Beiträge von tomduly

    Ich glaube nicht, dass es dafür konkrete Planungen gibt. Momentan ist dafür die Lage zu dynamisch. Die Mehrzahl der Ukraine-Flüchtlinge scheint es eher in Anrainerstaaten der Ukraine zu halten. Ich denke, dass sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben, relativ bald wieder zurückkehren zu können, zumal die Männer und oft auch die (alten) Eltern viele Geflüchteter in der Ukraine geblieben sind.

    Dann gibt es die zu weiteren Reisen bereiten Menschen, die auf dem Weg zu bereits in Europa lebenden Verwandten oder Freunden sind. Wir erleben das selbst in unserer kleinen Landgemeinde, dass wir für viele Ukrainer eher ein Zwischenaufenthalt sind, nach ein paar Tagen geht es dann mit der Bahn weiter z.B. nach Paris.


    Es besteht natürlich - je nach Kriegsverlauf - die Möglichkeit, dass eine Rückkehr in die Ukraine für sehr viele Menschen bis auf weiteres nicht mehr möglich sein wird, im Worst Case für immer. Sollte sich das abzeichnen, dann erlebt Westeuropa einen gewaltigen Einwanderungseffekt.


    Dass man das grundsätzlich hinbekommen kann, auch mit Millionen Menschen, hat die Einwanderung der Spätaussiedler nach dem Fall der Sowjetunion gezeigt. Alleine in den 1990er Jahren sind über 2 Mio. Russlanddeutsche innerhalb weniger Jahre nach D umgesiedelt. In meiner kleinen Heimatstadt wurde damals ein eigenes Wohngebiet auf der grünen Wiese gebaut, mit Platz für 1.500 "Russen". In den ersten Jahren gab es durchaus Konfliktpotenzial, vor allem an den Schulen (damals war die Anwesenheit von Polizei in der "großen Pause" auf den Schulhöfen ein normaler Anblick) und im Freizeitbereich (Schlägereien in Discos, Alkoholexzesse) sowie häusliche Gewalt. Bei Anzeigen wegen Ruhestörung rückte die Polizei ins "Russenviertel" grundsätzlich in Mannschaftstärke aus, nachdem die erste normale Polizeistreifen nach dem Klingeln an der Wohnungstür erst mal eins auf die Mütze bekommen hatten. Alles in allem hat sich das aber gut eingespielt.


    Rechnet man die Spätaussiedler aus der Zeit 1950-2005 zusammen, siedelten 6,5 Mio. Menschen aus dieser Gruppe nach D um.


    In den Jahren 1945-1950 wurden 12-14 Millionen Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten und aus der Sowjetunion vertrieben und mussten im zerstörten Nachkriegsdeutschland untergebracht werden, was keine leichte Aufgabe war. Die ansässige Bevölkerung kämpfte selber täglich ums Überleben und Vertriebene wurde bei Privathaushalten von den Behörden per Anordnung einquartiert. D.h. wer eine Wohnung oder ein Haus hatte/bewohnte, musste von Amts wegen Vertriebene bei sich aufnehmen. Das sorgte durchaus für Probleme. Es starteten dann umfangreiche Wohnbauprojekte, die man bis heute in jeder Ortschaft in Deutschland findet: Siedlungshäuser.


    Um auf Bärtis Eingangsfrage zurückzukommen, was staatliche Stellen derzeit planen bzw. vorbereiten.


    Soweit ich weiss, wurden z.B. beim Roten Kreuz deutschlandweit die Material-Bestände bei den Betreuungseinheiten abgefragt, also Feldbetten, Bettzeug, Zelte usw. die bei allen Ortsvereinen lagern. Darin eigebunden ist auch der auf Bundesländerebene angesiedelte Bevölkerungsschutz (der finanziert und beschafft die KatS-Fahrzeuge und Materialien, die dann dafür vom DRK verwendet werden). Bei vergleichbaren Hilfsorganisationen wie Malteser, Johanniter usw. dürfte das auch durchgeführt worden sein. Diese Abfragen finden bei großen Lagen routinemäßig statt.

    Die Zuweisung und Organisation der Unterbringung von Ukraine-Flüchtlingen haben in den letzten Tagen die Landkreisverwaltungen an sich gezogen, alle Kommunen sind angehalten, die Unterbringung mit ihrer jeweiligen Kreisverwaltung abzustimmen. Damit will man einen Überblick über die Lage behalten. Durch die Reise- und Niederlassungsfreiheit der Ukraineflüchtlinge (die mit 90-Tage-Touristenvisum einreisen und sich frei bewegen dürfen und bei Meldung bei einem Einwohnermeldeamt oder Ausländeramt den EU-Schutzstatus zuerkannt bekommen) ist das gar nicht so einfach. Zumindest innerhalb der ersten 90 Tage bzw. bis sie sich irgendwo bei einem Rathhaus melden, bleiben die Menschen unter dem Radar der Behörden, was eine Steuerung der Unterbringung erschwert.


