fahren und sparen

  • Zitat von Cephalotus;46352

    Wie sich ein PKW "umwelttechnisch amortisieren" kann ist mir schleierhaft. Magst Du mir das bitte erläutern.


    Ein Diesel aus der Steinzeit mit einem Treibstoff befeuert, der vermutlich nicht mal ideal verbrennt ist eine gewaltige Giftschleuder an Stickoxiden, Kohlenwasserstoffen, Partikeln & Co und es ist überfällig, wenn man diese Fahrzeuge nach und nach über hohe Steuern aus dem Verkehr zieht
    bzw. in Städten ganz verbietet.


    Umwelttechnisch amortisieren - Damit meine ich folgendes:


    Unser Staat ist der Meinung, alle Autos mit mehr als 8 Jahren sind perse Schrott - Siehe Abwrackprämie
    Opel meint seit neuestem: Lebenslange Garantie bis 160000KM - Ich lach mich tot...
    Wenn ich dann einen alten Mercedes anführe, der erwartungsgemäß eine Laufleistung von 500000KM und somit das DREIFACHE der vorgenannten Lebensdauer eines Opels schafft, dann kann das in meinem Umweltempfinden nur gut sein - Ich will nämlich gar nich wissen, wieviel Öl, CO2 usw. die Herstellung eines PKW kostet.


    Deine Forderung nach Verringerung des Altbestandes ist unsere Regierung ja mustergültig nachgekommen - Die Autos die die Abwrackprämie nicht erwischt hat werden jetzt durch die "Umweltplakette" aus dem Verkehr gezogen...


    Ich bin jetzt kein Chemiker oder Umweltforscher, aber Probleme mit den Stickoxyden haben die Diesel glaub ich erst durch den Partikelfilter bekommen, vorher waren die Werte nich so hoch...
    Ausserdem produzieren alte Vorkammer- oder Wirbelkammer Dieselmotoren eher Grobstaub, das was bei den TDI und CDI Motoren rauskommt ist für die Lunge viel gefährlicher... - mal abgesehen davon zeigen erste Studien, das die Feinstaubbelastung seit Einführung der Umweltplakette gar nicht, oder nur unwesentlich zurück gegangen ist....
    Insgesamt alles tolle Lobbyarbeit!
    Ein hoch darauf, sonst wären wir alle arbeitslos!:face_with_rolling_eyes:
    Gruß Bastian

  • Zitat von Cephalotus;46352

    Wer einen PKW sucht mit relativ moderatem Umweltschädigungspotential und geringen Treibstoffkosten der kommt, wenn es die Tankstellensituation erlaubt, mit Erdgas (nicht Autogas!) vermutlich der Lösung am nächsten.
    Methan bietet darüber hinaus den Vorteil, mit vergleichsweise hoher Effizienz aus Bio-Abfällen, Gülle oder Nawaro erzeugt werden zu können ...


    und warum soll man die paar Kubikmeter Bio-Methan dann ausgerechnet im Pkw verfeuern?
    statt dieses einfach in das Erdgasnetz für den Hausbrand einzuspeisen ...


    ... und die Autos mit kompakter speicherbaren Treibstoffen zu fahren???

  • Zitat von adam444;46461

    Habe gelesen, dass man mit dem E85 ...


    wir haben wir eigentliche gerne eigene oder zumindest verifizierte/gut belegbare Erfahrungen und kein "hab irgendwo gelesen" :face_with_rolling_eyes:


    PS:
    habe mein Altauto auch schon mit E 40 gefahren
    (also bis zu 20 l E 85 in den 42 Liter-Tank eingefüllt)
    und da keinen spürbaren Mehrverbrauch festgestellt
    (evtl. ein halber Liter mehr je 100 km?)

  • Zitat von logicalman;46472

    wir haben wir eigentliche gerne eigene oder zumindest verifizierte/gut belegbare Erfahrungen und kein "hab irgendwo gelesen" :face_with_rolling_eyes:


    PS:
    habe mein Altauto auch schon mit E 40 gefahren
    (also bis zu 20 l E 85 in den 42 Liter-Tank eingefüllt)
    und da keinen spürbaren Mehrverbrauch festgestellt
    (evtl. ein halber Liter mehr je 100 km?)


    Öhm, war mein Text dazu weiter oben nicht ausführlich genug? Wundere mich nur weil darauf null Reaktion kommt.


