Spektrum der Wissenschaft November 2010

  • So wusste net wo genau ich das posten soll, ob hier oder in der Kategorie "Entwicklungen Erwartungen und Szenarien". Naja ich poste einfach mal hier.


    Ich bin hier auf einen ganz interessanten Artikel in einem Spektrum der Wissenschaft Magazin (11/10) gestoßen welcher sich "Globaler Krieg lokales Leid" (geht über 8 Seiten) nennt. Der Bericht handelt von zwei Herren namens Alan Robock und Owen Brian Toon, welche eine Theorie und Berechnungen angestellt haben (mittels modernen Computersimulationen und mithilfe diverser Projektgruppen), um zu ermitteln welche Folgen ein nuklearer Konflikt zweier kleinerer Atommächte hätte.


    Als Beispiel dient hier der theoretische Konflikt zwischen Pakistan und Indien, welche in diesem Planspiel 100 Atomraketen geringer Sprengkraft aufeinander abfeuern (tatsächlich verüfgen beide Seiten nach Schätzungen über insgesamt 110 einsatzfähige Atomwaffen).


    Nun werden sehr ausführlich die langfristigen Folgen dieses regionalen Konflikts errechnet und , auch für Leihen wie mich, erklärt. So wären nach bereits 9 Tagen große Teile des Globus (darunter nahezu gesamt Europa) verdunkelt, und nach 49 Tagen würde die verringerte Sonneneinstrahlung für ein herabsinken der globalen Temperaturen führen und den sogenannten Atomaren Winter auslösen (atomarer Winter ist nicht gleichbedeutend mit Eiszeit, auch eine abkühlung um wenige grad hätte furchtbare Folgen).


    Folgen wären Ernteeinbrüche, Hungertod für hunderte millionen Menschen und nach dem atomaren Winter (bei einer geschätzten Dauer von 5 - 10 Jahren) punktuell stark verringerte Ozonschicht.


    Wen das ganze ausführlicher Interessiert, den Artikel kann man sich (leider nur gegen Cash) herunterladen.


    Mit atomaren Grüßen


    Thana

  • Zitat von Thanatos;71548


    Als Beispiel dient hier der theoretische Konflikt zwischen Pakistan und Indien, welche in diesem Planspiel 100 Atomraketen geringer Sprengkraft aufeinander abfeuern (tatsächlich verüfgen beide Seiten nach Schätzungen über insgesamt 110 einsatzfähige Atomwaffen).


    Nun werden sehr ausführlich die langfristigen Folgen dieses regionalen Konflikts errechnet und , auch für Leihen wie mich, erklärt. So wären nach bereits 9 Tagen große Teile des Globus (darunter nahezu gesamt Europa) verdunkelt, und nach 49 Tagen würde die verringerte Sonneneinstrahlung für ein herabsinken der globalen Temperaturen führen und den sogenannten Atomaren Winter auslösen


    Sehe ich sehr relaxt. Wir hatten in den 50ern und 60ern des letzten Jahrhunderts das Äquivalent eines globalen Nuklearkriegs mit etwa 650 oberirdischen Explosionen von 10 kT bis 50 MT (die russische "Zar"-Bombe) - die übrigens auch bewies, dass thermonukleare Explosionen jenseits der 20 MT-Marke militärisch sinnlos sind.


    Als im zweiten Golfkrieg (Saddam Hussein besetzte Kuwait) die Ölquellen von Kuwait brannten, entblödete sich ein Professor einer ansonsten renommierten deutschen Uni nicht, im Fernsehen einen durch Rußeintrag in die Atmosphäre bedingten Winter herbeizureden. Der "Ölwinter" kam natürlich nicht, dieser Mensch behielt ebenso natürlich seine Professur.


    Wenn die Welt den Weltuntergangspropheten folgen müsste, dann müsste sie so ungefähr alle drei bis vier Wochen untergehen - jeweils aus einer anderen Ursache.


    Es ist übrigens auch ganz interessant, einmal in die Erdgeschichte zurückzuschauen und die Korrelation zwischen dem CO2-Gehalt der Atmosphäre und der Biodiversität am Boden zu betrachten. Auch das könnte den Pegel der Aufgeregtheit senken.


