Hallo,
für einen Blick in die Zukunft Europas lohnt sich ein Blick zurück:
Vor 40 Jahren erkannte der Club of Rome die "Grenzen des Wachstums" (1971).
1973 und 1979 traten denn auch zwei Ölkrisen ein, die die (westliche) Welt empfindlich trafen. Mittendrin wurde 1976 in D die grosstechnische Nutzung der Windkraft geboren (GROWIAN)
Vor 30 Jahren lebte Europa in der kollektiven Angst, dass jederzeit Atombomben über unseren Köpfen explodieren könnten.
1983 thematisierte das die dt. Musikgruppe "Geier Sturzflug" in dem Song "Besuchen Sie Europa - (solange es noch steht)":
"Wenn im Canale Grande U-Boote vor Anker gehn,
und auf dem Petersplatz in Rom Raketenabschußrampen stehn,
überm Basar von Ankara ein Bombenteppich schwebt,
und aus den Hügeln des Olymp sich eine Pershing 2 erhebt.
Dann ist alles längst zu spät,
dann ist, wenn schon nichts mehr geht,
besuchen Sie Europa,
solange es noch steht.
Vor dem alten Kölner Dom steigt ein Atompilz in die Luft,
und er Himmel ist erfüllt von Neutronenwaffelduft,
wenn in Paris der Eiffelturm zum letzten Gruß sich westwärts neigt,
und in der Nähe von Big Ben sich zartes Alpenglühen zeigt.
Dann ist alles längst zu spät,
dann ist, wenn schon nichts mehr geht,
besuchen Sie Europa,
solange es noch steht."
(Quelle)
Vor 20 Jahren rief der Club of Rome zu einer Globalen Revolution auf
Die Kernthemen dieses Aufrufs von 1991 kommen einem heute irgendwie bekannt vor:
"Probleme:
1. Der Strudel der Veränderung"
2. Die Wechselwirkung der Probleme
3. Das internationale Missmanagement der Weltwirtschaft
4. Das Vakuum und die menschliche Misere
Lösungen:
5. Schwerter zu Pflugscharen
6. Eine lebensfreundliche Umwelt
7. Entwicklung und Unterentwicklung
8. Gouvernanz und die Fähigkeit zu regieren
9. Methoden und Mittel der Weltlösungsstrategie
10. Unser Weg in ein neues Zeitalter"
(Quelle: Spiegel-Spezial-Heft "Bericht des Club of Rome 1991")
Seit 10 Jahren kloppen sich die Experten um das Thema Globale Erwärmung und mehr und mehr auch um das Thema "Peak Oil"
Man sieht, Anlässe für den Untergang Europas gibt es andauernd. Nur untergegangen sind wir bislang noch nicht. Aber Europa (und die Welt) hat sich verändert und wird das auch in den nächsten 20 Jahren massiv tun.
Meine Einschätzung zum Europa in 20 Jahren:
- Es gibt in Europa keine Autoindustrie mehr, wie wir sie heute kennen. Die Massenfertigung von Blechkisten mit Rädern wird in China stattfinden. Das wird heute noch wohlstandsverwöhnte Regionen wie den Rhein-Neckarraum in Baden-Württemberg oder den Grossraum München empfindlich treffen. Wie industrieller Rückzug aussieht, können sich die Süddeutschen im Ruhrgebiet, z.B. in Duisburg schon mal ansehen.
- Die Europäische Union wird in mindestens zwei Zonen zerfallen: eine "elitäre Kernzone" (Zentral- und Nordeuropa) und verarmte (bzw. auf den Stand ihrer tatsächlichen Wirtschaftsleistung zurückgefallene Randstaaten (Mittelmeerländer + Osteuropa). Die Kernzone wird politisch sehr eng zusammenrücken und sich auch vermutlich gegen die Randeuropäer abschotten. Im Worst Case wird man im Randeuropa wilde Zustände haben, ähnlich wie in Somalia oder Nordafrika und Nahost. Das "Europa der zwei Geschwindigkeiten" wird Wirklichkeit werden und die Geber- sowie die Nehmerländer zusammenschweissen. Denkbar wäre auch eine "Union der Verzweifelten" im Mittelmeerraum und im Kaukasus - wobei ich der Türkei hier durchaus eine tragende Rolle zutraue, so eine Union zu führen.
- Energie wird weiter teurer werden. Möglicherweise geben wir in 20 Jahren im Durchschnitt mehr für Energie aus, als für Essen oder andere Dinge des täglichen Lebens.
- Der Klimawandel wird vermutlich mit der einen oder anderen unangenehmen Überraschung aufwarten. Wetterereignisse werden extremer und die Verhältnisse in bestimmten Regionen werden sich drastisch ändern (zuwenig Wasser in Zentralspanien = Wüstenbildung, zuviel Wasser in den Niederlanden = Landverluste).
- Die demografische Entwicklung wird uns im Kerneuropa eine "überalterte" Gesellschaft bescheren, während die Geburtenrate im Randeuropa zunimmt und die dortige Lebenserwartung gleichzeitig aufgrund der schlechteren Lebensbedingungen wieder sinkt. D.h. das Leben und Überleben im Kerneuropa wird zunehmend eine Frage der Barrierefreiheit und der Automatisierung.
- Der technische Fortschritt bringt uns den 3D-Drucker in die Haushalte, Gegenstände aus Kunststoffen und gesinterte Metallgegenstände kann man sich künftig selbst ausdrucken. Das wird ein gigantischer Markt und wird das bisherige produzierende Gewerbe komplett umkrempeln (ähnlich wie Onlineshopping a la Amazon oder Ebay die Kaufhäuser und Versandhäuser abgelöst hat. Das 3D-Printing ist für mich die technische Revolution in den nächsten Jahren.
- Dagegen werden Computer und Kommunikationsgeräte bildlich gesprochen "zweidimensional": Flachfernseher und Tablet-PCs können mit der Marktreife der OLED-Foliendisplays im Prinzip beliebig dünn gemacht werden. PC-Kisten und Notebooks werden aus den Läden verschwinden.
In den nächsten 20 Jahren wird es in Europa spannend bleiben, so wie in den Jahrzehnten davor auch. Und fürs persönliche Befinden (oder meinetwegen "überleben") wird es auch in Zukunft wichtig sein, dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, bzw. nicht am falschen Ort ist.
Grüsse
Tom