Moin Thomas!
Grundsätzlich bin ich ja ein grosser Feind von folgendem Mechanismus in Foren:
- A: Was kostet das "Schnapürpfi"?
-B: Warum kaufst Du keinen Gartenschlauch? Tut es genauso.
- C: Gartenschläuche sind minderwertig. Ein halbwegs brauchbares Schnapürpfi kostet mindestens 54.000 €. Ich habe drei davon.
-D: Glaub ich nicht.
-E: Wie kann man so doof sein, drei Schnapürpfies zu kaufen.
-F: Lass ihn doch, wenn er das will. Ich bin da tolerant.
-G: Tolerant kommt von tolerieren und tolerieren wurde im 16. Jahrhundert aus dem lateinischen tolerare („erdulden“, „ertragen“) entlehnt.
-H: Ich ertrage Schapürpfies aber nicht.
...
Aber manchmal, vor Allem hier bei medizinischen Dingen frage ich mich schon, was die Menschen antreibt.
Zu deiner Frage:
Erfahrung mit EKG Geräten habe ich etwa 30 Jahre.
Als Kaufempfehlung würde ich zu einem 12 Kanal-EKG raten. Die gibt es so ab 1500€ aufwärts.
Einkanal EKGs (Smartwatches etc.) sind als Alarmsignal durchaus tauglich, aber medizinisch gesehen diagnostisch praktisch wertlos, da sie immer einer anschliessenden sachgerechten Diagnostik bedürfen.
Eigentlich ist ein Diagnosevorschlag heutzutage Standard. Das heisst, das Gerät misst verschiedene Parameter und druckt diese dann aus. Und schlägt eine Diagnose vor.
Das ist schon relativ trefferlastig, oft stimmt das, was da auf dem Streifen steht.
Und dennoch verlässt sich kein vernünftiger Arzt da drauf.
Es ist ein Hinweis, mehr nicht.
Um ein EKG halbwegs sinnvoll auszuwerten, braucht es eine Menge Erfahrung. Ich würde mal sagen, 500 normale EKG´s und 10 aus der Kategorie:
- frischer Herzinfarkt
-alter Herzinfarkt
- Vorhofflimmern
- jeweils jedes der drei häufigsten Blockbilder
- Vorhofflimmern in langsam und in schnell
- EKG von sterbenden Herzen
- Sinustachycardie
etc.
Und dann solltest Du die häufigsten Fehlerbilder erkennen. Elektroden falsch verbappt, Muskelzittern, diiiiiiiicker Patient, Atembewegungen, Störfrequenzen, Elektrodenwackelkontakt etc.
Diese Erfahrung wirst Du mit einem gekauften EKG als Laie nicht machen können.
Also bleibt die nur die Diagnosevorschlagliste deines Geräts.
Wieviel ist das Wert? Das kannst nur Du entscheiden.
Als Doc frage ich mich aber immer bei jeder Maßnahme:
Was passiert denn dann ? (also welche therapeutische oder diagnostische Konsequenz entsteht aus dem Ergebnis meiner Untersuchung oder meines Handelns)
Du sprichst Vorhofflimmern an.
Was machst Du mit dem Wissen, dass plötzlich ein Vorhofflimmern (VHF) vorliegt.
(Abgesehen davon, dass Tomduly schon recht hat. ( Das Hauptsymptom des VHF ist unregelmäßiger und schneller Puls, was durch Pulsfühlen oder Abhören des Pulses mit einem Stethoskop zu diagnsotizieren ist).
Erschwerend kommt hinzu, das Anfallsartiges auftreten des VHF eigentlich nur mit mehreren Langzeit-EKGs zufällig zu erwischen ist.
Und nu?
Eine sachgerechte Behandlung eines VHF ist eigentlich immer was für die Kavallerie.
Vom Medikament bis hin zum Klappenersatz beim Herzchirurgen.
Nix für den Laien.
Fragt man sich, ob der monetäre Einsatz der Anschaffung eines zuverlässigen, wartungsarmen und robusten EKG lohnt.
Das kannst Du Dir am besten selber beantworten.
Ich kenne Prepper, die sich halbe bis dreiveirtelte OP Ausrüstungen zulegen.
Meist ist die Grundidee dahinter folgende:
Ich kann zwar nix damit anfangen, aber falls ein Sachkundiger zufällig zur Hand ist, kann ich diesem ein Arbeitsumfeld bieten, in dem er dann wirken kann.
Das lässt ausser Acht, dass es in der Regel nicht reicht, wenn einer zufällig des Weges kommt.
Medizin ist häufig ein Zusammenspiel mehrerer Spezialisten, vom Narkosegeber, zum Schneider der speziellen Region bis hin zu Pflegekräften mit jeweils verschiedenen Ausrichtungen, dann die Apotheker, die Physios und so weiter.
Der Herzchirurg ist ne arme Sau ohne Sein ganzes Drumherum.
Bevor die Diskussion zu weit wird:
Ich würde Dich gerne vor sinnlosen Ausgaben bewahren, aber das ist nicht meine Aufgabe.
Im Sinne deiner Fragestellung würde ich zu einem 12 Kanal-EKG raten und zu einer gründlichen Einarbeitung in das EKG Thema.
Im Sinne der Sinnhaftigkeit würde ich Dich bitten, meine Einwände zu hören und kritisch zu hinterfragen, was Du erreichen willst.
Liebe Grüße, gutes neues Jahr
DocAlmi