Hallo,
Zitat von Endzeitstimmung;244436
wer veranlasst die höheren Ebenen der sicherheitsorgane eigentlich dazu zu handeln?
Welche Behörden, oder welche Institutionen des Landes oder des Staates sind da federführend?
das kommt auf die Lage an (für D):
- lokal begrenzte Lagen bearbeitet die Gemeindeverwaltung (Rathaus): kann die gemeindeeigene Feuerwehr direkt anweisen (Ortsfeuerwehren sind der Gemeindeverwaltung unterstellt) und kann zusätzliche Kräfte von Nachbargemeinden über die Kreisleitstelle nachalarmieren.
- reichen die örtlichen Kräfte nicht aus, wendet sich die Einsatzleitung (in Absprache mit der Gemeindeverwaltung) an die Kreisleitstelle und informiert das Landratsamt, das vergleichbare Befugnisse auf Landkreisebene hat, also kreisweit vorrangig Feuerwehrkräfte anfordern kann, aber auch Zugriff auf die Zivilschutzeinheiten hat (die in der Regel bei den DRK-Ortsverbänden und Rettungswachen vorgehalten werden). In D sind das die cremefarbenen Rotkreuzfahrzeuge. Bei ausgedehnten Lagen können die Landratsämter auch Hilfe aus den Nachbarlandkreisen anfordern.
- gelingt es immer noch nicht, die Lage in den Griff zu bekommen, dann kann/muss der Landkreis Katastrophenalarm auslösen, was ihm juristisch weitreichende Befugnisse gibt, z.B. kann er anordnen dass sich alle verfügbaren Einsatzkräfte bei FW und DRK in Bereitschaft halten müssen etc.
- bei einer Landesweiten Lage gibt es das gleiche Spiel auf Landesebene: hier kann die Landesregierung (Staatskanzlei und Innenministerium) ebenfalls (landesweiten) Katastrophenalarm auslösen.
- bei grossen Lagen (Katastrophen) übernimmt der Bund (Bundesinnenministerium & Kanzleramt) die Führung und setzt z.B. das THW bundesweit in Alarmzustand und verlegt THW-Einheiten an den Schadensort. Das gleiche gilt für Einsätze der Bundeswehr im Inneren (z.B. Oder-Hochwasser)
- auf dem kleinen Dienstweg können immer auch Bundeskräfte (THW, BW) von den Einsatzleitstellen auf Kreisebene direkt angefordert werden. Sowas hatten wir in unserer Gemeinde 2013, als extreme Regenfälle und ein überlaufender Bach unser Trinkwasserpumpwerk akut bedrohten und sämtliche verfügbaren Feuerwehrpumpen nicht ausreichten, den steigenden Wasserspiegel im Maschinenhaus des Wasserwerks zu stoppen resp. abzusenken. Erst mit zwei Pumpen des THW, die jeweils 300m³/h Förderleistung hatten, konnte man das Maschinenhaus vor dem Absaufen bewahren, während parallel draussen ein Bauunternehmen eilig einen Entlastungsgraben baggerte (nachts von zwei bis vier Uhr), der die Wassermassen des Hochwassers ableitete.
Generell gibt es auf allen Ebenen ausgearbeitete Katastrophenpläne für die "üblichen" Szenarien, also z.B. rasche Unterbringung und Versorgung vieler Menschen (bei Evakuierungen), Erstversorgung und Verteilung vieler Verletzter (ManV - Massenanfall von Verletzten - hier ein Handbuch des Bundesinnenministeriums dazu). Ebenso gibt es bei den Polizeibehörden Pläne für die Bewältigung von Gewaltausbrüchen und Randale. Da ist man Dank Castor-Transporten und Bundesliga-Vereinen wie Hansa Rostock in D leider _sehr_ erfahren.
Die Sache mit der Vorbereitung auf Dinge wie CBRN-Bedrohungen (z.B. "schmutzige Bomben") hat meiner Meinung nach immer auch ein wenig mit der finanziellen Lage der Ressorts in der Bundesregierung zu tun und welches Referat sich mal wieder beim Finanzminister clever vermarkten konnte. Nach dem Ende des Kalten Kriegs hat man in D ja den Zivilschutz kräftig eingedampft (u.a. das Bundesamt für Zivilschutz im Januar 2001 aufgelöst bzw. auf eine Zentralstelle im Bundesverwaltungsamt reduziert - um es nach dem 11. September 2001 wieder neu aufzubauen und 2004 als BBK wieder neu aus der Taufe zu heben).
Angesichts der momentanen Lage mit dem Zustrom von Flüchtlingen, hat die Bundesregierung den Geldhahn diesbezüglich kräftig aufgedreht - derzeit geht man in der Bundesregierung von 10 Mrd. Euro jährlich(!!!) aus, um die Lage zu bewältigen (zum Vergleich: der "Aufbau Ost", d.h. die Modernisierung der Ex-DDR kostete 15 Mrd./Jahr - da erkennt man die Dimension der aktuellen Lage ein wenig...).
Mit diesen 10 Mrd. werden natürlich nicht nur Feldbetten und Containersiedlungen finanziert, auch das Ganze drumherum bis hin zum Mehraufwand im Zivilschutz und der Katastrophenvorsorge profitiert davon. Könnte mir gut vorstellen, dass die derzeit völlig ausgelasteten Hilfsorganisationen nun nach und nach ganz ordentliche Zusatzbzudgets bekommen. Es dauert in D zwar immer eine Weile, bis die Maschinerie in Gang kommt, aber dann wird geklotzt. Vgl. Beschaffungen bei der Bundeswehr.
Wer sich für die Entscheidungs- und Planungsstrukturen interessiert, das BBK hat eine recht informative Seite zum Thema "Grundlagen Krisenmanagement"
Grüsse
Tom