    LG Strycker

  • Zitat von tomduly;46447

    Viele haben aus bestimmten Gründen nunmal ein bestimmtes Auto und wollen/müssen es vorerst auch weiter benutzen...


    Ja. Das ist gesellschaftlicher Konsens, genauso wie es bei den Rapa Nui gesellschaftlicher Konsens war, dass man für Steinstatuen den Wald abholzt oder bei den US mAerikanern sub prime Kredite aufzunehmen, die man niemals zurückzahlen kann.
    Aus Sicht des einzelnen ein völlig rationales Verhalten, von der Politik eher gefördert als unterbunden, in der Gesamtbetrachtung aber eine hoch gefährliche Entwicklung.


    Zitat

    Ich z.B. "muss" derzeit täglich 50km einfache Strecke zur Arbeit fahren, eine Möglichkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es nicht


    Auch das Vermutlich so eine Henne-Ei Geschichte.



    Zitat

    Der Golf, deutlich kleiner und etwas leichter als der Audi, braucht bislang auf der gleichen Strecke zwischen 5,5 und 6,0l/100km,...


    Bei 220 Arbeitstagen im Jahr benötigst Du also für Deinen Arbeitsweg von 22.000km zwischen 1.100 und 1.200 Liter Diesel mit einem Energiegehalt von rund 12.000kWh.


    Alternativ wären dies 1.200l Rapsöl zu je 8.300kcal, also rund 10 Mio. kcal.


    Das entspricht dem Kalorienbedarf von drei 5-köpfigen Familien für dieses Jahr und benötigt eine Anbaufläche von ca. 1ha, ingesamt haben wir aber nur rund 12 Mio. ha Ackerland in Deutschland.


    (rund 2.500kg Rapskuchen als Tierfutter fallen noch als Beiprodukt an, das will ich nicht unter den Tisch kehren)


    Und das alles nur, um den Arbeitsweg von A nach B zurück zu legen, da sieht man erst den Irrsinn des ganzen Systems.
    Den Verbrauch von 5,x auf 4,x Liter pro 100km zu senken mag für Dich individuelle Sinn ergeben und schadet auch allgemein nicht, aber es ist keinen Deut nachhaltiger.


    Zitat


    Kein technisches Produkt der Welt kann das. [umwlettechnische Amortisation]


    Doch.
    Z.B. Kläranlagen, Katalysatoren, Entschwefelungsanlagen...



    Zitat


    1. auf dem direkten Weg zwischen Arbeitsplatz und Wohnort gibt es eine einzige Erdgastankstelle (keine Redundanz bzw nur über Umwege)


    Das Tankstellennetz ist leider zu dünn. Wieder so ein Henne-Ei Dilemma, das nur durch politische Lenkung oder Katastrophen gelöst werden kann.


    Zitat


    2. Modelle mit "Ersatzradmuldentank" hatten max 200km Reichweite (würde für mich bedeuten 3x jede Woche zur Tankstelle), die Autos mit mehr Reichweite hatten Flaschentanks quer im Kofferraum, was diesen auf 50% reduzierte und den Transport von 2m-Material im Kombi nicht mehr ermöglicht. Beides für mich K.O.-Kriterien.


    Es gibt Bi-Fuel Modelle, bei denen man sowohl mit Benzin als auch mit Gas jeweils 300-400km fahren kann, aber möglicherweise entspricht der Rest des fahrzeugs dann nicht Deinen Anforderungen.



    Zitat


    3. Ich kann den Treibstoff nicht zuhause bevorraten, bei Diesel darf ich in D legal 200l zuhause lagern, damit komme ich mit meinem tdi-Golf fast 4.000km aus, ohne auf Versorgungsinfrastruktur angewiesen zu sein.


    Das spannende an Erdgas (Methan) ist, dass es für Deutschland vielfältige Pfade gibt, auch in einigen Jahrzehnten daran zu kommen und zwar nicht mit einem Anteil von ein paar Alibi-Prozent, sondern in großen Dimensionen. Noch dazu verbrennt es relativ sauber.
    (man muss aber davon abkommen, es in Hausheizungen zu vergeuden)



    Zitat


    Fürs reine Pendeln zur Arbeit könnte ich mir auch ein Twike vorstellen, die Dinger haben was: 85km/h elektrisch, 200km Reichweite. Und zusätzlich Strampelantrieb, wenn die Batterie leer ist ode rman was für die Fitness tun will. Aber unter 20.000 Euro Systempreis in der Anschaffung - selbst gebraucht - nicht zu bekommen und ca. 1.000 Euro jährlicher Batteriekostenanteil summiert sich bei angenommenen 10 Jahren auf 30.000 Euro ohne Wartung/Reparaturen/Versicherung und Stromkosten. Dagegen ist mein vier Jahre alter Golf mit 6.500 Euro Anschaffungskosten immer noch unschlagbar.