    Weitere Planungen, wie z.B. die dauerhafte Unterbringung bzw. Ansiedlung von geflüchteten Ukrainern sind mir nicht bekannt. Das dürfte auch kein politisches Ziel sein, denn dann würde man die Ukraine an Putin schenken. Wenn, dann könnte ich mir das im allerschlimmsten Fall als humanitäre Notmaßnahme vorstellen, z.B. nach dem Einsatz von russischen Atomwaffen in der Ukraine.


    Würde man die gesamte ukrainische Bevölkerung (44 Mio.) auf die gesamte EU (500 Mio.) verteilen, dann wäre das ein Zuwachs von 8,8% - zum Vergleich: 1945 nach Kriegsende lebten in den vier Besatzungszonen, in die Deutschland aufgeteilt war, rund 66 Mio. Menschen. Die 12-14 Mio. Vertriebenen sorgten für einen Zuwachs von 18-21% bei der Bevölkerung.


    Grüsse

    Tom

    Das Klagelied über die Trägheit großer Organisationen ist ja bekannt. Und heute kann man mit der Macht der Social Media als gewiefter "Freiwilliger" sehr schnell eine große öffentliche Meinung hinter sich scharen. Siehe Ahrtal-Hochwasser-Katastrophe und ein gewisser Lohnunternehmer. Der hat die öffentliche Wahrnehmung wochenlang gekonnt beherrscht und die HiOrgs und Behörden förmlich vor sich hergetrieben. Ob das immer so gut war, ist die Frage. Vor allem wurde in diesem Zusammenhang mehr oder weniger subtil gegen den Staat und seine "unfähigen Beamten" Stimmung gemacht und es wurden die organisierten Helfer gleich mit als unfähige Beamte verunglimpft. Das war alles andere als glücklich. Dabei geht dann unter, dass z.B. 99% der Einsatzkräfte der HiOrgs ebenfalls ganz normale Bürger sind, die das ehrenamtlich und großteils unbezahlt und in ihrer Freizeit machen. Beim THW z.B. waren knapp 15.000 Kräfte in den 3 Monaten nach der Flut im Ahrtal im Einsatz und leisteten 2,2 Mio. Einsatzstunden. Beim DRK und den Feuerwehren ist es ähnlich. Nur dass die HiOrgs kein großes Mediengeschrei machen. Wer weiß z.B. dass das DRK im Ahrtal drei Kläranlagen(!) errichtet hat, die seither und voraussichtlich für mindestens zwei Jahre die Abwässer von drei Ortschaften behandeln?


    Andererseits hat die gewaltige Spendenbereitschaft dafür gesorgt, dass in den Hallen am Nürburgring eine Fläche von drei Fußballfeldern mit Pappkartons vollgestapelt wurde, mit zigtausenden Plüschtieren, gebrauchten Haushaltsartikeln, Wäsche, Schuhen usw. Aus eigener Erfahrung weiss ich (Flüchtlingsarbeit 2015), dass die Bevölkerung sehr gerne Sachspenden leistet, es dabei aber leider auch viele schwarze Schafe gibt, die das auch als Gelegenheit sehen, sich von lästigen Plunder zu trennen.


    Genauso läuft es nun auch bei der Unterstützung von Ukraine-Flüchtlingen. Unkoordiniert und ungefragt angelieferte Sachspenden binden vor Ort Kräfte, die besseres zu tun haben, als Altkleider zu sortieren und sie belegen dringend benötigte Lagerflächen. Abgesehen davon, dass die Logistikstrecken vor Ort durch die Massen an privat organisierten Hilfsfahrzeuge schlicht verstpfen.


    Wenn privat organisierte Hilfe, dann in Abstimmung z.B. mit einer Gemeinde oder einem Pfarrer vor Ort. Aber niemals einfach Zeug sammeln und irgendwohin an die polnische Grenze karren. Das schadet mehr, als es nüzt.


    Klar brauchen die großen HiOrgs eine Anlaufzeit, aber wenn sie dann liefern, ist das im großen Stil. DRK und andere haben mit der Deutschen Bahn schon zwei Züge mit einmal 350t und einmal 400t Hilfsgütern in die Ukraine(!) gebracht. Das ist dann standardisierte Hilfe mit vorgepackten System-Modulen. Damit kann man vor Ort ganze Infrastrukturen ersetzen.


