Ich bleibe dabei, das flexibelste Fahrzeug, um im SHTF-Fall unter allen Umständen Strecke machen zu können, dürfte ein E-Bike (Fahrrad) sein. Es fährt mit und ohne Strom. Bei vollem Akku hat man dreistellige Reichweiten, mit einem Wechselakku könnte man über 200km am Tag zurücklegen. Allerdings nur eine (halbwegs fitte) Person und ohne nennenswertes Gepäck. Man ist dem Wetter voll ausgesetzt. Dafür kommt man recht unauffällig und mit der maximalen Auswahl bei der Streckenführung voran.
Wenn man gewisse Notfallfähigkeiten und normale Alltagstauglichkeit kombiniert, dann kommt man mit so gut wie jedem konventionellen Diesel/Benzin/LPG-/CNG-Mittelklasse-Kombi auch schon weit und deckt sehr viele Szenarien ab.
Es wurde einfach ein E-Motor in ein Benziner gesteckt und fertig. Kein Nachdenken über neue leichtere Materialien, vielleicht neue Konstruktionskonzepte.
Das galt eigentlich nur für die allererste Generation, dass man normale Karossen einfach elektrisiert hat. Daimler hat seine ersten FuelCell-Autos aus der normalen Benziner-A-Klasse geschnitzt: der Vierzylinder-Motor kam raus und über eine Adapterplatte wurde der E-Motor an das herkömmliche Automatikgetriebe angeflanscht. Bremshydraulik usw. blieb gleich, für den Unterdruck des Bremskraftverstärkers wurde eine elektrische Unterdruckpumpe verbaut. Das ist natürlich Kokolores gewesen und das war auch den Entwicklern klar. Aber so bekam man schnell Erfahrungskilometer mit neuen Technologien im echten Fahrbetrieb (wir sind hier auf der Alb Freiland-Testgebiet für die ganzen Testwagen und Erlkönige von Daimler, AMG und IVECO, es wimmelt nur so von den Kisten auf unseren Landstraßen).
Ein Tesla Model S, den man derzeit durchaus als "Spitze" der im Alltag fahrbaren und in Stückzahlen verfügbaren E-Auto-Modelle bezeichnen kann, wiegt stolze 2.000kg. Das ist erst mal schockierend viel, wenn man sich z.B. an den legendären "Hotzenblitz" aus 1989 zurückerinnert. Das war ein reines E-Auto, das erste, was in D überhaupt für Endkunden käuflich war, seinerzeit mit Blei-Akkus ausgestattet, einen 12kW-Motor hatte, 830kg wog und 70km Reichweite hatte. Liebhaber stricken den Hotzenblitz auf LiFePo-Akkus um, dann wiegt er nur noch 630kg und schafft (mit Hochleistungszellen im Rekordversuch) bis zu 350km Reichweite.
Bei den zwei Tonnen des Tesla Model S gehen aber nur 362kg auf die Karosserie, 500kg machen Antrieb und Fahrwerk, 600kg die Batterie, der Rest sind Inneneinrichtung, Türen/Klappen, Elektronik und Sicherheitssysteme wie Airbags etc.
Motor, Antrieb und Batterie machen also gut 60% des Gesamtgewichts aus. Der Rest ist schon ganz gut optimiert.
Das zeigt auch das "Sparpotenzial", wenn man keinen E-Sportwagen (der Tesla Model S hat 541 bis 999PS und beschleunigt entsprechend in 3,8 bis 2s von 0 auf 100), sondern einen Kompaktwagen bauen will. Dann reicht ein 80PS-Motor und eine 20kWh-Batterie statt einer mit 100kWh. Und braucht für den Antriebsstrang dann vielleicht noch 250-300kg statt 1200kg wie beim Model S.
Sehr spannend finde ich Konzepte wie das von VW, eine einheitliche Plattform für die verschiedensten Autovarianten herzustellen. Mit dem MEB (modularer Elektro-Baukasten) hat man eine Antriebsplattform mit der gesamten Technik, auf die man die gewünschte Karosse nur noch draufsetzen muss. Durch die kompakte flache Bauweise haben Autodesigner quasi freie Hand, wie sie den freien Raum über der Plattform ausnutzen wollen: Limousine, Coupe, Cabrio, Pickup, Van, Wohnmobil. VW will das ja auch anderen Herstellern anbieten, die VW-Plattform zu verwenden. Das dürfte zu einer neuen Art von Autoherstellern führen, quasi "fabless fabs", Herstellern ohne eigene Fertigungslinie - wie das bei Mikrochips schon seit Jahren üblich ist.
Die MEB-Plattform hätte künftig den Vorteil, in sehr großen Stückzahlen und zu einem attraktiven Preis hergestellt werden zu können. Was zu einer hohen Verbreitung führen dürfte. So wie heute ein Golf oder ein Astra von jeder Hinterhofwerkstatt selbst in Kirgistan repariert werden kann, wird das auch bei den MEB-basierten Autos passieren. Das dürfte wiederum die Eignung als "Survival-PKW" erhöhen. Ein Tesla, der vom Hersteller auf Knopfdruck jederzeit stillgelegt werden kann, taugt dafür eher nicht.
Für die nächsten 10-15 Jahre halte ich aber einen PKW-Kombi mit Dieselmotor für das unterm Strich am vernünftigste Survival-Fahrzeug: Platz für die ganze Familie plus jede Menge Gepäck, viel Anhänge- und Dachlast, 1.000km Reichweite mit einer Tankfüllung; wenns die Strecke hergibt, recht flott und mit Schneeketten und Frontantrieb auch im Winter über jeden Zweifel erhaben.
Zumindest, wenn man nicht völlig in der Einöde wohnt oder täglich auf eine Alm kommen muss. Die Leute, die das müssen, haben meistens dann noch ein zweites Auto mit mehr Geländefähigkeiten, das sie aber dann nicht fürs tägliche "Vielfahren" oder die Langstreckentrips verschleißen. Gefallen als "ländlicher Zweitwagen" tut mir da der aktuelle Suzuki Jimny ganz gut.
Grüsse
Tom