    Um das Jahr 1000, als die Wikinger unter Leif Erikson Grünland (heute deutsch Grönland, englisch immer noch Greenland) besiedelten und dort Weizen (!) anbauten, war das Klima im Sinne einer "Klimakatastrophe" dort offensichtllich weniger "katastrophal" als heute. Zur selben Zeit wurde in Großbritannien bis zur Grenze der schottischen Highlands Weinanbau getrieben.


    Die Welt ist ein wenig komplexer, als die monokausalen "Alleserklärer" es wahr haben wollen.


    Die neuen Religionen begegnen uns inzwischen im pseudowissenschaftlichen Gewand.


    Um zu verstehen, wie wissenschaftliche Erkenntnis funktioniert und wie man Meinungsmache von einer wissenschaftlichen (das heisst konkret nachprüfbaren) Hypothese unterscheidet, wie unsere evolutionäre Herkunft unseren Erkenntnisapparat prägt, empfehle ich ein schmales und leicht lesbares Bändchen von Gerhard Vollmer (Promotion in Physik und Philosophie, zur Zeit Professor für Philosophie an der Uni Braunschweig)


    Vollmer; Evolutionäre Erkenntnistheorie, Hirzel, Stuttgart, 1998


    Viele Grüße


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • etwas OT: Grönland ist in der Tat auch Deutsch, genau wie Grün. Allerdings Platt- oder Niederdeutsch.


    Aber viel mehr geht es mir darum:


    Der Vergleich brennende Ölquellen / Nukleare Explosion hinkt so dermassen, dass damit sämtliche Wissenschaftlichkeit aus dem Beitrag fliegt.


    Eine Nuklearexplosion schafft grosse Mengen feinsten strahlenden Staubes in die höheren Schichten der Atmosphäre. Und zwar möglichst schnell, viel und gleichmässig. Versuch das mal mit nem "Lagerfeuer" aka brennenden Ölquellen.


    Damit will ich sagen, dass die Vorhersage, brennende Ölquellen würden die Welt verdunkeln, in der Tat sehr gewagt war. Das gilt aber nicht für einen "regionalen" Atomkrieg, darum würde ich die Berechnungen am Beispiel Konflikt Indien - Pakistan mal nicht gleich so ins Reich der Mythen verbannen wie damals die Sache mit den Ölquellen.


    Im Übrigen: Wir werdens ja sehen (oder hoffentlich nicht)


    gruss
    arno

  • Wollte auch grad sagen das die Vergleiche etwas hinken.
    Auch der mit den etwa 650 oberirdischen Atomtests. Diese fanden über mehrere Jahrzehnte verteilt, und dann in Wüsten oder anderen recht Isolierten Landstrichen statt. Im Falle eines Atomkriegs würden diese Raketen zur etwa gleichen Zeit abgefeuert und riesige Städte treffen.

  • Zitat von arno;71617

    etwas OT: Grönland ist in der Tat auch Deutsch, genau wie Grün. Allerdings Platt- oder Niederdeutsch.


    Aber viel mehr geht es mir darum:


    Der Vergleich brennende Ölquellen / Nukleare Explosion hinkt so dermassen, dass damit sämtliche Wissenschaftlichkeit aus dem Beitrag fliegt.


    Hallo Arno,


    dieser definitiv schräge Vergleich stammt nicht von mir. Ich habe den TV-Auftritt eines Professors eine deutschen Uni zitiert, die sich heute mit dem Label "Eliteuniversität" schmücken darf. Gerade weil ich den Wissenschaftsbetrieb ein wenig kenne, weiss ich auch, dass er manchmal ein wenig interessengeleitet ist.

    Zitat von arno;71617


    Eine Nuklearexplosion schafft grosse Mengen feinsten strahlenden Staubes in die höheren Schichten der Atmosphäre.


    Kommt drauf an, in welcher Höhe die Explosion erfolgt und ob der Feuerball Bodenberührung hat. In Hiroshima und Nagasaki hatte er es nicht, die verfrachtete Kontamination hielt sich in sehr engen Grenzen. Es wurde damals die als militärisch "sinnvolle". d.h. auf maximale Zerstörungswirkung gegen nicht befestigte Objekte ausgelegte Höhe gewählt. Niedrigere Detonationshöhen, die dann aber deutlich weniger direkten Schaden im Umland auslösen, machen nur als sogenannte "bunker buster" Sinn. Dann reden wir aber von einer kleinen Fissionsbombe mit vielleicht 1-5 kT.