    Private Hilfsinitiativen sollten sich lieber vor Ort in ihren Kommunen um die dort immer mehr ankommenden Geflüchteten kümmern.


    Grüsse

    Tom

    rand00m: die dänischen M72 EC sind Panzerbüchsen aus der Zeit des Vietnamkriegs, die seit 1985 durch andere Systeme abgelöst wurden. Wenn Dänemark davon noch welche hatte, ist es ja gut. Deutschland lieferte 2015 an die kurdischen Peschmerga 60 Milan-Panzerabwehrsysteme mit insgesamt 1.000 Raketen, vielleicht sind die Bestände ja aufgebraucht. Bei den Strelas aus NVA-Beständen muss man sich im klaren sein, dass das über 30 Jahre alte Systeme sind. Die Treibladung und der Gefechtskopf verändern sich chemisch, da muss man froh sein, wenn die Dinger beim Abfeuern nicht zum Rohrkrepierer werden.


    Was stört dich daran, dass die 100Mrd. Sondervermögen für die Bundeswehr auf mehrere Jahre aufgeteilt werden? Von welchen Lieferzeiten gehst du aus? Glaubst du, die von Polen bestellten Reapers und Fregatten werden noch dieses Jahr ausgeliefert? Rüstungsprojekte dieser Dimension dauern Jahre.

    Ich glaube, so innig ist die Liebe zwischen Chinesen und Russen nicht.

    Evtl. ticken die Machthaber Putin und Xi ähnlich, aber die Bevölkerungen sind nicht wirklich kompatibel. Wenn man sich anschaut wie die chinesische Regierung mit den Uiguren umspringt - warum soll sie sich gegenüber Kasachen, Tschetschenen, sibirischen Russen usw. dann plötzlich aufgeschlossen und freundlich verhalten?

    Chinas Regierung kooperiert mit Russland so lange - und nur so lange, wie es chinesischen Interessen dient. Da dürfte aber schnell eine Grenze erreicht werden.

    China ist durch Globalisierung und internationalen Handel von einem Dritte-Welt-Land mit Hungersnöten und völlig unterentwickelten ländlichen Bereichen zu einem vergleichsweise wohlhabenden Land mit moderner Infrastruktur und hohem Lebensstandard geworden.

    Die globalen Beziehungen würde China niemals für eine enge Brüderschaft mit einem riesigen Habenichts-Staat wie Russland aufs Spiel setzen. Damit China intern funktioniert und prosperiert, braucht das Land jährlich 10% BIP-Wachstum. Unterstützt Xi nun Putin bei seinen Allmachtsfantasien, dann werden die internationalen Handelsbeziehungen zu China abbrechen und China wird eine Rezession ungekannten Ausmaßes erleben. Dann hat man eine Allianz aus zwei Riesen-Staaten, in denen alles den Bach runter geht.

    Russland braucht China, aber China braucht Russland nicht.


    Hier ein interessanter Essay von Francis Fukuyama in der NZZ vom 19.3.2022:


    Putin wird die Niederlage seiner Armee nicht überleben – 12 Thesen zum Krieg in der Ukraine

    Das Einzige, was das Gemetzel stoppen kann, ist eine Niederlage der russischen Bodentruppen. Einiges spricht dafür, dass sie unvermeidlich ist. Am Ende könnte eine Wiedergeburt der Freiheit stehen, die sich bis Taiwan erstreckt.


    1. Russland steuert auf eine klare Niederlage in der Ukraine zu.(...)
    2. Der Zusammenbruch ihrer Stellungen könnte plötzlich kommen und katastrophal sein.(...)
    3. Eine Beendigung des Krieges durch Diplomatie ist unmöglich, solange der Kollaps der russischen Armee nicht eingetreten ist.(...)
    4. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich wieder einmal als unnütz erwiesen.(...)
    5. Die Entscheidungen der Biden-Administration, keine Flugverbotszone auszurufen und bei der Überführung polnischer Kampfflugzeuge nicht zu helfen, waren beide gut.(...)
    6. Die Kosten, die die Ukraine zu tragen hat, sind selbstverständlich enorm.(...)
    7. Putin wird die Niederlage seiner Armee nicht überleben.(...)
    8. Die Invasion hat den Populisten in aller Welt, die vor dem Angriff unisono ihre Sympathie für Putin zum Ausdruck brachten, bereits stark geschadet.(...)
    9. Bis zu diesem Punkt ist der Krieg eine Lektion für China.(...)
    10. Es ist zu hoffen, dass Taiwan selbst aufwacht und die Notwendigkeit erkennt, sich wie die Ukrainer auf den Kampf vorzubereiten.(...)
    11. Türkische Drohnen dürften militärische Bestseller werden.
    12. Eine russische Niederlage wird eine «Wiedergeburt der Freiheit» ermöglichen, und sie wird den Blues vom Niedergang der globalen Demokratie vertreiben.(...)

