Ja das ist unschön und dürfte in den übrigen Ländern Europas nicht anders sein. Ich schätze aber auch, dass auch in den USA keine einzige Großstadt so richtig geschützt ist, dort gilt nach wie vor der Schutz durch zwei große Ozeane als billigstes Mittel.
Man sieht es ja an der hilflosen Suche nach Luftverteidigungssystemen für die Ukraine, wie wenig Masse es dafür gibt, wenn man weltweit die Systeme zusammenkratzen muss, um ein einziges Land halbwegs abwehrfähig zu machen.
Es wird auch nicht darstellbar sein, ein Land wie D mit 84 Mio. Einwohnern komplett flöchendeckend zu schützen. Für die BW wurden aktuell insgesamt 8 Patriot-Systeme bestellt, drei Stück eine unbekannte Anzahl hat sie schon bzw. noch. Die Ukraine gibt an, mit 27 Systemen könnte sie alle größeren Städte schützen. Vereinfacht gerechnet bräuchte man für D dann entsprechend 50-60 Systeme. Haben werden wir 10. Das reicht dann gerade mal für die zehn größten Städte. Was man auch schützen muss, sind wichtige Industrieansammlungen (BASF, Bayer, Silicon Saxony Dresden, VW Wolfsburg, Thyssen Stahl Standorte etc.)
Die NATO hat für Europa immerhin 1.000 Patriot-Raketen bestellt.
Mit dem Zulauf von Arrow 3 in Deutschland, wird man ab 2025 immerhin die Radarsysteme in Betrieb nehmen und bis 2030 soll das System nach derzeitigen Planungen vollständig sein, was die Bedrohung durch Interkontinentalraketen angeht (Russland, China, Nordkorea).
Letztlich wird man für die Bedrohung durch billige Drohnen in Massen auch billige Abwehrsysteme in Massen erfinden müssen: Abwehrdrohnen, "Konfetti"kanonen, elektronische Störmaßnahmen (EMP-Kanonen), Hochenergie-Laser.
Man sieht es ja auf dem Schlachtfeld in der Ukraine, dass sich durch die FPV-Drohnen ein krasses Ungleichgewicht im militärischen Kampf entwickelt hat: die bisher so mächtigen Panzer müssen mit Holzstämmen, Blechhauben, Gitterkäfigen und sogar sandgefüllten Plastikrohren irgendwie provisorisch vor dieser tödlichen Gefahr einer gesteuert daherfliegenden panzerbrechenden Granate geschützt werden.
Und die Shahed-Drohnen und Verwandten sind nichts anderes als moderne Nachfolger der primitven V1-Flügelbomben aus dem zweiten Weltkrieg, die vor allem die Zivilbevölkerung terrorisieren sollen. Diese kann man nicht mit Patriot-Raketen abwehren, das ist unbezahlbar. Was man da zur Abwehr braucht sind einerseits preiswerte Systeme, die solche Shaheds zum Absturz bringen und man braucht eine sehr effektive Aufklärung, die die Schwärme frühzeitig entdeckt und im Idealfall die Starterfahrzeuge/-stellungen identifiziert, die daraufhin sofort mit wirksamen Mitteln bekämpft werden müssen. Da könnte ich mir große Drohnen vorstellen, die mit einer Art reichweitengesteigerten Hellfire-Raketen bestückt sind und die permanent an den Grenzen Europas kreisen, um klar zu machen, dass Abschussstandorte von Drohnenschwärmen sofort mit Gegenfeuer rechnen müssen.
Bezüglich Sky Shield: die Franzosen sind grundsätzlich erstmal stinkig in Sachen Rüstungsvorhaben, wenn man sie vorab nicht gefragt hat, ob sie das Vorhaben führen wollen und bestimmen dürfen, was geschieht. Bei European Sky Shield hat der dt. Bundeskanzler endlich mal Führungsstärke gezeigt und frech den Geldbeutel aufgemacht und gesagt, wir schaffen da jetzt mal die zentralen Komponenten an, wer will, kann mitmachen. Das ist für Frankreich natürlich ein krasser Affront. Deswegen machen sie nicht mit. Was sicher auch eine Rolle spielt, ist dass sich Frankreich weit genug weg wähnt, von einer möglichen russischen Angriffsfront. Immerhin liegen Polen und Deutschland als Puffer dazwischen. Da kann man sich zurücklehnen.
Italien hat am Mittelmeer 8.000km Küstenlänge zu überwachen und ggf. zu verteidigen, da haben die genug zu tun (maritime und Küstenverteidigung) die sehe ich jetzt weniger in einer aktiven Rolle einer Raketenabwehr für Zentraleuropa, zumindest derzeit noch nicht. Das kann anders werden, wenn sich in Nordafrika z.B. in Libyen oder Algerien Proxystaaten wie der Jemen enwickeln, die uns im Auftrag irgendwelcher Schurkenstaaten mit Drohnen beharken wollen.
Meiner Ansicht nach passt das schon mit der momentanen Zusammensetzung des European Sky Shields. Die größere Schwachstelle sehe ich da eher in den prorussischen Brückenköpfen Serbien und Ungarn, die auch das Potenzial zu Proxystaaten hätten (vor allem Serbien, bei Ungarn habe ich noch etwas Hoffnung, da sich der Widerstand gegen Orbans Korruptionsregime in letzter Zeit wieder stärker organisiert).