Die Diskussion die zu dem Film Contagion gestartet wurde ( https://www.previval.org/forum…nofilm)?p=82852#post82852 ) hat mich veranlasst zu diesem Thema einen eigenen Tread zu eröffnen, da dies als Szenario noch nie separat behandelt wurde.
Ich denke, eine Diskussion darüber ist sicher nicht unangebracht.
Zu diesem Thema habe ich zwei (Sach-) Bücher gelesen, die ich sehr empfehlen kann:
Gina Kolata: Influenza. Die Jagt nach dem Virus. http://www.amazon.de/Influenza…3859?tag=httpswwwaustr-21
Richard Preston: Hot Zone. Tödliche Viren aus dem Regenwald. http://www.amazon.de/Zone-T%C3…2574?tag=httpswwwaustr-21
In diesen Büchern geht es zwar nicht direkt um Prävention oder was zu tun ist wenn es zu einer Pandemie kommt, aber sie machen einem bewusst wie Realistisch (und auch bedrohlich) ein solches Ereignis ist.
Auch werden einem viele Zusammenhäng bezüglich Schweine-/Vogelgrippen Panik(mache), Verletzlichkeit unserer mobilen Gesellschaft und Gefährlichkeit von Erregern klar.
Influenza ist zwar sehr trocken geschrieben aber sehr aufschlussreich und für Laien verständlich.
Es geht es um die Suche und Erforschung des Erregers der Spanischen Grippe (1918-1920) welche 25 bis 80 Millionen Opfer forderte. Laut dem Buch gehen einige Experten sogar von einer noch viel höheren Zahl aus!
Die Todesopfer starben in der Regel innerhalb 3 Tage nach Ausbruch der ersten Symptome.
Völlig untypisch war auch die Verteilung der Opfer: Nicht wie sonst üblich Kinder und alte Leute, sondern die 20 bis 40 Jährigen verzeichneten die höchste Mortalität.
Es gibt zwar Theorien wieso (mögliche Überreaktion des Immunsystems), jedoch keine gesicherten Erklärungen.
Der Grund für die spezielle Beobachtung der Schweinegrippe durch die Behörden (die Panikmache durch die Medien ist eine andere Sache) liegt in der Ähnlichkeit des Virus mit dem der Spanischen Grippe: H1N1 bezeichnet die Oberflächenstruktur des Virus auf das auch unser Immunsystem reagiert und nach welcher die Grippeviren klassifiziert werden.
Die Spanische Grippe war auch ein H1N1 Virus!
Der Grund für die Aufmerksamkeit der Vogelgrippe war ein anderer: Das Grippevirus ist eigentlich ein in Vögel (vor allem in Enten und Gänsen) beheimateter Erreger, welcher über den Umweg über das Schwein (mit Mutationen) auf den Menschen überspringt.
Interessant ist hierbei, dass, soweit bekannt, alle Stämme aus derselben Provinz in China kommen (dieser nördlich von Honkong).
Traditionellerweise werden da Schweine und Geflügel zusammen gehalten und stehen in engem Kontakt mit den Menschen (Hygiene).
Bei der Vogelgrippe war es nun das erste (bekannte) Mal dass das Virus direkt von Geflügel auf den Menschen (und somit über mehrere Arten) übergesprungen ist. Ausserdem hat es bei Hühnern z.T. zu einem Hämorrhagischen Fieber (wie Ebola) geführt.
Hot Zone liest sich wie ein Thriller und sorgt, im Bewusstsein das es keine Fiktion ist, für eine ordentliche Gänsehaut!
Es geht darin um die Geschichte der Ebola (4 Typen, diverse Untertypen) und des Marburgvirus. Alle sind sie (die bis jetzt einzigen bekannten) Filo-Viren (fadenförmige Viren).
1976 trat das Ebola Virus (Ebola-Zaire) erstmals am Ebola-Fluss in Kongo auf. Dieser Typ war auch der bis anhin tödlichste mit einer Sterberate von fast 90%!
Der vermutliche Grund wieso Ebola Zaire sich nicht weiterverbreitete (durch Schmier- und Tröpfcheninfektion), waren derer drei:
1. Die hohe Mortalität: Die Leute starben einfach zu schnell als das sie das Virus im weniger dicht besiedelten und mobilen Afrika hätten weiterverschleppen können.
2. Die althergebrachten Strategien welche die Leute noch aus der Zeit der Kolonialisierung und den daher eingeschleppten Epidemien kannten: Die umgekehrte Quarantäne. Die Dörfer haben sich eingeigelt, haben niemanden mehr hineingelassen und jeden der auch nur gehustet hat hinausgeworfen.
