Artikelreihe zur Zukunft der Landwirtschaft auf heise.de

  • Teil 1:

    Wie kann sich die Weltbevölkerung nachhaltig ernähren? Die globale Landwirtschaft sucht Lösungen über "Bio" und "Smart Farming" hinaus.

    ...

    Viele frühere menschliche Hochzivilisationen, deren Spuren wir fanden, gingen an denselben Symptomen unter: Übernutzung, Bodenerosion, Wassermangel, dann kam häufig noch ein lokaler kleiner Klimawandel – und das Imperium war Geschichte. Die überlebende Bevölkerung verteilte sich nach dem Zusammenbruch auf andere Flächen. Heute sind wir so viele Menschen geworden, dass uns das Problem global betrifft. Das bedeutet: Wir können nirgendwo anders mehr hin. Es gibt keine Flucht, die uns neues Land in der Milchstraße erschließt. Wir müssen uns dem Problem endlicher Ressourcen stellen, dem Überkonsum, der Übernutzung.


    Teil 2:

    Bis zu 10 Milliarden Menschen wollen auch künftig etwas essen. Wie das gelingt trotz Bodendegradierung, Artensterben und Überkonsum, beschäftigt viele Experten.

    ...

    Es können auf der Erde nicht bis zu 10 Milliarden Menschen ein Leben wie die Deutschen heute führen, oder noch schlimmer: die Australier, die Saudis oder Kataris. Gleichzeitig können wir (weder moralisch noch physisch) anderen Ländern verbieten, ihren Lebensstandard in unsere Richtung zu erhöhen. Es braucht einen Lebensstandard, der zufrieden macht und dennoch dauerhaft auf dem Planet Erde möglich ist.


    Teil 3:

    Die Mainstream-Landwirtschaft ernährt die Welt. Wie kann sie das nachhaltig tun?

    ...

    Die hauptsächliche Schwierigkeit mit Vorschlägen, die konventionelle Landwirtschaft komplett zu ersetzen, liegt darin, dass sie sehr gut darin war, uns alle zu ernähren – so gut sogar, dass wir so viele Menschen werden konnten, während gleichzeitig anteilig weniger von uns hungern. Wenn also Landwirtschafts-Technik kritisiert wird, sollte der Kritiker immer eine Frage an sich selbst stellen: "Was ist denn besser?" Denn an Alternativen mangelt es selten, doch am Ende sind die meisten gar nicht so klar besser als vorher gedacht.

    I feel a disturbance in the force...

  • Ich habe den Beitrag der Uni Hamburg gelesen, interessant - unser Ökosystem ist eben unheimlich komplex. Wenn das ein gangbarer Weg ist den Permafrost zu erhalten sehe ich aber in Zukunft dort keine Tierherden sondern im Winter AT-AT (Star Wars) rumstapfen um den Schnee niedrig zu halten ;-).


    Tschüss Heiko

  • Zur Leistungsfähigkeit der konventionellen Landwirtschaft muss man aber anmerken, dass die in den letzten vielleicht 60 Jahren ganz anders war als in den Jahrtausenden zuvor. Der massive Kunstdünger- und Gifteinsatz ist ein ziemlich neues Phänomen. Selbst wenn man es in den Jahrtausenden zuvor wollte, hatte man schlicht nicht die Möglichkeit, so viel Ertrag herauszuholen und zugleich so tief einzugreifen und damit so viele Schäden anzurichten.


    Ich habe den Eindruck, dass da vielleicht in den 60er/70er Jahren eine Grenze überschritten wurde, ab der wirklich Substanz zerstört wurde, also beispielsweise der Humusabbau im Boden so heftige Züge angenommen hat, dass viele Ackerböden in ihrem inneren Aufbau degradiert sind, dass viele Insekten so weit zurückgedrängt wurden, dass nach einigen Jahrzehnten die Populationen auch in den Rückzugsgebieten in irgendwelchen Hecken oder schwer zu bearbeitenden Hängen zusammengebrochen sind, oder dass in dem hochgradig chemisierten Umfeld der evolutionäre Druck zur Entwicklung von Resistenzen immer höher geworden ist.

  • Meiner Meinung nach ist eher das Problem, dass die Schläge immer größer wurden und die Schlagkraft der Maschinen noch viel mehr gestiegen ist.


