Tschernobyl und COVID-19

  • nun auch ich weiß noch sehr genau wo ich an diesem Tag war. Beim Bundesheer auf einer Feldübung südlich von Wien. Wir haben erst, nach dem einrücken in die Kaserne, 2 Tage nach den ersten Meldungen davon erfahren. Allerdings gabes entgegen der Vorbesprechung des Übungs-Szenarios einen großen ABC Teil.
    Und dann halt ewig kein frisches Gemüse.
    In Summe fand ich es damals aber weniger gefährdend als die jetzige Situation.
    Die von Ben angeführten Punkte stimmen allerdings überein.

    Gsund bleiben

    Keep clam and chive on

  • zuerst meinte man das da was in einem schwedischen kkw sei - das war aber schnell geklärt - irgendwo musste die Radioaktivität ja herkommen - Russland war schnell im verdacht, doch es gab keine "News"


    so wurden wir damals informiert: https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video890070.html :smiling_face_with_sunglasses:


    in den darauf folgenden Wochen wurde der Wochenmarkt immer wieder mit dem Geigerzähler geprüft - alles immer gut abwaschen :) war die devise und gut :kissing_face:


    im Sommer war es schnell wieder aus den Augen: Eisdiele + Moped fahren war wichtiger - so wars halt damals

    Du kannst die Zukunft verändern mit dem was du heute tust. :face_with_open_mouth:
    - aus Oberfranken in DE -

  • Moin @ll,


    hier meldet sich mal ein weiterer „alter Sack“ ...


    Wenn sich angesichts der aktuellen Situation auch nur ein einziger über die mangelhafte Datenlage echauffiert, dem sei mal der Vergleich angeboten:


    Zum ersten kamen aus der UDSSR keine Infos! Und ich meine gar keine ... erst als es sich überhaupt nicht mehr vertuschen ließ, tröpfelten nach und nach die ersten Daten.

    Zum zweiten gab es noch kein allgemein verfügbares Internet. Mithin war ein Austausch deutlich schwieriger ...

    Zum dritten gab es nur sehr wenige geeignete Messstellen und die gewonnenen Daten waten Verschlusssache, da kam nicht mal jeder Krisenstab dran. Wir waren bei einem großen Sanitätsdienst (Rhein in Flammen, Bonn) und es begann zu regnen. Gleichzeitig wurde bekannt, dass sich Radioaktivität in der Luft befand, eine Prognose war nicht möglich, das gaben seinerzeit die Modelle mit den verfügbaren Messwerten noch nicht her. Um eine Panik (der Gau war mittlerweile durch die Presse qualitativ erfasst aber quantitativ noch nicht greifbar) zu vermeiden, wurden wir Einsatzkräfte nur spärlich informiert, die Öffentlichkeit erst mit der Morgenpresse. Man ließ alle sprichwörtlich im Regen stehen!

    Nach Einsatzende wurden wir zwecks weiterer Entscheidungen auf unseren Wachen festgehalten. Nach ca. Ein bis eineinhalb Stunden wurden wir ohne weitere Empfehlungen nach Hause entlassen (ich habe erst mal geduscht, nicht dass es uns jemand empfohlen hätte oder gar eine Dekon aufgebaut wurde) ...

    Erst ein den folgenden Tagen kamen dann die Empfehlungen bezüglich Lebensmittel, Verbot des Pilze Sammelns etc.

    Der genannte Herr Zimmermann hat übrigens später tatsächlich von dem eingelagerten und wg. Entsorgung gesperrten Milchpulver vor laufender Kamera im Rahmen einer PK gespeist. Ich vermute, er war schon vorher verstrahlt!


    Mein Fazit:

    Auch wenn ich eher ein besonnener Typ bin, hat es mich damals (ich war als stv. ZF auch für meine Leute verantwortlich) schon tierisch genervt, dass die Informationslage zwischen besch*** beschwichtigend gehalten wurde.


    Ich bin froh, dass wir heute nicht nur über mehr Informationsquellen verfügen, die auch staatliche Stellen dazu bewegen, mal früher die „Hosen runter“ zu lassen, sondern dass auch (international) mehr Daten erhoben und veröffentlicht werden. Ein Messnetz wie heute öffentlich zugänglich ist eine Folge von Tschernobyl!