    Das ist ein Spaßfahrzeug für gut Betuchte, sparen kann man damit nicht, insbesondere, weil es ja kein Fahrzeug ersetzt, sondern zusätzlich angeschafft würde.
    Für Dich wäre im Bereich der E-Mobilität mittelfristig (10 Jahre) wahrscheinlich ein plug-in Hybrid spannend.


    Das Klügste ist meiner Meinung nach, auf so etwas wahnsinniges wie 50km Arbeitsweg zu verzichten. Momentan sind unsere Hausfinanzierungs- und Arbeitssysteme nicht darauf ausgelegt und von daher erscheinen solche Forderungen aus diversen Gründen als "nicht realistisch".


    Ich denke, in 10-20 Jahren wird sich hier ein Wandel einstellen, nämlich dann, wenn man's nicht mehr ignorieren kann, dass ein einziger Pendler 3 großen Familien das Essen weg nimmt.


    mfg

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Zitat von logicalman;46471

    und warum soll man die paar Kubikmeter Bio-Methan dann ausgerechnet im Pkw verfeuern?
    statt dieses einfach in das Erdgasnetz für den Hausbrand einzuspeisen ...


    ... und die Autos mit kompakter speicherbaren Treibstoffen zu fahren???


    Fossile Energieträger bei der Hausheizung haben in einem peak oil Szenario eh keine Zukunft. Zuerst einmal ist es Irrsinn, Heizöl zu verfeuern und gleichzeitig über Elektromobilität zu schwadronieren, als nächstes wird man erkennen, dass es genauso Blödsinn ist, kostbares Erdgas für Niedertemperaturwärme zu vergeuden.
    Man wird Erdgas in Gaskraftwerken brauchen (Deutschland will bis 2020 38% EE im Strombereich haben, da muss man Schwankungen ausgleichen und in der kurzen Zeit geht das nur über Gaskraftwerke).


    Langfristig wird man die letzten flüssigen Treibstoffe für Flugzeuge, LKW, Traktoren & Co brauchen und Methan braucht man für Kraftwerke, LKW, Langstreckenfahrten im PKW und chemischen Industrie (z.B. Produktion von Stickstoffdünger)


    Für die Kurzstrecke im Individuelverkehr wird die Mobilität wohl elektrisch sein, insgesamt werden die Kosten aber in allen Bereichen deutlich höher liegen als heute im Zeitalter der pervers billigen fossilen Energie.


    Flüssige Treibstoffe werden zuerst für Heizungen unbezahlbar, danach für normale PKW Betreiber, das wird entweder über den Preis passieren, ggf. mit Hilfe der Politik (Steuern, Verbote, Rationierung)


    Das ist der derzeit wohl sinnvollste Pfad nach derzeit grob vorhersehbarer Entwicklung der Technik in den nächsten 10 Jahren.


    Das wirklich fatale ist, dass Leute heute Häuser bauen, Autos kaufen und Lebensstile wählen, die solche Energiebedarfe auf viele Jahre zementieren und gleichzeitig das Risiko besteht, dass das Zeitalter des Energieüberschusses möglicherweise schon in 5 oder 10 Jahren enden kann.


    Wer darauf nicht vorbereitet ist, der sollte sich meiner Meinung nach durchaus Sorgen machen, da helfen einem der Lebensmittelvorrat oder die 200l Diesel im Keller leider auch nicht weiter.


    mfg

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Zitat von logicalman;46472

    PS:
    habe mein Altauto auch schon mit E 40 gefahren
    (also bis zu 20 l E 85 in den 42 Liter-Tank eingefüllt)
    und da keinen spürbaren Mehrverbrauch festgestellt
    (evtl. ein halber Liter mehr je 100 km?)


