Hallo,
es gibt wohl unterschiedliche Auffassungen, was den Sinn und die Dimension eines privaten Treibstofflagers angeht.
Ein sehr grosses Depot für einen durchschnittlichen Privathaushalt in Mitteleuropa sehe ich eher kritisch. Das ist Hamstern ohne konkreten Plan. Genausogut könnte ich Druckerpapier, Schuhsohlen oder Paketklebeband in riesigen Mengen einlagern, auch das könnte irgendwann mal Mangelware werden.
In welchem Szenario will man von 1.000 und mehr Litern Diesel denn profitieren? Wenn es über Monate oder Jahre hinweg keine Bezugsmöglichkeit für Diesel mehr geben sollte, dann dürfte man mit seinem privaten Vorrat zumindest auffallen, bei noch funktionierendem öffentlichen Gemeinwesen/Staatsapparat dürfte man den eigenen Sprit vermutlich nicht mal nach Belieben verbrauchen, z.B. weil Fahrverbotstage etabliert oder nicht lebensnotwendige private Fahrten unterbunden werden (die Schweiz hat afaik da schöne Krisenpläne zur Reglementierung des privaten Treibstoffkonsums bei einer Versorgungskrise). Im schlimmsten Fall könnte man gezwungen werden, den Vorrat anderen (Hilfsorganisationen, Sicherheitsorganen) zur Verfügung zu stellen.
In allen Szenarien, die von einer langfristigen flächendeckenden also allgemeinen Versorgungskrise bei Treibstoff ausgehen, kommt früher oder später auch beim "Diesel-Hamsterer" das dicke Ende, wo der Tank leer ist, der Generator stehen bleibt und das Auto zur Immobilie wird. Für solche Fälle macht es IMO mehr Sinn, sich einen treibstoff-freien "Plan B" auszudenken, anstatt das eigene Versorgungsende mit einem ängstlich gehüteten Dieselvorrat um eine begrenzte Zeit hinauszuzögern.
In den Szenarien, die von einem zwingenden Ortswechsel (AKW Havarie) über hunderte oder tausende Kilometer ausgehen, brauche ich statt eines riesigen Dieseltanks im Keller/Hof eine halbwegs handliche und von Laien ins Fluchtfahrzeug verladbare "Reichweitenreserve". Da geht es möglicherweise um Minuten, um bei einer Fluchtroute noch unverstopfte Strecken vorzufinden, anstatt stundenlang eilig zusammengesuchte Kanister vollpumpen zu müssen und den grössten Teil des Vorrats mangles Zeit oder Behältern oder Stauraum im Fahrzeug dann doch zurückzulassen. Ausserdem schlägt in solchen Fällen vermutlich Murphys Gesetz zu: Papa ist der einzige, der weiss, wie das mit der Dieselpumpe am Vorratstank funktioniert und wie man die Kanister vollmacht, welche Kanister die richtigen sind etc. Papa ist bei Kriseneintritt aber vielleicht noch 50km von zuhause weg und hat keine Chance, sich gegen den Strom heimwärts durchzuschlagen. Da ist es vermutlich nützlicher, wenn man lediglich nen kurzen Funkspruch an die Daheimgebliebenen durchgeben muss: "Es geht los, packt 4-5 Dieselkanister ins Auto und fahrt nach Norden, wir treffen uns bei XY."
Nur ein Beispiel: mein Golf-Kombi (100PS Diesel, 500kg Zuladung, Vmax 190 km/h) fasst 60l im Tank, verbraucht 4,5-5l/100km. Da mal schnell noch 3x20l Kanister reingepackt, hab ich gut 2.500km Reichweite, damit bringe ich die Familie mit reichlich Gepäck wahlweise bis Lissabon oder Nischni Nowgorod ohne Sprit nachfassen zu müssen.
Etwas anders sieht es aus, wenn ich von einem stationären Krisenfall ausgehen kann: also einer Lage, die ich zuhause aussitzen kann (oder muss). Stichwort Stromausfall im Winter mit mehrwöchiger Blackoutphase. Da kann Generator-Treibstoff in grösserer Menge evtl. Sinn machen, aber auch hier mit den o.g. Einschränkungen. Zum Wohl der Allgemeinheit könnte der private Besitz von Sprit beschränkt werden. Deswegen macht IMO auch im stationären Fall ein Plan B Sinn, mit dem man auch über längere Zeit ohne bzw. mit wenig Benzin/Diesel auskommt. In anderen Regionen der Welt kann es wiederum anders aussehen: hab z.B. nen Bekannten in Bangladesh, da fällt der Strom bis zu 10x am Tag aus, mal ein paar Minuten, mal den halben Tag. Da haben die besser gestellten Leute selbstverständlich fest am Hausnetz angeklemmte Stromerzeuger, meist mit "AGS" - automatic generator start und diverse Kanister bzw. Fässer Diesel rumstehen.
Hier auch noch ein persönliches Beispiel: bei einem Winter-Blackout kann ich auf einen 8kW-Kaminofen zurückgreifen, der jetzt eher für "gemütliche Wärme an Winterabenden" sorgt und mit ihm das komplette Erdgeschoss mit 2 Zimmern, Küche, Waschküche/WC mit vorrätigem Holz und Kohle beheizen, gekocht würde mit einer 11kg-Gasflasche auf einem 2-Flamm-Campingherd. Die oberen Stockwerke würde ich schlimmstenfalls unbeheizt lassen und die Wasser- und Heizungsleitungen entleeren.
Für eine eher kurze Blackout-Periode würde ich Teile unseres Haus-Stromnetzes mit Strom aus unserer 4kWp-Solarinsel, die derzeit in Bau ist, versorgen. Die Akkus speichern 11kWh und können bei Bedarf mit einem dieselbetriebenen 1,9kW-Ladegenerator auch ohne Sonne notfalls wieder nachgeladen werden. Bei einem Blackout im Winter würde ich den Stromverbrauch aufs minimal nötige beschränken (Heizungsanlage, etwas Licht, Kommunikation), um den Dieselgenerator so wenig wie nötig laufen lassen zu müssen. Bei einem Stromausfall im Sommerhalbjahr genügt mir das, was die Sonne liefert, reichlich, um z.B. Kühlgeräte etc. problemlos mit meinem 230V-"Inselstrom" betreiben zu können.
Fazit: wenn man (aus meiner Sicht) "richtig" plant, kommt man mit den legal in einer Garage deponierbaren Kraftstoffmengen durch die meisten vorstellbaren Szenarien durch und bleibt flexibel.
Grüsse
Tom