vorbereitung kostet Geld d.h. Rendite. Ist mit dem derzeitigen Wirtschaftssystem nicht kompatibel , jede Organisation die "unnötig" Geld / Resourcen für Vorsorge abzweigt wird vom Wettbewerb bis zur Vernichtung ( kann auch Aquisition heißen ) abgestraft. Insofern spielen alle, die keine Vorsorge betreiben nur entsprechend den geltenden Spielregeln. Dafür kann man keinen Mitspieler verurteilen. Sind eben möglicherweise blöde Regeln, nicht blöde Spieler.

    Einmal editiert, zuletzt von Solarfuzzi () aus folgendem Grund: Nachtrag nach Kontrolllesen.