Freundschaft und Partnerschaft
Als Themen Eröffner ist man meiner Ansicht auch so etwas wie ein Moderator für sein Thema.
Wir leben alle von und mit unterschiedlichen Erfahrungen, Meinungen und Diskussion, die uns dann im Allgemeinen weiterführen in unserer Entwicklung.
Deshalb finde ich die in diesem Thread auch geäußerten sehr persönlichen Beiträge und Meinungen anderer User sehr belebend.
Ihr habt es so gewollt, dann schreib ich noch ein bisschen:
Bevor ich jetzt weiter über mein Nomadenleben schreibe möchte ich noch eine vorhergehende Phase darstellen, die mit Auslöser für meine Reise war.
Im Jahr 1994 war ich mit meinem relativ kleinen Planungsbüro bestens aufgestellt und hätte in überschaubarem Rahmen in Ruhe so weiterarbeiten können. Teilweise arbeitete ich bei Großaufträgen sehr gut mit einem anderen größerem Architekturbüro zusammen.
Bei einem gemeinsamen Projekt wurde mir ein Bauleiter zugeteilt, der es wirklich richtig drauf hatte. Wir kamen auch über persönliche Themen ins Gespräch, es harmonierte und machte Spaß.
Ein halbes Jahr später war er schon mit seiner Freundin bei uns zu hause und auch die Frauen verstanden sich.
Schleichend manifestierte sich der Gedanke ihn doch zu mir zu holen. Als wenn er es schon erwartet hatte ging er sofort darauf ein. Allerdings Bauleiter war er ja schon, kommen wollte er nur in einer neuen Position als Geschäftsführer.
Nach reiflicher Überlegung wie ich meinte wurde 1995 der Vertrag aufgesetzt und er zum Geschäftsführer bestellt. Ordentliches Gehalt, gehobener Dienstwagen auch privat nutzbar, was man so braucht.
Klappte prima. Er machte die Bauleitung und Abrechnung, ich die Akquisition und Planung. Statt 120 000 km im Jahr fuhr ich nur noch die Hälfte. Um das erhöhte Volumen zu schaffen hatten wir noch ein paar Bauingenieure eingestellt und den kaufmännischen Bereich vergrößert.
Im folgenden Jahr kam meine Buchhalterin zu mir und erklärte, dass unsere Zahlen rapide in den Keller gingen. Da sie eine gute Bilanzbuchhalterin war gab es für mich keinen Zweifel daran.
Nach etlichen Krisengesprächen mit meinem Geschäftsführer stabilisierte es sich auf niedrigen Niveau und ich habe mir nicht soviel Gedanken darübergemacht.
Baustellen liefen prima, der Umsatz hatte sich glatt verdoppelt und die Kunden waren zufrieden allerdings blieb viel zu wenig über.
Meine Buchhalterin maulte ständig. „Da stimmt was nicht!!“
Aber nur anhand der Zahlen konnte sie es nicht konkretisieren.
Ich habe nicht auf sie gehört.
Osternsonntag 1998 um 9.00 Uhr klingelte bei mir daheim das Telefon. Einer meiner ältesten Kunden mit dem ich mich ausgesprochen gut verstand. Ich sollte mich sofort ins Auto setzen und zu ihm kommen. Wichtig.
"Wir hätten doch die Planung und Bauleitung bei einem Kunden XY. Das wäre ein guter Bekannter von ihm. Seit wann wir denn schwarz abrechnen würden?"
Ich fiel aus allen Wolken und erspare Euch das weitere Procedere.
Jedenfalls hatte mein Geschäftsführer, der mittlerweile mein Freund war in die eigene Tasche schwarz abgerechnet und Kickbacks gemacht wann immer möglich.
Ich habe ihn sofort raus geschmissen und versucht den Schlamassel zu klären.
Anschließend eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt. Sie fanden nichts belegbares aber seien sich sicher, dass ich im großen Stil betrogen worden bin. Es gab nichts handfestes, nicht schriftliches.
Mein sauberer Freund verklagte mich anschließend vor dem Arbeitsgericht für den fristlosen Rausschmiss und da ich keine Beweise hatte zahlte ich noch brav ein halbes Jahr sein Gehalt.
Das alles hätte ich überstehen können, denn eigentlich war es nur Geld und eine riesige menschliche Enttäuschung.
Bloß jetzt stand ich da ohne kompetenten Bauleiter mit einem viel zu großem Auftragsvolumen. Meine jungen Bauingenieure waren noch nicht weit genug.
Man kann solche Geschichten nicht schlagartig runter fahren, manche Projekte dauern bis 2 Jahre.
Das eigentlich befreundete größere Architekturbüro, das mir problemlos hätte helfen können war nicht mehr befreundet nachdem ihr bester Bauleiter bei mir angefangen hatte
Im Dezember 1999 war ich durch.
Aufträge abgearbeitet, Firma gerettet und geschrumpft, 11 Mitarbeiter entlassen, Ehe kaputt, Kinder stinkend sauer und meine Herzprobleme fingen an.
Genau am 25. Dezember lag ich abends allein im Bett meiner kleinen Mietwohnung (meine Frau war mit den Kindern im Haus geblieben) und die Tränen schossen mir so was von mächtig aus den Augen wie ich es noch nie erlebt habe. Heute weiß ich, dass es ein totaler Burnout war.
Die Gedanken drehten sich immer im Kreis, ich wurde vollkommen antriebslos. Ich habe sage und schreibe 3 Wochen im Bett gelegen, hatte keinen Appetit und hab nur Wasser getrunken.
Nach 4 Tagen habe ich ab und an ein Stück Schokolade gegessen. Toilettengänge bezogen sich nur noch aufs Wasserlassen.
Dusche? Wozu??
Immerhin habe ich es geschafft auf Anrufe von Freunden und Verwandten recht solide zu antworten, sonst hätten sie mich abholen lassen.
Und komischerweise nach diesen 3 Wochen eines morgens fühlte ich mich zwar schwach, aber ich hatte Appetit und die irrsinnige Lust Musik zu hören.
Ein vollkommen befreiendes Gefühl setzte zunehmend ein.
Ich war wieder da und schmiedete Pläne wie es auch privat weitergehen konnte.
Die Ehe war nicht mehr zu retten, aber meine Kinder haben mir verziehen.
Im Februar 2000 habe ich das Büro wieder eröffnet und mit kleiner Mannschaft weitergearbeitet bis...
seht Post 1.
Heute betrachte ich das alles ganz nüchtern und rational als Lebenserfahrung die mich zu dem gemacht hat der ich heute bin.
Gruß
Michael