Ich denke, für Leute die sich nicht einschränken wollen, ist das Vermeiden von Neukäufen oder dann der Kauf qualitativ hochwertiger Ware die einfachste Art von Minimalismus. Das ist nur scheinbar teurer, über die Lebensdauer und die ersparte Zeit des Wegwerfens und Neukaufens rechnet sich das aber. Zudem macht das Gebrauchen von und Leben mit hochwertigen Gegenständen einfach mehr Freude.
Als Schweizer empfinde ich gerade Deutschland in dieser Beziehung als schlimm. Noch viel mehr als hier in der Schweiz habe ich den Eindruck, dass sich die Billigwaren geradezu aufdrängen, und dass fast alles über den Preis verkauft wird. Unter anderem deshalb mag ich Aldi. Lidl und so weiter und deren Warenpräsentation und Eigenmarken nicht, auch wenn ab und zu etwas Taugliches dabei sein mag. Dabei ist doch robust, durchdacht, zweckmässig, langlebig und zuverlässig das Markenzeichen deutscher Produkte.
Leider verteuern die schlechten Importwaren zu Niedrigstpreisen auch die guten Produkte, weil sie die verkauften Stückzahlen drücken. Und der Billigkram verstopft mit der schieren Menge die Regale zu Hause.
Eine weitere wichtige Art von Minimalismus ist es, nicht zuviel Infrastruktur zu beanspruchen. Da steckt viel Verbrauch drin, der sich nicht als Präsenz von Waren äussert. Muss es ein grosser SUV sein, oder tuts ein kleiner Stadtflitzer auch? Gönnt man sich pro Person 140 m2 Wohnfläche und ist scheinbar Minimalist, wenn da nur wenige Möbel stehen? Muss es ein neues EFH sein, oder renoviert man sich etwas aus dem Bestand und lebt damit, dass Raumhöhen und Fenstergrössen nicht den neuesten Architekturzeitschriften entsprechen? Brauch ich 500m2 Umschwung, der dann Zierrasen, Schotterfläche, Zierrosenbeet und Thujahecke wird, oder lebe ich in einer kleineren Wohnung und habe zum Ausgleich einen Schrebergarten?
Dann im Haus: Brauche ich einen Home Server? Muss ich im Internet nahchschauen können, ob die Markise unten ist? Brauche ich für meine 20 Flaschen Weinkonsum im Jahr einen eigenen Weinkühlschrank?
Ebenfalls dazu gehört, nicht für jeden Spezialfall ein Spezialgerät zu kaufen. Brauche ich ein Fahrrad für einfach so, eins für Downhill, eins für Strassenschnellfahrt, eins fürs Gelände?
Gerade die Freizeitausrüstungsindustrie versucht ja, für jede Sportart eigene Ausrüstung zu verkaufen. Deshalb kann man für Nordic Walking nur Spezialschuhe und Spezialstöcke verwenden. Wenn du für eine gewöhnliche Wanderung einen Haselstock statt spezielle Wanderstöcke dabeihast, wird geguckt.
In einem Vierpersonenhaushalt, wo jeder sportbegeistert ist, kommt da eine ganze Garage voll Kram zusammen, der gekauft und gelagert sein will.
Meist sind die besseren Freizeitausrüstungen auch viel zu gut. Brauche ich eine antarktistaugliche Jacke für den Sonntagsspaziergang? Das ist besonders absurd, weil es im Gegensatz zu Alltagsdingen steht, die man viel öfter zur Hand nimmt.
Die Möbelindustrie ist da noch nicht ganz so weit. Ich kann, ohne als zurückgeblieben zu gelten, immer noch auf dem gleichen Sofa Mittagsschläfchen machen wie den Tatort gucken. Aber vielleicht arbeiten sie schon dran.