Schulter einrenken

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  • Liebe Foristen-


    immer wieder fällt mir auf, dass Leute, die sich auf längere Zeit ausserhalb medizinischer Versorgung aufhalten und sich daher medizinisch ausbilden wollen (in meinem Fall oft Blauwassersegler) dem "Wunden nähen" grosse Bedeutung zumessen. Auch hier im Forum ist das nicht anders.
    Ich denke, die anderen hier schreibenden medizinischen Fachpersonen haben schon im Wesentlichen darauf hingewiesen: Das Zunähen der Haut ist kaum jemals eine lebensrettende, sondern häufig nur die Kosmetik der entstehenden Narbe verbessernde Massnahme. Wunden heilen auch so zu. Lebensrettend ist deutlich öfter das "Aufmachen" als das Verschliessen.


    Ich möchte aber an dieser Stelle auf eine Fertigkeit hinweisen, die bisher (zumindest laut Suchfunktion) hier noch nicht ausreichend behandelt worden ist:


    Das Einrenken einer ausgekugelten (luxierten) Schulter.


    Das ist nämlich eine sehr häufige Verletzung, die zwar kaum direkt lebensbedrohlich ist, indirekt in einer Survivalsituation aber sehr wohl, da man sich einarmig und schmerzgeplagt ansonsten kaum noch helfen kann.


    Es gibt hier m.E. zwei Methoden, die sich für den Prepper gut eignen, die klassische "Kocher Technik" und die neuere "Cunningham Technik". Beide basieren auf Entspannung der Muskelpartien, die den ausgekugelten Oberarmkopf in Fehlstellung fixieren, arbeiten nicht mit Zug (was bei muskelkräftigen Individuen ohne eine gewisse Betäubung kaum je funktioniert) und minimieren das Risiko zusätzlicher Verletzung. Man kann sie auch "trocken üben". Natürlich funktionieren sie nicht immer, aber häufig schon.


    Hier ein link zu Dr Cunninghams Seite mit Videos zu den beiden Methoden: http://shoulderdislocation.net/videos Ansonsten einfach mal auf youtube suchen.



    Gruss,


    KarlRossmann, MD

  • Wie gehabt, es gibt auch hier im Forum Menschen, die des Englischen nicht so mächtig sind, wie man es heutzutage allgemein für selbstverständlich hält.


    Von daher wäre (nicht nur?) ich sehr dankbar für eine kurze Beschreibung der beiden genannten Techniken; ich bin aus den Videos nicht so wirklich schlau geworden. Auch ein schönes Beispiel für die "Unsitte", einen Threat zu eröffnen, der eigentlich nur den Satz enthält: "Hey Leute, ich habe hier ein interessantes Video für euch, schaut's euch mal an."


    Ich mag nunmal nicht aufs Geradewohl einen Link anklicken, ohne zu wissen, ob das Video mich überhaupt interessiert.


    Gut, in diesem Fall gab es zumindest die Beschreibung, dass es sich um das Einrenken einer ausgekugelten Schulter handelt. Hätte mich durchaus interessiert; nur wie gesagt, auf der verlinkten Seite gibt es eine ganze Reihe von Videos, bei denen ich auf Grund der englischsprachigen Beschreibung nicht weiss, welches das richtige für mich ist. Schade!


    Ich habe einfach irgendeines angeklickt aber, wie weiter oben schon angedeutet, bin ich genauso schlau wie vorher. Was hat der Typ denn nu eigentlich gemacht?


    Die einzige Technik, die ich kenne, besteht darin, der verletzten Person, welche dafür auf dem Rücken liegen muss, einen Fuß in die Achselhöhle des ausgekugelten Armes zu setzen, den Arm mit beiden Händen am Handgelenk zu umfassen und unter sanftem Zug den ausgestreckten Arm zu drehen. Also die Handinnenfläche nach außen, damit der Oberarmknochen wieder ins Gelenk zurück springen kann.
    Der Einrenkende sitzt dabei neben dem Verletzten, wie bei einer Rudermaschine, nur statt des Zugseils hat man eben den Arm gepackt.


    Ist das heutzutage erlaubt, richtig oder zumindest in einer Survivalsituation anwendbar?


    lg
    melusine

  • Hallo Karl Rossmann


    Ich bin ja ein "Neuling" in der S&P Welt, aber ich traue mich mal was zu schreiben.


