Hallo,
hier noch meine paar Cents zum Thema "Hauskauf und -modernisierung".
Wir haben 2005 nach längerer Suche ein leerstehendes Bauernhaus gekauft, im klassischen fränkisch-schwäbischen Stil: Wohnteil, Stall, Tenne nebeneinander unter einem gemeinsamen Dach. Die oberen Stockwerke von Stall und Tenne dienten früher als Lager für loses Heu und Stroh. Deshalb ist zum Wohnteil hin eine Brandschutzmauer aus Naturstein bis zum Dachfirst hochgezogen. Im oberen Scheunenboden war ein Heukran mit Laufkatze über die gesamte Firstlänge der Scheune eingebaut. Der Heukran wurde mit einer Stahlseil-Winde betrieben, die wiederum über Transmissionsriemen von einem (fahrbaren) Drehstrommotor angetrieben wurde. Der Motor war fahrbar, damit er in der Tenne auch für andere Antriebe genutzt werden konnte: Häckselmaschine z.B. oder Güllepumpe.
Das Haus ist schätzungsweise 200 Jahre alt, die unteren Etagen ggf. noch älter. Unsere Unterlagen reichen bis 1903 zurück, ein Bauantrag ans königlich-württembergische Oberamt über einen kleinen Anbau (Bad, WC) am Wohnhaus. Die Wände im Erdgeschoss sind überwiegend Naturstein/Bruchstein, darüber mit Natursein ausgefachtes und komplett verputztes Fachwerk. Das Haus wurde zuletzt 1970 "modernisiert", d.h. Einzel-Holzöfen flogen raus und wurden durch Elektronachtspeicherheizungen ersetzt und alle Wohnräume wurden innen mit 5cm Styropordämmung und 12mm Rigipsplatten versehen. Zum Kaufzeitpunkt stand das Haus bereits ein Jahr leer, abschreckend auf Kaufinteressent war offenbar der riesige Garten und ein durchgebrochener Stahlträger an der Decke im Kuhstall, der als Sturz für einen Zugang zum Anbau am rückwärtigen Stallende eingebaut war. Auf dem Stahlträger waren die Reste einer ebenfalls eingebrochenen Ziegelmauer.
Ach ja, das Dach, überwiegend mit grauen Betonziegeln aus der Nachkriegszeit eingedeckt (historisch war das Dach schilfgedeckt!), war undicht, Hohlkehlbleche durchgerostet, darunterliegende Fachwerksbestandteile verfault.
Das war unsere Ausgangslage. Wir haben dann einen ambitionierten Sanierungsplan mit sehr viel Eigenleistung aufgestellt und von einem "Fachwerk-Altbau"-Architekten eine umfassende Bestandsaufnahme und Bauplanung erstellen lassen (war Bedingung unserer "Hausbank"), inklusive erstellen und einreichen der Baugenehmigung und der Energieberatung hat uns der Architekt alles in allem etwa 3000 Euro gekostet. Dafür hatten wir aber bei allen Behörden-, Handwerker- und Bankgesprächen immer eine solide Basis und eine starke Verhandlungs-Position (der Architekt ist in der Region bekannt mit gutem Ruf und vielbeschäftigt).
Ganz wichtig war, dasss wir vor Beginn irgendwelcher Massnahmen alles an Fördermöglichkeiten und Zuschüssen ausgelotet haben: ELR-Zuschüsse der EU, steuerliche Absetzbarkeit von Sanierungsmassnahmen in anerkannten "Sanierungsgebieten", Kfw-Zuschüsse, KfW-Darlehen, Teilschulderlass auf KfW-Darlehen, bei erreichen bestimmter Zielvorgaben usw. Letztendlich beliefen sich die "eingeheimsten" Zuschüsse (also nicht Kredite) auf fast 30.000 Euro. D.h. es lohnt sich, da ein wenig Energie reinzustecken. Der grösste Brocken waren 20.000 Euro aus ELR-Mitteln der EU, die man über Gemeinde/Landratsamt beantragen kann und die damals so berechnet wurden: 30% Zuschuss auf nachweislich bezahlte Handerwerkerleistungen der Sanierung und 6,50 Euro Zuschuss pro selbst geleistete Arbeitsstunde (Eigenleistung der Bauherren). Gedeckelt bei maximal 20.000 Euro. Man muss dann zwar nen kleinen Papierkrieg führen (Stundenzettel, alle Rechnungen und Belege in zigfacher Ausfertigung einreichen, alle Ausgaben in Excel auflisten usw.) dafür bekommt man am Ende sogar "Lohn" auf die eigenen Arbeitsstunden und ne Menge Geld auf die Handwerkerleistungen. Also: unbedingt das Thema Förderung selber in die Hand nehmen (niemals einem Bankberater oder Handwerker überlassen!!!).
