Es ist nun schon einige Jahre her, doch das Überwinden von S-Drahtsperren habe ich mehrfach ausgebildet.
Grundsätzlich gilt: Sperre und schnell schließt sich aus. Sperren sollen verzögern oder lenken und das tun sie. Sie machen nur wirklich Sinn, wenn sie überwacht oder zusätzlich gesichert sind. Daher ist eine saubere Aufklärung unumgänglich. An Grenzen ist nicht nur mit Streifen zu rechnen sondern auch mit einzelnen getarnten Sicherungsposten. Die sind an einer Grenze bewaffnet und könnten auch schießen. Man weiß nie... Sprengfallen/Alarmdrähte können ebenfalls vorhanden (Bosnienkrieg) sein, also Aufklärung = A+O.
Wichtige Grundregel: Einmal im Stacheldraht verhakt ist HÖCHSTE Vorsicht geboten mit JEDER Bewegung! Wie schon beschrieben ist ein Lederstiefel kein Hindernis für S-Draht, wenn man zieht. Versuchen vorsichtig zu lösen und zurück zu gehen. Wer reingefallen ist braucht fremde Hilfe. Panik führt zur Katastrophe.
Mit einem Fahrzeug kommt man nicht durch S-Draht durch. Auch nicht mit einem Panzer. Gibt ein BW-Lehrfilm mit Leopard gegen 1 S-Draht-Rolle. Leo verliert und die Besatzung schneidet 1 Tag lang Draht mit einem Bolzenschneider aus dem Fahrwerk. Einzige Idee dazu: LKW oder Pickup rückwärts an/in die Sperre fahren und von der Ladefläche über die Sperre springen. Fahrzeug dann aufgeben. Praktisch kommt es auf die örtlichen Gegebenheiten an.
Zu Fuß überwinden:
Bandstacheldraht (kein S-Draht) mit einer guten Knipex-Zange zu durchschneiden. Nicht so gefährlich wie S-Draht (keine Spannung), dafür ideal im Gebüsch und Unterholz zu verlegen und schlecht zu sehen. Der Überwachende "hört" es, wenn jemand in der Sperre steht. Weiß nicht, wie gebräuchlich er außerhalb der BW war/ist.
S-Draht: 1 Rolle ist kein Hindernis. Kann man überspringen. Kinder drüber reichen. 3-fach Rollenzaun ist schon eine Herausforderung, übereinander wie ungarische Grenze an stabilem Maschendrahtzaun schon deutlich schwieriger.
Wenn Bolzenschneider vorhanden (ab 2 kg...) aus 2 Fichtengipfeln Wurfanker herstellen, mit Paracord den Zaun auseinanderziehen (wenn alleine dann festbinden) und durchschneiden. Ist in <5 min für 3 Rollen erledigt. Beim Militär nur für nicht gesicherte/überwachte Sperren machbar, da kein Soldat 5 Min im Feuer liegen möchte. Das M-9 Bajonett kann ich mir bei BW-S-Draht nicht wirklich vorstellen. Ist schon mit dem großen Bolzenschneider einige Kraft erforderlich. Chinaware kenne ich nicht, würde persönlich von bester Qualität bei der Sperre ausgehen.
Wenn es schnell gehen musste (dran, drauf, drüber) hat 1 Mann einen 2. Parka angezogen, beide Kapuzen auf, (wir hatten extra alte), die Verlegehandschuhe (keine Arbeitshandschuhe!!!) vor das Gesicht und warf sich auf die Sperre. Möglichst nicht mit den Beinen hinein, ist ungesund... S-Draht verhakt sich nur im äußeren Parka, die Sperre wird niedergedrückt und die anderen rennen über den Mann über die Sperre. Hat völlig gereicht, innerhalb von 30 Sekunden 8-10 Mann über die Sperre zu bringen. Hört sich wild an, funktioniert einwandfrei, gab nie einen Verletzten. Blaue Flecken durch Siefel auf dem Rücken, na ja... Problem heute ist sicher den 1. Mann anschließend aus der Sperre zu holen, wenn alle durch sind, da er sich wahrscheinlich verhakt und auf der falschen Seite bleibt. Freischneiden kann erforderlich sein. Wolldecken halte ich für so etwas für ungeeignet.
Wenn Bäume in der Nähe ist es einfach selbst mit der Klappsäge kleine Bäume (15-20 cm) unauffällig und recht leise zu fällen. Fichten bitte grob entasten, ca. 3-4 m Länge sind ideal. Nicht zu schwer und dennoch sehr wirkungsvoll. 3-4 nebeneinander/übereinander auf die Sperre legen und darüber gehen. Heute würde ich 3-4 solcher Stämme zu einem "Floß" verbinden (Paracord/Nägel) und man hat einen bequemen Steg. Zeitbedarf für 1 Person ca. 0,5-1 Stunde.
Vielleicht findet man auch 1-2 stabile Bretter, mit deren Hilfe man wie mit einer Tür die Sperre überwinden kann. Stolpern sollte vermieden werden...
Kommt alles auf die Umstände an, Sicherung, Zeitaufwand, Umgebung (Wald/Ortschaft/freies Feld), Familie, Auto etc. Ein lösbares Problem, das allerdings Sorgfalt und Konzentration erfordert. Ist KEIN Spaß!
Zur Sicherung von Grundstücken ohne Überwachung dabei nicht geeignet, da überwindbar, lockt Neugierige an und spätestens bei einem "Kollateralschaden" von Mensch oder Tier wird man den S-Draht verfluchen.
Wolfgang