    Es gibt aktuell Pläne, verstärkt Artillerieaufklärungsradar in die Ukraine zu bringen, um die russischen Stellungen aufzuklären, die zunehmend die Städte im Belagerungsmodus beschießen. Damit kann man anhand der Flugbahnverfolgung der einschlagenden Artilleriegeschosse den Standort des Artilleriegeschützes präzise bestimmen und zielgerichtet mit Gegenfeuer belegen.


    Da sich die russischen Einheiten gerade um die Städte herum "eingraben", um den Dauerbeschuß der Städte durchführen zu können, wäre deren Bekämpfung mit vom Westen gelieferten Waffensystemen eine logische weitere Eskalation, will man die Ukraine weiter unterstützen. Allerdings braucht man dann neben Radarsystemen wie COBRA oder AN/TPQ-36 (das bereits 2015 erstmals an die Ukraine geliefert wurde) auch präzise Wirkmittel, um die aufgeklärten Artilleriestellungen bekämpfen zu können. Das wäre mit Geräten wie der PzH2000 möglich, Boden-Boden-Raketen oder Drohnen.


    Spiegel-Artikel vom 19.3.2022 dazu (hinter Paywall)

    Man stelle sich vor das die japanische Armee damit ausgerüstet würde und eventuell in einer kriegerischen Aussetzung im asiatischen Raum Beistand leisten würde Taiwan zu verteidigen.

    EIn Blitzkrieg ist damit halt nicht möglich...der Gegner stirbt vermutlich an Altersschwäche, bevor die am Horizont sichtbare mechanisierte Reiterbrigade bei ihm angekommen ist...


    Die Messlatte für freilaufende Roboter liegt etwas höher.

    Ich möchte damit zeigen, dass wer glaubt die Russen sind bald am Ende mit Soldaten und / oder Material, der täuscht sich gewaltig.

    Demgegenüber stehen Einschätzungen von Militärs (z.B. Gen. Petraeus, USA), wonach eine Einheit nicht mehr planmäßig kampffähig ist, sobald sie mehr als 10% ihrer Soldaten verloren hat. Die russische Invasionsstreitmacht für die Ukraine wurde auf 150.000 Mann geschätzt. Alleine die Toten werden auf 7.000 bis 13.000 russische Soldaten geschätzt. Dazu kommt noch eine unbekannte Anzahl nicht mehr einsatzfähiger Soldaten, da dürfte man nochmal den Faktor 2...3 auf die Zahl der Gefallenen drauf rechnen. Das summiert sich selbst bei einer konservativen Annahme auf 21.000 ausgefallene Soldaten von 150.000. Geht man von einen Mittelwert bei den Zahlen der Toten und Verwundeten aus, wäre man schon bei 35.000 ausgefallenen. Das wärem dan mehr als 23% der Invasionstruppe, die nach drei Wochen schon ausgefallen ist. Nach Lehrbuch wäre diese Streitmacht nicht mehr kampffähig, in dem Sinn, dass sie die militärischen Aufgabenstellung erfüllen könnte. Und das sehen wir derzeit in der Ukraine.


    Bleibt die Verlustrate konstant, dann wären in drei bis vier Wochen über 50% der russischen Soldaten in der Ukraine ausgefallen und ein Drittel davon tot. Sinkt die Kampfbereitschaft bzw. Kampffähigkeit mit jedem weiteren Ausfall, dann steigt die Verlustrate jedoch an und die Ausfälle nehmen schneller zu.


    Mit jedem Soldaten oder Wehrpflichtigen, der zum Ausgleich der Ausfälle nun woanders abgezogen wird, steigt das Risiko für Russland: ausländische Söldner kosten viel Geld und sind nur gegenüber regelmäßigen Zahlungen in harter Währung loyal. Eigene Soldaten oder eine Mobilmachung reisst Löcher an anderen Stellen.


    Nicht umsonst wird der russische Einsatz in der Ukraine mittlerweile als "meat grinder" für die russischen Soldaten bezeichnet. Ob es für den Frieden an der Heimatfront eine gute Idee ist, die unerfahrenen Rekruten als erstes zu verheizen, also den russischen Müttern ihre 17-/18jährigen Jungs zu nehmen, glaube ich nicht.


