Spät-Bugout oder Flucht nach der Massenflucht

  • Es ist mir klar, dass es in jedem Fall besser ist, zu fliehen, bevor die Brücken unpassierbar und die Straßen verstopft sind, aber manchmal sieht man es halt nicht kommen.

    Oder man glaubt es erst zu spät.


    Allgemein möchte ich überlegen, wie man sich vorbereiten könnte auf eine Flucht *nach* allen anderen.

    Hängt natürlich stark davon ab, ob jetzt ein Kernkraftwerk in 30 Kilometern hoch geht, oder ob "die Russen kommen".


    Wie könnte man sich darauf vorbereiten, sich nach allen anderen durchzuschlagen?


    1. Mit den Kindern "sickern" üben

    2. Gasmasken incl. Filter auf Lager legen (wobei ich seit der Bundeswehrzeit weiß, dass ohne baldige Dekontamination das alles nicht viel nützt)

    3. Räumwerkzeug mitführen, mit dem man zumindest ein Fahrzeug, etwas Geröll oder einen Baum von der Straße bekommt.

    ...?



    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Es kommt darauf an mit was du unterwegs sein willst. In dem Fall der Flucht nach der Massenflucht wird es sehr leer sein, oder zumindest ausgedünnte. Die Strassen werden aber mit allem möglichen verstopft sein, zumindest aber wird ein schnelles weiterkommen unmöglich sein. Wenn du mit dem Auto unterwegs bist, wirst du schon bald dein Auto stehen lassen müssen, denn soviel Gerümpel wirst du gar nicht bewegen können. Hier kommt nur noch ein Fahrrad eventuell mit Anhänger Infrage. Erstens ist es leise. weil es immer wieder leute geben wird die Nachzüglern auflauern werden um ihnen ihr Hab und Gut abzunehmen. Zweitens bist du mit einem Fahrad schneller, weil du nichts wegräumen musst. Drittens kannst du zur Not dein Fahrad schieben oder tragen bis sich die Gelegenheit wieder ergibt weiter zu fahren.

    Es kommt immer auf die Situation an, wie du ja schon bemerkt hast. Bei Atom würde ich nicht mehr weggehen wollen, dafür ist es so wie so zu spät. mach die noch ein paar schöne Tage und dann war es das.

    Sollten fremde Soldaten einrücken, dann erst verstecken und die ersten drei vier Tage abwarten bis die sich beruhigt haben. Dann sehen wie man mit ihnen auskommt. Vorher aber schon einen Fluchtplan schmieden. Sie dir an was passiert ist als die Alliierten 45 in Deutschland ein gerückt sind.

  • Es ist mir klar, dass es in jedem Fall besser ist, zu fliehen, bevor die Brücken unpassierbar und die Straßen verstopft sind, aber manchmal sieht man es halt nicht kommen.

    Oder man glaubt es erst zu spät.

    Das hängt sicherlich davon ab, von welchem Szenario du ausgehst.

    Wenn das Kernkraftwerk in deiner Nachbarschaft einen schwerwiegenden Störfall hat, dann hast du wahrscheinlich eh kaum Alternativen. Ich könnte mir vorstellen, dass spätestens bei der behördlich angeordneten Evakuierung/Räumung des im Vorfeld bereits festgelegten Gefahrenbereichs du keine andere Wahl haben wirst.

    Ebenso, wenn es mehr oder weniger absehbar ist, dass "der Russe kommt" oder das Wasser über die Ufer treten wird. In den letzten zehn, zwanzig Jahren sind in dieser Hinsicht, gerade bei überflutungsgefährdeten Gebieten einigermaßen spaßbefreit und ordnen eine Evakuierung/Räumung eher frühzeitig als zu spät an.


    Ansonsten: Wie stellst du dir eine derartige Flucht mit deiner Familie vor? In einer gewöhnlichen Familienkutsche? Dann wären vielleicht ein Klappspaten oder dergleichen sicher nicht verkehrt. Sandbleche oder dergleichen wären auch noch eine Idee, aber für die meisten wahrscheinlich fürs tägliche Mitschleppen too much. Aber um sie für den Fall der Fälle im Keller einzulagern und vor der Abfahrt noch zusätzlich mit in den Kofferraum zu werfen? Warum nicht?


