Gruppenstrukturen in Krisenfällen

  • Hallo Leute!


    Was könnt ihr zu diesem Thema sagen? Gibt es Studien dazu, wie sich Gruppen mit unterschiedlichster Zusammensetzung im Krisenfall verhalten?


    Die Gruppen mit denen ich zu diesem Thema Erfahrung hatten, waren bereits festgelegte Teams etc.


    Was aber wenn sich, sagen wir mal 10 völlig unterschiedliche Menschen, während eines Krisenfalls plötzlich zusammen finden.


    Seht ihr es als eine Notwendigkeit an, das es Autoritäten gibt oder sogar Entscheidungen gegen den Willen oder Unmut einiger Beteiligter getroffen werden müssen oder seht ihr solche Einstellungen gar als negativ oder sogar faschistoid an?


    Meine persönliche Einstellung dazu ist, dass sich Autoritäten durch Rückhalt in der Gruppe, Kompetenz und abhängig von der Situation herausbilden würden und dies auch gut ist. Ich sehe Autorität, wie ich sie oben beschrieben habe, nicht als etwas negatives an. Teamfähig ist meiner Meinung nach, wer sowohl eine Leitungsrolle übernehmen, aber sich auch anpassen und, z.B. einer Mehrheitsentscheidung, fügen kann.


    Wie seht ihr das?


    Viele Grüße,


    Mark Wilkins

  • Hi Foris,


    ich persönlich finde das auch nicht als etwas Schlechtes wenn gewisse Personen eine Führungs oder
    untergeordnete Rolle übernehmen, viel wichtiger halte ich die Gruppendynamik im positiven Sinne
    aufrecht zu erhalten und dass wenn es mehr als nur eine Person das Gefühl hat ein Alphatier zu sein, das
    dementsprechend vorher abgemacht wird.
    Was mir widerstrebt ist, wenn einer den Vollprotz spielt und meint das er Alle rumkommandieren kann.
    Das A & O ist doch auch von allen Erfahrungen zu provitieren und der Gruppe zur Verfügung zu stellen.
    Führung zu übernehmen in einem Spezialgebiet wo man erfahren ist finde ich wichtig und richtig, sich aber unter zu ordnen wenn Jemand anderer
    seine Fähigkeiten zum nutzen machen kann ist auch ein muss.
    In Zürich im Postzentrum gab es mal einen Grossalarm da weisses Pulver entdeckt wurde, komischerweise bekamen etwa 40 Personen
    unbegründet Kopfschmerzen mit erbrechen usw. obwohl das Pulver harmlos war (Babypuder, Mehl oder so was), ich glaube man
    darf aus diesem Grund die Psychologie der Gruppendynamik nicht ausser Acht lassen, ich bin aber kein Psychologe oder Mediziner und
    kann darum keine Schlüssen ziehen.


    LG

  • Genau so meinte ich das mit der Begründung von Autorität durch Kompetenz. Wichtig ist denke ich, dass Entscheidungen immer nachvollziehbar dargelegt werden. Dann kann man auch eine Autorität verstehen und respektieren bzw. akzeptieren.


    Vom Vollprotz wollte ich hier gar nicht sprechen. Ich denke, da ist klar, dass den wohl keiner akzeptieren würde. Allerdings bedeutet ein "Vollprotz" für mich jemand, der seine Entscheidungen auf Grund von SEINEN persönlichen Belangen trifft. Und das wäre Autorität durch... Blödheit!?

  • Betreffend Kompetenz kann es auch Kompetenz in Bezug auf Führung sein, ohne dass die Person Kompetenzen im Surival-Handwerk hat. Wenn es eine solche Person schafft, die anderen Mitglieder der Gruppe zu motivieren und ihnen auch klar zu verstehen gibt, dass er ihre Inputs in Bezug auf ihre jeweiligen Fachgebiete zu schätzen weiss, dann kann er/sie unter Umständen die bessere Führungsperson sein als der Survival-Profi der vom Leiten von Teams keine Ahnung hat.


    Falls man jedoch wirklich das Glück hat, eine Gruppe zu finden, welche ohne Führungsperson und stattdessen rein demokratisch funktioniert, dann ist das natürlich um so schöner. :)


    Grüsse,
    Sandro

  • Hallo Somma1984,


    ja klar. Wenn in dieser Gruppe jemand ist, der, keine Ahnung, die totale Führungsperson ist, dann ist er natürlich für diese Rolle viel prädestinierter, als der eigenbrödlerische Bushcraft-Typ, der eigentlich gar keinen Bock auf andere Leute hat. Nur als Beispiel.
    Und logisch, wenn auf einmal landwirtschaftliche Fähigkeiten die wichtigsten zum Überleben der Gruppe sind, so wird natürlich der Input des Landwirtes umso wichtiger. Wenn das ignoriert werden würde, würde das ja auf mangelnde Führungsqualifikationen hindeuten...