    Ein weiteres Zahlenspiel mit den Kampfpanzern:

    "Kampfpanzer: 22.800 (davon 6500 aktive)"


    Angenommen, Russland hat 6.500 einsatzfähige Kpz. Und davon sind bereits 404 Stück innerhalb von 22 Tagen in der Ukraine verlustig gegangen. Das sind 18 Panzer pro Tag. Dann sind bis Jahresende alle einsatzfähigen russischen Kampfpanzer verbraucht. Genügend Javelins und NLAWs sind dafür jetzt schon in der Ukraine.



    Was ich damit andeuten will: ein "Untergang" der russischen Armee in der Ukraine wäre rechnerisch möglich. Die Ukraine bekommt quasi unbegrenzten Nachschub des Westens, während Russland nur von vorhandenen Reserven lebt.Nach amerikanischen Zählungen hat das russische Militär z.B. schon über 1.000 Raketen und Marschflugkörper im Ukraine-Krieg abgefeuert, also im Schnitt 45 Stück pro Tag.

    Die eigene Rüstungsproduktion wird insbesondere bei komplexen Geräten (Panzer, Raketen, Fluggeräte) schon jetzt die bisherigen Verluste & Verbrauchsraten nicht ausgleichen können.

    Dazu müsste die russische Industrie knallhart auf Kriegswirtschaft umgestellt werden und alle relevanten Betriebe im Dreischichtbetrieb rund um die Uhr produzieren. Und sie bräuchten dazu Ressourcen (Arbeitskräfte, Geld, Material, Treibstoffe, Metalle, Chemie) die entweder schon vom Militär beansprucht werden oder durch die Sanktionen nicht zu bekommen sind.


    Ich bin überzeugt davon, dass sich russische Militärstrategen darüber auch schon Gedanken machen. Das dumme ist, dass sie ihrem Boss das kaum vermitteln können, der wittert sofort Verrätertum und stellt diese Leute kalt. Das könnte dazu führen, dass Putin die blindwütige Gewalt weiter eskaliert: Fassbomben, Chemiewaffen, Atomwaffen. Für die thermobarischen Waffen braucht er überwiegend Bomber. Die TOS-1 Raktenwerfer haben nur 3.500m Reichweite und sind mit ihrer explosiven Fracht ein leichtes Ziel für Infanterie im Gebüsch. Die Bomber können mit Stinger und Strela bekämpft werden. Also auch hier eine begrenzte Ressource.


    Klar könnte Putin nun alles, was er an konventionellem Heer hat, mobilisieren, um die Ukraine platt zu machen. Dann macht er aber sein Land flächendeckend angreifbar. Die hochgerüsteten Sowjetrepubliken wie die "-stan"-Länder oder Georgien könnten das als Chance sehen, sich aus Moskaus Griff zu lösen.


    Dieses Szenario "Russlands Militär verausgabt sich" ist allerdings kein gutes. Denn es bleiben die Atomwaffen. Entweder von Putin eingesetzt oder in einem Post-Putin-Szenario in den Händen von Chaoten, Warlords und kleinen Kadyrows. Insofern müsste der Westen bzw. die ganze Welt eigentlich ein Interesse daran haben, dass der Ukraine-Krieg beendet wird, ohne Russland ins Chaos abgleiten zu lassen.

    Wenn er die hingegen außerhalb der Ukraine angreift ist es eben ein russischer Angriff auf die Nato


    Wenn es überhaupt noch so weit kommt. Was bisher als völlig utopisch galt, könnte eintreten: eine russische Niederlage in der Ukraine.


    Der Spiegel berichtet soeben (leider hinter einer Paywall):

    Überraschende Wendung im Ukrainekrieg

    Experten sprechen vom David-gegen-Goliath-Szenario – und »die Russen sind jetzt David«


    CNN schlägt heute in die gleiche Kerbe:


    Questions over Russia's military readiness as casualties mount in Ukraine

    Thousands of Russian troops have been killed in Ukraine since Russia's invasion began nearly one month ago, US and NATO officials told CNN this week, and Russia is now struggling to resupply those forces as it faces sagging troop morale and fierce Ukrainian resistance.

    Russia's offensive to capture Kyiv has largely stalled, NATO officials said, and on Thursday Ukraine said it launched a counteroffensive aimed at gaining decisive control of the city's suburbs.

    US and allied intelligence assessments vary widely as to exactly how many Russian forces have been killed to date, sources familiar with the intelligence tell CNN. But even the lowest estimates are in the thousands.

    One such assessment found that approximately 7,000 Russian troops have been killed so far, said one of the sources.(...)

    Regardless of the precise number, US and western intelligence officials have observed that Russia is having difficulty replacing its forces, which is having a significant impact on Russian troop morale, senior NATO officials said on Wednesday.