    "Früher", als Gras oder auch Getreide noch von Hand geschnitten wurde, war die Tagesleistung deutlich geringer bei einem sehr hohen Personaleinsatz.

    Dann stieg die Flächenleistung deutlich, alleine schon ein Messerbalken am Einachser oder am Traktor war eine deutliche Steigerung und heute gibt es noch ganz andere Möglichkeiten.


    "

    MAHDGESCHWINDIGKEIT
    Die Mahdgeschwindigkeit sollte so gering wie möglich sein. Bei der Messerbalkenmahd ist die
    Geschwindigkeit technisch bedingt bereits geringe und die Messertechnik ist bereits maximal
    tierschonend. Mit Kreiselmähern sollte die Fahrgeschwindigkeit auf 10 – 15 km/h reduziert
    werden. (aus: Praxisempfehlungen NATÜRLICH BAYERN, Juli 2020)

    "

    Und das bei einer Arbeitsbreite von ~10m

    Um diese Arbeitsgeschwindigkeit zu nutzen, müssen die Flächen immer größer werden. Gleichzeitig gibt es in vielen Dörfern nur noch wenige Bauern, die diese Flächen unter sich aufteilen und dadurch noch größere Flächen schaffen.


    Drittes Problem ist meiner Meinung nach die relativ strikte Vorgabe von Terminen. Mahd nicht vor Tag XY oder später als Tag XZ)

    Folge ist, dass entweder am Tag danach oder am Tag davor gearbeitet wird was geht, solange es irgendwie vertretbar ist.


    D.h. innerhalb eines Tages können ganze km² liegen, ohne Ausweichmöglichkeit für die Insekten.


    Gleicher Effekt auch bei der "Vogelschutzgeschichte" bezüglich Hecken- und Baumschnitt.

    Je näher der 1. April kommt, desto eifriger werden die Leute.


    Vierte Sache ist die "Sauberkeit".

    Vieh ist im Stall, Misthaufen gibt es nicht mehr, Gülle oder Mist muss innerhalb 24h eingearbeitet werden -> olfaktorisch angenehm, aber ob das auch gut ist für die Tiere?

  • Im Moment leisten wir es uns in den reichen Industrieländern, Lebensmittel anbauen zu lassen, die wir in der Tiermast verfüttern, um aus pflanzlichen Kalorien tierische Kalorien zu machen. Der Wirkungsgrad ist etwa 4:1, abgesehen von den Kollateralschäden, die Massentierhaltung mit sich bringt: Gülleschwemme, Methanfreisetzung, überhäufiges Mähen von Wiesen zur Gewinnung von Grassilage (was wiederum den Insekten und Vögeln zusetzt, weil 3-4 Mahden pro Jahr erfoglreich das Blühen von Wiesenpflanzen verhindern und aus artenreichen Wiesen quasi monotone Golfrasenflächen werden.


    Weiter führt diese Ernährungsweise dazu, dass in ärmeren Ländern Anbauflächen für Lebensmittel zum Anbau von Export-Futtermitteln wie Soja genutzt werden. D.h. diese Länder müssen wiederum die subventionierten Überschüsse unserer Produktion importieren, was die lokale Landwirtschaft in diesen Ländern ruiniert. Ein Beispiel: Im Afrika oberhalb des Äquators gibt es so gut wie keine lokale Zwiebel-Produktion mehr, die kommen überwiegend aus der EU. Kleinbauern geben ihre Landwirtschaft auf, weil sie gegen diese Billigimporter nicht konkurrenzfähig sind, zudem sehen die Produkte aus EU-Agrarproduktion besser aus und sind größer, der Kunde lässt die heimische Ware liegen und will "moderne Lebensmittel".


    Es gab mal eine Untersuchung über das Agrarpotenzial des Sudan - demnach könnte der Sudan ganz Afrika mit Lebensmitteln versorgen, wenn man im Sudan die Landwirtschaft auf ein Niveau technisieren würde, wie es in Europa in den 1970ern erreicht worden war.


    Erste Ansätze wären: Weniger Fleischkonsum und nur noch gezielte Subventionen im Bereich der Landwirtschaft und der Energiewirtschaft die eine nachhaltige Produktion ermöglichen. In D wird immer noch extrem viel Mais angebaut, der lediglich zur Vergärung in Biogas-Anlagen genutzt wird, weil es auf Strom aus Biogas-Anlagen immer noch viel zu hohe Förderung gibt.


