Beiträge von bowjaxx

    Hallo allerseits,


    man sollte hier deutlich abgrenzen.


    Eine Splitterschutzweste ist zwar auch eine ballistische Schutzweste, aber mit einem ganz anderen Packetaufbau als eine „Schusssichere Weste“. Splitterschutzwesten sind auf Penetration durch Fragmente, Splitter, Schrapnelle konstruiert. Die Aufgabe dieser ist es, eben „umherfliegendes“ vom Träger so gut wie möglich abzuhalten.


    Eine ballistische Schutzweste gegen direkten oder indirekten Beschuss mit Faustfeuerwaffen Munition ist wieder ein ganz anderes Paar Stiefel. Hier ist entscheidend, welche Aufgabe diese Erfüllen soll (sicherlich die Kernaufgabe ist das Abhalten von Projektilen). Ob es nun eine Unterziehweste ist, eine Überziehweste mit Hartballistik Einschub, in Kombination mit Stichschutz und welche Leistungskriterien dieser Weste abgefordert werden. Man kann behaupten, dass es eine Wissenschaft für sich ist und die Eierlegende Wollmilchsau noch nicht erfunden wurde. Ganz im Gegenteil.


    Ich mache mal Beispiele von Anwendern und Westen hierfür:


    Polizist: Überwiegend werden softballistische Überziehwesten oder Westen welche auch untergezogen werden getragen. Die Westen erfüllen meistens die Schutzklasse SKL / VPAM2/3, teilweise SK1/VPAM5.


    Polizeiliche Zugriffseinheiten: Überwiegend softballistische Überziehwesten mit Hartballistischen Einschüben. SK1/VPAM5 zzgl. SK3/VPAM8/9 Einschüben.


    Personenschützer: softballistische Unterziehwesten in Schutzklasse SK1/VPAM5, mittlerweile sehr viele welche auch aufgesetzte Schüsse abhalten können. Fokus hier Westen welche sehr leicht sind und sich ganztägig tragen lassen.


    Schutzbedürftige Personen: softballistische Unterziehwesten in Schutzklasse SK1/ VPAM5. Gewicht Nebensache. Oftmals inkl. Stichschutz sowie auch teilweise mit Einschub für Hartballistik.


    Armee: Überwiegend Hartballistik in Form von Plattenträgern/Plate Carrier, Schutzklassen SK3 VPAM8/9, teilweise SK4/VPAM10. SK3 dann auch mit softballistischer Unterstützung.


    Rettungssanitäter: Überwiegend Stichschutzwesten.


    Wie man hier erkennen kann, eine Vielzahl von Unterschieden. Das ganze lässt sich noch weiter verfeinern, durch z.B. Ausbau der Westensysteme, Gewicht, flammhemmende Anforderungen, Traumaschutz.


    Einen Überblick die neue VPAM Prüfrichtlinie seht Ihr hier: http://www.vpam.eu/fileadmin/P…AM-Tabelle_2010-12-11.pdf


    Was hier nicht enthalten sind Kerngeschosse bei Kurzwaffen, bzw. auch Solid Geschosse und Flintenlaufgeschosse. Ebenso sind hier die Kaliber 4.6x30 sowie 5.7x28 nicht enthalten. Hintergrund ist, derzeit existieren keine ballistischen Gewebe, welche diese kleinen und schnellen Kaliber aufhalten können. Sollten diese noch mit einem Kerngeschoss kombiniert sein, wird es auch für Hartballistik eng. Fakt ist klein und schnell, verträgt sich so gut wie nie mit einer Softballistik. Im Regelfall ist bei 600m/s Schluss.


    Bei Flintenlaufgeschossen sieht es anders aus, hier spielt nicht die Geschwindigkeit sondern die reine Masse (28-35g) eine Rolle. Das Geschoss verursacht überwiegend ein schweres Trauma, je nach Schutzklasse.


    Generell sagt aber auch die Schutzklasse erstmal wenig aus, ob der Träger, nach einem Beschuss, stehen bleibt bzw. wieder aufsteht.


    Wichtig sind hier Kriterien, ob die Weste durchgehend über alle relevanten Kaliber zertifiziert ist. Ebenso aufgesetzte Schüsse sind ein schwieriges Unterfangen, da durch die Verbrennungsgase am Laufende, die ballistischen Pakete enorm belastet werden. Auch wie tief hier die Penetrationstiefe ist. Die Schutzklasse SK1/VPAM5 gibt bis zu 50mm vor. Jeder kann sich mal einen Zollstock nehmen und diese Tiefe am Körper abmessen, das ist erheblich. Es existieren aber gute Produkte, welche bei dieser Schutzklasse maximal 20mm zulassen.


    Darüber hinaus, muss auch bewusst sein, dass wenn ein gezielter Schuss auf einen Westen oder Plattenträger erfolgt, die Handlungschancen danach enorm weichen. Bei einem Beschuss z.B. mit Kaliber 7.62x54R auf eine SK4/VPAM10 Hartballistik fällt der Träger definitiv erstmal um und danach muss mit einem enormen Trauma gerechnet werden. Oftmals tritt hier der Tod durch das Trauma und nicht die Schussverletzung ein.


    Von gebrauchten ballistischen Westen würde ich persönlich abraten, auch wenn diese nur Depotware sind. 1. Sind die überwiegend verarbeiteten Aramidgewebe (es wurde und wird nicht nu Aramid verarbeitet) nicht Alterungsbeständig und feuchtigkeitsanfällig, 2. Kann man nie zu 100% ausschließen das die Weste falsch gelagert wurde. Grundsätzlich werden bei den meisten Behörden, die Westen nach 5 Jahren ausgesondert. Teilweise auch nach 10 Jahren, wenn diese zwischendurch nochmals geprüft wurden. Das ist aber eher mit einer sparsamen Beschaffung verbunden, als mit der Anforderung das die Träger geschützt sein sollen.


    Derzeit werden bei einigen Behörden neue Westen beschafft, weil die bestehenden Westen die mittlerweile existierenden Anforderungen nicht mehr erfüllen.


    Gerade dies sollte zu denken geben!


    Ich will und möchte keinen generelleren Rat zum Kauf geben, da es in den meisten Fällen, eine Bewertung der Einzelsituation erfordert. Allerdings sei der Kauf einer ballistischen Weste gut überdacht. Grundsätzlich sollte man im Fokus haben, das eine ballistische Weste Gewicht mit sich bring und man hierdurch schon etwas eingeschränkt ist.


    Ich werde die Tage noch ein wenig Informationen über ballistische Pakete und Materialien veröffentlichen.


    So long!
    Bowjaxx