    Putin wandte sich vorgestern an das russische Volk - mit wüsten Drohungen ("Verräter, Abschaum") gegen seine eigenen Bürger:


    "Putin, who has enjoyed consistently high ratings in Russia, is now turning to a strategy of intimidation to keep Russians on side, experts said. His speech Wednesday hinted darkly that those Russians who do not side with him were, in essence, traitors -- chilling words in a country where mass political repressions and the Gulag system are still within living memory." (CNN)

    Laut DailyMail warnte heute ein Geheimdienst-Direktor des US-Verteidigungsministeriums vor der Gefahr, dass Putin nun verstärkt die russische Atomstreitmacht gegenüber dem Westen betonen könnte, da ihm in der Ukraine die konventionellen russische Streitkräfte derart geschwächt werden, dass Russland sehr bald konventionell nicht mehr verteidigungsfähig ist:


    "Russia's invasion is now grinding into its third week with heavy losses for Moscow, prompting the US warns that Putin will increasingly resort to nuclear threats in order to keep the West out of the conflict because he will no longer be able to rely on the strength of his conventional forces - which will be weakened in the fighting.

    Lieutenant General Scott Berrier, director of the Pentagon's Defense Intelligence Agency, told Congress yesterday: 'As this war and its consequences slowly weaken Russian conventional strength, Russia likely will increasingly rely on its nuclear deterrent to signal the West and project strength to its internal and external audiences.'"


    Heute morgen berichtete der SWR in den Radionachrichten, dass es ukrainischen Einheiten vermehrt gelingt, russische Truppen zurückzudrängen.


    Was für eine Demütigung, wenn sich die "zweitgrößte Streitmacht der Welt" wie ein geprügelter nasser Hund zurückziehen müsste. Putin ist nun alles zuzutrauen, auch ein Abgang mit maximal möglichem Schaden, auch gegenüber dem eigenen Volk - frei nach Hitler, der angesichts der bevorstehenden Niederlage 1945 den Deutschen Schwäche attestierte und dass sie deshalb auch kein anderes Schicksal verdient hätten, als den vollständigen Untergang. (Wikipedia: "Nerobefehl" Hitlers - der die Taktik der "verbrannten Erde" nun auch auf dem Reichsgebiet befahl)

    NZZ vom 17.3.2022:


    Russlands Luftwaffe erleidet ihre bisher schwersten Verluste


    Der ukrainischen Armee ist im russisch besetzten Süden des Landes ein spektakulärer Gegenschlag gelungen. Auf einer Luftwaffenbasis wurden zahlreiche russische Helikopter zerstört. Das wirft die Frage auf, wie gut Russland die neu eroberten Gebiete unter Kontrolle hat.

    (...)

    Noch am Dienstagmorgen hatten Russlands Streitkräfte die Erfolgsmeldung verbreitet, sie würden nun die gesamte Provinz Cherson im Süden der Ukraine kontrollieren. Doch bereits am Nachmittag zeigte sich eine andere Realität, als nahe der gleichnamigen Provinzhauptstadt ein Inferno ausbrach. Auf dem militärisch und zivil genutzten Flughafen von Cherson gingen mehrere Helikopter in Flammen auf.

    (...)

    Experten sprechen daher von insgesamt 16 bis 22 Helikoptern sowie mehreren Raketenstellungen und einer zweistelligen Zahl von Militärfahrzeugen, die Russland verloren habe.



    Die russischen Verluste an Panzern, Fahrzeugen und Fluggeräten sind dramatisch. Die Internetseite oryxspioenkop dokumentiert die Verluste an Material, die sich per Fotodokumentation nachweisen lassen - sowohl für die russische als auch die ukrainische Seite. Gezählt werden also nur fotografierte Geräte. Die Fotos sind alle aufrufbar. Demnach hat Russland über alles Geräte gerechnet viermal so hohe Verluste wie die Ukraine:


    Russia - 1506, of which: destroyed: 698, damaged: 24, abandoned: 220, captured: 563

    Ukraine - 373, of which: destroyed: 143, damaged: 5, abandoned: 48, captured: 177


    Russland hat demnach alleine schon 242 Kampfpanzer verloren, die Ukraine 66. Weiter verloren die russischen Streitkräfte 32 Boden-Luft-Raketensysteme (u.a. für Buk- und Tor-Raketen), 32 Hubschrauber und 13 Flugzeuge. Das sind alles nur Verluste, für die es einen "Fotobeweis" gibt. Es dürfte ein große Dunkelziffer weiterer Verluste geben.