    Grüße,


    Mark Wilkins

  • Die Frage ist meiner Meinung seit Menschengedenken beantwortet. Egal wo man hinguckt, es bilden sich immer und überall Anführer heraus. Menschen wollen geführt werden. Wer die Kompetenz zum Führen besitzt wird sich der Rolle meist nicht verweigen, wer sie nicht besitzt will normalerweise auch die Verantwortung nicht übernehmen und das ist nach meiner Erfahrung die Mehrheit. Ich weiß, das polarisiert jetzt aber wenn schnell wichtige entscheidungen getroffen werden müssen ist ein demokratischer Ansatz nicht die erste Wahl.

  • Hallo Nudnik,



    Ich stimme dir in den meisten Punkten völlig zu. Nur eines: Ich weiss aus beruflicher Erfahrung, dass es auch immer wieder Leute gibt, die gerne Anführer wären, die nötigen sozialen und kommunikativen Fähigkeiten aber nicht mitbringen.


    Grüsse,
    Sandro

  • Zitat von Mark Wilkins;140786

    Hallo Leute!


    Was könnt ihr zu diesem Thema sagen? Gibt es Studien dazu, wie sich Gruppen mit unterschiedlichster Zusammensetzung im Krisenfall verhalten?


    Hallo Mark,


    ich habe mal das erlebt. War zwar Freizeit und keine Krise, aber dennoch ein Hinweis, wie es auch im Ernstfall gehen könnte. Jeder sucht sich relativ problemlos sein Kompetenzfeld. Ich habe auf dem Event z.B. den Kollegen in meinem Team beim Flossbau gezeigt, wie man haltbare Knoten knüpft und war dann relativ schnell "Flossbaumeister", ohne dass mich einer dazu ernannt hätte. Wir wurden bei der "Flossregatta" zwar nur zweite, aber unser Floss hat wenigstens gehalten. Zwei Konkurrenzteams gingen baden, weil ihr Floss im Einsatz auseinanderfiel:lachen:


    Meint


    Matthias


    - - - AKTUALISIERT - - -


    Zitat von Mark Wilkins;140789

    Genau so meinte ich das mit der Begründung von Autorität durch Kompetenz. Wichtig ist denke ich, dass Entscheidungen immer nachvollziehbar dargelegt werden. Dann kann man auch eine Autorität verstehen und respektieren bzw. akzeptieren.


    Hallo Mark,


    ich gucke mich jetzt mal im Berufsleben um. Der Leiter von irgendetwas ist seltenst der beste Experte auf diesem Feld.


    Was macht Führungsqualifikation aus? Fachlich ist eine Führungspersönlichkeit eher der Generalist als der Spezialist. Versteht nichts wirklich in der Tiefe, aber von jedem etwas und hat ein "gesundes Bauchgefühl", um eine sinnvolle Idee von Bullshit zu unterscheiden - auf vielen Fachgebieten.


    Eine Führungspersönlichkeit versteht es, die verschiedenen und teilweise durchaus individualistischen und eigenbrötlerischen Spezialisten zu einem Team zu integrieren und zur Teamarbeit zu motivieren, da ist also eher die Funktion Trainer und Coach als die Funktion Vorgesetzter gefragt. Hierzu gehört natürlich auch, sich schnell über die Qualifikationen der Teammitglieder ein zutreffendes Urteil zu bilden und sie entsprechend ihrer Qualifikation einzusetzen. Dann wird das Ding teilweise ein Selbstläufer. Wenn ein Mensch nach seiner Qualifikation eingesetzt wird, bringt er was zu wege, wenn er Erfolgserlebnisse sieht, ist er zufrieden.


    Nicht jeder will übrigens führen. Ich habe es im Berufsleben schon mehrfach erlebt, dass Leute angebotene Führungsjobs abgelehnt haben, weil sie dann ihren geliebten technischen Spezialistenjob hätten aufgeben müssen, um sich mit aus ihrer Sicht lästigen administrativen Aufgaben und Budgetthemen zu beschäftigen.



    Meint


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Zitat von Somma1984;140806

    ...dass es auch immer wieder Leute gibt, die gerne Anführer wären, die nötigen sozialen und kommunikativen Fähigkeiten aber nicht mitbringen.
    Sandro


    Stimmt, die halten sich dann aber nicht sehr lange.

  • Ich denke in einem SHTF-Szenario werden sich die meisten Leute an die schon vorhandenen "Leiter" halten, je nach Ausgangslage ist das zB der selbsternannte Blockwart, der zwar vorher immer belächelt wurde, aber irgendwie doch die Kontrolle zu haben scheint.


    In einer zusammengewürfelten Gruppe oder wenn kein ziviler" Leitungstypus in der Auswahl steht, werden die Menschen sich wohl an Uniformierte halten, egal ob Soldat, Pilot oder ähnliche wobei hier vielleicht der Sicherheitsmann dann doch eher eine nicht gerade führende Rolle zugedacht bekommt).
    Dann folgen Leute mit berufen, die viel Anerkennung erfahren, zB Ärzte, Schauspieler ("oh ich hab sie in XY gesehen, da haben sie doch auch die Menschen aus dem brennenden Gebäude geführt?") oder andere Autoritätspersonen.


