Zitat von Waldschrat;237713
Hallo 50svent
Thema Rechtsirrtümer in Deutschland:
Viele meinen, der Ehepartner könnte im Falle der Entscheidungsunfähigkeit den Ärzten Anweisungen geben. Irrtum! Der darf noch nicht mal die Krankenakte einsehen. Er muss erst zum Gericht gehen und sich als Betreuer einsetzen lassen.
Also S&P-Thema: Was gehört zu einer Patientenverfügung zumindest nach deutschem Recht dazu? Eine Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung auf Gegenseitigkeit. "Sollte einer von uns seinen Willen nicht mehr im Zustand geistiger Klarheit äussern können, setzen wir uns auf Gegenseitigkeit als Betreuer mit den folgenden/mit allen Vollmachten ein." Da gibt es auch bei Amazon und im Buchhandel Formulare zum Ausfüllen.
Oder als Vordruck auch online, z.B. hier
Da von der Homepage des Bundesjustizministeriums in D, sollte der juristisch "wasserdicht" sein
Muss übrigens nicht notariell beglaubigt und im Gegensatz zu einem Testament auch nicht handschriftlich sein, ein Word-Dokument mit Unterschrift von beiden reicht.
Juristischer Feinkram, neben den Unterschriften muss handschriftlich Ort und Datum vermerkt sein.
Viele Grüsse
Matthias
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Hi Matthias,
das ist so nicht ganz vollständig. Natürlich hat der Partner nicht das Recht im Alltag zum Hausarzt zu gehen und mal eben Auskunft zu verlangen. Hier müsste der Patient selber vor Ort sein und einwilligen (ich würde es als Arzt in seiner Akte dokumentieren und mir gegenzeichnen lassen), bzw eine schrftliche Vollmacht aufsetzen.
Ist der Patient aber schwer erkrankt/verletzt und nicht mehr in der Lage selber zu kommunizieren, ob Person XY informiert werden darf, dann geht man man vom mutmaßlichen Willen des Patienten aus (Geschäftsführung ohne Auftrag §§677 ff BGB). D.h. in einer normalen, intakten Familie hätte der Patient sicherlichnichts dagegen, dass sein Partner, die Kinder, etc über die aktuelle (also seine) Situation, seinen Zustand informiert werden. Dieser mutmaßliche Wille muss natürlich gründlich geprüft werden. Gibt es Gründe oder Unsicherheiten, die gegen eine solche mutmaßliche Einverständnis sprechen (dioe können in der Erkrankung/Verletzung, der Auffindesituation, aber auch den interpersonellen verhältnissen liegen), dann darf zunächst keine Auskunft gegeben werden - zur Not muss der Weg über das Betreuungsgericht gegangen werden, welches Entscheidet, wem und in wie weit Auskunft gegeben werden darf.
Beispiel A: Herrmann X hatte zu Hause einen Herzinfarkt. Vom Rettungsdienst wurde er reanimiert, nun liegt er intubiert und beatmet auf der Intensivstation. Die Ehefrau ist dem Rettungsdienst stante pede in die Klinik gefolgt, mittlerweile ist auch die aufgeregte Tochter eingetroffen. Vom Verhalten der Angehörigen spricht nichts gegen normale familiäre/interpersonelle Verhältnisse - Einer Aufklärung der beiden Angehörigen über Zustand und Prognose steht nichts im Wege.
Beispiel B: Herrmann Y hatte einen Herzinfarkt. Vom Rettungsdienst wurde er reanimiert, nun liegt er intubiert und beatmet auf der Intensivstation. Bei der Übergabe im Schockraum erfährt de rbehandelnde Arzt, dass der Patient in einem Bordell aufgefunden wurde, wo sein Herz wohl in einer Kombination aus Vorerkrankung, Viagra und körperlicher Ansptrengung den Belastungen nicht mehr gewachsen war. Die besorgte Ehefrau sitzt nun im Wartebereich und möchte gerne wissen, wie es ihrem Mann geht. Schwieriger. Es spricht primär nichts dagegen, dass die Ehefrau über den Zustand informiert wird. Davon, dass sie weiß, dass ihr Mann ins Bordell geht kann abe nricht ausgegangen werden. Über die Auffindesituation darf man daher hier keine Auskunft geben. Zur Not muss man sich mit einem "das wissen wir nicht" auf die Frage, wie es zum Infrakt gekommen ist behelfen.
Beispiel C: Herrmann Z ist bekannter Alkoholkonsument und zwar schon seit Jahren. Die Leber ist schon lange hin, nun ist es zu Komplikationen gekommen, nach einer Blutung aus gefäßen der Speiseröhre liegt er im Koma. Die familiären Verhältnisse sind schwierig, es gibt zwar eine Frau, aber diese lebt wohl - zumindest zeitweise - in Trennung. Wechselnde Lebensgefährtinnen sind bekannt. An Tag 3 erscheint die Ehefrau plötzlich und verlangt Auskunft. Würde ich persönlich nicht machen, man weiß nicht wie die Beziehung zwischen den beiden aktuell ist.
Beispiel D: Beate M wurde von ihrem Mann verprügelt. Dabei sei sie gestützt und ungelüklich auf den Kopf gefallen.- so sehr, dass sie nun mit einer Hirnblutung im Koma liegt. Der Mann ist nach ein paar Tagen wieder auf freiem Fuß (bis zur Gerichtsverhandlung) und taucht nun auf Station auf. Er möchte wissen, wie es seiner Frau geht. Nein, keine Auskunft - dürfte klar sein.
Hoffe ich habe weitergeholfen.
VG
Hunted
PS: Deinem Aufruf zur Vorsorgevollmach möchte ich mich vollumfänglich anschließen! Extrem wichtig, vor allem wenn es über die Auskunft hinaus um eine zeitweilige/dauerhafte Betreuung geht.