    Der Schweiz traue ich durchaus eine robuste Verteidigung in klassischer Manier zu. Die Frage ist, wie lange die Munition und die Mannschaften ausreichen, um gegen einen Angreifer wie die russische Armee durchtzuhalten. Die Mengen an Luft- und Panzerabwehrwaffen, die derzeit in die Ukraine gehen, sind ja deutlich 5stellig und dort herrscht noch keine drei Wochen Krieg.

    xsurvivor: das ist aber eine sehr optimistische Sichtweise und setzt voraus, dass keinerlei langlebige Isotope wie Cs-137 bei der Kernexplosion freigesetzt werden (Neutronenbombe) oder die Explosion soweit über Grund stattfindet, dass keine Bodenmaterial aufgewirbelt wird und kontaminiert wird.


    Bei einer "normalen" Atombombe hat man es leider mit Cs-137 (Hwz 30 Jahre) und anderen Isotopen mit langer Halbwertszeit zu tun.


    scinexx-Artikel vom 7.6.2016: 


    Bikini-Atoll: Insel bleibt verstrahlt und verwaist

    Rest-Radioaktivität durch Atomwaffentests noch immer zu hoch für eine Wiederbesiedelung


    Verstrahltes Südsee-Paradies: Die Hauptinsel des Bikini-Atolls ist noch immer zu verstrahlt, um eine sichere Rückkehr ihrer Bewohner zu erlauben. Auch fast 60 Jahre nach dem Ende der letzten Atomwaffentests liegt die Gammastrahlung im Zentrum der Insel deutlich über den Grenzwerten, wie neue Messungen belegen. Auch die Nachbarinsel Rongelap kommt wahrscheinlich für eine Wiederbesiedlung noch nicht in Frage, wie Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

    Wenn die Amis nicht wären.

    Wobei mich Interessieren würde wo die sowjetischen Hubschrauber herkommen.

    Könnte mir vorstellen, dass die aus Beständen der NVA und ehemaligen Sowjetrepubliken stammen. Im Golfkrieg hat die damalige Allianz auch große Mengen NVA-Material bekommen, das aufgrund der Abrüstungsbeschlüsse im Rahmen der Zwei-plus-Vier-Gespräche zur dt. Wiedervereinigung aus Europa weg musste.

    Wurden so nicht die meisten Städte / Burgen eingenommen?

    Lies mal das CNN-Interview mit General Petraeus. Er erklärt den Unterschied zwischen der Einnahme einer Stadt und der Zerstörung einer Stadt. Und listet auch auf, dass die Russen nicht in der Lage sein werden, auch nur eine Großstadt unter ihre Kontrolle zu bringen. Was bleibt, ist das ziellose drauflos bomben, um die Zivilbevölkerung zu treffen. Danach hat man ein Trümmerfeld bzw. einen riesigen Friedhof, aber keine Stadt mehr. Siehe Aleppo, siehe Grosny. Es ist zu befürchten, dass Putin genau das befehlen wird. Dann ist er aber meilenweit von seinem Kurs abgekommen, die ukrainischen Brüder von kiffenden Nazis befreien zu wollen.

    Man sollte Russland nicht überschätzen. Russland wird niemals mehrere große europäische Länder erobern können.

    Dem russischen Militär geht jetzt schon die Puste in der Ukraine aus. Städte erobern, sichern und halten kann es praktisch nicht bzw. nur bei Kleinstädten.

    Die Truppen um Kiew sind nach wie vor 15-20km von der Stadt entfernt und kommen nicht voran.

    Nur belagern und wahllos draufballern wie bei Mariupol funktioniert. Aber auch das ist eine Frage der Zeit, bis man keine Munition/Raketen mehr hat. Russlands Industrie kann nicht in dem Tempo nachproduzieren, wie das Militär die Raketen verfeuert. Und durch die Sanktionen fehlt der Zugang zu Ersatzteilen für die Industrieproduktion in Russland. Da kommt früher oder später die ganze Rüstungsmaschinerie ins Stocken.

    Ich fürchte, dass die Grenzen rasch dicht gemacht werden, bei einem russischen Angriff auf Deutschland.

    Das dürfte bei einer physikalisch offenen grünen Grenze kaum möglich sein. Länder die "dicht machen" wollen, müssten sich komplett einzäunen. Schon die Außengrenze der Schweiz ist fast 2.000km lang. Die "Zonengrenze" der DDR zur alten Bundesrepublik war 1.400km lang und ein Großteil der für die Grenzsicherungsanlagen verwendeten Streckmetall-Gittermatten musste importiert werden, auch der Stacheldraht kam z.T. von Westfirmen.