    1l Ethanol hat halt nur einen Energiegehalt von 7,1kWh, verglichen mit 1l Benzin mit einem Energiegehalt von 8,9kWh.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Zitat von Cephalotus;46476


    Bei 220 Arbeitstagen im Jahr benötigst Du also für Deinen Arbeitsweg von 22.000km zwischen 1.100 und 1.200 Liter Diesel mit einem Energiegehalt von rund 12.000kWh.


    Alternativ wären dies 1.200l Rapsöl zu je 8.300kcal, also rund 10 Mio. kcal.


    Das entspricht dem Kalorienbedarf von drei 5-köpfigen Familien für dieses Jahr und benötigt eine Anbaufläche von ca. 1ha, ingesamt haben wir aber nur rund 12 Mio. ha Ackerland in Deutschland.


    Irgendwer hat sich da verrechnet:


    15 Personen benötigen 1ha, bei 12 Mio. ha, könnte man also 180 Mio. Leute ernähren, D hat aber nur 82 Mio., Tendenz fallend oder es reichen 5,6 Mio. ha für die Ernährung und mit den übrigen 6,5 Mio. ha fahren noch ne ganze handvoll Pendler durch die Gegend (ok, ich würde dann auch drei Mitfahrer mitnehmen, wenn das alle machen, reichts für 26 Mio. Pendler, das ist quasi Vollbeschäftigung...) :face_with_rolling_eyes: Dazu kommt das, was allgemein als internationaler Handel bezeichnet wird: Technikländer beliefern Agrarländer mit Technik, im Gegenzug erhält man Agrarprodukte, funktioniert meistens auch. Der Gedanke von nationaler Autarkie ist, äh, etwas angestaubt. Ich würde vorschlagen, regionale Autarkie bei Energie und Grundversorgung anzustreben, den Gedanken an grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr aber auch im Zeitalter nach dem Kohlen(wasser)stoff nicht aufzugeben.



    Zitat


    Ich denke, in 10-20 Jahren wird sich hier ein Wandel einstellen, nämlich dann, wenn man's nicht mehr ignorieren kann, dass ein einziger Pendler 3 großen Familien das Essen weg nimmt.


    Die Rechnung ist mir zu einfach (und zu polemisch). Im Grunde kann ich alles, was irgendwie mit Energie erzeugt oder durch Energieaufwand bewegt wird, in "dafür verhungert jetzt irgendjemand" umrechnen. Bei der Sanierung meines (übrigens solar-, stückholz- und pelletbeheizten) Altbaus hat mir unsere nette Architektin vorgerechnet, dass sich die neuen Fenster in ziemlich genau 103,4 Jahren amortisieren werden, oder dass ich mit den 5.000 Euro für die Solarthermie 20 Jahre lang bedarfsgerecht und am Entnahmeort das Warmwasser hätte elektrisch erzeugen können - das ist genauso Humbug, wie technisch benötigte Energie in Hungeräquivalente umzurechnen.
    Denn dann müsste mein Arbeitgeber mit seinen knapp 50.000 Euro Stromkosten pro Monat (Reinraumbetrieb zur Chipproduktion) als Massenvernichtungswaffe eingestuft und sofort dicht gemacht werden.



    Klar ist die derzeitige individuelle Mobilität energetischer (und ökologischer) Irrsinn, aber es ist die Realität. Anzunehmen, alle könnten sich Wohn- und Arbeitsorte so optimal aussuchen, dass sie zu Fuss oder mit dem Velo zur Arbeit strampeln können und ihre Passiv-Wohnung mit der körpereigenen Abwärme gemütlich warm bekommen, ist eine nette Utopie.


    Jemanden zu verurteilen, weil er momentan 50km mit dem Auto fährt, ist evtl. vorschnell - weisst Du, ob ich etwa daran arbeite, von zuhause aus arbeiten zu können und zu dürfen? Das "können" ist noch knapp 6 Monate von heute entfernt, wenn die Telekom endlich die Glasfaser fürs schnelle DSL eingezogen hat. Das "dürfen" ist dank beharrlicher Betriebsratsarbeit und einer neuen Betriebsvereinbarung mittlerweile auch möglich. Auch das ist Realität, dass Dinge sich entwickeln müssen, vorangetrieben werden müssen.


