Erste Hilfe und Psychologie

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  • Ich schätze die zweitägigen EH-Lehrgänge beim Roten Kreuz (habe erst im Januar wieder einen gemacht), weil man da neben reinen EH-Techniken auch Mitmenschlichkeit und praktische Psychologie im Umgang mit Verletzen lernt: Vor Dir auf der Strasse liegt keine zu verpflasternde Wunde, sondern ein verletzter Mensch, der neben einem Verband Ansprache braucht.


    Regel1: Sich neben ihm hinhocken oder hinknien. Der Patient wird auf Augenhöhe angesprochen, nicht "von oben herab"


    Regel2: Wenn der Patient ansprechbar ist, erzählt man ihm Schritt für Schritt , was man mit ihm vor hat und fragt um seine Zustimmung, nebenbei ermutigt und beruhigt man ihn.


    Ich will das mal als Praxisbeispiel an dem Unfall von dem jungen Skater erläutern, den ich diese Woche verpflastert habe.


    Blut ist ein verdammt guter Farbstoff, wenn 20 Milliliter Blut aus einer oberflächlichen Wunde tropfen, dann ist das nicht dramatisch, es sieht aber dramatisch aus. Der junge Mann war also verängstigt und hat geschaut wie ein angeschossenes Reh.


    Ich habe mich also neben ihn hingehockt, während ich mein EH-Kit ausgepackt und die Latexhandschuhe angezogen habe, habe ich mir sowohl seine Verletzung angeschaut (harmlos, kein Bedarf 112 zu rufen) als auch ihn. Mein Eindruck: Wer mutwillig mit dem Skateboard eine Bahnhofstreppe runterspringt, der ist ein robustes Kerlchen und verträgt auch eine robuste Ansprache.


    Ich habe dann also gesagt."Du, pass auf, ich bin zwar kein Arzt, aber mein Bauchgefühl sagt mir, Du wirst zu 100% überleben. Wahrscheinlich behältst Du am Bein eine Narbe. Das macht aber rein gar nichts. Das macht Dich bei den Mädels nur attraktiver. Die mögen nämlich aktive Jungs und keine Stubenhocker."


    Schon hat das Kerlchen wieder gegrinst:)


    Dann habe ich die Prozedur erläutert:


    "Du, Deine Wunde ist ziemlich verdreckt, die würde ich gern desinfizieren, das wird aber etwas brennen. Ist das okay für Dich?"


    Nachdem er genickt hat, habe ich die Wunde desinfiziert.


    Dann habe ich weiter erzählt:" So, pass mal auf, jetzt kommt da eine sterile Wundauflage drauf. Da nehme ich Aluderm, das ist mein Lieblingsprodukt, weil das nicht mit der Wunde verklebt und beim Verbandwechsel schmerzfrei abgeht."


    "So, jetzt halt das mal fest, damit es nicht runterfällt, während ich eine Mullbinde auspacke" (Was ich dann mit meinem immer am Mann befindlichen chirurgischen Besteck getan habe, dem Schweizer Messer:face_with_rolling_eyes:)


    "Und nun wickele ich Dir die Mullbinde drum und fixiere die mit Heftpflasterstreifen"


    Dann habe ich ihn noch darauf hingewiesen seinen Impfstatus bezüglich Tetanus zu klären und sich ggf. impfen zu lassen


    Der junge Mann ist dann eigentlich gut gelaunt, wenn auch leicht hinkend abgezogen


    Also, wenn Ihr mal EH leisten müsst, redet mit den Leuten und denkt dran, da liegt keine Wunde, sondern ein Mensch



    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Das Reden mit Patienten ist unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung/Verletzung wichtig.


    a) sich selbst vorstellen um eine persönliche Beziehung/ Vertrauen zu schaffen
    b) wertvolle Infos zu bekommen wie Alter, Verletzungshergang, Allergien usw., aber auch z.B. Adresse oder Bezugsperson oder über das Mitführen (lebens)wichtiger Medikamente (z.B. Allergiker, Diabetiker, Patienten mit Herzproblemen, Asthmatiker...)
    c) Ablenkung des Patienten oder Auflockerung der Situation
    d) insbesondere bei schwereren Fällen zu merken, wie sich die Situation verändert: Wird das Sprechen schwieriger, verwirrter? Ändert sich der Bewusstseinszustand?
    e) insbesondore einem liegenden Patienten genau erklären war passiert. Es ist sehr beunruhigend nicht zu wissen und nicht kontrollieren zu können, was mit einem selber und in der unmittelbaren Umgebung passiert.