    Ein weiterer Punkt wäre die drastische Reduktion der Zucker-Produktion. Der Anbau von Zuckerrüben wird genauso unsinnig subventioniert, wie der "Energiemais". Zucker ist volkswirtschaftliche betrachtet eine der gesundheitsschädlichsten Substanzen überhaupt: die Folgen von Übergewicht, Diabetes, oder Zahnerkrankungen verursachen Milliardenkosten. Dieses Geld wäre in der Unterstützung gesunder und nachhaltig produzierter Lebensmittel wesentlich besser angelegt.


    Grüsse

    Tom

    Einmal editiert, zuletzt von tomduly ()

  • In den 60ern war wissenschaftlich bewiesen, dass Zucker gesund ist und schlank macht.

    Heute ist das Gegenteil bewiesen.


    Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass die immer mehr verschwindende Disziplin und Selbstdisziplin und ein sich-gehen-lassen die ganzen Gesundheitsprobleme wie Langeweilefressen, Zahnputzfaulheit, etc. verursacht. Wenn Zucker wirklich ein so großes Gift wäre, warum bin ich dann eher dürr? (Ich liebe fettes Fleisch, Cola, Traubensaft und Zuckerzeug in allen Variationen)


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    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Naja... Früher dachte man auch, dass Tabak ein Heilmittel wäre und in Apotheken konnte man sich Rauch ins Gesicht pusten lassen.


    Nachzulesen u.a. hier.

    Heute ein guter Plan ist besser als morgen ein perfekter Plan.

    -George S. Patton-

    Einmal editiert, zuletzt von Chuck Noland ()

  • Ja, und Cola war auch mal ein Heilmittel.


    Eier waren mal gesund, Spinat sogar supermann-Gesund.


    Und Pommes waren mal tödliche Krebserreger...


    Man sollte halt nur aufpassen, dass man ein Bisschen ein Gefühl für Hypes kriegt.

    Und zur Zeit hab ich das Gefühl, dass es nur noch extreme gibt.

    Entweder befohlen oder verboten. Selber entscheiden kann und will anscheinend niemand mehr...


    Hoffentlich war das jetzt nicht zu politisch...



    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Grüß Gott,


    da war ja auch noch richtiges "coca" drinnen! :winking_face_with_tongue:


    Waidmannsheil

    zero

    Wetten Sie niemals gegen den menschlichen Erfindungsreichtum. Der größte Feind der Propheten der Apokalypse ist ein Ingenieur (Daniel Lacalle)

    "Die Toleranz wird ein solches Niveau erreichen, dass intelligenten Menschen das Denken verboten wird, um Idioten nicht zu beleidigen." Dostojewski, 1821-1881

  • Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass die immer mehr verschwindende Disziplin und Selbstdisziplin und ein sich-gehen-lassen die ganzen Gesundheitsprobleme wie Langeweilefressen, Zahnputzfaulheit, etc. verursacht.

    Die Maßlosigkeit ist nicht umsonst eine Todsünde. Das könnte ein Hinweis sein, dass exzessives Sich-Gehen-Lassen oft in den Untergang führt. Du hast recht finde ich. Das Problem ist aber mit Zucker auch noch weiter tiefgreifender, da viele Nahrungsmittel mit Zucker versetzt sind mit Malzsirup verpestet und so. Dazu sind gute und hochwertige Lebensmittel nicht billig und der soziale Stand trägt stark auch dazu bei, wie es damit bestellt ist.


    Aber vom Grundsatz her. Ja, Sorgen in Nahrungsmittelaufnahme ertränken oder in Alkohol.... alles Dinge, die in unserer teils sehr unglücklichen Gesellschaft an der Tagesordnung sind. Ist schwer das manchmal zu erkennen und sehr langwierig da auszubrechen.

    -<[ Nunquam-Non-Paratus ]>-

  • Entweder befohlen oder verboten. Selber entscheiden kann und will anscheinend niemand mehr...

    Ja, wir scheinen die Leute mehr zu Befehlsemfänger zu erziehen, als zu selbstdenkenden eigenverantwortlichen Wesen.

    -<[ Nunquam-Non-Paratus ]>-