Stuttgart21 - ein Bundesland destabilisiert sich gerade

  • Baulich ist das Projekt Irrsinn. Ein maßgeblicher beteiligter Architekt ist vor dem Jahr 2000 (das Projekt ist ja schon uralt) wegen Bedenken über mögliche Lebensgefahren ausgestigen. Eine 33 km lange (!) Röhre in einem der dafür ungeeignetsten Böden. Anderswo werden Bahnhöfe geschlossen - Stuttgart muss sich für 3 Mrd. (ich schätze mal es werden 18 Mrd.) so ein Ding hinstellen.


    Aber da gibt es andere Aspekte. So ein Großprojekt ist halt ein Großprojekt und nur da kann satt Kohle abgeschöpft werden. Und darum würden im Normalfall die Politiker (ich meine, von irgendwas müssen die ja leben :) ) so ein Projekt immer weiterführen.


    Komisch ist nur, wies es jetzt läuft. Die deutsche Polizei sieht sich Vorwürfen ausgesetzt, gegen normale Schwaben maßlos vorgeganen zu sein. Die Aufzeichnungen des heute-journals vom 30.09. und 01.10 (Maritetta Slomka vs. Innenminister/Ministerpräsident) sind interessant. Schön wie der Innenminister beim Wort "deeskalieren" ins Stottern kommt. Mag sich jeder selber seine Meinung zu bilden.


    Aber wenn igendwelche vermummten, nicht identifizierbaren Eingreifkommandos gegen unsere Kinder vorgehen sollten, ist das für mich inakzeptabel, und das war es wohl auch für 50.000 bis 100.000 Leute, die dann am 01.10. in Stuttgart unterwegs waren.


    Und nur, damit ein bestimmter Bäumfälltermin gehalten werden konnte?!? (Mir fallen da 1000 Gründe ein, warum sonst auch schon mal sowas verschoben wird.) So doof kann man doch eigentlich nicht sein, oder. (Vgl. jedoch eine internetsuche nach "Vollpfosten Mappus".)


    Und so gewöhnen wir uns mal wieder an neue Bilder des Untergangs.


    Alles nur eine persönliche Einzelmeinung. Nichts für ungut.

  • OT


    Zitat von asdfgr;52319

    Kann mir mal jemand fuer schlichte Gemueter (und sehr weit weg) erklaeren was so schlimm an einem neuen Bahnhof ist und warum die alle demonstrieren?


    an dem geplanten neuen Bahnhof an sich ist m.E. nix schlimmes


    das Problem ist nur, daß ein Bahnhof ohne Gleisanschluß von sehr geringem Nutzen ist :face_with_rolling_eyes:


    der neue Stuttgarter Bahnhof ist quer zum Verlauf des Talkessels geplant
    (Hintergrundinfo: die Stuttgarter Innenstadt liegt in einem Kessel, aus dem man nach Norden ebenerdig an den Neckar kommt - der aber westlich, südlich und östlich von 100 bis 200 Meter hohen Hängen eingeschlossen ist)
    für den Gleisanschluß sind also > 20 km Tunnel in ingenieurgeologisch "interessantem" Terrain erforderlich, mit deren Bau noch nicht einmal begonnen wurde ...


    ingenieurgeologisch "interessant" ist der Untergrund vor allem deshalb, da dieser von Gipskeuper-Schichten durchzogen ist, zugleich aber ergiebige Mineralwasserquellen enthält
    bringt man Gipskeuper mit Wasser in Verbindung, so quillt dieser ...


    bei manchen Tunnelbauten gab/gibt es keine Probleme (z.B. bei der Stuttgarter S-Bahn)


    bei anderen hingegen schon:
    kannst ja mal nach "Wagenburgtunnel Nordröhre" googeln (wurde nicht fertiggestellt) ... oder nach "Engelbergtunnel" (bei dem alle 2 Jahre nachgebessert werden muß) ...


    sollte es beim Tunnelbau für Stuttgart 21 Probleme geben, so sehe ich dass Szenario, dass die Stadt ab ca. 2015 bis weit in die 2020er Jahre hinein einen schönen neuen Bahnhof hat - so als Querriegel zwischen der Innenstadt und einem Behelfsbahnhof im heutigen Gleisvorfeld ...

