Pakistan:8 Menschen in Gondel auf 300Metern eingeschlossen

  • Der Bericht ist meiner Gondel-Fobie nicht gerade förderlich :frowning_face:

    Hoffentlich werden alle gerettet.


    Rettungsaktion in 300 Metern Höhe: In Pakistan sind acht Menschen in Gondel eingeschlossen


    In einer Gondel waren sie auf dem Weg in die Schule, als plötzlich ein Draht der Seilbahn riss. Nun bangt Pakistan um sechs Schüler und zwei Erwachsene, die in großer Höhe auf Rettung warten.

    Im Norden Pakistans hat eine umfangreiche und riskante Rettungsaktion an einer Seilbahn begonnen. Medienberichten zufolge war in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, im Distrikt Battagram, ein Kabel einer Seilbahn gerissen, die Gondel hängt nun manövrierunfähig rund 300 Meter über einer Schlucht.[…]

    Gruß

    Witness

  • Meine Phobie geht nicht auf die Gondel / Seilbahn an sich, aber der zweite Mast... auf den man oft von der Gondel aus ungesichert gestiegen ist, dann die Leiter, knapp 40m, teilweise leicht überhängend.

    Aber zum Thema, ich hoffe da auf technisch belastbare Infos in den nächsten Tagen. Anscheinend wurden die ersten Passagiere mit einem Hubschrauber geborgen, der Rest aber irgendwie mit Rettern die sich am verbleiben Tragseil zur Gondel bewegt haben. Wind wurde verschiedentlich erwähnt, der ist in so einer Situation äußerst hinderlich, da sich dann Hubschrauber und Gondel bewegen, das ist dann kaum noch sicher zu bewerkstelligen. Zumindest hier gibt es Konzepte die beübt werden - und damit auch eine gewisse Reihenfolge. An einigen Anlagen gibt es Bergefahrzeuge mit eigenen Zugseilen, ein intaktes Tragseil ist da aber notwendig. Aber wenn möglich wird man erst die Bahneigenen Mittel verwenden, und auch da mit Risiko, siehe die Bergegondel der neuen Zugspitzbahn die mit der regulären Gondel spektakulär kollidierte.

    Der Hubschrauber steht dann an zweiter Stelle. Diese Verfahren werden auch regelmäßig geübt, hier in Deutschland gibt es in der Trainingshalle der Bergwacht Gondeln und Sessel für diesen Zweck, in "echt" seltener, aber auch da gibt es Trainings, auch mit Seilbahnen die deutlich über übliche Skilifte hinausgehen.

    Und dann gibt es noch Seilfahrgeräte oder relativ einfache Rollen, mit denen man sich vorarbeiten kann. Bei vielen Skiliften gehören die zum Regelkonzept, bei Seilbahnen mit sehr großen Feldern (Abstand zwischen den Masten) und vielleicht sogar Gegenanstiegen (weil die Seile durchhängen), ist das eher der letzte Notnagel. In so einem Fall müssen die Passagiere in der Regel abgeseilt werden, da sorgt das Gelände darunter gerne für "viel Spaß", man kann zwar schräge Systeme spannen, hat da aber schnell ein paar 100kg Mehrbelastung - und wenn schon ein Tragseil gerissen ist...

    So wie es ausschaut ist da vieles Zusammengekommen und man musste die letzten Möglichkeiten ausschöpfen.

    Da zolle ich den Rettern allerhöchsten Respekt, und nach letzten Meldungen scheint es auch gut ausgegangen zu sein.

    Und ja, Witness , ich kann mir Situationen ausmalen, wo die Rettungskette nicht mehr funktioniert, jetzt speziell bei der Seilbahn in meinem Wirkungskreis. Aber zu 99,9% würde die dann gar nicht erst losfahren. Viel Wind und sehr tiefe Temperaturen wären ungünstig, in Kombination mit einem Halt im oberen Drittel der Strecke - also eine Situation in der man gar nicht auf den Berg will. Ansonsten ist die Branche - zumindest mal in Deutschland - gut überwacht und auf Sicherheit wird großer Wert gelegt, da steig ich gerne ein, auch wenn ich mir manches Horrorszenario vorstellen kann.


    Auch wenn es vielleicht Korinthenkackerei ist, aber in gefühlt 90% der Artikel ist von einem gerissenen Kabel oder Draht zu lesen. Auf Drahtseil, oder noch genauer Tragseil kommt kaum einer, wahrscheinlich wieder mal die Übersetzung (cablecar für Seilbahn usw) und keine Zeit kurz auf Wikipedia zu schauen.

  • Vielleicht ist mitteleuropäischer Standard für die Seilbahn etwas viel verlangt? Wenn ich mir die Videos mit den typischen Strassen und Brücken im gebirgigen Hinterland so ansehe, stelle ich mir eher etwas vor wie die alten Materialbähnchen in den Alpen, wie ich sie vor 30 Jahren noch oft im Tessin gesehen habe: Irgend ein abgelegtes Drahtseil von der Armee oder einem Skilift als Tragseil, oben eine Seilwinde angetrieben von einem alten Automotor, das Aufwickeln des Seils auf die Windentrommel steuert man mit einem Holzprügel, und die "Kabine" ist eine irgendwie zusammengeschweisste Pritsche mit Rahmen, mit einem Kletterkarabiner oder was grad da ist ans Zugseil gehängt, das nicht eine verpresste Kausche am Lastende hat, sondern eine irgendwie drangeschnurpfte Öse zum Einhängen. Keine Seilklemmen da? Ein Achterknoten geht auch, der zieht sich auch an Drahtseilen zu und das freie Seilende kann man mit etwas Zaundraht zähmen. Schäkelbolzen verloren? Nimm ein Stück Betonstahl. Und so weiter.