    Das will nur manchmal nicht in die Hirne junger Grossstadtsingles, die ihren in der Tat energiearmen persönlichen Lebenswandel auf alle übetragen und sich wundern, warum das nicht klappt. Dabei aber grosszügig darüber hinwegsehen, dass alleine die Rolltreppen die zu ihren heissgeliebten S- und U-Bahnen führen, zusammengenommen für den kWh-äquivalenten Hungertod zahlreicher Grossfamilien verantwortlich sind. (jetzt war ich mal etwas polemisch, sorry)


    BTW, mein persönliches Peak-Oil-Szenario dürfte sich mit Deiner diesbezüglichen Sichtweise durchaus decken: ich rechne ebenfalls mit einem Stillstand des Ölsystems in 10-20 Jahren, eher früher als später. Es wird brutal werden und es wird Verteilungskämpfe geben. Es wird wie immer Gewinner und Verlierer geben. Vermutlich werden energiehungrige, aber nicht zukunftsfähige Regionen wirtschaftlich veröden (Ruhrgebiet, Küstengebiete Nord-/Ostsee). Wohin die Reise geht, ist schwer vorherzusagen. Wenn ich dann nicht mehr zur Arbeit pendeln kann, mein Arbeitgeber kollabiert ist und Internet nur noch für Militär, Behörden und Privilegierte zugänglich ist, bau ich Elektro-Rikschas und -Fahrräder für die Leute auf dem Land aus recycelten Altgeräten und lass mich mit Brennholz, lecker Kartoffeln und Tomaten bezahlen. Schau mer mal...



    Grüsse


    Tom

  • Zitat von tomduly;46502

    Irgendwer hat sich da verrechnet:


    15 Personen benötigen 1ha, bei 12 Mio. ha, könnte man also 180 Mio. Leute ernähren, D hat aber nur 82 Mio., Tendenz fallend oder es reichen 5,6 Mio. ha für die Ernährung und mit den übrigen 6,5 Mio. ha fahren noch ne ganze handvoll Pendler durch die Gegend


    Das ist kein Rechenfehler. Deutschland könnte sich prima mit der verfügbaren Fläche ernähren, wobei nicht jede Kultur so ertragreich in Kalorien ist wie die Ölsaaten.
    Das Problem dabei ist, dass es sich um rein pflanzliche Kalorien handelt. Sobald Tiere ins Spiel kommen wird die Geschichte um ca. Faktor 5 bis 20 ineffektiver, die Zukunft heißt also Auto fahren oder Schnitzel essen, aber nicht beides.
    Und selbst wenn auf Fleisch verzichtet wird, so ergäben 6 Mio. ha Rapsfelder (leider erlaubt die Fruchtfolge nur alle 4 Jahre Kreuzblütler wie Raps, aber das ignoriere ich mal) bei 1t Rapsöl pro ha macht das lausige 6 Mio. t Rapsöl als Dieselersatz.


    Verbraucht wurden in Deutschland 2009 aber satte 109 Mio. t Mineralölprodukte, davon rund 20 Mio. t Ottokraftstoff, 21 Mio. t Heizöl und und 31 Mio. t Diesel


    Wenn man weiter berücksichtigt, dass Deutschland derzeit 97% des Mineralöls importieren muss so wird erkennbar, dass es überhaupt kein reales Szenario gibt, bei dem ein solcher Verbrauch an flüssigen Treibstoffen substituiert werden könnte. Das einzige, was -rein theoretisch- funktionieren würde wäre für einige Jahre die Kohleverflüssigung (CTL), aber das zu extremen ökonomischen und ökologischen Kosten.
    Es gibt zwar effizientere Umwandlungsverfahren für Biomasse als Rapsöl oder Ethanol, aber die funktionieren entweder aus klimatischen Gründen bei uns nicht (Palmöl, Zuckerrohr) oder kommen nicht wirklich aus dem Versuchsstadium heraus (BTL, Ethanol aus Zellulose)
    Das effektivste derzeit verfügbare Biomasse Wandlungssystem ist Biogas, allerdings hat der intensive Maisanbau ebenfalls haufenweise Nachteile.
    In all diesen Biomasseszenarien haben wir übrigens noch kein Gramm Fleisch auf dem Teller, wenn wir die Hälfte unserer Äcker für die energetische Nutzung opfern.


    Es spielt dann auch keine nennenswerte Rolle, ob unsere PKW in 10-20 Jahren 6l/100km oder nur 4l/100km verbrauchen werden. Wenn bis dahin ein signifikanter Angebotsmangel bei Mineralölen existiert (und vieles deutet genau darauf hin), dann wird Deutschland entweder seine Automobilflotte sehr rasch umstellen müssen oder aber wir importieren Biomasse im ganz großen Stil (dann verhungern für jeden deutschen Pendler eben anderswo 3-4 Familien) oder aber der Autoverkehr reduziert sich massiv.