Nachdem klar war, was wir für Arbeiten bei der anstehenden Sanierung haben, haben wir diese als "Gewerke" in Pakete eingeteilt und in einer Art Ausschreibung per Fax an jeweils 3-4 Handwerksbetriebe in der Region verschickt. Manche reagierten sofort, andere gar nicht, da muss man dann halt noch mal neue Handwerker raussuchen und anschreiben. Am Ende hatten wir etliche Angebote für Dachstuhl+Dach, Heizung+Solar, Sanitär+Flaschnerarbeiten, Fassade, Mauern (Abbruch/Neu), Fenster, Holzfussböden sowie Fliesen. Man lernt dabei ne Menge und staunt auch manchmal nicht schlecht: so hat der Austausch von 14 Fenstern gegen moderne hochwertige solide Holzfenster (Hergestellt im Nachbarort) inkl Aus- und Einbau, Altfensterentsorgung weniger gekostet, als die Summe vergleichbarer Fenster im Baumarkt und weniger als die Kosten fürs Fliesenlegen in Küche und Bad.
Was haben wir gemacht:
- Alle Innenwände freigelegt (Styroporisolierung): erstaunlicherweise nirgends auch nur ein Hauch von Schimmel oder Feuchtigkeit, dann Innenwände mit Rigips auf Lattenrahmen neu beplankt, dabei alle Installationen (inkl. Heitungsrohre) hinter die Wandverkleidung gelegt (d.h. Heizungsrohre kommen aus der Wand nicht aus dem Fussboden).
- Die gesamte Elektrik neu (bis auf das Versetzen und Anklemmen des Zählerschranks, alles in Eigenleistung), dabei auch grosszügig Netzwerk und SAT-TV-Kabel verlegt.
- Das Dach abgedeckt, den Dachstuhl sanieren lassen, 5cm Holzweichfaserdämmung auf die Sparren, neu mit Tonziegeln eingedeckt, dabei insgesamt 8 Dachfenster eingesetzt, alle Bleche und Rinnen/Fallrohre neu und in Kupfer
- Im Innenbereich alle Böden neu (alte Dielenböden im EG durch neue Lärchendielen ersetzt, in den oberen Geschossen Fertigparkett bzw. Teppichboden).
- Heizungszentrale im alten Stall eingebaut: Pelletheizung, Edelstahlkamin, 6t-Pelletbunker (mit Erweiterungsreserve um 5t). Solare Brauchwassererwärmung installiert (7qm Flachkollektor auf Westdach) - erlaubt uns, die Pelletheizung von Mai bis Oktober komplett auszuschalten.
- 8kW-Kaminofen im Wohnzimmer installiert, der das gesamte (offene) EG Wohnen-Essen-Küche locker beheizen kann - als Heizungsbackup und vor allem wg. der Gemütlichkeit.
- Fassade mit 15cm "grauem" Styrodur gedämmt und verputzt. Alle Fenster erneuert, alle alten (Stein-)Fensterbänke aussen entfernt (Kältebrücken).
- Dachdämmung zwischen den Sparren mit 15cm Glaswolle, auf den Sparren 5cm Holzweichfaser. "Klimamembran" als Dampfbremse zwischen Innenwand und Dämmung.
Das hats gekostet: 200 k€ inkl. Kauf- und Kaufnebenkosten + Zuschüsse (s.o.). Dafür haben wir nun knapp 900qm Grund mit altem Baumbestand und einem Brunnen, ein gemütliches Haus mit 110qm, die wir zum Wohnen nutzen, unendlich viel Stauraum in der Scheune, Platz für den Reiselaster und eine kleine Werkstatt, Brennholzlager, kleine Garage. Darüber in Scheune u. Stall 50qm vorbereitet für eine Einliegerwohnung, 40qm für Arbeits-/Büroräume. Darüber im DG der Scheune nochmal fast 70qm Reservefläche mit fast 5m Raumhöhe bis zum First. Für den Grossraum Stuttgart-Ulm ein paradiesisches "Schnäppchen", das wir uns aber auch erarbeiten mussten. Hier kosten die berüchtigten Reihenhäuschen am Stadtrand (Suburbs) mindestens 240 k€. 30km weiter auf dem Land findet man (immer noch, aber es werden weniger) die Altbau-Schmuckstücke.