  • Hier ein Artikel aus der ZEIT, in dem beschrieben wird, wie beispielsweise ein Bürgerbegehren abgeschmettert wurde, obwohl genug Unterschriften zusammengekommen sind:
    http://www.zeit.de/2010/39/Bahnprojekt-Stuttgart-21
    Das Projekt ist vielleich palamentarisch legitimiert aber nicht demokratisch. Widerstand gegen S21 gibt es vor Ort seit Jahren.


    Die Menschen in Stuttgart selber wollen das Projekt nicht, richtig. Sie wollen lieber ihren Stadtpark behalten, der eine wichtige Funktion als "Grüne Lunge" erfüllt. Stuttgart liegt in einer Kessellage ...
    Ich frage mich auch, ob die paar Milliarden Teuro, die da gigantomanisch verbrannt werden sollen, nicht in anderen Dingen sinnvoller angelegt wären. Zum Beispiel in kostenlosen und qualitativ hochwertigen !!! Kinderbetreuungsmöglichkeiten für ALLE Kinder ab 12 Monaten, dadurch hätten wir dann auch gleich ein paar ALG II Empfänger/innen weniger. Oder die Öken werden in die maroden Schulen gesteckt, hier vor Ort fällt zum Teil der Putz von den Wänden, weil die Kommune kein Geld mehr hat.
    Ok, ich schweife ab.


    Aber ich denke auch, daß es mittlerweile um mehr geht, als um diesen Bahnhof. Die Leute haben keine Lust mehr, weiter vergackeiert zu werden.
    Und derzeit gärt es allernorten, ich halte einen "Heissen Herbst" für nicht ausgeschlossen.

  • Zitat von logicalman;52325

    ...ingenieurgeologisch "interessant" ist der Untergrund vor allem deshalb, da dieser von Gipskeuper-Schichten durchzogen ist, zugleich aber ergiebige Mineralwasserquellen enthält
    bringt man Gipskeuper mit Wasser in Verbindung, so quillt dieser...


    Oder ein Beispiel das sich jeder selbst ansehen kann, die südbadische Stadt Staufen zerreißt es förmlich nachdem man bei einer Erdwärme-Bohrung eine Gipskeuperschicht durchbohrt hat und dort nun Wasser eingedrungen ist. Über kurz oder lang wird die Innenstadt dort nicht mehr bewohnbar sein da sich durch die Verwerfungen überall in den Häusern Risse bilden.



    Aber wenn ich in meine Glaskugel gucke dann sehe ich für Mappus nach seiner Abwahl im März einige Monate später einen Vorstandsposten bei der DB, war ja beim Wiesheu Otto nicht anders. :face_with_rolling_eyes:

  • Leider ist das ganze ein lokales Problem hier bei uns in BaWü.
    Aber wenn man die Massen sieht die jetzt schon mit einer erstaunlichen Ausdauer auf der Straße sind, dann Hut ab!!!!!!
    Und jetzt stellt euch mal vor wie es bei uns es erst zugeht wenn es nicht um einen (zu teuren und schwachsinnigen) Bahnhof sondern um Arbeitsplätze, Essen, Zukunft, Nahrung etc. geht.
    Und das ganze nicht nur auf ein Bundesland beschränkt, sondern Deutschlandweit......


    Ich glaube das ist erst der Anfang und wir alle hier wissen warum wir unsere Vorsorge betreiben.

  • Zitat von dh3pm;52286

    Wenn ich mir die Polizisten so anschaue die auf ihre Mitbürger losgehen dann frage ich mich wo ist das Vermummungsverbot für Polizisten denn diejenigen der Polizisten denen dann die Nerven durchgehen und wild knüppeln sind ja nicht mehr zu erkennen weil sie Gesichstmasken tragen. Also auch schwer nachträglich dingfest zu machen. ...


    zur Identifizierung (einzelner, die ohne Grund wild auf friedliche Demonstranten draufknüppeln) würden auch gut lesbare Nummern/Barcodes auf Helm und Uniform reichen


    man müßte nur (am besten durch eine von der Polizei unabhängige Stelle, z.B. die Staatsanwaltschaft) den Bereich des Polizeieinsatzes zur Beweissicherung filmen ... und am besten auch gleich den Funkverkehr aufzeichnen, damit im Bedarfsfall die Verantwortlichkeiten geklärt werden können ...



    zum offenen Zeigen der Gesichter:
    zu bedenken ist ja auch, dass Polizisten auch mal etwas schützen müssen, was ihnen evtl. selbst zuwider ist ...
    und dass vielleicht nicht jeder Bock hat, abends (nachdem sein Gesicht gerade in der Tagesschau gezeigt wurde) in der Kneipe den Kumpels zu erklären, wieso er gerade den Naziaufmarsch im Nachbarort/das ungeliebte Asylantenheim/den Castortransport vor irgendwelchen Gegendemonstranten geschützt hat :peinlich:

  • Stuttgart 21 - wo nicht ?


