Bundesbank sorgt mit Bargeld vor

  • Eher witzfrei ist es, dass einerseits die Wirtschaftskreisläufe durch erhöhen der Bargeldreserven gesichert werden sollen, wenn anderseits die Bundesinnenminiszer in, motiviert durch die EU, eine Obergrenze für Bargeldzahlungen bei "deutlich unterhalb von 10.000 Euro" einführen möchte.


    Wer benötigt im Krisenfall kurzfristig weiter Bargeld?

    Zum Beispiel:

    Logistikunternehmen, damit Fahrer und Fahrerinnen ihre Fahrzeuge betanken können. Beim Fassungsvermögen von LKW-Tanks kommt schnell eine hohe Summe zusammen. Das war auch schon in der vor-digitalen Zeit ein Problem als Bargeld in großen Mengen mitgeführt werden musste, um - besonders im Ausland - Kraftstoff, Mautgebühren, Übernachtung u.a. unkompliziert bezahlen zu können.


    Leicht vorzustellen ist auch, dass "Anschreiben lassen" in ungewissen Situationen eher weniger angeboten wird.

    Dennoch müssen Handwerks- und Landwirtschaftsmaterial einerseits Material bezahlen und erhalten anderseits Zahlungen für ihre Leistungen oder Lieferungen. Schon das sogenannte Milchgeld eines kleinen Milchviehbetriebes bringt monatlich einige zehntausend Euro, die direkt in Futtermittel, veterinärmedizinische Behandlungen usw umgesetzt werden.


    Und von den gezahlten Löhnen, die als letztlich in den Privathaushalten ebenfalls als Bargeld benötigt werden, ganz zu schweigen.


    Wohl gemerkt, die Annahme ist, dass es sich um längere Szenarien handelt. Also nicht um wenige Tage, in denen die Betroffenen wahrscheinlich nur einen Teil ihres Vermögen als Bargeld benötigen "um die letzten Ravioli" zu bezahlen, wie es im Artikel des Handelsblatts heißt.

  • Ich hab die Absicht der Bundesbank noch nicht ganz durchdrungen, wie stellt man sich das vor: soll dank üppigem Bargeldpolster in einem Blackout die Wirtschaft und der Handel einfach stromlos weiterfunktionieren? Wie gibt man das Bargeld heraus und an wen? Bzw. wie kann ich Bargeld bekommen, wenn ich gar nicht auf meinen Kontostand zugreifen kann, um sozusagen etwas abzuheben?


    Sowas kann in einem Blackout-Szenario an sich nur im Stil eines "Handgelds" funktionieren: jeder Bürger, der Geld braucht, bekommt gegen Vorlage seines Personalausweises einmalig 500 Euro in kleinen Scheinen vom Staat als zinsloses Darlehen und zur Vermeidung von ergaunerten Mehrfachzahlungen knipst man ein Loch in den Ausweis. Und später, wenn alles wieder funktioniert, muss man seinen gelochten Ausweis gegen einen unversehrten tauschen und dabei den Betrag wieder zurückzahlen.

  • Der Reutersbericht ist bemerkenswert dünn. Das ist kaum mehr als die Tagesordnung und die Teilnehmerliste der Sitzung. Alles andere ist aus allgemein zugänglichen und älteren Quellen zusammengestoppelt, bis hinunter zur Frankfurter Stadtverordnetenversammlung.


    Man kann getrost davon ausgehen, dass das nur eine erste grundlegende Befassung mit dem Thema war und da noch nicht die leiseste Planung zur tatsächlichen Umsetzung existiert. Insofern braucht man sich über praktische Fragen auch keine Gedanken zu machen.

  • Sowas kann in einem Blackout-Szenario an sich nur im Stil eines "Handgelds" funktionieren: jeder Bürger, der Geld braucht, bekommt gegen Vorlage seines Personalausweises einmalig 500 Euro in kleinen Scheinen vom Staat als zinsloses Darlehen und zur Vermeidung von ergaunerten Mehrfachzahlungen knipst man ein Loch in den Ausweis. Und später, wenn alles wieder funktioniert, muss man seinen gelochten Ausweis gegen einen unversehrten tauschen und dabei den Betrag wieder zurückzahlen.

