Wichtig im Zusammenhang mit diesen Themen wäre noch, zu erwähnen, dass diese rechtlichen Mittel (Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung) den Betroffenen nicht entmündigen und in alle Ewigkeit aller seiner Rechte berauben! Will hier mal dem Einen oder Anderen ein wenig das mumlige Gefühl nehmen. Als Betroffener kann ich jederzeit in aktuellen Situationen Dinge anders entscheiden, als ich sie ggf. in diesen Schriftstücken im voraus festgelegt habe. Ausschlaggebend ist immer der aktuell geäußerte Wille!
Wenn ich z.B. in meiner Patientenverfügung festgelegt habe, dass ich auf keinen Fall künstlich ernährt werden möchte, komme bei Nichtansprechbarkeit / Bewusstlosigkeit aber kurz nochmal zu mir (oder kann noch ganz schnell etwas äußern, bevor ich das Bewußtsein verliere) und will dann doch auf jeden Fall weiterleben und ernährt werden, auch wenn ich nichts oral zu mir nehmen kann, dann gilt natürlich der aktuell bzw. zuletzt geäußerte Wille und nicht, was ich irgendwann mal in einer Patientenverfügung festgelegt habe. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.
Es ist Aufgabe des Vorsorgebevollmächtigten, dem in der Patientenverfügung ausgedrückten Willen Geltung zu verschaffen. Deshalb muss eine Patientenverfügung immer mit einer Vorsorgevollmacht kombiniert werden; andernfalls entscheidet ein gerichtlich bestellter Betreuer.
Merke: grundsätzlich schließt eine vorliegende General- oder Vorsorgevollmacht eine Betreuung aus! Eine Betreuung kommt nur in Frage, wenn keine Vollmacht vorliegt.
Eine Vorsorgevollmacht kann jederzeit widerrufen oder geändert werden, wenn sich z.B. die Beziehung zu der Person, die ich in der Vollmacht vorgesehen habe, negativ entwickelt und ich nicht mehr möchte, dass sie mich vertreten kann.
Auch eine Betreuungsverfügung kann geändert / widerrufen werden und eine andere Person eingesetzt werden. Auch, wenn der Fall eventuell schon eingetreten ist und ein Betreuer bereits eingesetzt wurde. In dem Fall wird geprüft, ob ich gesundheitlich in der Lage bin, zu verstehen, was ich da fordere und wenn ja (selbst bei einer demenziellen Entwicklung kann das durchaus noch der Fall sein) wird das Vormundschaftsgericht einen anderen Betreuer bestellen und ist gebunden an die Wünsche, die ich diesbezüglich äußere. Solange die von mir vorgesehene Person dazu in der Lage ist.
Wenn ich sicherstellen will, für den Fall, dass die von mir gewünschte Person die Betreuung doch nicht übernehmen kann oder will, dass ich nicht jemanden als Betreuer vor die Nase gesetzt bekomme, den ich auf gar keinen Fall als Betreuer akzeptieren würde, kann ich in einer Betreuungsverfügung außerdem bestimmte Personen explizit als Betreuer ausschließen (was sicher in manchen Fällen Sinn machen kann).
Eine Betreuung hat übrigens keinen Einfluss auf die rechtliche Handlungsfähigkeit der Betroffenen! Das wissen viele nicht. Außer es besteht ein Einwilligungsvorbehalt. Durch einen solchen Einwilligungsvorbehalt wird die Geschäftsfähigkeit des Betreuten in festgelegten Bereichen eingeschränkt und er braucht dann (abgesehen von gewissen Ausnahmen, wie etwa bei geringfügigen Geschäften des täglichen Lebens) die Einwilligung seines Betreuers. Einen Einwilligungsvorbehalt ordnet das Gericht an, wenn die erhebliche Gefahr besteht, dass der betreute Mensch sich selbst oder sein Vermögen schädigt.
Eine Betreuung bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein einzelner Betreuuer sich um alles kümmern muss / darf. Man kann eine Betreuung aufteilen in verschiedene Aufgabengebiete und für diese jeweils verschiedene Betreuer einsetzen. Diese Aufgabengebiete umfassen
- die persönliche Betreuung
- die Vermögensverwaltung
- die Gesundheitsfürsorge
- das Aufenthaltsbestimmungsrecht.
Als meine Mutter dement wurde, war es mir und meiner Schwester in der Entscheidungsphase über die anstehende Betreuung wichtig, dass wir für die Vermögensverwaltung einen Berufsbetreuer einsetzen lassen (der uns von einer befreundeten Juristin empfohlen wurde). Dieser ist nämlich für alles und jedes rechenschaftspflichtig und muss regelmäßig Abrechnungen und Berichte vorlegen. War uns wichtig, damit eventuelle Unstimmigkeiten nach Möglichkeit ausgeschlossen werden sollten im Erbfall. Für die persönliche Betreuung, den Gesundheitsbereich und die Aufenthaltsbestimmung war ich eingesetzt. Meine Schwester hatten wir außen vor gelassen bei der Betreuung, da sie im Ausland lebt und somit viel zu weit weg war.
Ich für mich persönlich habe übrigens schon seit langem die bereits von Christian empfohlene "Christliche Patientenverfügung" (kostenlos) runtergeladen. Die wartet nun darauf, ENDLICH einmal genauer angeschaut zu werden. Es gibt zu dieser Patientenverfügung nämlich auch kritische Stimmen von Seiten der Hospizstiftung und des Humanistischen Verbands bezüglich ihrer Verwertbarkeit bzw. Anwendbarkeit im Notfall. Ich bin selbst zwar Christ, prüfe darum aber trotzdem auch Angebote aus der eigenen Ecke kritisch, bevor ich einfach was übernehme. Der Humanistische Verband bietet einen Vergleich der geläufigsten, auch in Fachkreisen oft zitierten Verfügungen an: Übersichtstabelle mit Qualitäts- und Gebührenvergleich (Stand Januar 2015).
Sobald ich mich für eine Verfügung entschieden habe werde ich sie für mich personalisiert ausfüllen, dabei besonders meine Glaubens- und Wertvorstellungen berücksichtigen, sie vom Arzt und vom Notar unterschreiben lassen und bei beiden als Kopie hinterlegen. Außerdem werde ich eine Vorsorgevollmacht verfassen. Beides werde ich eintragen lassen im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer*.
Ich habe beruflich sehr viel mit Patientenverfügungen zu tun, führe immer wieder Gespräche darüber mit Senioren, deren Angehörigen und behandelnden Ärzten, weise ständig auf die Wichtigkeit einer Patientenverfügung hin - und habe es selbst schon seit über 10 Jahren nicht auf die Reihe gekriegt, eine für mich selbst zu verfassen. Das habe ich mir nun (auch Dank der Diskussion hier) für meinen anstehenden Urlaub auf die Fahne geschrieben. Das wird jetzt endlich in Angriff genommen. Sapperlot!
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(*) Die Eintragung ins Register dient der schnellen und zuverlässigen Information der Betreuungsgerichte über vorhandene Vorsorgeurkunden. Dadurch werden die Wünsche des Betroffenen optimal berücksichtig, unnötige Betreuungen vermieden, und Justizressourcen geschont.