    Wer heute einen Neuwagen kauft müsste dies eigentlich mit berücksichtigen, denn eine Treibstoffverknappung noch während der Nutzungszeit des Fahrzeugs kann nicht ausgeschlossen werden. Das Problem ist, dass es kaum Alternativen gibt, weil sie der Markt derzeit noch nicht nachfragt.


    Eines gebe ich aber zu bedenken. Flüssige Treibstoffe lassen sich hervorragend einfärben und rationieren, wenn da die Regierung nicht will, dass Hinz und Kunz den kostbaren Sprit verfährt, dann wird das so sein. Erdgas wird über ein gemeinsames Netz verteilt, da ist eine Markierung zwar denkbar, aber nicht so wahrscheinlich.
    Davon abgesehen wird es die Regierung eher nicht wagen, der Bevölkerung das Gasnetz abzudrehen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Siehe letzten Winter in Osteuropa. Da stehen eher die Fabriken und Kraftwerke still.
    Am einfaschten ist es mit Strom. Niemand wird Strom einfärben, niemand wird Strom rationieren, wir haben als nächstes vor allem ein (temporäres) Überschussproblem als einen Mangel und notfalls reicht eine vergleichsweise kleine PV Anlage mit vielleicht 30m² (=4kWh) auf dem Hausdach, um den oben beschriebenen Familien-PKW für diese 22.000km im Jahr (bilanziell) mit Elektrizität zu versorgen.


    Elektromobilität wird halt deutlich teurer sein als das Verbrennen von Benzin und Diesel zu heutigen Preisen.


    Zitat


    Die Rechnung ist mir zu einfach (und zu polemisch). Im Grunde kann ich alles, was irgendwie mit Energie erzeugt oder durch Energieaufwand bewegt wird, in "dafür verhungert jetzt irgendjemand" umrechnen. Bei der Sanierung meines (übrigens solar-, stückholz- und pelletbeheizten) Altbaus hat mir unsere nette Architektin vorgerechnet, dass sich die neuen Fenster in ziemlich genau 103,4 Jahren amortisieren werden, oder dass ich mit den 5.000 Euro für die Solarthermie 20 Jahre lang bedarfsgerecht und am Entnahmeort das Warmwasser hätte elektrisch erzeugen können - das ist genauso Humbug, wie technisch benötigte Energie in Hungeräquivalente umzurechnen.


    Wieso ist das Humbug? Die Zahlen klingen für mich plausibel und die Konkurrenz zwischen Nahrung und Agrartreibstoffen ist evident.


    Zitat


    Denn dann müsste mein Arbeitgeber mit seinen knapp 50.000 Euro Stromkosten pro Monat (Reinraumbetrieb zur Chipproduktion) als Massenvernichtungswaffe eingestuft und sofort dicht gemacht werden.


    Die Konkurrenz zwischen Elektrizität und Nahrung ist um Größenordnungen kleiner als die Konkurrenz zwischen Treibstoffen und Nahrung.


    Da sind wir gerade erst am Anfang. Ein aktueller Artikel aus der ZEIT:
    http://www.zeit.de/2010/34/Nahrungskrise


    Das wird auch nicht mit jedem Jahr schlimmer, sondern es gibt gute und schlechte Jahre. Die Katastropheneinschläge kommen aber in immer kürzeren Abständen und werden wahrscheinlich zunehemend heftiger und man sollte sich in Deutschland keineswegs der Illusion hingeben, dass unsere Kaufkraft so hoch ist, dass die Nachfrage ausschließlich bei den anderen einbrechen wird.
    Das wird sie nicht.
    Wenn der Liter Heizöl 1 Euro kostet, dann sinkt auch bei uns die Nachfrage, bei 2 Euro pro Liter erst recht, usw, usf.
    Das kann sich ja jeder selber ausrechnen, wieviel er/sie bezahlen kann und will, ohne auf Mineralölprodukte verzichten zu müssen.


