Ich glaube nicht, dass es dafür konkrete Planungen gibt. Momentan ist dafür die Lage zu dynamisch. Die Mehrzahl der Ukraine-Flüchtlinge scheint es eher in Anrainerstaaten der Ukraine zu halten. Ich denke, dass sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben, relativ bald wieder zurückkehren zu können, zumal die Männer und oft auch die (alten) Eltern viele Geflüchteter in der Ukraine geblieben sind.
Dann gibt es die zu weiteren Reisen bereiten Menschen, die auf dem Weg zu bereits in Europa lebenden Verwandten oder Freunden sind. Wir erleben das selbst in unserer kleinen Landgemeinde, dass wir für viele Ukrainer eher ein Zwischenaufenthalt sind, nach ein paar Tagen geht es dann mit der Bahn weiter z.B. nach Paris.
Es besteht natürlich - je nach Kriegsverlauf - die Möglichkeit, dass eine Rückkehr in die Ukraine für sehr viele Menschen bis auf weiteres nicht mehr möglich sein wird, im Worst Case für immer. Sollte sich das abzeichnen, dann erlebt Westeuropa einen gewaltigen Einwanderungseffekt.
Dass man das grundsätzlich hinbekommen kann, auch mit Millionen Menschen, hat die Einwanderung der Spätaussiedler nach dem Fall der Sowjetunion gezeigt. Alleine in den 1990er Jahren sind über 2 Mio. Russlanddeutsche innerhalb weniger Jahre nach D umgesiedelt. In meiner kleinen Heimatstadt wurde damals ein eigenes Wohngebiet auf der grünen Wiese gebaut, mit Platz für 1.500 "Russen". In den ersten Jahren gab es durchaus Konfliktpotenzial, vor allem an den Schulen (damals war die Anwesenheit von Polizei in der "großen Pause" auf den Schulhöfen ein normaler Anblick) und im Freizeitbereich (Schlägereien in Discos, Alkoholexzesse) sowie häusliche Gewalt. Bei Anzeigen wegen Ruhestörung rückte die Polizei ins "Russenviertel" grundsätzlich in Mannschaftstärke aus, nachdem die erste normale Polizeistreifen nach dem Klingeln an der Wohnungstür erst mal eins auf die Mütze bekommen hatten. Alles in allem hat sich das aber gut eingespielt.
Rechnet man die Spätaussiedler aus der Zeit 1950-2005 zusammen, siedelten 6,5 Mio. Menschen aus dieser Gruppe nach D um.
In den Jahren 1945-1950 wurden 12-14 Millionen Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten und aus der Sowjetunion vertrieben und mussten im zerstörten Nachkriegsdeutschland untergebracht werden, was keine leichte Aufgabe war. Die ansässige Bevölkerung kämpfte selber täglich ums Überleben und Vertriebene wurde bei Privathaushalten von den Behörden per Anordnung einquartiert. D.h. wer eine Wohnung oder ein Haus hatte/bewohnte, musste von Amts wegen Vertriebene bei sich aufnehmen. Das sorgte durchaus für Probleme. Es starteten dann umfangreiche Wohnbauprojekte, die man bis heute in jeder Ortschaft in Deutschland findet: Siedlungshäuser.
Um auf Bärtis Eingangsfrage zurückzukommen, was staatliche Stellen derzeit planen bzw. vorbereiten.
Soweit ich weiss, wurden z.B. beim Roten Kreuz deutschlandweit die Material-Bestände bei den Betreuungseinheiten abgefragt, also Feldbetten, Bettzeug, Zelte usw. die bei allen Ortsvereinen lagern. Darin eigebunden ist auch der auf Bundesländerebene angesiedelte Bevölkerungsschutz (der finanziert und beschafft die KatS-Fahrzeuge und Materialien, die dann dafür vom DRK verwendet werden). Bei vergleichbaren Hilfsorganisationen wie Malteser, Johanniter usw. dürfte das auch durchgeführt worden sein. Diese Abfragen finden bei großen Lagen routinemäßig statt.
Die Zuweisung und Organisation der Unterbringung von Ukraine-Flüchtlingen haben in den letzten Tagen die Landkreisverwaltungen an sich gezogen, alle Kommunen sind angehalten, die Unterbringung mit ihrer jeweiligen Kreisverwaltung abzustimmen. Damit will man einen Überblick über die Lage behalten. Durch die Reise- und Niederlassungsfreiheit der Ukraineflüchtlinge (die mit 90-Tage-Touristenvisum einreisen und sich frei bewegen dürfen und bei Meldung bei einem Einwohnermeldeamt oder Ausländeramt den EU-Schutzstatus zuerkannt bekommen) ist das gar nicht so einfach. Zumindest innerhalb der ersten 90 Tage bzw. bis sie sich irgendwo bei einem Rathhaus melden, bleiben die Menschen unter dem Radar der Behörden, was eine Steuerung der Unterbringung erschwert.
Weitere Planungen, wie z.B. die dauerhafte Unterbringung bzw. Ansiedlung von geflüchteten Ukrainern sind mir nicht bekannt. Das dürfte auch kein politisches Ziel sein, denn dann würde man die Ukraine an Putin schenken. Wenn, dann könnte ich mir das im allerschlimmsten Fall als humanitäre Notmaßnahme vorstellen, z.B. nach dem Einsatz von russischen Atomwaffen in der Ukraine.
Würde man die gesamte ukrainische Bevölkerung (44 Mio.) auf die gesamte EU (500 Mio.) verteilen, dann wäre das ein Zuwachs von 8,8% - zum Vergleich: 1945 nach Kriegsende lebten in den vier Besatzungszonen, in die Deutschland aufgeteilt war, rund 66 Mio. Menschen. Die 12-14 Mio. Vertriebenen sorgten für einen Zuwachs von 18-21% bei der Bevölkerung.
Grüsse
Tom