Hallo,
man kann das Szenario (Auto kaputt, keine unmittelbaren Kommunikationsmittel verfügbar) auch auf andere Bereiche übertragen und schauen, welche Erfahrungen dort gesammelt worden sind: beispielsweise bei einer Autopanne im australischen Outback oder in der Wüste. Die dort meist fehlende Menschenmenge, die einem ans Leder will ersetze man wahlweise durch gefährliche Tiere bzw. durch die sengende Hitze oder durch beides. Wahlweise kann man sich auch ein Szenario vorstellen, das auf einer einsamen Landstrasse in Nordamerika während eines Blizzards spielt (dann eben gefährliche Tiere und/oder Kälte als konkrete Bedrohung).
Generell gilt in all diesen Szenarien, dass die kurzfristigen Überlebenschancen stark sinken, wenn man sich vom liegengebliebenen Fahrzeug entfernt. Erst auf längere Sicht (mehrere Tage ohne Hoffnung auf Hilfe von Aussen) könnte ein Verlassen des Pannenorts die bessere Handlungsvariante sein. Die Kunst ist, das zu erkennen, weil man sonst u.U. nach Tagen des Wartens ohne Vorräte (Wasser) etc. aufbricht und vielleicht schon kräftemässig eingeschränkt ist. In der Mehrzahl der Fälle ist aber ein Abwarten am Pannenort besser, als ein planloses losmarschieren irgendwohin. Wenn man nicht gerade ein soziopathischer Eigenbrötler ist, dann wird man nach spätestens einem Tag von jemand vermisst werden, was zumindest in halbwegs zivilisierten Regionen einen Automatismus in Gang setzt (z.B. wird das Autokennzeichen zur Fahndung ausgeschrieben). D.h. irgendwann wird jemand das liegengebliebene Auto finden und helfen können. Und das in den meisten Fällen eher, als wenn man sich unvorbereitet zu Fuss aufmacht und nach wengien Kilometern oder wenigen dutzend Kilometern entkräftet hinter einer Feldscheune zusammenklappt. Da Suchgebiete nacheinander "abgegrast" werden, werden sie meist nicht mehrfach abgesucht/überflogen. Ein umherwandernder Vermisster ist als moving target eine Herausforderung für die Suchmannschaft - das Fahrzeug wird dagegen meist sehr schnell gefunden. Das zum generellen Handeln bei liegengebliebenem Fahrzeug ohne Kommunikationsmöglichkeit.
Gehe ich mal von meinen/unseren Fahrzeugen aus, dann befindet sich in jedem diese Mindestausstattung:
- Ersatzrad, Wagenheber, orig. Bordwerkzeug, Werkzeugkoffer, Starthilfekabel bzw. Jumpstart-Akku, Feuerlöscher, Bastelmaterial (Tape, Draht, Kabelbinder etc.)
- "Pannenkoffer" mit Notkocher, 1l stilles Wasser, Keksen, Tee, Multitool, Messer, Stirnlampe, LED-Taschenlampe, Blechtasse, 2x Rettungsdecke
- im Seitenfach des Kofferraums zusätzlich im Sommerhalbjahr: Kekse, 4x 0,5l Mineralwasser, Küchenrolle, Müllsäcke
- Regenjacke, Schirme, Wolldecke, Mütze, Handschuhe
- im Handschuhfach: Shellatlas Mitteleuropa, Notizblock, Schriebzeug, Digicam, Ladeadapter für Handy etc.
- usw.
D.h. eigentlich alles, um 24-48h recht kommod überstehen zu können, sofern mich nichts zwingt, das Fahrzeug zu verlassen (Auto liegt überschlagen im Wassergraben, brennt, wütender Mob kommt auf mich zu etc.). Uns selbst dann hätte ich eine Ausstattung, die ich aus dem Fahrzeug bergen könnte, auf die selbst Robinson Crusoe neidisch gewesen wäre.
Um zu entscheiden, wie ich nach dem Liegenbleiben mit dem Auto weiter vorgehen würde, ist das Szenario zu vage. Das hängt von vielen Faktoren ab:
- Kann ich die Lage aufklären bzw. Infos beschaffen, ohne meine Situation zu verschlechtern (wird das Auto geplündert, wenn ich mal eine Runde um den Block mache)?
- Kann ich gefahrlos am Auto bleiben oder könnte sichd ie Situation vor Ort verschlechtern?
- Bestehen Chancen, auf irgendeine Weise zu kommunizieren?
- Ist das Umfeld bedrohlich oder nicht? In einem südlichen Vorort von Los Angeles würde ich versuchen, schnellstmöglich "unterzutauchen", das Auto aufzugeben und mich davonmachen Richtung City. Auf einem zugeschneiten Alpenpass würde ich mich auf eine frostige Nacht am/im Auto einstellen und ggf. im näheren Umfeld etwas Feuerholz suchen und dann vor Ort bis auf weiteres ausharren.
Grüsse
Tom