Und die Kopfnuss kann schneller kommen als uns lieb ist
Ich grübele über der Weltkarte - und was eigentlich langfristige Ziele Russlands sein können. Nur die Wiederherstellung der Sowjetunion kann es nicht sein (wobei natürlich einige Staaten auf dem Weg zum Ziel im Wege stehen). Russland hat eine riesige Landmasse, ist aber beim Zugang zur See recht frostig angelegt. Leicht nutzbare Ressourcen und direkter Zugang zu Handelsrouten wären da Punkte die mir einfallen.
Im Frieden ist vieles kein Problem, Mittelmeer mit Bosporus, Gibraltar und Suez Kanal, in der Ostsee der beidseitig bedrohte Kanal nach St. Petersburg und die Engen um den Öresund und großen Belt. Wenn alle logistisch rentablen Zugänge zu den Ozeanen durch "den Feind" kontrolliert werden, wird es auf Dauer teuer den Rowdy zu geben.
Auf der anderen Seite hat es Japan als großen Flugzeugträger vor der Küste, und außer Vladivostok gibt es nicht wirklich viel, die Inselkette der Kurilen kann den Großteil der Ostküste abschneiden, der Dauerstreit mit Japan kommt nicht von ungefähr. Die strategisch wichtige Jekatarina Straße liegt schon recht nahe an Japans Hauptinseln.
Also der oft angenommene Angriff auf die baltischen Staaten würde - außer etwas SU Nostalgie - praktisch wenig bringen, man wäre noch immer in der Ostsee gefangen, von NATO umzingelt. Auf der anderen Seite würde eine Besetzung Hokkaidos auch nicht unbeantwortet bleiben.
Der Weg nach Süden durch den Kaukasus geht nur über den Iran, im Osten durch die ganzen *Stans durch, beide geografisch nicht ganz einfach.
Wenn Russland sich nur auf ehemalige Sowjetstaaten beschränkt, ist geostrategisch nicht viel gewonnen. Die jetzige Westorientierung, also militärisch, kann nicht mit der Ukraine und dann zeitnah Weißrusslands enden. Die Kosten sind immens und der Gewinn - ja Rohstoffe im Donbass und viel fruchtbarer, verseuchter, Ackerboden - gering, dafür mehr direkte Grenzen zum großen Gegner.
Meiner Meinung kann daher an diesen Punkten nicht Schluss sein, auch wenn die NATO noch als Bollwerk dasteht. Aber das tut sie auch nur solange entsprechende Angriffe mit einem Full-In beantwortet werden. Und das hängt aktuell an den US, wenn die nicht bereit sind beim Angriff auf einen der kleinen Staaten oder auf eine Stadt maximal zu reagieren - und damit auch den Verlust eigener Städte zu riskieren - kann es sehr schnell böse aussehen.
Als Fallback könnte man in ein gemeinsames EU Verteidigungsbündnis investieren, erfolgreiche Projekte sind da aber in letzter Zeit selten und sie müssten ein breites Spektrum abdecken. Der Status von MGCS und FCAS lassen da wenig hoffen, müsste man praktisch doch mindestens 3 Trägerkampfgruppen aufstellen usw.
Wenn man bedenkt dass aktuell geschätzt wird, Russland sei innerhalb 5-7 Jahre (nach Waffenstillstand oder Sieg in der Ukraine) wieder auf voller Kampfstärke, also je nachdem in 10 Jahren und man Schätzungen zur Einsatzreife mancher hiesiger Rüstungsprojekte anschaut kann man schon ins Grübeln kommen.
Dazu kommt auch eine gewisse Behäbigkeit, wahrscheinlich arbeitet man schon an einer Panzerbekämpfungsdrohne, die dann mehr kann als das was eingesetzt wird, das zwanzigfache kostet und mit 500 Stück abgeschafft wird - anstatt zum 50000 Stück zum Marktpreis mit aktuell bewährter Technik.
Halte ich das jetzt für wahrscheinlich, also erstmal Raum schaffen, kleines NATO Mitglied mit Spekulation auf Zusammenbruch dieser angreifen und dann Durchmarsch zum Atlantik? Nicht höher - aber auch nicht niedriger - als zu Zeiten des kalten Kriegs, Wenn in der USA sich was bedeutend ändert - viel höher. Theoretisch könnte die EU eigene Fähigkeiten aufbauen, also technisch und monetär, politisch sehe ich das nicht - und da müsste man jetzt mit Elan starten.