    Die Erklärung im Video, war (meiner Meinung nach) nicht schlecht, allerdings hätte ich bei einer "akuten" Situation die Angst, als nicht "Fachperson" mehr kaputt zu machen als zu helfen. Ich weiss ohne spezifisches Wissen (Medizinische Ausbildung, Röntgenbild) nicht ob die Schulter "nur" ausgerenkt ist, oder ob durch einen Sturz etwas angebrochen ist (Haarbruch usw...)


    Deswegen würde ich persönlich, wenn möglich, den Arm/Schulter ruhig stellen (fixieren) und dann zum Arzt gehen.


    Sicher, in einer Notsituation, in der das Überleben davon abhängig ist ob ich beide Arme benutzen kann, würde ich auch nach Bestem Wissen und Gewissen handeln und versuchen zu helfen.


    Was ich leider nicht gefunden habe ist eine Technik, wie man sich selbst die Schulter "Alleine" wieder einrenken kann. Hättest Du da einen Tipp?


    Liebe Grüsse
    Raven

  • Melusine-


    Die von Dir beschriebene Technik nach Hippokrates funktioniert ohne Betäubung meistens nicht, weil sie schmerzhaft ist und die Muskeln sich durch den Schmerz noch mehr zusammenziehen - und damit den Oberarmkopf, der ja fast immer nach vorne aus der Gelenkpfanne gerutscht ist, in der Fehlstellung fixieren. Die Methode wird durchaus noch angewandt, aber eben eher in Narkose, oder zumindest unter sehr starken Schmerz- und Beruhigungsmitteln. Mit einem wirklich tüchtigen Alkoholrausch dürfte es wohl auch gehen.
    Allgemein kann man sagen, dass die Schulter oft fast von selbst zurückgleitet, wenn der Pat. schmerzfrei und entspannt ist. Die Cunningham Technik funktioniert letztlich so, dass man den Arm des Patienten sehr sanft in die schmerzärmste Stellung bringt, den betroffenen Oberarm am Körper angelegt und die Hand auf dem Oberarm des auf der verletzten Seite versetzt vor ihm knienden Helfers. Dann massiert man zunächst die Schulter, dann den Bizeps - sehr vorsichtig, bis der Patient sich entspannt. Wenn man ihn dann bittet "Kopf hoch, Brust raus" Position einzunehmen, wobei er unbewusst die Schultern zurückzieht, gleitet der Oberarmkopf zurück in die Pfanne. Trick ist die Entspannung.
    Bei der Kochertechnik wird der Oberarm ebenfalls vorsichtig an den Körper angelegt, der Helfer dreht dann den rechtwinklig gebeugten Unterarm so weit nach aussen, wie es schmerzfrei geht. Dann schiebt man den Oberarm etwas nach vorn und dreht den Arm zurück nach vorne.
    Vielleicht erschliessen sich ja die Videos mit dieser Erläuterung besser.
    Ich würde übrigens jedem empfehlen, Englisch ins Prepperepertoire der zu erlernenden Fertigkeiten aufzunehmen,; genau wie gärtnern, feuermachen, Brunnen bohren oder Patronen nachladen - oder was auch immer die verschiedensten Leute hier ins Forum treibt. Es ist meines Erachtens längst nicht mehr irgendeine Fremdsprache, sondern eine Kulturtechnik, mit der sich u.a. die Informationen, die man aus dem Internet bekommt enorm vervielfachen.


    Gruss,
    KarlRossmann


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    Raven-


    klar, wenn Dir das heute passiert, stellst Du den Arm ruhig, isst und trinkst nichts mehr und gehst in die Notaufnahme. Diese Methoden sind für den Ausnahmezustand. Zum Selbsteinrenken: Es gibt relativ viele Leute, bei denen das öfter passiert (sog. habituelle Luxation) die haben manchmal ihre eigenen Tricks. Bei denen gehts aber natürlich auch leichter wieder rein. Hör dich mal im Bekanntenkreis um, vielleicht kennt jemand wen, der´s Dir vormachen kann. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
    Gruss,
    KatlRossmann

  • Zitat von melusine;155427

    Die einzige Technik, die ich kenne, besteht darin, der verletzten Person, welche dafür auf dem Rücken liegen muss, einen Fuß in die Achselhöhle des ausgekugelten Armes zu setzen, den Arm mit beiden Händen am Handgelenk zu umfassen und unter sanftem Zug den ausgestreckten Arm zu drehen. Also die Handinnenfläche nach außen, damit der Oberarmknochen wieder ins Gelenk zurück springen kann.
    Der Einrenkende sitzt dabei neben dem Verletzten, wie bei einer Rudermaschine, nur statt des Zugseils hat man eben den Arm gepackt.


