wurde ein 60 kVA Stromerzeuger besorgt
Agreggat vom Landeseigenen Stromversorger steht 10min entfernt
Beides sind Beispiele dafür, dass es bei einer echten Flächenlage (alle haben das gleiche Problem, auch das Umland) sofort zu Interessenskonflikten kommen wird. Das einzelne 60kVA-Aggregat kann nur an einer Stelle eingesetzt werden. Ich habe aber schon in unserer kleinen Gemeinde ein gutes Dutzend Stellen, die ohne Stromversorgung sofort kritisch werden. Ich muss also eine Art Energie-Triage durchführen und entscheiden, was ich ausfallen lasse.
Dito beim Anhängeraggregat des Stromversorgers. Natürlich haben die Versorgungsnetzbetreiber einzelne Netzersatzanlagen, die sind auch fast täglich im Einsatz bei Wartungs- und Reparaturarbeiten. Die reichen aber bei weitem nicht aus, z.B. alle Wasserversorgungseinrichtungen gleichzeitig mit Notstrom zu versehen. Außerdem fehlt dann das Notstromaggregat für dringende Wartungsarbeiten des Netzbetreibers selbst (der soll ja den Blackout beheben und kann nicht seine Wartungstrupps für die Notversorgung anderer Einrichtungen abstellen).
Die meisten KatS-Planer haben ein Problem, sich die "Überall-Gleichzeitigkeit" der Blackout-Lage vorzustellen. Unser Landkreis hat knapp 290.000 Einwohner die sich auf 26 Städte und Gemeinden verteilen, die insgesamt 185 Ortschaften ergeben. Wenn ich mal n notstrombedürftige Stellen pro Ortschaft ansetze, habe ich allein in unserem Landkreis n x 185 Stellen, die bei einem Blackout dringend notversorgt werden müssten.
Ich komme bei unseren drei Ortsteilen auf 14 solcher Stellen: Notunterkünfte, DRK, Feuerwehrmagazine, Bauhof, Abwasser-/Wassernetze, Lagezentrum/Krisenstab. Das ist sicher großzügig geplant, würde aber jeder Ortschaft ein halbwegs autarkes Inseldasein ermöglichen und unnötigen Verkehr (Unfallgefahr, Spritverbrauch) zwischen den 5km auseinanderliegenden Ortsteilen vermeiden. Könnte man sicher etwas straffen, aber unter 10-12 Stellen, die Notstrom brauchen, würde ich nicht planen wollen. D.h. ich brauche wenigstens vier mal Notstrom pro Ortschaft.
Macht für unseren Landkreis 4 x 185 = 740 Notstrom-Bedarfststellen. Nimmt man für jede Stelle jeweils ein 6kW-Dieselaggregat bei 50% Last und Dauerbetrieb an, wären das 740 Aggregate, die rund 22.000l Diesel pro Tag verbrauchen. Das ist ein kompletter Tankzug pro Tag.
Oder bei 740 Aggregaten und 290.000 Einwohnern im Landkreis rund 2,6 Stromaggregate pro 1.000 Einwohner. Auf 83 Mio. Einwohner hochgerechnet irgendwas um die 212.000 Stromaggregate und 6,3 Mio. Liter Diesel für eine Woche Notstrombetrieb. Und wir reden jetzt hier nur von absolut kritischen Infrastrukturen der Kommunen! Also schon im Katastrophenmodus mit provisorischen Rotkreuz-Sammelplätzen für Kranke und Verletzte, Turnhallen als Notunterkünften und freiwilligen Feuerwehren auf dem Dorf als improvisierte Einsatzleitstellen im 24/7-Dauereinsatz (wir haben ca. 30 aktive FWler pro Ortsteil, die werden einen 3-Schicht-Betrieb ihrer Abschnittsführungstelle und gehäufte Einsätze nicht lange stemmen können).
Landwirtschaft, Industrie, Krankenhäuser, ÖPNV, Polizei etc. sind da noch gar nicht berücksichtigt.
Damit wird deutlich, dass eine zentrale Blackout-Vorsorge wie beim klassischen Katastrophenschutz auf Landkreisebene illusorisch ist.
Dauert der Blackout dann über 2-3 Tage ohne Aussicht auf Besserung der Lage, dann muss der weitgehend stromlose Weiterbetrieb der kritischen Infrastrukturen angegangen werden. D.h. Ausgangssperre für alle, Notverpflegung organisieren und an die Haushalte verteilen, Trinkwasser per Fasswagen oder über aktivierte Notbrunnen zugänglich machen, alternative Transport- und Kommunikationsmittel aufbauen (Pferdefuhrwerke, Fahrräder, Feldtelefon) und im Winterhalbjahr stromlos beheizbare Notunterkünfte vorbereiten. Das Anzapfen von Solaranlagen, die ja mittlerweile reichlich vorhanden sind, ist eine Möglichkeit, zu etwas Strom zu kommen, setzt aber passende (Insel-)Wechselrichter oder Solar-Laderegler voraus, die bei den klassischen PV-Anlagen zur Einspeisung ins Netz leider nicht vorhanden sind.
Grüsse
Tom