    Be prepared!


    ksbulli

    Hier wird das Licht von Hand gemacht ... und der Motor gehört nach hinten!

    Einmal editiert, zuletzt von ksbulli () aus folgendem Grund: Tippfehlerteufel erschlagen ...

  • Ich habe damals im Regen gespielt, obwohl unsere Oberen wussten was da runter kam. Ein Lehrer meiner Schule erzählte, er habe sich dann mal von einem Schüler "Dachrinnendreck" mitbringen lassen. Im Physik Labor gemessen ergaben sich wesentlich höhere Werte als für die Versuchsproben, die in der Schule im Stahlschrank aufbewahrt werden mussten... So manche Wildsau in der Gegend soll auch heute noch ein leichtes Ziel sein, leuchtet quasi in der Nacht.

    Weiß jetzt nicht ob das stimmt, aber zu den vergangenen recht trockenen Sommern wurde verbreitet, dass die Pilze zeug aus tieferen Schichten holen und damit tief in den Boden geschwemmtes Cäsium wieder nach oben kommt.

  • Zur Zeit von Tschernobyl war ich mit meiner Frau auf der anderen Seite des Atlantiks in der Natur unterwegs.

    Dadurch haben wir sozusagen alles "verpennt"! Mobiltelefon hatten wir nicht und auch kein Radio.


    Kurz vor der Rückfahrt nach Deutschland hat uns eine Rangerin über das "Unglück" informiert.

    Als wir zurück waren, war schon fast alles wieder normal. Wildschwein und Waldpilze sollten nicht gegessen werden.


    Für mich ist Corona schon eine andere Nummer. Zeitlich ist es auch sehr unterschiedlich zu Tschernobyl.

    Die Informationen sind heute sicherlich nicht besser!


    Gruß

    Sobi

  • Ich war damals gerade in meinem 10.ten Lebensjahr, und durfte von jetzt auf gleich (Eltern hatten am Vorabend die Tagesschau gesehen) nicht mehr in den Garten - und draussen war Frühling mit bestem Spielwetter, der Himmel normal blau, das Gras ganz normal saftig grün :loudly_crying_face:

    Der Sandkasten wurde abgesperrt, die Schaukel abgebaut, das gerade spriesende Gartengemüse wurde in unserem und Omas Garten um- und untergegraben.

    Meine Mutter hat bei Vater einen Vorratskeller "beantragt", die Regale unter der Kellertreppe füllten sich dann auch recht schnell - das gab schimpfe, weil ichs nur frei Schnauze reingestellt habe, und Muttern alles nochmal neu sortieren musste :grinning_face_with_smiling_eyes:

    Und wehe, draussen hats geregnet... da wars dann - trotz eines Einheitenpreises von (glaub ich) 20 Pfennig für ein Ortsgespräch - plötzlich völlig ok, wenn wir Kinder miteinander telefonierten anstatt wie sonst im Regen zu den Freunden loszumarschieren...


    Im Laufe des Frühlings hat meine Mutter viele Telefonate mit (vermeintlich) informativen Stellen bezüglich der Strahlung geführt und mich zu vielen, vielen Ärzten geschleppt. Später dann wurde noch einer bestellt, der mit einem Geigerzähler das Grundstück abging und den Garten, insbesondere die Flecken an denen meine Freunde und ich hauptsächlich spielten, gemessen hat.


    Im Sommer wars durch und alles wieder völlig normal.


    Viele der Vorräte von 1986 durfte ich dann nach dem Tod meiner Mutter 2008 entsorgen - nie rotiert worden und daher jahrzehntelang abgelaufen. DAS war nach dem Tod meiner Großmutter ein paar Jahre vorher nicht so - da hab ich beim ausräumen vielleicht 3 abgelaufene Sachen in der kompletten Speis gefunden, weil die Rotation funktionierte.

    BY/DE

    Si vis pacem, para bellum.

