Geordneter Rückzug (Evakuierung) - Theorie und Praxis

  • Ich würde mit euch gern mein Konzept des organsierten Rückzuges einer neutralen Survivalists-Gruppe besprechen bei dem es darum geht, einer Situation auszuweichen, bei der ein (selbstmörderischer) Kampf mit einem objektiv überlegenem Feind grundsätzlich keine Chancen auf einen Sieg bieten würde.


    Dabei gehe ich von einem Feind aus, der sowohl materiell, als auch theoretisch sehr gut vorbereitet ist und dem es darum geht, seine Präsenz in der Region zu sichern und aufzubauen, auch durchs Vernichten von unerwünschten Gruppen in der Umgebung.


    Ein Frühwarnsystem in der Zeitperiode ist zweifelsfrei eine ständige Analyse des Funkverkehrs. Wenn es in der Stadt mehrere versteckte und befreundete Gruppen gibt, die zusammen das Ende der Krise abwarten, ist ein funktionierendes Funknetz essentiell für ihr Überleben - nur so kann man taktische Informationen austauschen und nach Hilfe rufen. Dieses Netz muss ständig aufrechterhalten werden, stabil und nach Möglichkeit digital verschlüsselt sein.


    Stabilität wird in erster Linie durch die Funker-Erfahrung, aber auch durch passende Antennen, entsprechende Polarisation und stabile Stromversorgung garantiert. Auch sollte ein (evtl. tragbares) Zweitsystem vorhanden sein. Als Notreserve dienen mehrere Handfunkgeräte mit guten Mobilantennen, die bei einer Stellung auf einem Hochhaus o.ä. doch sehr gute Reichweiten ermöglichen.


    Falls die eingesetzten Systeme über keine Verschlüsselung verfügen, kann man eine Zeit lang Subtöne benutzen oder eben One Time Pad - das einzige existierende Kryptoverfahren, für das es mathematisch beweisbar ist, dass es nicht gebrochen werden kann. Die Blöcke werden noch vor der Krise ausgetauscht und bei drohender Gefahr selbstverständlich vernichtet, zusammen mit dem Stationsjournal und Frequenztabellen.


    Bekommt der diensthabende Funker von einer anderen Station einen eindeutig glaubhaften Bericht über bestimmte Bewegungsrichtung des Feindes, trägt er die Infos auf eine Karte auf. Wenn sich daraus eine Gefahrensituation ergibt, wird eine Entscheidung getroffen, ob und wann eine Evakuierung statt finden soll, je nach Feindesstärke und dessen Geschwindigkeit.


    Evakuierung wird selbstverständlich lange vor dem Eintreten der Krisensituation geplant und erprobt; sämtliches mitzunehmendes Equip wird dabei durchnummeriert, katalogisiert und festen Gruppenmitgliedern zugeordnet. Alle anderen, schweren oder großen Sachen wie langzeit-Essensreserven oder Baustoffe, Schmierstoffe oder Akkumulatoren müssen in vorbereiteten Verstecken verstaut werden und mit speziellen, Hunde abweisenden Mitteln getarnt werden - ich persönlich habe gute Erfahrungen mit einem Gemisch von verbrannten Reifen und Spiritus gemacht. Auch sog. Bärenfett jagt den Suchhunden richtige Angst ein. Wenn dies nicht möglich sein sollte, müssen o.g. Sachen vernichtet und unbrauchbar gemacht werden. Der Feind soll lediglich eine Müllhalde vorfinden.


    Evakuierung wird in der Regel geordnet und zu Fuß, möglichst bei Dunkelheit durchgeführt. Entsprechend sind Tarnmaßnahmen zu treffen - Spuren sollen in unregelmäßigen Abständen mit Tabak überschüttet werden um evtl. Hunde abzuwehren. Auch Benzin und alte Schmierstoffe leisten hier gute Dienste. Nach geogr. Lage sind Bewegungen im Wasser entlang eines Flußes sehr wünschenswert.


    Jedes der Mitglieder trägt dabei mindestens eine Selbstladebüchse mit 4 vollen Magazinen und eine halbautom. Kurzwaffe. Im Idealfall verfügen Avantgarde und Arrieregarde über Wärmebildkameras, andere Mitglieder über Nachtsichtgeräte. Gruppenbewegung findet entlang einer bekannten festen Route statt, mit minimalen Risiken.


    Wenn die Situation und Ausbildung es zulassen, kann die Evakuierung in zwei Gruppen aufgeteilt statt finden. Die Hauptgruppe nimmt die bekannte Route und die Schutzgruppe bewegt sich etwas weiter hinten und seitlich, bereit den Feind, der sich der Hauptgruppe nähert, von hinten zu attackieren.


    Erster planmäßiger Halt muss eine gut getarnte Stelle außerhalb der Stadt sein, wünschenswert wäre eine gut bewachsene Waldstelle, ohne angrenzende Straßen oder Wanderpfade - am besten unter einem Felsen oder in einem Graben.


