Aaaaaaaslso.... Mit Biologie ohne Promotion kein Blumentopf zu gewinnen... Das war einmal. Ich war seinerzeit auch der fixen Idee verfallen, dass ich nach meinem Biologie-Studium ohne Promotion nichts werde reißen können. Dem ist seit gut zehn Jahren, vielleicht sogar schon länger, nicht mehr so. Zum einen, weil die Firmen gemerkt haben, dass die Akademiker mit Dr. im Namen auch nur mit Wasser kochen, aber, zumindest zu DM-Zeiten locker 10.000 DM mehr haben wollten. Und zum anderen weil auch die Studienabgänger so langsam mitkriegen, dass ihnen der Doktortitel formal gesehen nur im öffentlichen Dienst für ausgewählte Stellen und in der universitären Forschung zwingend abverlangt wird. In der Wirtschaft ist sehen die zwei Buchstaben hübsch im Briefkopf aus und manche Branchen lassen sich das dann auch gerne was kosten, einfach nur, weil es von "Kompetenz zeugt"... Bullshit.
Also. Biologie. Ja, aber nicht rein in Pflanzen. Systematiker, egal ob im zoologischen wie botanischen Bereich, braucht man heute eher selten. Festanstellungen gibt es praktisch nicht, da ist die Nadel im Heuhaufen leichter gefunden. Und von einem Projekt zum nächsten, wenn man Glück hat.. Nun ja, Familienplanung geht leichter.
Eher würde sie in der Biologie was reißen können, wenn sie Richtung Labor oder explizit Pharmakologie geht.
Da ist Forstwirtschaft schon eher interessant, wenn es unbedingt was mit Pflanzen sein soll. Wobei ich mir auch da vorstellen kann, dass die Arbeit eines Forstwirtes mittlerweile sich auch eher hinter dem Schreibtisch am PC als direkt im Forst abspielt. Besonders, wenn deine Tochter in der Forstverwaltung eines Bundeslandes landen sollte. Also nicht viel mit Wanderung, mal abgesehen davon, dass Forstwirte weniger wandern, da sie im Unterschied zu "Normalsterblichen" mit einem Auto in den Wald fahren dürfen. Vielleicht zieht das ja als Argument.
Stichwort Akademikerschwemme, zu viele Häuptlinge und zu wenig Indianer: Dem kann ich nur bedingt zustimmen. In vielen Bereichen ist es heute so, dass die Komplexität der Aufgaben deutlich zugenommen haben und daher mitunter Akademiker dafür gebraucht werden, wo früher gelernte Kräfte ausgereicht hätten.
Meinen Job zum Beispiel hätte vor wenigen Jahrzehnten sicherlich problemlos von einem gelernten Bürokaufmann, Fremdsprachenkorrespondent oder Sekretär gemacht werden können. Ein entsprechend ausgebildeter Akademiker hätte das ganze dann nur noch auf Inhalt und fachliche Richtigkeit geprüft. Aber heute? Da ist dann schon mindestens ein einschlägiger Bachelor erforderlich.
In anderen Bereichen ist es ähnlich. Wieviel Tischler braucht es heutzutage noch in Zeiten von schwedischen Möbelhäusern und anderen Möbelhausketten? Eher weniger, weil Maschinen die Einzelteile fertigen jnd nicht mehr der Tischler.
Computer haben große Teile unseres Lebens sichtbar und unsichtbar durchdrungen, dass wir heute selbst in handwerklichen Bereichen immer weniger menschliche Arbeitskraft im eigentlichen Sinne benötigt. Davon kann man nun halten, was man will, darüber zu diskutieren ist sicherlich eines eigenen Diskussionsfadens würdig. Aber ich bun damals wie heute der Ansicht, dass jeder Mensch den bestmöglichen Bildungsabschluss anstreben sollte, der realistisch möglich und sinnvoll ist. Und sich dabei in erster Linie daran orientieren sollte was Spaß macht. Und nicht nur danach schauen, womit sich am besten, am meisten, am einfachsten und am schnellsten viel Geld verdienen lässt. Da würde meine Empfehlung dann lauten: Jura studieren und sich darauf beschränken Mahnbescheide wegen Urheberrechtsverstöße nach dem Panoramafreiheitsgesetz zu verfolgen...
Natürlich sollte auch eine Frage lauten: kann ich mit der Berufsausbildung am Ende meinen Lebensunterhalt bestreiten. Aber sie sollte nicht die dominierende Frage sein. Damit würde deine Tochter in derselben Bredouille sitzen wie du: sie macht einen job nur des Geldes wegen und zählt jeden Tag die Minuten bis zum Feierabend, jeden Tag die Stunden bis zum Wochenende und jede Woche die Tage bis zum nächsten Urlaub. Das kann es ja auch nicht sein.
Natürlich hätte ich vielleicht mehr Geld auf dem Konto, wenn ich BWL, Jura oder Medizin studiert hätte. Oder in die Politik gegangen wäre und mich nach oben verbogen hätte. Aber das wäre nicht "Ich" gewesen. Das wäre nicht mein Leben gewesen.
Als ich mit dem Bio-Studium anfing, wollte ich auch erst in eine ganz andere Richtung gehen. Eher zoologisch orientiert. Habe dann aber für mich herausgefunden, dass es in der Biologie noch andere Bereiche gibt, die ich viel spannender finde. Eher nebenbei, ohne dass es für meinen Abschluss erforderlich gewesen wäre, habe ich noch ein paar zusätzliche Qualifikationen erworben. Viele haben mich damals gefragt, warum ich "so einen Sch*** mache, das braucht doch kein Mensch". Tja, und heute sitze ich auf einer Stelle, die ich, unter anderem genau wegen dieser, scheinbar überflüssigen, Qualifikationen erhalten habe...
Akademiker haben eine andere, eher theoretische, analytische Herangehensweise an ein Problem. Das ist heute in immer mehr Bereichen wichtiger als früher. Aber wichtig ist, dass man dennoch nicht die Bodenhaftung verliert und zu einem jener "lebensunfähigen Akademiker mit zwei linken Händen" wird, die nicht mehr pragmatisch denken können, wenn es angebracht ist und die zum Glühbirnenwechsel den Elektriker holen müssen....
Bildung ist nicht alles im Leben, aber ohne Bildung ist alles nichts. Ich bin sicher, dass deine Kinder ihr Leben meistern werden. Egal, wofür sie sich letztlich entscheiden. Wichtig ist meiner Ansicht nach, nicht stehen zu bleiben. Sowohl körperlich wie mental. Und immer im Herzen und im Kopf ein Stück weit Kind zu bleiben. Egal für wie albern irgendwelche frustrierte Neider das vielleicht halten mögen.
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Cephalotus: mit Anfang zwanzig ist kein Jahr "vergeudet". In dem Alter kann man sich noch "Fehler" erlauben, die sich in späterem Alter vor der Rente böse rächen würden.
In Zeiten von Bachelor und Master ist das mit den "besten Zeiten" nur noch eingeschränkt gültig. Da ist so viel verschult und zusammengepresst worden, dass da nichts mehr von "akademischer Freiheit/Entwicklung", einen Studium generale oder einem "Ausprobieren" viel übrig ist. Meine Zusatzqualifikationen, die ich im Studium nebenbei gemacht habe, als Teil meines Studienganges (Student der Fahrtrichtung zu sein war Voraussetzung für priorisierten Zugang, erst danach wären freie Plätze an Interessenten aus der freien Wirtschaft für teuer Geld vergeben worden), könnte ich mir heute nur schwer erlauben.