    Also was will ich verteidigen außer meine Familie und meinen Wohlstand und eine sog. Freiheit (ok, etwas provokativ)?

    Da hätte ich dich anhand deiner bisherigen Äußerungen anders eingeschätzt, nicht als "Komfortprepper", der nur seine eigene Komfortzone verteidigt. Man kann doch nicht ständig den Verfall der Sitten, der Politik, der Gesellschaft, der Armee etc. beklagen, um am Ende dann zu sagen: "Tschüß, ich kümmere mich nur um meine Familie"?


    Wenn es zum V-Fall kommt und das scheint ja mittlerweile nicht mehr völlig utopisch, dann würde ich auf jeden Fall alles in meiner Macht stehende tun, um Land und Leute zu verteidigen. Als ehemaliger Zivi habe ich zwar nicht die Qualifikation/Berechtigung zum Waffendienst, worüber ich auch nicht böse bin, aber ich würde mich dann im Rahmen der zivilen Verteidigung einbringen (bzw. dazu herangezogen werden, das übersehen manche in der Diskussion nämlich. Auch bei uns gibt es die geetzliche Möglichkeit, alle Personen im "wehrfähigen Alter" zu Diensten einzuziehen, ihre Reisefreiheit einzschränken etc.

    Auch wenn in meinem Anerkennungsbescheid für den Zivildienst drinsteht "dieser Bescheid ist unanfechtbar", bedeutet das noch lange nicht, dass ich im V-Fall meine Sachen packen und mich mit der Familie absetzen kann. Auch ein anerkannter Zivi kann (und wird) im V-Fall eingezogen, einziger Unterschied: er darf nicht an Waffen eingesetzt werden. Und die Generation, die in den letzten 20 Jahren ohne Wehrpflicht herangewachsen ist, kann ohne wenn und aber zum Wehrdienst eingezogen werden.

    Die USA haben Patriot-Einheiten von Ramstein nach Polen in die Nähe der ukrainischen Grenze verlegt und um den Rzeszow-Jasionka International Airport in Stellung gebracht. Laut EUCOM (US Europe Command in Stuttgart), war dies bereits letzte Woche Dienstag mit Polen vereinbart worden.


    (Quelle: DailyMail vom 15.3.2022: US Patriot Missile launchers installed at Polish airport just 50 miles from Ukraine with surface to air defence system 'pointing east' after being flown in by American military)

    Nachtrag zum politischen Gewichtsausgleich zwischen Deutschland und Frankreich. Es scheint eher so, dass es den Franzosen nicht passt, dass Berlin mal eben die Handbremse gelöst hat, was das Militärbudget angeht.


    CNN-Artikel vom 15.3.2022:

    "The increase in spending will make Germany the best-funded military in Western Europe and, post-Ukraine, it seems likely that Germany will be actively seeking to play a more prominent role in European security.
    The prospect of Germany suddenly playing this larger role may cause some degree of concern in other European capitals. France, previously the biggest military voice in the European Union, has been a cheerleader of closer European defense integration. It is unclear how a new, better equipped German military will fit into the EU's long-term defense thinking nor how it will act within NATO."


    "Durch die Erhöhung der Ausgaben wird Deutschland zum bestfinanzierten Militär in Westeuropa, und nach der Ukraine wird Deutschland wahrscheinlich aktiv versuchen, eine wichtigere Rolle in der europäischen Sicherheit zu spielen.

    Die Aussicht, dass Deutschland plötzlich eine größere Rolle spielen wird, kann in anderen europäischen Hauptstädten eine gewisse Besorgnis hervorrufen. Frankreich, das bisher die größte militärische Stimme in der Europäischen Union war, ist ein Befürworter einer engeren europäischen Verteidigungsintegration gewesen. Es ist unklar, wie sich ein neues, besser ausgerüstetes deutsches Militär in das langfristige Verteidigungskonzept der EU einfügen und wie es innerhalb der NATO agieren wird."

    Bei uns wird das so gehandhabt, dass die Geflüchteten wie andere Bürger auch, Anspruch auf kostenlose Schnelltests haben. Und sie können sich unbürokratisch in den Impfzentren/-stellen impfen lassen, vorzeigen des ukrainischen Passes genügt. Sobald sie sich bei der Kommune gemeldet haben (wg. Sozialleistungen/Schutzstatus) erhalten sie provisorisch Krankenscheine für Arztbesuche, mit denen dann niedergelassene Ärzte ihre Leistungen abrechnen können. Sind die geflüchteten dann mal ein paar Wochen da, bekommen sie eine Versichertenkarte. Läuft alles. Wird halt gerade erst hochgefahren.