    Dann erst kommt der Prepper oder der Taktische Typ, der die Aufzugtür mit seinem Taschenbrecheisen geöffnet, die kleine von nebena mit Schokolade und einem Pflaster beruhigt hat und sonst recht gut ausgerüstet zu wirken scheint.



    Je nach Szenrio kann man das ganze aber mit Selbstbewusstsein, "Confidence", abkürzen; Man tut das, was man für richtig hält und zieht sein Ding durch.


    Das heißt nicht, dass man einfach die Gruppe in ihr Verderben rennen lässt oder als einziger den anderen Notausgang nimmt, den der Rest der Gruppe nicht benutzen kann, weil ein verletzter dabei ist oder ähnliches, sondern, dass man eben seinen Weg durchzieht.


    Also nicht abwarten, bis demokratisch ein Anführer entschieden wird, gucken ob jemand einen Plan hat bzw. die Leiterposition einnimmt, sondern von Anfang an handeln. Stellt sich später jemand anderes als fähiger heraus, ist es kein problem, ihm dann die Führung zu überlassen.


    Bis zu diesem Zeitpunkt würde ich persönlich aber nicht lange reden sondern etwas tun.


    Das zeichnet imho nämlich einen guten Anführer aus: Handeln statt zu reden usw, vor allem wenn er eher darauf vorbereitet ist als andere.


    Und bei einem SHTF-Szenario, gehe ich daovn au, dass sich nicht noch jemand in meiner gruppe befindet, der sich zB den Plan des Gebäudes und die position der Notausgänge eingeprägt hat.





    Ist die erste Gefahr vorüber, wie gesagt, kann man das neu ausdiskutieren. Zumindest würde ich nicht unbedingt jemanden als Anführer zulassen, den ich für unfähig halte.




    Je nach Szenario und Gruppenkonstellation können die Ansprüche an einen Anführer schwanken. Beispielsweise ob es um ein Szenario geht, in dem andere feindlich gesinnt sind oder es nur um das Festsitzen im Fahrstuhl geht. bei ersterem verfügt der junge Soldat vermultich über bessere Führungsqualitäten, bei letzterem der ältere Herr mit der angenehmen tiefen, beruhigenden Stimme.




    Ob ein Anführer wirklich notwendig ist? Ja ist er. Sonst will jeder sein eigens Ding durchziehen und es folgt Streit, oder man einigt sich auf eine Demokratie, in der über alles abgestimmt wird. Das verlangsamt aber die Entscheidungsfindung der Gruppe, was durchaus von Nachteil sein kann. Auch bei Streitigkeiten, muss es eine feste Autorität geben.



    Je anch Größe der Gruppe ließe sich für soetwas auch ein gewähltes Tribunal einrichten, jedoch muss es eine Person oder Institution geben, die klare Entscheidungen treffen und auch durchsetzen kann.





    Revedere Romal

  • Hallo Mark,


    ich fürchte, daß demokratisch diskutierende geringere Chancen als straff geführte Gruppen haben bzw. unterlegen sind. Ist das gegebene Bedrohungspotential hoch genug, halte ich rumdiskutieren für lebenszeitverkürzend.
    Ein Anführer stünde unter demselben Druck wie die Gruppe - und alle starren ihn an und warten auf seine Entscheidung. Wer mit derselben nicht einverstanden ist, kanns ja allein versuchen...
    Vom warmen Sofa aus ist leicht 'faschistoid' zu rufen; in der konkreten Situation geht es u.U. ums Überleben. Oder das Gegenteil...


    Was viele unterschätzen: die Organisation des lähmenden Wartens ohne dass die Leute sich an die Gurgel fahren! Nach Phasen wilder Flucht/Kampf kommen Phasen nervtötender Langeweile.
    Da müssen die Leute beschäftigt werden, da brauchts Struktur. Und einen Anführer mit Durchsetzungskraft.


    (Einzel-)Führung kann unter solchen Umständen mörderische Verantwortung bedeuten...
    Wenns wieder ruhiger läuft, kann ich mir 'Gruppenführung' vorstellen.


    just my 5 ct

  • Da würde ich Tom zustimmen jedoch muss ich sagen als Prepper hab ich immer den Gedanken der mir in anderen Hinsicht immer wieder an den Kopf geworfen wird im Hinterkopf :" Schön blöd!" will sagen das wenn man sich vorbereitet usw. man aus der Sicht einiger -schön blöd- ist das dann zu teilen bzw. werden die Ressourcen gerne angenommen jedoch meistens nicht die Geste gewürdigt. WIe im Alltag eben auch mit Kippenschnorren, kleingeld usw. pp


    Fiel mir nur grade dazu ein.