    "Sickern" üben mit Kindern? Klingt nach meiner Kindheit, wenn ich mit meinen damaligen Schulfreunden durch die Wälder gezogen bin. Könnte mir vorstellen, dass deine Kinder daran Spaß haben werden. Tipp aus der Praxis: Bluejeans und bunte Jacken sehen total zivil aus, man sieht dich in den typischen deutschen Wäldern aber auf keine Ahnung wie vielen hundert Metern... Gedeckte Naturtöne sind da viel hilfreicher. Und wenn man "in der Zivilisation" ist, kann man sich vorher ja noch eine leichte, dünne Faltregenjacke in quietschbunt überziehen, um nicht mehr "suspekt aufzufallen".

    aus Niedersachsen, DE gesendet...


    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit." Marie von Ebner-Eschenbach


    Dorfleben. Entweder du liebst es oder du liebst es nicht. Es gibt kein Versuchen!


    "Dein Rad kann viel mehr, als du ihm zutraust. Das findet schon seinen Weg. Einfach laufen lassen, wenig bremsen, den Flow finden." (ein Freund zu einem Silk Road Mountain Race Teilnehmer)

  • Ich denke der Ablauf und die Möglichkeit zu einer Flucht "nach allen anderen" kommt, wie meine Vorredner so richtig bemerkt haben, ganz auf die vorherrschende Situation an. Und je nach Szenario stehst Du vollkommen unterschiedlichen Problematiken gegenüber:


    Nach einer Naturkatastrophe zu fliehen ist m.E. schon etwas sinnbefreit, da im Normalfall zu dem Zeitpunkt die Hilfen anlaufen. Nach einer Invasion vor wem auch immer zu fliehen ist sicherlich auch die schlechtere Variante und wird möglicherweise bei Weitem schwerer, als sich mit oder vor allen anderen aus dem Staub zu machen. Nach einem Reaktorunfall wäre aus offensichtlichen Gründen auch die schlechtere Entscheidung.


    Zumindest beim kurzen Hirnen stelle ich fest, dass "nach allen anderen" in den meisten Fällen die ungünstigere Variante wäre. Sollte mir die Flucht "vorher" nicht möglich sein gilt es m.E. zuerst die absolute Notwendigkeit einer verspäteten Flucht festzustellen, denn einen Zeitdruck werden wir nicht oder nicht mehr gravierend haben (dazu passt Deine Signatur außerordentlich gut Opa ).


    So auf die Schnelle muss ich sagen, dass ich dann eher von einem INCH-Fall ausgehe, der sich langsam eingeschlichen hat (Totaler wirtschaftlicher Zusammenbruch bspw.). Ob wir dem in Westeuropa einfach davonlaufen könnten, bliebe abzuwarten.

    - Wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage -

    Bertold Brecht

  • Bei einem akut eintretenden Szenario wie Reaktorunfall gib es nur ein "zu spät" und kein "verspätet".

    Da musst du vor der Masse los oder du hast kaum noch eine Chance.


    Bei sich schleichend anbahnenden Szenarien wie ein anschwellender Konflikt fliehen nicht alle gleichzeitig. Da sehe ich auch keine Gefahr, dass ein allfälliges Chaos die Strassen derart verstopfen würde, dass man kaum noch durchkommt.

    Und wenn der Einmarsch beginnt, ist das m.M.n. wieder ein akutes Szenario geworden.


    Bei extrem grossflächigen oder globalen Szenarien wie totaler Wirtschaftszusammenbruch ist in meiner Situation eine Flucht fragwürdig.

    Erstens lebe ich bereits auf dem Land und muss nicht mehr mit meiner Familie aus der Stadt weg.

    Zweitens ist, egal wo ich hingehe, das selbe Problem vorhanden. Da bleibe ich lieber an meinem angestammten Ort mit meinen Beziehungen und versuche so die Krise zu überstehen.

    Heute ein guter Plan ist besser als morgen ein perfekter Plan.

    -George S. Patton-

  • Ansonsten: Wie stellst du dir eine derartige Flucht mit deiner Familie vor?

    Naja, wie beim frühen Bugout auch: Fahrzeug erste Wahl, Fahrrad zweite Wahl, dann zu Fuß.


    Und wie alle anderen hier bin ich mir klar darüber, dass nach der Massenflucht ein schlechter Zeitpunkt ist.