    Zitat


    Klar ist die derzeitige individuelle Mobilität energetischer (und ökologischer) Irrsinn, aber es ist die Realität. Anzunehmen, alle könnten sich Wohn- und Arbeitsorte so optimal aussuchen, dass sie zu Fuss oder mit dem Velo zur Arbeit strampeln können und ihre Passiv-Wohnung mit der körpereigenen Abwärme gemütlich warm bekommen, ist eine nette Utopie.


    Das ist eine mögliche Zukunft.
    Eine andere ist vielleicht der 3. Weltkrieg oder ein mittelalterähnliches Szenario mit Massensterben, für das sich mancher hier vorbereitet.


    Ich verdiene mein Geld damit, die "Utopie" mit aufzubauen, Deutschland so energieeffizient zu machen und die Energie nachhaltig aus heimischen Ressourcen und ohne Überlastung lokaler und globaler Senken bereit zu stellen, dass auch in 20-30 Jahren noch ein Energiewohlstand für alle hier möglich sein wird und das möglichst nicht auf Kosten der Zukunft.


    Die Technik haben wir, die Mehrkosten gegenüber dem Status quo sind zwar existent, aber die Kosten fallen so oder so an, auch in einem Szenario, bei dem man ums Erdöl kämpfen muss und die Welt sich bis zum Kollaps aufheizen lässt, dann kann man das Geld doch genausogut in eine Utopie investieren.


    Zitat


    Jemanden zu verurteilen, weil er momentan 50km mit dem Auto fährt, ist evtl. vorschnell - weisst Du, ob ich etwa daran arbeite, von zuhause aus arbeiten zu können und zu dürfen?


    Ich habe meinen Beitrag ganz bewusst so verfasst, dass keine Verurteilung dieses Handels darin enthalten ist, sondern sogar mehrfach gleich eine präventive explizite Begründung, warum ich dies nicht tue.


    Ich glaube Dir sofort, dass Du nicht freiwillig pendelst und 1-2 Stunden pro Tag in der Blechdose für nichts und wieder nichts hockst.
    Wenn Du das nämlich auf Deine Stundenzahl drauf rechnest und die Kosten fürs Pendeln vom Nettolohn abziehst (irr sinnigerweise wird's ja steuerlich noch belohnt), dann dürfte das Deinen realen Nettostundenlohn deutlich reduzieren.
    Vom Verlust der Freizeit, dem Stress und dem Risiko eines Unfalls ganz zu schweigen.


    Gerne Pendeln trifft vielleicht auf 5-10% der Leute zu, die meisten wollen es nicht.



    Zitat


    Das will nur manchmal nicht in die Hirne junger Grossstadtsingles, die ihren in der Tat energiearmen persönlichen Lebenswandel auf alle übetragen und sich wundern, warum das nicht klappt. Dabei aber grosszügig darüber hinwegsehen, dass alleine die Rolltreppen die zu ihren heissgeliebten S- und U-Bahnen führen, zusammengenommen für den kWh-äquivalenten Hungertod zahlreicher Grossfamilien verantwortlich sind. (jetzt war ich mal etwas polemisch, sorry)


    Mich kannst Du nicht gemeint haben, ich fahre so gut wie nie Rolltreppen, Großstadt hin oder her.
    Ansonsten ist das durchschnittliche(!) Leben des Pendlers auf dem Land mit Einfamilienhäuschen nun mal deutlich Energie intensiver als das durchschnittliche(!) Leben eines Großstadtbewohners.
    Da können wir gerne eine argumentative Schlacht mit Fakten und Rechnungen führen, die gewinne ich locker.
    Es geht aber nicht darum, daraus ein "ätsch ich bin besser als Du" abzuleiten, weil selbstverständlich nicht jeder sein Leben primär nach Energieeffizienz ausrichten will oder gar soll.
    Es ist aber auch niemanden damit gedient mit Argumenten wie "das ist aber so und war schon immer so" und "da gibt es keine Alternative" oder "ja, aber xyz ist noch viel schlimmer", sondern es geht darum zu überlegen, wie das Land so in die Zukunft geführt werden kann, dass ausreichend Energie für uns vorhanden bleibt, dass energetische Grundbedürfnisse (warme Wohnung, Licht, Mobilität, etc...) für alle bezahlbar bleibt und dass dies nicht für einen fraglichen kurzen Luxus der Verschwendung zu Lasten der ärmsten und zu Lasten der Zukunft gemacht wird.


    Nachhaltig für die Gesellschaft bedeutet dann meistens auch nachhaltig auf individueller Ebene und damit wäre auch dem Thema des Forums gedient.


