Sarah Lyons Fleming - Until the End of the World (Trilogie, auf deutsch und englisch bei Amazon verfügbar, auch kostenloser Bestandteil von kindle unlimited) - 10/10 Punkte
Ich bin als Leseempfehlung von Amazon über diese Mini-Serie gestolpert und hab den Büchern einfach mal eine Chance gegeben. Normalerweise lese ich nichts über die Zombie-Apokalypse, und normalerweise nervt es mich auch, wenn Bücher in der Ich-Perspektive und im Präsens geschrieben und aus dem Englischen übersetzt worden sind (da lese ich dann lieber das Original). Bei dieser Trilogie hingegen traf keines der vier Ausschluss-Kriterien zu. Die Autorin hatte mich bereits nach einigen Seiten so in ihren Bann gezogen, dass ich mich ans Präsens und die Ich-Perspektive in sehr kurzer Zeit gewöhnt hatte. Die Übersetzung ist hervorragend, hat nichts von dem Holprigen, das man bei vielen Büchern vorfindet, die aus dem Englischen übersetzt wurden und sich einfach nicht flüssig lesen lassen.
Die Dialoge sind hervorragend geschrieben, natürlich eingebettet in Gedanken oder Handlungen, nicht unnatürlich aneinandergereiht. Ich habe in jedem der drei Bücher mehrfach laut gelacht, da manches einfach herrlich lustig und / oder skurril ist. Und an einer Stelle hab ich sogar ein Tränchen verdrückt, und das ist mir schon lange bei einem Buch nicht mehr passiert. Die Vorhersehbarkeit vieler amerikanischer Apocalypse-Bücher, gespickt mit Helden und Gewalt und immer vorhandenen Unmengen an Munition (halt das typisch amerikanische Buch zu dem Thema) hat in dieser Trilogie gefehlt, und das macht es unglaublich reizvoll - ebenso wie der Kampf ums Überleben beispielsweise durch Anbau und Konservierung von Nahrungsmitteln. Natürliche Personendarstellungen, teils liebevoll überzeichnet, plausible Handlung, viele tiefgründige Gedanken der Autorin, gepfeffert mit nicht besserwisserisch dargereichtem Survival- und Prepperwissen, machen die Bücher trotz des Themas (Zombie-Apokalypse durch ein freigesetztes oder mutiertes Virus, wer weiß das schon?) für mich zur absoluten Leseempfehlung, daher vergebe ich 10 von 10 Punkten.
Wolf Harlander - 42 Grad (Spiegel-Bestseller, ebenfalls bei Amazon und kostenlos im kindle-unlimited-Programm) - 2/10 Punkte
Selten war ich so enttäuscht von einem hochgelobten Buch (Thriller) mit einem spannenden Thema: Wasserknappheit in Europa, hervorgerufen durch einen Jahrtausendsommer und verschärft durch russisch motivierte Terroristen. In der Beurteilung des Spiegel-Rezensenten heißt es, das Buch wäre drehbuchartig geschrieben und hervorragend recherchiert. Nun ja, wenn das ausreicht, es zu einem Buch zu machen, dann kann sich bald alles Buch nennen. Übrigens ist der Autor, der da so hochgelobt wird, ein ehemaliger Journalisten-Kollege des Rezensenten...
Die Recherche, die sicherlich stattgefunden hat, beschränkt sich überwiegend auf die eher unwichtige Funktionsweise einzelner Wasserkraftwerke, während andere Dinge wie Hacks selbiger und die Verfolgbarkeit durch die Strafverfolgungsbehörden mit Allgemeinplätzen und nicht nachvollziehbaren Vermutungen übers Darknet, den Tor-Browser und die außerordentlichen Fähigkeiten einer ehemaligen Ökoterroristin, die nun für eine EU-Umweltbehörde arbeitet (aber mit ihren Hacking-Fähigkeiten eigentlich die Welt übernehmen könnte), abgetan werden.
Das Thema an sich war spannend genug, um mich bis zum schließlich endlich kommenden Regen bei der Stange zu halten, aber der Autor beherrscht weder die Kunst guter Dialoge noch versteht er es, lebendige Charaktere zu schaffen, die oder deren Gedanken und Gefühle man nachvollziehen und mitempfinden kann. Ein Beispiel? Die sich entwickelnde Liebesgeschichte zwischen Hauptprotagonist und Hauptprotagonistin wird kurz abgehandelt mit "und sie merkte, dass sie Gefühle für ihn entwickelt hatte". Auf nicht einmal einer halben Seite wird das Happy End zwischen den beiden, die bis dahin nicht ein einziges Mal ernsthaft miteinander geredet haben, dargestellt.
Ebenfalls nervig fand ich den permanenten Wechsel zwischen diversen Personen und Handlungssträngen. Zwar verbinden sich die Handlungsstränge nach und nach beim Aufeinandertreffen der Personen miteinander, aber das Herumgespringe (tatsächlich wie in einem Drehbuch) unterbricht einfach nur den eh schon kaum vorhandenen Lesefluss. Darüber hinaus glänzt das Buch mit Vorhersehbarkeit (Wer ist der Ober-Bösewicht? Wie hängt das alles zusammen?) und macht es dadurch extrem langweilig.
Mehr als einmal hatte ich das Gefühl, hier will jemand auf den Erfolgszug von Marc Elsbergs Blackout aufspringen, indem er ein anderes, aber ebenfalls brisantes Thema abhandelt, ohne allerdings dessen Schreibkunst zu beherrschen. Und bei der Art, in der es geschrieben ist, habe ich mehr als einmal gedacht "Aha, der bereitet schon die Verfilmung vor". Das Buch hat mich zu keinem Zeitpunkt abgeholt oder mitgenommen. Einen Punkt gibt es für das spannende Thema und einen Punkt dafür, dass es mich motiviert hat, mir noch eine weitere Regentonne zu bestellen. Macht summa summarum 2 von 10 Punkten. Und das ist letztlich noch geschmeichelt...