    Aber ich bin mir eben nicht sicher, ob (kurz) danach doch etwas besser sein könnte, als mittendrin.


    Konkret habe ich in 30 km Entfernung ein Atomkraftwerk, lebe auf dem Land und Hochwasser kann bei mir nicht kommen. Hagel, Sturm und Schnee sind hier das einzige. Unwetter geht vorbei, das sitze ich in einem Loch aus. Also bleiben feindliche Soldaten, Plünderer, Unwetter und AKW.


    Und wenn schon alles in Scherben geht, dann denke ich lieber erst mal nach, bevor ich auch kopflos davonrenne.



    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Also zumindest was das AKW angeht würde ich jederzeit eine kopflose (was bei uns eigentlich ausgeschlossen ist, sofern man einen gewissen Grad der Vorbereitung erreicht hat) und vielleicht übereilte Flucht einem "schau mer mal" vorziehen. Die verlorenen Minuten / Stunden gibt Dir nie jemand zurück. Lieber merke ich an meinem SO / bei der Verwandtschaft, dass es doch nur halb so wild war als nachts festzustellen, dass ich ohne Licht zu machen ein Buch lesen kann.

    - Wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage -

    Bertold Brecht

  • Bei jeder Flucht an enen anderen Ort ist man nicht vorne dabei.


    Es gibt immer Leute, die vor einem da sind oder waren.


    Daher ist das nicht der Sonderfall, sondern der Normalfall.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Den richtigen Zeitpunkt für Flucht (bei mir in die BOL am Land) zu finden/nicht zu verpassen, darüber sinniere ich immer wieder einmal.

    Akutsituationen mit behördlich angeordneter Evakuierungen sind eindeutig: BOB und Katzen schnappen, Mutter holen und hoffen, dass man noch durchkommt...

    Die aktuelle Situation hat mir aber gezeigt: Wenn sich etwas wie die Pandemie so schleichend an uns heranpirscht, fällt die Entscheidung nicht so leicht. Ich bin berufstätig, trage für mein Team Verantwortung. Wann genau lasse ich alles stehen und liegen und haue ab?

    Ich glaube also durchaus, dass man den "idealen Zeitpunkt" verpassen kann und sich dann irgendwie durchschlagen muss.

    Das Fahrrad, fast lautlos und relativ schnell und geländegangig, ist eine Option. Wäre eine gute Tagesreise (ca. 160km), die Katzen passen in einen Anhänger oder Rucksack, die Mutter? Schwer gehbehindert....

    Ich müsste es also mit dem Auto schaffen!

  • Bei Katastrophen mit Ansage, hat man immer die Möglichkeit zur frühen Abreise. Man muss halt die Warnzeichen erkennen bzw. Warnmeldungen ernst nehmen. Siehe Wirbelsturm Katrina in New Orleans. Hier hatte man 1-2 Tage Vorlauf, seine sieben Sachen zu packen und zu Verwandten ins Hinterland auszuweichen. Oder auf einen Campingplatz oder in Hotels in sicherer Entfernung. Dito bei Hochwasser-Ereignissen an unseren Flüssen: der Ärger kommt in Zeitlupe.

    Selbst die Reaktorhavarien in Fukushima waren seinerzeit 1-2 Tage vorhersagbar, denn nach dem Tsunami war bekannt, dass die Stromversorgung, die Notkühlung und wesentliche Steuerungssysteme der Kraftwerke ausgefallen waren.


    Bei militärischen Krisenlagen/Unruhen o.ä. ist es nicht einfach, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Möglicherweise ist es am ungefährlichsten (was die Bedrohung durch Waffenträger angeht), mit der großen Meute gemeinsam loszuziehen. Vorzeitig abzureisen, fällt den allermeisten sehr schwer, man will sich nicht eingestehen, wie dramatisch die Lage werden kann (bzw. schon ist). Sind die Flüchtlingstrecks dann aber mal weg, könnte jeder, der noch da ist, als Angehöriger einer der Kriegsparteien eingestuft werden, bei Begegnungen mit Kombattanten dürfte man immer Stress bekommen, egal ob es die "eigenen" oder die der anderen Seite sind.


    Bei einem kurzzeitigen Ereignis (z.B. Erdbeben) würde ich, sofern ich halbwegs heil davongekommen bin, bleiben und mich ans Reparieren und Wiederaufbauen machen.


    Grüsse

    Tom