Man lernt viel bei so einem Projekt, vermutlich mehr, als man mit Baumarktseminaren je könnte (die ja doch vor allem eines vermitteln: wie man mit ihren Produkten möglichst viel Umsatz macht). Wichtig für uns waren ein paar vertrauenswürdige Handwerker (bei uns wars der Zimmermann, der den Auftrag fürs Dach bekommen hatte: er stimmte quasi ungefragt die anderen Handwerker mit seinen Arbeiten ab und so klappte alles reibungslos) und Helfer aus der Familie. Und der eigene Durchhaltewille. Man ist am Anfang wie euphorisiert, das sollte man ausnutzen und nicht jahrelang dran rumbasteln. Wir haben von Kauf bis Einzug 9 Monate gebraucht, haben in der Zeit aber auch extrem rangeklotzt, von Freitag bis Sonntag in der Baustelle in einem Container "gewohnt" und unter der Woche entweder allein oder zu zweit abends von 18-23 Uhr gewerkelt. So kamen wir auf 900 Arbeitsstunden auf der Baustelle (zu zweit) nebenher in diesem Dreivierteljahr. Gut war, dass wir mit unserem Unimog einen LKW mit 3m Pritsche hatten. So konnten wir vor allem die Unmengen an Renovierungsmüll selber abfahren und Baumaterial palettenweise selbst holen. Ein PKW-Anhänger der 2t-Klasse hätte zwar auch gereicht, aber wir hatten nunmal den Unimog und keinen Anhänger.
Was braucht man?
- einen Betonmischer, eine gute(!) Schubkarre, eine gute(!) Sackkarre
- div. Handwerkzeug fürs grobe: Schaufeln, Spitzhacke, Brecheisen, 5kg-Vorschlaghammer (eins der wichtigsten Geräte überhaupt in so einem Projekt)
- eine 230mm-Flex mit Diamantscheiben
- Stemmhammer, Bohrhammer, Schlagbohrmaschine
- gute Akkuschrauber, am besten 2-3 identische und gute Akkus
- Meterstäbe dutzendweise
- Latthammer, Richtlatte, Wasserwaagen in allen Längen
- ein selbstnivellierender Baulaser ist sehr praktisch - Maurerschnur oder besser Schlagschnur (mit Farbpulver), Wasserwaage und ein geübtes Auge tuns aber auch.
- eine ordentliche Tischkreissäge fürs grobe
- eine gute Handkreissäge mit Führungsschiene
- Arbeitslicht: wenn man so ein Projekt in der Freizeit stemmt, arbeitet man oft im Dunkeln: ich hab mir 8 Feuchtraum-Leuchtstofflampen mit 10m Kabel mit Stecker versehen und davon 1-2 pro Raum aufgestellt bzw. von der Decke gehängt. Von Halogenflutern halte ich nichts, zu extreme Schlagschatten und wenn man in die Lampe schaut ist man erst mal blind - ausserdem Brandgefahr durch die Hitzenentwicklung (hätten uns fast die Scheune damit abgefackelt, weil altes Stroh auf den Fluter rieselte und in Flammen aufging)
- eine Tauchpumpe: bei alten Häusern findet man meist diverse Sammelgruben, Sickerschächte etc. vor, die man mal trocken inspizieren möchte.
- einen möglichst grossen "fetten" Industriestaubsauger. Leistet bei der Altbau-Entrümpelung gute Dienste, wenn man z.B. die Zwischenbalken-Schüttung in den Decken (nach 200 Jahren ein Gemisch aus 1/3 Spreu, 1/3 Staub, 1/3 Ratten- und Mäusekot) absaugen möchte.
- einen grossen Arbeitsraum mit gutem Licht: speziell für Zimmererarbeiten braucht man richtig Platz, blöd wenn man da auf gutes Wetter angewiesen ist, um draussen arbeiten zu können. Bei uns war die Tenne meist durch die Zimmerleute belegt.
Bauen kostet viel Strom, wir hatten bei Übernahme des Hauses auch den NT-HT-Tarif mit "landwirtschaftlichem Niedertarif-Strom" bekommen, dass der Baustromverteiler am NT-Zähler lief, sparte eine Menge Geld
Auch der Wasserverbrauch ist beachtlich: alleine fürs betonieren und Mörtel anmischen geht da so mancher Kubikmeter drauf, für das Reinigen der Baugeräte nochmal doppelt soviel. Dass wir einen Brunnen auf dem Grundstück haben, war ausgesprochen praktisch.
Hat man das Bauprojekt erstmal halbwegs hinter sich gebracht, dann ist der "Prepper-Haushalt auf dem Lande" auch schon recht gut ausgerüstet.
Was haben wir nicht gebraucht?
