Sie saen nicht, aber Sie ernten...
Noch sind sie in Unterfranken sehr verbreitet, die Streuobstwiesen. Erst kürzlich wurde von mehreren Landkreisgemeinden, dem Landratsamt und vielen Privatpersonen die Bienen-Streuobst-Genossenschaft gegründet, um die Wertigkeit dieser einmaligen Kultur zu dokumentieren und um sie zu erhalten. Welche Schätze dort teilweise in der Natur stehen, wurde bereits in den vergangenen Jahren bei den vielen Apfeltagen und ähnlichen Veranstaltungen deutlich.
Doch jetzt droht Ärger: In Höchberg und vielen anderen Standorten wird im großen Stil das Obst immer häufiger von den Bäumen gestohlen. Martin Hupp ist zum Beispiel einer der geplünderten Obstbauern: Eines Abends beim Gang durch seine Felder befand er, dass die Mirabellen reif seien und am nächsten Tag geerntet werden müssten. Also mobilisierte er seine Familie und fuhr tags darauf zu den Büschen am Kies. Dort angekommen musste er jedoch feststellen, dass Unbekannte schon vor ihm die Bäume abgeerntet hatten.
Hupp ist kein Einzelfall. Seinem Namensvetter Jürgen Hupp, der mehrere Nussbäume in Höchbergs Fluren stehen hat, ging es ganz ähnlich. In diesem Jahr konnte er keine einzige Nuss nach Hause retten. Flinke Hände hatten vor ihm die Bäume geleert und die Früchte mitgenommen. Bereits das zweite Jahr in Folge sei das nun passiert, sagt Jürgen Hupp. Er ist so frustriert, dass er ernsthaft überlegt, seine Bäume zu fällen. „Wenn ich schon die Arbeit habe mit dem Baumschnitt oder dem Mähen der Wiese, will ich auch meine Früchte ernten und sie nicht irgendwelchen Dieben überlassen“, so Hupp.
Doch es sind es nicht nur Nüsse und Mirabellen, auf die es die Diebe abgesehen haben. Auch Zwetschgen und Äpfel sind begehrt. In Dieter Schmitts Obstgärten im Grundweg haben Unbekannte nicht nur die Apfelbäume komplett erleichtert, sondern auch das Gemüsebeet abgeräumt.
Dass das Unrechtsbewusstsein der Diebe sehr gering ist, hat Monika Seltsam erfahren. Bei einem Kontrollgang durch das von der Familie gepachtete Gebiet sah sie eine Frau, die Obst vom Boden und von den Bäumen sammelte. Als Seltsam die Frau darauf ansprachen, erwiderte sie, dass sich doch eh keiner um die Bäume kümmere. Sie komme schon seit Jahren, weil die Früchte hier besonders gut seien.
Dabei ist der Diebstahl von Obst keineswegs ein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. „Keiner hat etwas gegen die Spaziergänger, die sich ein oder zwei Äpfel als Wegzehrung mitnehmen“, sagt Jürgen Hupp. Aber wenn man mit Leitern und Bollerwagen in Streuobstwiesen eindringt, um unrechtmäßig zu ernten, sei das das eben keine Lappalie.
„Da müssen ganze Banden unterwegs sein“, vermutet Theo Seltsam wegen der Fußspuren auf seinem Grundstück. Er berichtet auch von einem Extremfall: Eine Streuobstwiese am Kies war eingezäunt, weil auf ihm Pferde grasen. Das interessierte die Obstdiebe jedoch überhaupt nicht. Sie traten den Zaun einfach nieder und stahlen das Obst. Die Tiere entwichen durch die Öffnung im Zaun und irrten in der Flur umher. Zum Glück konnte ihr Besitzer sie rechtzeitig wieder einfangen, ehe sie zum Beispiel auf befahrene Straßen zu einem echten Risiko werden konnten.
Dabei wäre es in Höchberg einfach, an kostenloses Obst zu kommen. Die Gemeinde hat extra ein Kataster
angelegt, in dem genau vermerkt ist, wer seine Obstbäume zum Ernten frei gegeben hat. Im Bürgerbüro steht man den Obsterntern gerne mit Rat und Tat zur Seite. Doch der Service wird kaum nachgefragt.
Gemeinderat Walter Feineis, Bündnis 90/Die Grünen, ist selbst Besitzer mehrerer Streuobstwiesen. Er fordert den schon lange von Bürgermeister Peter Stichler angekündigten Runden Tisch mit allen Beteiligten, um eine Lösung zu finden. Grundsätzlich hält Stichler den Runden Tisch nach wie vor für sinnvoll. „Aber die Initiative muss von den Verbänden ausgehen“, sagte er auf Anfrage dieser Zeitung .
„Die Bäume wurden von unseren Eltern und Großeltern gepflanzt, damit wir ernten können und wenn wir nicht dasselbe für unsere Kinder machen, wird es bald keine Streuobstwiesen mehr geben“, sagt Monika Seltsam.
Ausschnitt aus der Mainpost Würzburg.[URL="http://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/Diebe-pluendern-Obstgaerten-im-grossen-Stil;art492151,8389639"] Quelle[/URL]
Jetzt wird schon in Normalzeiten geplündert.