    Lochen oder mechanisch beschädigen geht nicht. Ausweise werden heute bereits gelocht oder Ecken abgeschnitten, um sie ungültig zu machen.


    Notwendig wäre schon eine rudimentäre IT.

    Aber eigentlich auch nicht, wenn man nicht gleich den Totalen Blackout annimmt.

    Zitat

    Ich hab die Absicht der Bundesbank noch nicht ganz durchdrungen, wie stellt man sich das vor: soll dank üppigem Bargeldpolster in einem Blackout die Wirtschaft und der Handel einfach stromlos weiterfunktionieren? Wie gibt man das Bargeld heraus und an wen? Bzw. wie kann ich Bargeld bekommen, wenn ich gar nicht auf meinen Kontostand zugreifen kann, um sozusagen etwas abzuheben?

    Zwischen den Zeilen des Artikels lese, dass sich die Banken mehr anstrengen müssen. Aber es wäre falsch anzunehmen, dass sie es überhaupt nicht täten.

    Rechenzentren des Finanz- und Versicherungswesen gehören weltweit zu den best abgesichertsten.

    Nur was nützt ein umfängliches Notfallkonzept, wenn die Kundendaten in einem Krisengebiet benötigt werden?


    Der Knackpunkt sind die Anbindungen zu den lokalen Bankfilialen in den betroffenen Katastrophengebieten.

    Aus eigener beruflicher Erfahrung weiß ich, dass für den reinen Transaktionsverkehr Bandbreiten ausreichen, die im Störungsfall über LTE-Verbinden (früher UMTS oder ganz früher ISDN) hergestellt werden können.

    Es ist alltägliche Praxis, dass Filialen, die vom Leitungsnetz abgeschnitten sind (z.B. nach Bagger beschädigt Erdkabel) durch die IT-Dienstleister im Finanzwesen und deren Zulieferer vorübergehend mit Mobilfunk-Routern ausgestattet werden.

    Das ist so Routine, dass beim Elbe- oder Ahrhochwasser nur noch die Frage war "Wie viele Mobilfunk-Router sind momentan verfügbar und welche Filialen werden damit zuerst ausgestattet".


    Und hier bin ich der Meinung, dass zum einen darauf hingearbeitet werden muss, dass Backup-Lösungen wie die Mobilfunkrouter dauerhaft vorgehalten so vorgehalten werden, dass sich keine Mangelverwaltung einstellt und kein langwierige Inbetriebnahme nötig ist. Zum anderen müssten neuralgische Filialen, wie die Hauptgeschäftstellen, besonders durch Notstrom und autarkere Kommunikationsanbindungen gesichert werden. Datentransfer über Satellit war schon immer möglich, schon vor StarLink.
    Das sind die Anstrengungen die, zusammen mit der Bereitstellung des Bargeldes durch die Bundesbank, unternommen werden müssen, damit man es ein Notfallkonzept nennen kann.

  • Vielen Menschen ist nicht bewußt, wieviel Aufwand es bedarf, Banken oder

    Geldautomaten mit Bargeld zu versorgen.


    Ok, bei einem Ausfall des Stromes kommt der gute Bankschalter wieder zum Einsatz.

    Die wenigen, die es eben noch gibt, da viele Bankfilialen geschlossen wurden.


    Werttransportfirmen sind nicht als systemrelevant eingestuft.

    Ok, kann man lösen. Sonderregelungen für die Betankung.


    Die Geldboten selber müssen an ihren Arbeitsplatz kommen, die meisten

    wahrscheinlich mit einem PKW.

    Ok, kann man lösen, zum Beispiel mit einem Einsammelfahrzeug.


    Die Frage ist eben auch, ob die Geldboten ihre Familien in solch einer Situation alleine lassen wollen,

    wie eben auch die Anderen, die für die Funktion des System erforderlich sind.


    Ich meine, einen großflächigen, länger andauernden Stromausfall gut zu meistern wird schwierig.