    Stuttgart 21 – wo nicht ??

    Liebe Forumskollegen

    Als einer der beschriebenen in diesem Thema, möchte ich euch stellvertretend die andere Sichtweise deren näher bringen, die Tag täglich vor die „kleinen und grossen Probleme“ der heutigen Gesellschaft hin stehen – und zumindest versuchen, ihren Job so gut wie möglich (wie es so schön heisst „nach bestem Wissen und Gewissen“) zu machen. Natürlich gibt es noch andere Sichtweisen, nämlich deren der Demonstranten, deren Medienleute, deren Politiker usw. usw.

    Ich habe mir eure Beiträge im Zusammenhang mit dem Thema Stuttgart 21 „zu Gemüte geführt“. Ich habe bewusst, gewisse Beiträge mehrfach durchgelesen um zu verstehen, was in gewissen Köpfen und Hirngängen vorgegangen ist. Erschüttert hat mich grundsätzlich nichts, nur muss ich wieder einmal mehr feststellen, dass viele ihre Gedanken im Sinne der Vernetzung nicht zu Ende führen – keine Angst, das ist übrigens völlig „normal“ und soll keine Vorwurf sein.

    Hier eine kleine Auswahl der verschiedenen Ansichten, Meinungen, Äusserungen – notabene OHNE Wertung, es wiederspiegelt die ganz Problematik sehr gut:

    - Die von der Situation völlig überrumpelten Rettungskräfte
    - dieses harte Vorgehen ist sicher nicht im Willen der dortigen Polizisten geschehen
    - Mich stört es ungemein, dass da so eine wehrlose Masse einfach niedergemacht wird
    - Mir zeigt dass die (Ver-) Achtung, die "unsere" Politiker vor uns haben.
    - allerdings frage ich mich schon, wie ich 70 jährigen alten Frauen Pfefferspray reinwürgen und Schüler verprügeln kann ... und abends noch ruhig schlafen kann ?!
    - ja klar die Polizei ist immer schuld........
    - Natürlich kocht die Volksseele hoch und die Gewalt wird wohl auch eher von "Zivilisten" initiiert
    - Du hast auch vollkommen recht, wenn du sagst, dass die Medien es einfach haben. Es lässt sich ja viel manipulieren.
    - Alle "Bullen" die ich pers. kenne sind entweder Familienväter oder allein stehende Menschen die so denken wie Du und ich.
    - Das Ganze ist eben außer Kontrolle geraten, aber die Polizisten sind auch da, um dafür zu sorgen, dass das Ganze nicht außer Kontrolle gerät.
    - ob der Befehlsempfänger so gut drüber informiert ist, wen er (mit dem Wasserwerfer) wegspritzen soll ...
    - Klar kann der einzelne Polizist da erst einmal nicht viel machen, er ist ausführendes Organ. Nur die Verhältnismässigkeit?
    - Da geb ich dir voll recht, die Verhältnissmässigkeit muss gewahrt bleiben, aber von beiden Seiten.
    - der Feind ist nicht der Beamte in Uniform der vor euch steht, der Feind sitzt in der Regierung und den habt ihr soweit gebracht.
    - Und das schafft Wut, die sich über Jahre und Jahrzehnte aufstaut.
    - In einem so gelobten "Rechtsstaat" kann es nicht sein das man einen so massiven Protest von normalen Bürgern durch alle Schichten nicht respektiert.
    - eine Schande für unsere Politiker da sie nur in Legislaturperioden und Profit denken
    - Geschätzt kaum älter als ich und die Hilflosigkeit in Gesicht geschrieben.
    - Aber was hätte die Polizei machen sollen? Die "armen" Demonstranten aus dem Weg streicheln?
    - Hooligans, welcher Couleur auch immer, die Krawall wollen.
    - Wenn ich mir die Polizisten so anschaue die auf ihre Mitbürger losgehen dann frage ich mich wo ist das Vermummungsverbot für Polizisten
    - Der "Lohn" für den Polizisten ist ein elendes Gehalt, Überstunden zum Abwinken und seinen Arsch zu riskieren.
    - Warum geht die Polizei so gegen das eigene Volk vor? Und warum zieht die gleiche Polizei den Schwanz ein bei den "NO-GO-AREAS", wenn sie sich von einer Horde halbstarker "Indianer" in Problemstadtteilen beleidigen und provozieren lässt?
    - Die Polizei ist ja wohl das letzte Glied in der Kette.

