Von Zeit zu Zeit mache ich ja Messer und kenne mich ein bisschen damit aus. Natürlich ist der Schliffwinkel relativ wichtig- sonst könnte ich ja mit der Axt alles schneiden und bräuchte keine weiteren Messer (wobei sich mir nicht erschließt, warum Tomaten hauchdünn geschnitten werden müssen)
Im Ernst: Meinen Kunden erkläre ich grundsätzlich, dass die Form einer Klinge ebenso wichtig ist, wie die notwendige Schärfe.
Ein Beispiel: Ich habe vor einiger Zeit ein Aufbrechmesser für einen Jäger gemacht, der gerade seine Prüfung bestanden hat. Es sollte alles vom feinsten sein, Federdamast und exotisches, stabilisiertes Griffholz. Natürlich rasiermesserscharf und mit geradezu unendlich harter Klinge.
Ich habe den Mann gefragt, welches Wild er aufbrechen möchte; er sagte hauptsächlich Reh- und Schwarzwild. Es hat lange gedauert, ihm all die gewünschten Eigenschaften wieder auszureden.
Weil: Ein rasiermesserscharfes Messer, wird durch Haut, Schwarte und vor allem dem Schlamm in den Borsten ratzfatz stumpf- egal wie hart der Stahl ist. Damast leidet durch eine solche Behandlung immens. Edles Griffholz wird durch den Kontakt zu Blut, etc unansehnlich.
Jetzt hat er ein Messer mit deutlich stumpferen Schneidenwinkel, als Stahl Niolox mit 60 HRC und abnehmbare Griffschalen aus Leinenmicarta. Damit bricht er deutlich mehr Schwarzwild ohne aufwändiges Nachschärfen auf, die Griffe werden angeschraubt um Blutreste darunter sauber zu kriegen und das Messer kann in die Spülmaschine.