    Es wird in den kommenden Jahrzehnten vermutlich dramatische Änderungen bei der individuellen Mobilität geben, entweder über andere Techniken oder über andere Systeme oder schlichtweg durch Verzicht. Wer dies leugnet ist eben nicht "vorbereitet".



    Zitat


    BTW, mein persönliches Peak-Oil-Szenario dürfte sich mit Deiner diesbezüglichen Sichtweise durchaus decken: ich rechne ebenfalls mit einem Stillstand des Ölsystems in 10-20 Jahren, eher früher als später. Es wird brutal werden und es wird Verteilungskämpfe geben.


    "Brutal" wird es nur, wenn man davon abhängig ist wie ein Junkie. Es ist derzeit nicht nötig, 20 Mio t Heizöl in Wohnungen zu verfeuern, es ist nicht nötig, Nahrung zweimal quer durch Europa zu fahren und es ist ebenfalls nicht wirklich nötig, ein riesiges Heer an Pendler zu unterhalten.


    Es ist derzeit aber bequem (bzw. scheinbar bequemer als die Alternativen) und lieb gewonnene Gewohnheit, deswegen wird es gemacht.


    Was der kluge Weg in die Zukunft ist zeigt sich vielleicht am besten im individuellen stark vereinfachten Beispiel:


    1. Ich baue mir ein hoch effizientes Haus, gebe dafür Geld aus, bin aber für 100 Jahre lang unabhängig von Öl
    2. Ich tue das nicht, kann's mir in 10 Jahren nicht mehr leisten und friere dann
    3. Ich tue das nicht und opfere in 10 Jahren einen Sohn in irgendeinem Krieg um die Ölressourcen und friere erst in 20 Jahren.


    Ich halte Option 3 für ziemlich blöd und weigere mich, dabei mitzumachen.


    Zitat


    Es wird wie immer Gewinner und Verlierer geben. Vermutlich werden energiehungrige, aber nicht zukunftsfähige Regionen wirtschaftlich veröden (Ruhrgebiet, Küstengebiete Nord-/Ostsee). Wohin die Reise geht, ist schwer vorherzusagen. Wenn ich dann nicht mehr zur Arbeit pendeln kann, mein Arbeitgeber kollabiert ist und Internet nur noch für Militär, Behörden und Privilegierte zugänglich ist, bau ich Elektro-Rikschas und -Fahrräder für die Leute auf dem Land aus recycelten Altgeräten und lass mich mit Brennholz, lecker Kartoffeln und Tomaten bezahlen. Schau mer mal...


    Ich glaube, dass wir's hinkriegen, wenn auch mit einem blauen Augen. (was ich nicht glaube ist dass wir eine deutliche Klimaerwärmung verhindern können, dazu ist die Zeit leider bereits abgelaufen, aber das ist ein anderes Thema)
    Hätte man 20 Jahre früher angefangen, stünde die Welt heute besser da, aber das wollte man ja nicht.


    Derzeit transformieren wir vor allem unser Elektrizitätssystem. Deutschland kann dabei Vorbild für die ganze Welt sein, wenn wir ein System mit einem sehr hohen Anteil EE hinbekommen, obwohl unsere Voraussetzungen alles andere als günstig sind.
    Mit diesem Strommix und den daraus resultierenden Überschüssen lässt sich jedes anderes Energieproblem außer Flugverkehr (und da funktioniert evtl. auch Verzicht und Substitution ganz gut) recht zeitnah lösen.


    Unterm Strich hat Deutschland 2008 für Energieimporte (ohne Uran) grob 100 Mrd. Euro ausgegeben und dieses Geld durch die Schornsteine gejagt. Es ist ein schöner Nebeneffekt, wenn man auf diese Ausgaben irgendwann mal weitgehend verzichten wird können.


    Wenn wir den Umbau der Stromversorgung und parallel dazu eine Elektrifizierung von Mobilität und Wärmesektor nicht hinbekommen, dann bleiben nur noch Option 2 oder 3.


    Jetzt gilt es nur noch schneller zu sein als peak oil, knapp wird's auf alle Fälle. Wenn Chinas Wirtschaft nicht kollabiert denke ich, dass wir peak oil noch zu Lebzeiten der jetzigen Neuwagengeneration erleben werden. Wissen werden wir es erst in der Rückblende.


    mfg

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.