3. Zu dieser Zeit war im Kongo eine Diktatur. Das Militär hat, ohne vorher durch Diskussionen Zeit zu verlieren, das Gebiet umstellt und auf jeden geschossen der dieses betreten oder verlassen wollte!
Später kam es noch zu einigen weitern Ebola-Ausbrüchen. (Mortalität 50%-80%)
Einmal, bei der (erfolglosen) Behandlung eines westlichen Geschäftsmannes in einer Privatklinik in Kinshasa (eine der grössten Städte in Afrika) steckten sich der behandelnde Arzt (welcher überlebte) und eine Krankenschwester an.
Die Schwester sagte, vermutlich aus Scham, in der Klinik nichts und suchte stattdessen das Armenhospital auf, wo sie nach einem ganzen Tag warten im Wartezimmer ausblutete und verstarb.
Was hätte geschehen können, wenn sich das Virus in der Stadt verbreitet hätte möchte sich niemand vorstellen!
Ein weiterer denkwürdiger Vorfall ereignete sich 1989 in Reston (USA) in einer Quarantänestation für Affen (ähnlich wie in Marburg mit 7 Toten, d.h. einer Mortalität von über 20% unter den Tierpflegern).
Nachdem im Labor vom USAMRIID (die Abteilung für Biologische Gefahren der US Armee), welche auch für zivile Institute Untersuchungen durchführt, in den Leichen von in der Quarantäne verstorbener Affen ein Filo-Virus (Ebola Reston) festgestellt wurde, setzte der befehlshabende Kommandeur, sich über alle Gesetzte und Befehlsstrukturen hinwegsetzend, Spezialisten des Militärs mit entsprechender Ausrüstung in Marsch.
Zitat des Kommandeurs: „Ich handelte, die Militärjuristen sollten uns nachher sagen wieso es legal war was wir gemacht haben.“
Da es eine zivile Krise war, wäre eigentlich die Seuchenkontrollbehörde zuständig gewesen, welche aber weder die nötige Ausrüstung noch Erfahrungen besass.
Sie errichteten eine Quarantäne (inklusive den Tierpflegern!) und begannen mit der Dekontamination.
Ebola-Reston ist die infektiöseste bis jetzt bekannte Form von Ebola: Sie wurde sogar durch die Lüftung übertragen!
Als die Seuchenkontrollbehörde von der Sache Wind bekommt, pocht diese auf ihre (gesetzliche) Zuständigkeit und verlegt die infizierten Pfleger in ein normales Spital ohne spezielle (Hochsicherheits-) Quarantänestation!
Wieso Ebola-Reston die Affen tötet und den Menschen zwar infiziert, da aber nicht zum Ausbruch kommt, weiss man nicht.
Das Reservoir (das Tier in dem Ebola „lebt“ ohne es zu töten) ist bis heute nicht gefunden. Man vermutet Flughunde.
Sollte dieses Virus z.B. nach Europa kommen und hier ein geeignetes Reservoir finden (möglicherweise Kaninchen oder Katzen, das weiss niemand) wäre die Katastrophe da.
Wenn ein Virus erst einmal in einem internationalen Flughafen ist, ist es nicht mehr aufzuhalten und kann innerhalb 24 Stunden auf der ganzen Welt sein.
Auf die Frage Prestons ob es möglich sei, dass ein Virus die gesamte Menschheit ausrottet, antwortet ein Virologe: „Theoretisch möglich, aber nicht realistisch. Realistisch sind 60%-80%.“
Ein Problem mit Viren ist auch die Abholzung von Regenwäldern.
Dadurch kommt der Mensch mit immer neuen Erregern in Kontakt, welche bis anhin isoliert existierten.
Das HI-Virus zum Beispiel, dessen Ursprung man in derselben Gegend vermutet wie Ebola, trat vermutlich zeitgleich mit dem Bau des Kinshasa-Highways durch den Dschungel Zentralafrikas auf.
Das sind die beiden Bücher, sehr kurz, zusammengefasst.
Ich will jetzt sicher nicht sagen die Grippe oder Ebola (als wohl bis jetzt spektakulärstes Beispiel) wird der Untergang der Menschheit, sondern nur aufzeigen, dass auch Pandemien ein nicht zu unterschätzende Gefahr darstellen und damit eine Diskussionsgrundlage zu diesem Thema schaffen.
Grüsse, Gresli