    An dieser Stelle ist es notwendig, noch vor der Krise einen Geheimvorrat einzugraben - in 40-50 cm Tiefe, damit man notfalls auch ohne Werkzeug ran kommt - Behälter mit Kleidung, Munition, Wasser und Nahrung. Es können sich dort auch Funkgeräte, trockenes Holz, Taschenlampen u.ä. befinden. Für den Fall der Fälle ist es optimal, in der Nähe einige gut geschmierte Spaten und Harken zu verstecken. Hier sollte man auch gefahrlos übernachten können.


    Weitere Evakuierung sollte sich nach Situation richten - zweiter Halt und ein fester Lagerort könnte eine maskierte Erdhütte mit Heizofen und Abort sein.
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    Da die obigen Ausführungen eher theoretischer Natur sind und auf dem Wissen basieren, das ich sowohl aus meinem Militärdienst in Nicht-EU - Ausland als auch aus Dutzenden von Büchern und Sorge um meine Familie und Freunde beziehe, habe ich geplant, heuer einen solchen Evakuierungslauf durchzuführen.


    Vor vier Jahren habe ich eine 6 Liter - Plastikflasche im Wald in etwa 8 Kilometer Entfernung vergraben, an einer Stelle, die nur sehr schwer zu erreichen ist und wo sich niemand freiwillig hin begeben würde, weder Wanderer noch Jäger. Zufällig kann man dort auch nicht auftauchen. Die Flasche beinhaltet alles, was mir damals für einen schnellen Rückzug wichtig schien. Grundsätzlich ging ich von einer Situation aus, in der ich nur das bei mir habe, was ich anhabe.


    Um die Stelle zu erreichen, muss ich etwa 5 Kilometer bei Nacht durch die Stadt laufen und mich nur auf unbeleuchteten Straßen aufhalten - laut Übungsregeln sind alle Passanten feindlich und alle Autos sind feindliche Patrouillen.


    Dann muss ich erst einen 3 Meter breiten Fluß überqueren. Die Brücke ist laut Regeln in feindlicher Hand. Da muss ich mir noch überlegen, wie ich es mache - hab ja nicht mal eine Taschenlampe dabei.


    Danach gilt es, eine riesige, abgesperrte Bahnanlage zu durchqueren, die auch nachts beleuchtet wird - und danach geht es in den Wald rein. Wenn ich dann im Wald bin, wird es ernst - habe schon von mehreren Jägern und Bauern gehört, dass es in der Umgebung mehrere Gruppen von gewalttätigen Obdachlosen gibt, die sich nachts in den Wäldern aufhalten..


    Da ich diese Stelle schon seit vier Jahren nicht mehr besucht habe, muss ich sie zuerst finden. In der Nähe habe ich einen Spaten versteckt und eine kleine Taschenlampe mit ersatz - AA-Zellen. Es kann auch gut sein, dass es regnet und dass es kalt sein wird.


    Liste von Gegenständen in der 6 Liter - Kapsel: (sicher etwas vergessen)


    Unterhose und ein Paar warme Socken
    Eine dünne Arbeitshose
    Mütze
    Pulli
    Regenponcho
    Baofeng - Funkgerät
    Ein Paar AA-Zellen
    Verbandszeug
    200ml Branntwein und 5 Päckchen Kaffee
    1 Liter Wasser in Plastikverpackungen a 250ml
    Spyderco Ten
    Leatherman ST 300
    Kabelbinder
    Arbeitshandschuhe
    Tarp
    Chlorsilber-Tabletten mit DeChlor
    Paracord
    2 Gas - Feuerzeuge
    Feuereisen
    300g Jerky
    5 Snickers
    4 Riegel NRG-5
    Ein Paar Silbermünzen


    Ursprünglich dachte ich daran, dort auch Dokumentenkopien zu verwahren, dann fiel es mir ein - falls es jemand wirklich finden sollte, möchte ich keine Verbindung zu mir haben. Statt dessen liegt dort ein verschlüsselter USB-Stick


    Das alles wurde mit etwas Kraftaufwand in die Flasche gezwängt und dann in etwa 70 cm Tiefe vergraben. Rundum befindet sich feiner Maschendrahtzaun, damit die möglichen Nager nicht ran kommen, oben liegen mehrere Öllappen drauf.


    Wozu nun das Ganze - diese Flasche plante ich als eine Art Notreserve für den Sommer ein - wenn man keine Zeit mehr hatte, das Haus geordnet zu verlassen - Familie ist bereits im sicheren Ausland, man ist alleine zuhause. Plötzlich bricht alles zusammen, früher als erwartet. Im Idealfall erreicht man die Stelle in 2 Stunden, gräbt die Flasche aus, zieht sich an, bewaffnet sich, trinkt einen Schluck antistress-Mittel, macht ein Feuerchen, verbindet mögliche Wunden, schaltet das Radio ein und informiert sich über die Situation. Nach der Kontrolle des Inhaltes werde ich die Flasche wahrscheinlich wieder einbuddeln.


