Du hast insofern Recht mit den Reparationen, als dass das Ende der Bedienung dieser Schulden auch eine Anerkennung von wirtschaftlichen Tatsachen und nicht nur ein einseitiger Beschluss Deutschlands war. Aber der grösste Teil der Schulden wurde gestrichen, weil D de facto zahlungsunfähig war. "Wo nichts ist, hat auch der Kaiser sein Recht verloren".
Die Partei, welche die Wahlen in Deutschland nachher leider gewonnen hat, hatte den Kampf gegen den Young-Plan, also die Einstellung der Reparationszahlungen, damals in ihr Programm geschrieben - genauso wie die jetzt in Griechenland reagierende Partei die Schulden nicht mehr bedienen will. Ich hoffe doch sehr, dass sich die Parallele zum heutigen Griechenland damit erschöpft.
Ich interessiere mich ehrlich gesagt weniger darum, wer innerhalb Deutschlands welchen Teil der Verluste zu übernehmen haben wird. Das Schwarz-Peter-Spiel wird aber sicher nicht zu Lasten der Profiteure dieses Systems ausgehen. Es werden weder Industrie noch die Reichen zur Kasse gebeten werden, obwohl ein grosser Teil ihrer Gewinne durch die Kreditpolitik der EU erst möglich wurde, die durch Deutschland massgebend mitbeeinflusst wurde.
Die gewöhnlichen Deutschen werden sowieso nichts davon haben, wenn sich die Griechen noch länger ausbluten lassen, denn das Lohnniveau der breiten Bevölkerung und der Anteil der Hartz-IV-Bezüger wird sich dadurch nicht ändern.
Es wäre politisch weise, diese Schulden und den Zinsendienst zu streichen - und dann die gleichen Fehler nicht mehr zu machen, nämlich zu hohe Kredite an schlechte Schuldner zu vergeben. Es wäre auch wirtschaftlich weise, denn Geschäfte kann man nur mit einem wirtschaftlich funktionierenden Land machen. Einem Volk mit Buchhaltermentalität wird man das allerdings schwerlich beibringen können.
So wie man Griechenland behandelt tut ein Landwirt, der seine hungrigen Kühe erst füttert, nachdem sie Milch gegeben haben. Und wenns nicht klappt, sind die Kühe schuld.
Die EU, die ja die Sache zahlt, sollte zudem alle in anderen Ländern der EU geparkte Vermögen von griechischen Steuerflüchtlingen sowie Vermögen, die in Griechenland erworben wurden, wieder nach Griechenland zur ordentlichen Versteuerung zurücküberweisen. Es kann ja nicht sein, dass man die eigenen Steuerzahler bluten lässt und die Steuerflüchtlinge schont. Da käme ich mich als Bürger allerdings dumm vor.
Deutschland hat auch noch eine Bringschuld aufgrund von dem, was während der Besatzung im 2. WK den Griechen angetan wurde. Das kann man den jetzt lebenden Leuten in Deutschland nicht anlasten, aber es vereinfacht die Sache nicht.
Ob die Frage, wie eine Nation zu definieren sei, hier weiterführt, wäre eine eigene Diskussion wert. Solange man einfach "Die Griechen müssen zahlen" sagt, ist schon klar, wer gemeint ist. Es kommt erschwerend hinzu, dass die gewöhnliche Bevölkerung der Balkanstaaten, wozu ich auch Griechenland rechne, den Staat immer schon als eine Institution erfahren haben, von der prinzipiell nichts Gutes kommen kann und die man deshalb womöglich bescheissen darf. Solchen Leuten hemmungslos Kredit zu geben, kann nicht gut gehen und das hätten die Geldgeber bedenken müssen.
Ich habe auch einen Nachbarn der oft klamm ist, weil er prinzipiell anders mit Geld ungeht wie ich. Da ich ihm aber nichts leihe, kommen wir gut miteinander aus.