Hallo zusammen!
Will jetzt nicht zu weit OT gehen vom Thema "Antibiotika" und Sinnigkeit, aber diese ganze Geschichte mit MRSA und anderen Keimen hat noch einen weiteren, oft vergessenen Faktor. Die "Compliance", also quasi die Kooperation von Patienten und auch Personal, gerade in der Pflege.
Mal meine rein subjektiven Erfahrungen aus den letzten 10 Jahren!
Zweifellos bleibt professionellem Pflegepersonal oft genug die Hand gebunden, durch Kostendruck und Personalmangel. Auch gelten bspw. Pflegeeinrichtungen unter manchen Umständen als Wohngemeinschaft und haben so schon andere gesetzliche Vorgaben. Aber wenn ich beruflich hin und wieder in Pflegeheimen bin und mich um Patienten/Bewohner kümmern soll, die Keimträger sind, finde ich diese oft genug in den Gemeinschaftsräumen vor. Wenn ich dann frage, ob die Verkeimung bekannt ist, wird oft geantwortet, dass man die "Leute doch nicht wegsperren könne". Obwohl einer Ausbreitung natürlich nur Isolation vorbeugen kann! Oder man steht, selbst in Schutzkittel und Co, in den Zimmern, und das Personal geht rein, erledigt eben was, und geht wieder raus, mit dem Hinweis, man habe ja keinen direkten Patientenkontakt gehabt. Oder Pflegemappen werden mit in die Räume genommen und danach wieder in das Regal oder den Wagen zurück.
Auch spricht eigentlich nichts dagegen, mit multiresistenten Keimen besiedelte Patienten bei gesundheitlicher Eignung nach Hause zu entlassen. Hier verlässt sich "das System" zu sehr auf die Ratio des Patienten und der Angehörigen. Aber die Keimträger setzen zu oft die Antibiotika eigenmächtig ab und werden zuhause in den seltensten Fällen unter hygienischen Bedingungen integriert. Oftmals nimmt man die Isolation nicht ernst genug, oder man bewegt sich dann eben doch in der Öffentlichkeit. Oder geht in die Praxen niedergelassener Ärzte.
Wo wir übrigens auch bei einer Lokalität sind, in der aufgrund "wohnlicherer" Einrichtung (Teppichboden, offenporige Holzmöbel) und anderer gesetzlicher Vorgaben die Hygiene eine andere ist, als im Krankenhaus. Jeder, der mal in der Rettung oder im Krankentransport fuhr oder in Praxen arbeitet, wird bestätigen können, dass man auch hier oftmals Keimträger bei sonst keimfreien Patienten findet.
Natürlich "springt" ein resistenter Keim nicht jeden direkt an, Fliegen haben die auch noch nicht gelernt, und Menschen mit noch funktionierendem Immunsystem sollten damit auch keine Probleme bekommen. Aber wenn man doch schon immungeschwächt ist, reicht es, die Keime über unbelebte Flächen aufzunehmen.
Man sollte also nicht zwangsläufig nur die Antibiotika verteufeln, das Problem liegt eher im Anwender. Man muss aber auch mal erwähnen, dass in den letzten Jahren eine deutlich bessere Sensibilität geschaffen wurde. Leider verhalten sich meistens jedoch "nur" die Krankenhäuser professionell.
Soweit meine Gedanken dazu. Grüße!
Avesjünger