    Stopft man ein Loch, tun sich zehn andere auf.

    Kerls! Wollt ihr denn ewig leben?

  • Werttransportfirmen sind nicht als systemrelevant eingestuft.


    Peter


    So nicht ganz richtig.


    Beispielsweise NRW und Berlin = systemrelevant.


    Am 17. April erklärte die Landesregierung Nordrhein-Westfalens als erstes Bundesland auch die private Sicherheitswirtschaft für systemrelevant.

  • Die Versorgung mit Bargeld bei Stromausfall nutzt natürlich nichts, wenn man mit Bargeld nichts bezahlen kann, weil die vorgeschriebenen elektronischen Kassen mit ohne Strom auch nicht funktionieren.

    Da wäre es eigentlich an der Zeit, daß das Bundesfinanzministerium schon mal Ausnahmeregelungen für Barzahlungen und die Erfassung von Bareinnahmen für Stromausfall/-abschaltzeiten erläßt.


    Auszahlungen bei den Banken würden dann noch am einfachsten mit den alten Sparbüchern in Papierform funktionieren. Die könnte man zur händisch mit Stempel führen , Empfangsbstätigungen der Kunden abheften und das ganze dann nachtragen.

    Wobei Geld sich nicht mehr öffnenden oder verschließbaren Tresoren außerhalb der Öffnungszeiten nicht verwahren lässt .... und die Alarmanlagen ...

    Hauptsache der Geldtransporter ist unterwegs ...

  • Da wäre es eigentlich an der Zeit, daß das Bundesfinanzministerium schon mal Ausnahmeregelungen für Barzahlungen und die Erfassung von Bareinnahmen für Stromausfall/-abschaltzeiten erläßt.

    Glaube, dass das schon jetzt geht. Dann gibt es eine Rechtsgüter-Abwägung machen, welcher Regelverstoß schwerer ist: das vorschriftswidrige Führen einer Handkasse ohne elektronische/manipulationssichere Belegerfassung oder die Folgen der Verweigerung z.B. des Verkaufs von Insulin in einer Apotheke an einen Patienten.


    Das ist wie der Betrieb einer Dashcam im Auto: nach Datenschutzrecht sind anlasslose Aufnahmen verboten, kann man mit den Aufnahmen aber eine schwerwiegende Straftat (z.B. Unfallflucht nach einem VU mit Verletzten/Toten) aufklären, wird abgewogen und die deutlich weniger gravierende Tat wird nicht geahndet.

  • Mir gehts eigentlich eher um die Feststellung, daß sich der Staat seit Monaten hier gar keine Notwendigkiet zum Handeln sieht. Die elektronische Zahlungserfassung ist in einem Gesetz, in § 146 a Abgabenordnung erfasst. Die Anwendungsrichtlinie bezieht sich nur auf die genaue Ausgestaltung , wie das ganze angewendet werden soll.


    Mir ist jetzt nicht bekannt, daß die Abgabenordnung sowas wie einen außergesetzlichen Notstand für steuerliche Pflichten vorsieht. Im Einzelfall verlängert man dem Steuerpflichtigen die Frist zu Abgabe einer Erklärung oder Zahlung.


    In einem Rechtsstaat kann weder der Finanzminister noch das Bundesfinanzministerium erklären, daß es eine gesetzliche Regelung außer Kraft setzt. Möglciherweise könnte der Bundestag durch Änderung des Gesetzes eine Kompetenz des Bundefinanzministers schaffen , durch eine Rechtsverordnung zB den § 146 a Abgabenordnung außer Vollzug zu setzen .


    Das Problem ist daß man in den zuständigen Behörden überhaupt keinen Handlungsbedarf erkennen kann oder will.


    Die Ausgabe an Insulin auf Rezept an einen gesetzlich Versicherten ist zB völlig bargeldlos, wenn er bezügich der Zuzahlung seine Befreiungskrte vorliegt.

    Ansonsten kann man bei Stammkunden die Zuzahlungen anschreiben. Im übrigen haben Apotheken einen gesetzlichen Versorgungsauftrag im Gegensatz zu Bäckereien usw.