Geigerzähler kaufen

Hallo Azrael,
muß es denn unbedingt ein Geigerzähler sein? Würden Dosimeter nicht auch ausreichen? Die sind bedeutend billiger! Oder sind die für deine Bedürfnisse nicht ausreichend?

Viele Grüsse
Papa Bär

Ich hatte mir auch ein Dosimeter/Geigerzähler überlegt und hatte Kontakt gehabt zu Contrec. Die meinten, dass die Geräte im billigeren Bereich nicht allzu genau sind.

Sie hatten mir damals für den Privatgebrauch den Dosimeter empfohlen (DoseRAE2). Kostete allerdings 900 CHF (bisher nicht gekauft).

http://www.contrec.ch/index.ph…te/radioaktive-strahlung/

Ich glaube, Dosimeter und Geigerzähler in einem (GammaRAE II R) waren um die 1'500 CHF.

Das dürften einigermassen anständig messende Geräte sein, die auch die SUVA vertreibt:

http://www.sapros.ch/de-Strahl…d=6820&prodgrptype=detail

Es gibt dann für die Profis noch genauere Geräte, die dann 10'000+ CHF kosten. Man kann sich also vorstellen, wo man sich qualitativ mit den Billiggeräten und solchen von vorgestern (für den Atomkrieg) bewegt. Bei einer AKW-Katastrophe damit die mit genaueren Geräten ausgestatteten Behörden überprüfen wollen halte ich nicht für realistisch. Also für mich ein Fall "entweder richtig oder sein lassen".

Herzliche Grüsse
linthler

Hallo Azrael,

das Thema Geigerzähler haben wir (schon vor Fukushima...) hier sehr ausführlich diskutiert, auch wenn der Threadtitel "Geigerzähler testen" nicht unbedingt nach Kaufberatung klingt.

Da ich beruflich ein wenig in der Thematik drin bin (berate einen der der grössten GZ-Produzenten im Semiprofi-Bereich) ein paar Anmerkungen.
Vor einem Kauf würde ich mir gründlich überlegen, was ich mit so einem Gerät will:
- Lebensmittel auf Unbedenklichkeit testen
- Vor plötzlich auftretender Strahlung gewarnt werden
- Erfassen, wie gross meine Strahlendosis über einen bestimmten Zeitraum war
- Kontamination meiner Umgebung erfassen, nachdem ein Strahlenunfall o.ä. passiert ist

Dann gehts auch schon los. Lebensmittel testen geht mit einem Geigerzähler schon mal gar nicht seriös, da wiegt man sich nur in trügerischer Sicherheit. In Lebensmittel enthaltene Alpha-Strahler z.B. kann ich nur mit aufwändiger Messtechnik überhaupt erfassen, da die Reichweite der Strahlung für einen GZ zu gering ist und die Aktivität oftmals von der natürlichen Umgebungsstrahlung überlagert wird. D.h. ich brauche eine durchdachte Messvorrichtung, die die normale Umgebungsstrahlung eliminiert.

Über plötzlich auftretende Strahlung (AKW-Unfall, Partikelwolke weht durch die Gegend) könnte ein Geigerzähler theoretisch warnen, nur muss er dazu an dauernd angeschaltet sein und man muss ihn auch regelmässig ablesen. Es sei denn, er warnt von sich aus, sobald eine einprogrammierte Alarmschwelle überschritten wird. In der Praxis sollte der Geigerzähler dann eine Aussensonde haben oder im Freien montiert werden, wenn er innerhalb der Wohnung Alarm schlägt, hat man schon ein Problem.

Will ich z.B. als Einsatzkraft meine Strahlenbelastung während des Aufenthalts in einer verstrahlten Zone dokumentieren, ist der Geigerzähler auch eher ungeeignet, das ist eher das Gebiet des Dosimeters. Der Nachteil der meisten Dosimeter ist, dass sie nur die Strahlendosis aufsummieren und man oftmals ein Lesegerät braucht, um sie auszuwerten. Ganz selten sind Dosimeter, die einen vor Strahlung warnen, d.h. eine Alarmschwelle haben und optisch/akustisch Alarm schlagen, wenn diese durch akute Strahlung überschritten (bzw. die eingestellte Gesamtdosis erreicht) wird.

Um die Strahlenbelastung einer evtl. kontaminierten Umgebung zu messen, taugt der GZ auch wieder nur bedingt, da er für Alpha- und Neutronenstrahlung quasi blind ist und auch Betastrahlung nur mit Mühe nachweisen kann. Zudem sind (gute) GZ i.d.R. auf Cs-137 kalibriert, d.h. die Anzeige stimmt nur, wenn einem bei der Messung auch wirklich Cäsium 137 "entgegenstrahlt".

Wenn ich weiss, was ich messen will und damit leben kann, dass der GZ eigentlich nur das Vorhandensein bestimmter Strahler annähernd anzeigen kann, dann ist das ok. Will ich aber wissen, was ich vor mir habe, z.B. das Nuklid über sein Energiespektrum identifizieren oder Neutronenstrahlung feststellen (Castorbehälter mit Brennelementen sind z.B. Neutronenstrahler...), dann reicht ein GZ bei weitem nicht mehr aus. Profigeräte mit Nuklidbestimmung enthalten meist mehrere Strahlungsdetektoren unterschiedlicher Art und einen eingebauten Referenzstrahler, damit sich das Gerät vor jeder Messung selbst kalibrieren kann. So was kann z.B. der identiFinder von ThermoFisher. Liegt halt preislich bei 20.000 Euro aufwärts...

Die "Mess-"Geräte im Consumer-Bereich, die momentan in immer grösserer Zahl auf den Markt geworfen werden und sich im Preisbereich unter 1.000 Euro tummeln sind bestenfalls Gammastrahlungs-Indikatoren. Zu dem Preis bekommt man als Hersteller nämlich keine amtliche Kalibrierung irgendwie kaufmännisch in die Herstellkosten reingrechnet. Bis man z.B. von der deutschen PTB die Zulassung als kalibrierfähiges Messgerät bekommen hat, ist man einen sehr deutlich sechstelligen Eurobetrag los. Darum kosten Profi-Geräte unter den Geigerzählern auch immer mehrere tausend Euro.

Auf dem Surplus-Markt gibt es aus Armeebeständen einige recht solide Geräte, die aber teilweise antiquiert sind und ohne einen vernünftige Kalibrierung auch nur bessere Schätzeisen darstellen. Begehrt und daher völlig überteuert sind z.B. der IM7001 von FAG Kugelfischer (Geigerzähler mit umfangreicher robuster Ausstattung und digitaler Anzeige, misst Gamma- und Betastrahlung) sowie der ostdeutsche RAM II (grossflächiger Germaniumdetektor mit durchdachtem Messablauf und in Verbindung mit dem originalen Zubehörsatz durchaus tauglich, wenn man alphastrahlende Proben wie Futter- oder Lebensmittel testen will). Allerdings sind die Militärgeräte nichts für die Hosentasche, der RAM II kommt mit Transportkisten und Zubehör locker auf 40-50kg.

Deshalb: erst überlegen, wozu mein Strahlungsmessgerät dienen soll und dann erst Geld ausgeben (oder bleiben lassen).

Grüsse

Tom