  • trotz eines Einheitenpreises von (glaub ich) 20 Pfennig für ein Ortsgespräch

    Das weckt gerade krasse Kindheitserinnerungen in mir... 20 Pfennig für ein Ortsgespräch...

    gab es nicht auch zu irgendeiner Uhrzeit den 8-Pfennig-Tarif? Ich höre noch das Geschrei

    meiner Omma im Ohr: "TELEFONIEREN kooostett GEEEEELDDD!!!" :grinning_squinting_face:


    Edith: Oder waren das 8 Minuten für 20 Pfennige...? Ich weiß es nicht mehr. :)

  • Mein Vater hat damals recht schnell ein Telefon mit eingebautem Einheitenzähler besorgt :grinning_face_with_smiling_eyes:


    Puh, 8 Pfennig warens (glaub ich) dann nach 8 oder sogar 10 Abends...


    Edit Duke

    Ne, irgendwann hat die "Deutsche Bundespost" die vorher unbegrenzte Zeit für eine Einheit im Ortsgespräch auf eine bestimmte Minutenanzahl verkürzt.


    Habs jetzt gegockelt, ab 1990 galt dann:

    1 Einheit = 23 Pfennig, Ortgespräch Hauptzeit: 2,9 Pfennig/Minute (1 Einheit = 8 Minuten), Ortgespräch Nebenzeit: 1,9 Pfennig/Minute (1 Einheit = 12 Minuten).

    Ferngespräch ab 100km zur Hauptzeit: 92 Pfennig/Minute, Ferngespräch ab 100km zur Nebenzeit: 35,8 Pfennig/Minute (1 Einheit = 38,57 Sekunden).

    Leider steht da nix, wann die Haupt- und wann die Nebenzeit war.

    BY/DE

    Si vis pacem, para bellum.

    Einmal editiert, zuletzt von Lunatiks ()

  • Zu der Zeit war ich zur FFA abgestellt und kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie die Franzosen über die "Panikmache" der Deutschen gelacht haben.

    Demonstrativ wurden Gepäckmärsche absolviert und nach Dienstschluß viele Aktivitäten im Freien unternommen.

    Wie z.B. Petanque spielen oder Bogenschießen.

    Auch die Kinder der Offiziersfamilien durften im Gegensatz zu denen der Deutschen draußen spielen.

    Es dauerte einige Tage, bevor das Thema ernst genommen wurde.

    Aber es verschwand, wie ihr schon auch geschrieben habt, sehr schnell wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung.

    Schon beim Herbstmanöver war es kein Thema mehr.

  • Tschernobyl war für Westdeutschland keine direkte bedrohung.


    Man muss halt heute und die kommenden Jahrzehnte v.a. in Bayern noch darauf achten was man an Wildschweinen und Pilzen so konsumiert aber das war es für die normale Bevölkerung im Wesentlichen auch schon.


    Wieviele Leute Corona hierzulande umbringen wird, wird die Zukunft zeigen. Das ist ein anderes Kaliber und eine andere Zeit.


    Von daher sehe ich den Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen auch nicht.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Hallo zusammen,


    ich war damals 17, was so ablief wurde oben schon mehrfach geschrieben.


    Ich sehe (auch) überhaupt keine Vergleichbarkeit der Ereignisse:

    Die Stahlungsdosis in Süddeutschland war überschaubar, und es war keine weltweite "Lage".

    Es gab keine direkt entstehende Krankheit, (meines Wissens auch kein über dem statistischen Rauschen liegender Anstieg von Krebserkrankungen etc.), die vor allem auch nicht ansteckend gewesen wäre.

    Alte Menschen waren erst recht nicht betroffen, selbst bei langfristig erhöhten Krebsraten durch erhöhte Strahlung beträfe das eher die Jungen, die viel später Folgeerkrankungen (v.a. Krebs) bekämen, oder deren Nachwuchs eine höhere Rate an Behinderungen hätte (wie in der Umgebung von Tschernobyl).


    Gruß,

    Paddy


    ...der keine Panik hat, aber doch besorgt ist (weniger um sich selbst oder die eigenen Kinder als um die Eltern).