    Als Luxusvariante dann alte Personengondeln in Bauart der 1930er Jahre bei uns. Statt regelmässige Sicherheitskontrollen mit Prüflasten und Seilröntgen regelmässige Überlast im Betrieb.

    Immerhin scheint das Ding ja eine automatische Feststellbremse bei Zugseilbruch zu haben, sonst wäre es nicht irgendwo blockiert hängen geblieben.

  • Vielleicht ist mitteleuropäischer Standard für die Seilbahn etwas viel verlangt? Wenn ich mir die Videos mit den typischen Strassen und Brücken im gebirgigen Hinterland so ansehe, stelle ich mir eher etwas vor wie die alten Materialbähnchen in den Alpen, wie ich sie vor 30 Jahren noch oft im Tessin gesehen habe: Irgend ein abgelegtes Drahtseil von der Armee oder einem Skilift als Tragseil, oben eine Seilwinde angetrieben von einem alten Automotor, das Aufwickeln des Seils auf die Windentrommel steuert man mit einem Holzprügel, und die "Kabine" ist eine irgendwie zusammengeschweisste Pritsche mit Rahmen, mit einem Kletterkarabiner oder was grad da ist ans Zugseil gehängt, das nicht eine verpresste Kausche am Lastende hat, sondern eine irgendwie drangeschnurpfte Öse zum Einhängen. Keine Seilklemmen da? Ein Achterknoten geht auch, der zieht sich auch an Drahtseilen zu und das freie Seilende kann man mit etwas Zaundraht zähmen. Schäkelbolzen verloren? Nimm ein Stück Betonstahl. Und so weiter.

    Als Luxusvariante dann alte Personengondeln in Bauart der 1930er Jahre bei uns. Statt regelmässige Sicherheitskontrollen mit Prüflasten und Seilröntgen regelmässige Überlast im Betrieb.

    Immerhin scheint das Ding ja eine automatische Feststellbremse bei Zugseilbruch zu haben, sonst wäre es nicht irgendwo blockiert hängen geblieben.

    Laut Infos von https://www.alpinforum.com/for…4&hilit=pakistan#p5409204 hatte die Bahn drei Tragseile, wovon eines gerissen ist - Tragseil nicht Zugseil. Wobei letzteres im verlinkten Thread problematisch ist. Da ist eine ganz gute Aufnahme der Gondel zu sehen - keine Bremsen an der Gondel und das Zugseil ist nur als Schatten auf der Aufnahme zu erahnen, scheint ziemlich zu vibrieren. Ja, oben habe ich die Sicht aus einer mitteleuropäischen Bahn mit mehrstufigem Sicherheitskonzept geschildert. Fordere ich das für alle? Nein, weil nicht machbar. Aber da scheint es wirklich am grundlegendsten zu mangeln. Also ich meine dieses Bild https://cdn.alpinforum.com/ima…4cccb9d65d278bc8e97dc30ae

    Da ist am Gehänge einfach nichts. Zum Glück ist nur ein Tragseil von dreien gerissen, beim Zugseil dürften alle tot sein. Und für einen solchen Fall einen Blockierung bauen ist kein Hexenwerk. Zertifiziert und zu 110% sicher kostet und da gibt es einige Feinheiten, klar. Aber zu 99% sicher und viel besser als gar nichts, kann wahrscheinlich fast jeder Dorfschmied herstellen.

    Und einfach so als gegeben möchte ich es letztlich auch nicht sehen, die Menschen auf dem Land haben kaum Möglichkeiten, aber Pakistan ist immerhin Atommacht, und salopp formuliert, vorne den großen Prügel raushängen lassen und hinten nichts gebacken bekommen, das kann es auch nicht sein. Und anscheinend gibt es öfter Unfälle in der Richtung, sind halt nicht immer Kameras in der Nähe und Kinder an Bord, damit nicht relevant :frowning_face:

  • Eigenartige Konstruktion.

    Da die Last der Kabine nur von Einzelrollen statt wie bei uns üblich von Rollenbatterien auf das Seil übertragen wird, wird das Seil am Punkt der Rollenauflage viel stärker gebogen (und quer deformiert), was der Lebensdauer des Seils nicht zuträglich ist.

    Dann muss in festgelegten zeitlichen Abständen das Tragseil längs verschoben werden, weil die Fixierungs- und Auflagepunkte ebenfalls zu höherer Beanspruchung und schnellerem Altern des Seils (Korrosion im Seilkern, Ermüdungsbruch einzelner Drähte) führen. Das ist bei Seilbahnen ein grosser Aufwand.


    Was bei Drahtseilen so vorkommt, ist hier beschrieben (ab S. 17). Im Zusammenhang mit dem Thema stellt sich vor allem die Frage, wieso Drahtseile so lange benutzt werden bis sie so kaputt sind wie im Link.


    Das Argument, das Land sei eine Atommacht, greift regelmässig nicht - Unterhalt ziviler Infrastrukturen ist eine andere Sache und da wird halt gerne gespart, denn was nicht ganz kaputt ist kann man auch später noch flicken und Prestige gewinnt man nicht damit, bestehende Installationen instand zu halten. Das wissen auch die Deutsche Bahn und Nordkorea, und so manche Wasserversorgungsgesellschaft der Schweiz mit kaputten Gussleitungen im Boden. Auch die USA als führende Techniknation sollen ja gewissen Unterhaltsstau an Brücken und Bahnen haben.


    Andersrum sind die Leute in Entwicklungsländern oft sehr findig und geschickt, mit für uns unmöglichen Mitteln und Improvisation Technik am Laufen zu halten.