    Ist das heutzutage erlaubt, richtig oder zumindest in einer Survivalsituation anwendbar?


    lg
    melusine


    Hallo Melusine,


    in meiner chirurgischen Zeit habe ich einige Male versucht, ohne Narkose, nur mit Beruhigungs-/ Schmerzmitteln, eine Schulter so wieder einzurenken. Es ist mir nicht gelungen, meine Kraft hat nicht gereicht.


    Es war die Zeit, in der ich geklettert bin, also schwach war ich nicht gerade.


    Die vorgestellten Techniken imponieren mir sehr. Ich kannte sie bisher noch nicht.


    Als Laie würde ich sie nur im Notfall und seehr vorsichtig probieren und vorher mit einer gesunden Person üben.


    Als Arzt auch außerhalb eines Katastrophenszenarios, ebenfalls mit seehr viel Vorsicht. Wenn an der Schulter was reißt oder bricht, hat man ein neues Problem.


    Danke für den Link, KarlRossmann

  • Kleiner Trick unter uns, Chris-


    was ich heute meistens mache: Sonogesteuerter Skalenusblock (Langachsentechnik von posterior, 15 ml Prilocain 1% single shot, einfach mit langer Nadel auf Spritze, ohne die Anästhesieschwester zu wecken). Nach 10 Minuten ist die Schulter taub, du lässt den Pat. einmal "die Achseln zucken" und sie ist wieder drin. Schulter-Armbandage und nach Hause.
    Gruss,
    KarlRossmann

  • @ karlrossmann


    Vielen Dank,:Gut: mit Hilfe Deiner Beschreibung habe ich nun eine sehr klare Vorstellung davon, wie diese Cunningham-Technik funktioniert. Da brauche ich mir die Videos gar nicht mehr anschauen. Massieren kann ich ganz gut, da werde/würde ich im Notfall definitiv diese Methode anwenden.


    Was die von mir beschriebene Technik angeht, die stammt aus einem 1.-Hilfe-Büchlein vom Militär (aus den 70ern, würde ich mal sagen). Das habe ich als Kind immer und immer wieder verschlungen. Da stand auch dabei, dass es eine sehr schmerzhafte Art ist, einem Arm wieder einzurenken. Weiß nicht, ob ich mich deswegen im Ernstfall rangetraut hätte.


    Ja, und mit Fremdsprachen lernen, besonders englisch, hast Du natürlich recht. Ich habe z.Z. aber ganz andere Probleme im realen Leben, deswegen steht sowas momentan auf meiner Prioritätenliste weiter hinten.


    Also, Danke nochmal für Deine Ausführungen.


    lg
    melusine

  • Danke für den Link! Ich bin während meiner Armeezeit mal von der Eskaladierwand geflogen und der Sani berherrschte Deine Technik nicht... :anxious_face_with_sweat:
    Ob ich es in ner einschlägigen Situation mit Tatterfaktor 8 von 10 hinbekäme ist ne andere Baustelle. Aber der Denkansatz ist da.

  • Zitat von karlrossmann;155440

    Kleiner Trick unter uns, Chris-


    was ich heute meistens mache: Sonogesteuerter Skalenusblock (Langachsentechnik von posterior, 15 ml Prilocain 1% single shot, einfach mit langer Nadel auf Spritze, ohne die Anästhesieschwester zu wecken). Nach 10 Minuten ist die Schulter taub, du lässt den Pat. einmal "die Achseln zucken" und sie ist wieder drin. Schulter-Armbandage und nach Hause.
    Gruss,
    KarlRossmann


    Elegant :Cool:


    Das Ding habe ich nicht in meinem Repertoire. Damit muss ich mich doch mal beschäftigen.