    Auf diese Weise hoffe ich eine sehr gefährliche Situation zu trainieren, in der die einzige Hoffnung für die erste Zeit unter offenem Himmel lediglich der Inhalt der Flasche darstellt.
    Geplant ist ie Übung für Ende Mai 2017 - alles wird gefilmt und kommentiert - und dann auf YT hoch geladen. Hoffentlich schaffe ich es während der Übung einen Livestream hinzukriegen und so jedem Interessierten eine Gelegenheit zu bieten, virtuell dabei zu sein.


    Ich frage mich, was von dem Behälter nach all der Zeit noch übrig geblieben ist - vielleicht ist es längst entdeckt und geplündert worden.. Und wenn nicht - was ist mit dem Inhalt passiert, gab es vielleicht einen Wasserschaden?


    So, das war's. Ende Mai wird's ernst. :grosses Lachen:

  • Hallo Illinger,
    schöne Geschichte, die wohl jeder am Anfang für sich durchdenkt :winking_face:


    Hier mal meine Anmerkungen und Frage:


    1. Wie groß ist die Gruppe
    2. Wie ist sie aufgebaut (Kinder, Frauen, Alte, Haustiere etc.)
    3. In dem ganzen Ding taucht nichts zum Thema medizinische Versorgung auf. Ist das so geplant?



    Die stetige Analyse des Funkverkehrs als Frühwarnsystem halte ich nur für bedingt zielführend, wird hier doch vorrausgesetzt, das die üblichen Bänder permanent gescanned werden.
    Ferner wird eine im militärischen Sinne vorbereitet Kraft nur minimale Zeitschlitze zur Kommunikation nutzen. Wenn dies dann noch gecrypted geschieht, sagt die Anwesenheit eines unverständlich modulierten Trägers, der emfangen, aber nicht ausgewertet werden kann, nicht über die Bedrohungssituation aus.


    Es ist davon die Rede, das befreundete Gruppen das Ende der Krise in der Stadt abwarten. Was ist mit der restlichen Bevölkerung?
    Im Falle einer Krise und der geplanten Evasion der Gruppe sind die Mitbewohner u.U. das größere Risiko.



    Es ist die Rede davon, das Stationsjournal und Frequenztabellen geführt werden. Wozu das, wenn der Kram doch eh vernichtet wird. Das ist nach meinem Erachten Kram von vorgestern :winking_face:



    Ebenso die manuelle Krytierung. Jeder, der das schon mal gemacht hat, wird wissen, das mit diesem Verfahren kaum taktische Entscheidungen getroffen werden können.


    Wenn der "diensthabende Funker" Infos über den "Feind" erhält... Wie bekommt man die Infos zur Stärke etc..


    Durchnummeriertes Equipment macht doch nur dann Sinn, wenn dieses Equipment in der normalen Zeit nicht anderweitig genutzt wird. Und überhaupt, was ist damit konkret gemeint?


    ... ich könnte jetzt immer weiter schreiben, aber je mehr ich das noch mal durchlese um so mehr stellt sich das für mich als ziemlicher Schmarrn da.


    Wenn ich dann noch lese, das im "Wald oft gewalttätige Obdachlose" unterwegs sind bin ich dann ganz fertig damit.


    Entschuldigung, das ich das in dieser Form sage, aber ich denke, das das Ganze von vorne bis hinten nicht wirklich durchdacht ist.
    Also sollten wir nach m. E. deine Story mal als Ausgangsidee nehmen und mal die einzelnen Faktoren, die in so einem Falle zusammen wirken benennen und beschreiben.


    Bezüglich des kleinen Flußes, so würde ich ihn durchwaten...





    Gruß


    TID

  • Fluß: Besuche den örtlichen Leichtathletikverein und lasse Dir zeigen, wie man Sprünge >3m vollführt. Bleibst sogar trocken dabei, wenn es die Böschungen zulassen :)
    3m springt man idR im Alter von 15 Jahren. Sollte man mit etwas Übung also ohne Weiteres schaffen. Obiges Szenario vorausgesetzt (kein Rucksack oder vergleichbarer Ballast)

  • Ich denke, dass bei diesem Rückzug von falschen Annahmen ausgegangen wird.
    Beispielsweise wird kein Mensch Spürhunde losschicken um um euch als "neutrale Survivalists-Gruppe" nachzujagen.
    Funküberwachung wurde ja schon erwähnt.
    Auch ist die Flucht zu Fuß als Gruppe mit viel Ausrüstung wahrscheinlich nicht die beste Lösung. Gerade, weil der Rückzug vermutlich schnell durchgeführt werden soll.


    Grüße
    Basmyr