- Eine Rüttelplatte - im Überschwang am Anfang gekauft und 3-4mal benutzt - die 100qm Hofpflaster haben wir von Profis legen lassen - musste LKW-befahrbar sein und dennoch wasserdurchlässig (poröses Pflaster wg. gesplitteter Abwassergebühr) - die 20t Aushub und 30t Schotter unterm Pflaster hätten wir in Eigenleistung nie Zustande gebracht
- Einen Stromerzeuger - nie gebraucht, stand aber immer im Weg und war mit 80kg ohne Räder drunter immer lästig - wird erst jetzt nach 7-8 Jahren ein Thema bei der Stromversorgung als PV-Inselanlage mit Backup.
Daher meine Empfehlung: nicht auf zu sehr auf Empfehlungen anderer hören dafür in sich reinhorchen und vor allem sich vorab informieren und sich von keinem "Experten" einschüchtern lassen - macht euer Ding, nicht das des Beraters.
Übrigens: Konrad Fischer ist irgendwie schon interessant mit seinem Kampf gegen die chemische "Wärmedämm"-Lobby. Allerdings scheint er kein Interesse daran zu haben, seine Thesen übersichtlich und ohne mehrtägiges "Studium" seiner Thesen und Beweise nachvollziehbar zu gestalten. Immer wenns spannend wird, wirkt er auf mich wie ein Astrologe, den man wegen eines nicht eingetretenen Horoskops angeht - er weicht aus. Gings nach ihm, würden wir alle in mittelalterlichen Burgen aus meterdicken Steinwänden wohnen, die wir innen mit einer Sockelheizung "hüllflächentemperieren" und achselzuckend den Mehrverbrauch an Energie in Kauf nehmen.
Wo er allerdings recht hat: die "aufsteigende Feuchtigkeit" ist ein Bauhandwerker-Mythos mit dem sich viel Geld in der Sanierung verdienen lässt. Wenn Wände nass sind, dann in der Regel, weil ein eindeutiger Schaden vorliegt (z.B. verrutschte Rohrmuffen eines Abwasserohrs, beschädigtes Drainagerohr, anstehendes Oberflächenwasser bei Hanglage etc.) oder weil die betroffene Wand jahrzehnte- oder jahrhunderte lang von Rind und Schwein "bepinkelt" wurde und entsprechend viele hygroskopische Salzverbindungen aufgenommen hat (ist der Klassiker in alten Ställen). Da aber niemand seine Stallwände beherzt mit dem Gartenschlauch mal 1-2 Tage lang abwäscht, bleiben die (wasserlöslichen) Salze in der Wand und ziehen vor jedem Sommergewitter die Feuchtigkeit aus der schwülen Luft, schwupps ist die Wand nass. Hat aber nix mit aufsteigender Feuchtigkeit zu tun. Es gibt Backsteinhäuser, die seit Jahrhunderten im Wasser stehen und erstaunlich trocken sind.
A propos Trockenheit: weil von den Dämmungsgegnern immer der Schimmel-Teufel an die Wand gemalt wird: wir haben damals gleich ängstlich in jeder Etage Hygrometer aufgestellt, die seither die schreckliche Luftfeuchtigkeit im Auge behalten. Im Arbeitszimmer im DG sind es momentan 33% bei 19,8°C, im Badezimmer im OG 52% bei 20,2°C, im Wohn-Ess-Küchenbereich im EG sind es 40% bei 20°C. Und das bei drei Personen im Haus, die angeblich pro 24h 1-2 Liter an Flüssigkeit an die Raumluft absondern (wie auch immer), Haustieren und Pflanzen. Vielleicht liegts daran, dass wir viele offenporige Holzflächen haben, die regulierend auf den Feuchtigkeitshaushalt der Raumluft wirken: Fussboden im EG als geölte Lärchendielen, Decken im DG als unbehandelte Holz-Balkendecke? Man sollte sich nicht irre machen lassen mit der Schimmel-Feuchte-Dämmstoff-Panik. Ich finde "feucht riechen" tut es immer in neu gebauten Häusern mit hohem Betonanteil. Weil die Leute heute schnell einziehen (müssen), lässt man einen Rohbau nicht mehr wie früher einen Winter ohne Fenster durchtrocknen, sondern trocknet die Innenräume oberflächlich mit Bautrocknern soweit runter, dass Parkettleger und Tapezierer reinkönnen und dann zieht man ein, während noch hunderte Liter Wasser in den Betonwänden darauf warten, verdunsten zu dürfen - das schimmelt!
Mal wieder zu lang geworden - sorry!
Grüsse
Tom