    Die circa 650 Kernwaffentests in den 50ern und 60ern des letzten Jahrhunderts waren übrigens von der Radioaktivitätsbelastung der Zivilbevölkerung gesehen, der worst case. Fast alle diese Bomben wurden am Erdboden oder in unmittelbarer Bodennähe gezündet - maximaler Eintrag kontaminierten oder neutronenaktivierten Materials in die hohe Atmosphäre.



    Ich bleibe bei meinem Statement: Ein regionaler Nuklearkrieg wird sehr viel Leid bei den Beteiligten verursachen, aber keine globalen Wirkungen zeitigen - auch deswegen, weil die Militärs an einer wirkungsoptimalen Explosionshöhe interessiert sind, die eben wenig Material in die hohen Atmosphärenschichten reisst.


    Viele Grüsse


    Matthias

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    Benjamin Franklin (1775)

  • Verwunderlich das da noch nich mehr Atomwaffen seit 45 gezündet wurden wen die Schäden Doch nur lokal sind.
    Ich dachte Atombombentest wurden immer unterirdisch oder unter Wasser gemacht um die Radioaktivität nicht in die Atmospähre zutragen?

    Die weltweite Verstrahlung nach den A-Bomben vom August 45 war aber denn doch wohl so hoch das man von da an das Metall für Geigerzähler nur min. 150m tief gesunkenen Schiffen entnehemen konnte. Und das ist bis Heute so.

  • Zitat von karl;71642

    Verwunderlich das da noch nich mehr Atomwaffen seit 45 gezündet wurden wen die Schäden Doch nur lokal sind.
    Ich dachte Atombombentest wurden immer unterirdisch oder unter Wasser gemacht um die Radioaktivität nicht in die Atmospähre zutragen?



    Von
    https://secure.wikimedia.org/wikipedia/de/wiki/Trinity-Test
    bis
    https://secure.wikimedia.org/wikipedia/de/wiki/Zar_Bombe
    https://secure.wikimedia.org/wikipedia/de/wiki/Mururoa



    liefern die gewünschten Informationen


    Viele Grüsse


    M;atthias

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    Benjamin Franklin (1775)

  • Waldschrat
    Die Höhe habe ich bei der Atombombenexplosion vernachlässigt, ich bin davon ausgegangen, dass die Explosion meist recht nah am Erdboden stattfindet.
    Mir war bekannt, dass die Explosionen in Japan darauf abgestimmt waren, möglichst grosse Verwüstung in einer typischen japanischen Stadt anzurichten; wenige solide Steingebäude und dafür viel aus Holz oder gar Papier. Atomarer Feuersturm war dabei wichtiger als harte Ziele wegzublasen.
    Das könnte in einem modernen Atomkrieg ja anders sein, "erdnaher", abgestimmt auf unsere westlichen Betonwüsten. (Da hat man auch gleich mehrere Bomben pro Ziel, etc.) Falls nicht, da hast du natürlich Recht, da gibts dann weniger Staub in höheren Schichten.

  • Zuerst mal möchte ich festhalten, ich bin auch der Meinung das man nicht immer sofort auf jeden Panikzug aufspringen sollte.
    Nur weil dieses Wissenschaftlerteam eben diese Erkenntnisse gemacht hat, heisst es nicht das es unbedingt soweit kommt.


    Allerdings

    Zitat

    Eine Nuklearexplosion schafft grosse Mengen feinsten strahlenden Staubes in die höheren Schichten der Atmosphäre.


    Das ist das eine, das andere: Wenn erstmal dutzende Großstädte (und der ein oder andere Wald, mit der Geographie des indischen Subkontinents kenne ich mich dann doch nicht so gut aus) zur gleichen Zeit (also bitte keine "im zweiten Weltkrieg haben auch Städte gebrannt" Vergleiche) brennen, werden doch sicherlich auch jede Menge Ruß und Rauch in die Atmosphäre gepustet.


    Naja nichtsdestotrotz, ich bin nicht heiß darauf es herauszufinden wer denn jetzt recht hat. Vorbereiten kann man sich auf einen "Nuklearen Winter" ohnehin nicht allzugut. Leider kenne ich mich jetzt auch mit der ganzen Materie nicht so gut aus um objekitv und sachlich richtig zu argumentieren, deshalb ziehe ich mich aus dieser Diskussion mal zurück und überlasse sie unseren Experten.