    Obwohl wir mit Internet, Facebook, Twitter und wie das ganze Zeug noch heisst rund um den Planeten vernetzt sind, bringen wir Menschen es selten fertig vernetzt zu denken – nach dem Motto: „ wir können in einer 5tel Sekunde eine Botschaft um die Welt senden. Aber es kann Jahre dauern bis sie von der Aussenseite eines Schädels nach innen dringt“. J

    In diesem Sinne versuche ich ein wenig mehr Licht in die andere Seite zu bringen – Resümee Stuttgart 21.

    Die Bilder von verletzten, blutenden Demonstranten und prügelnden Polizisten die mit ihren grossen Wasserwerfern umher gespritzt haben sind medial um die Welt gegangen. Auch ich habe diese im Fernsehen und in der Presse verfolgt. Es sind nicht die ersten und werden auch nicht die letzten sein – warum ? Sieht euch um, Stuttgart 21 gibt es weltweit jeden Tag. Es ist das Scheitern der Menschen und deren Politik. Und wenn wir uns auch von gewissen, vermeintlichen „Bananenrepubliken“ distanzieren wollen, machen wir in unseren Breitengraden nichts anderes. Wir schicken beim Scheitern der Politik die Polizei, die Armee – sollen doch die…………………………..!! Übrigens, diese Vorgehensweise finden wir geschichtshistorisch in allen Epochen der Menschheit wieder und was lernen wir daraus – NICHTS !!!

    Wie tickt eigentlich der durchschnittliche Polizist in der Regel. (keine Regel ohne Ausnahmen !). Im Grundsatz nicht anders wie alle anderen auch – er ist (und sieht sich) nicht besser und schlechter wie jeder andere Mensch auch. Sicher hat er bei Beginn seiner „Berufskarriere“ gewisse Vorstellungen, sicher hat er auch (in der Regel) einen ausgeprägten Sinn für Recht und Ordnung, Gleichberechtigung, Ethik, Anstand usw. – vor allem aber hasst der Polizist Gewaltausübung in jeglicher Form. Das grosse Problem eines jeden Polizisten ist der tägliche Kampf, die Auseinandersetzung mit genau diesen Werten in unserer so komplexen Gesellschaft.


    Nur das wir uns alle besser verstehen,

    Vorab liebe Kollegen, ob Polizist, Strassenbauer, Krankenpfleger, Feuerwehrmann, Kübelmann oder was auch immer. JEDER, der sich zum Wohle und Miteinander unserer Gesellschaft einsetzt, hat den uneingeschränkten Respekt von uns allen verdient. Nur ist das im naturell des Menschen entsprechend beim Polizisten etwas anderes. ER verkörpert den Staat, die Behörde, das Amt – und genau mit diesen Dingen wollen wir meist so wenig wie möglich zu tun haben (geht auch mir so). Oder anders gefragt, wer hat schon Freude von einem Polizisten gebüsst zu werden, vom Steueramt eine Steuerrechnung zu erhalten und vom Politiker die Nachricht zu erhalten, dass die Krankenkassenprämien (trotz vorjährigem Bla…Bla) wieder einmal mehr steigen…………………..????

    Nun, Polizisten machen Fehler – nicht selten auch grosse Fehler. Polizisten entscheiden auch nicht immer richtig, sie entscheiden nicht selten auch falsch. Kommt noch hinzu, dass es schlechte Polizisten gibt, die eigentlich (aus welchen Gründen auch immer) nichts im Polizeiberuf zu suchen haben. NUR, wenn Polizisten an der Front Fehler machen und falsch entscheiden hat dies meist fatale Folgen und genau das macht den Job so extrem heikel – besonders dann, wenn die Kamera der Presse genau in diesem Moment „Klick“ macht. Der Polizeiberuf wird aufgrund der gesellschaftlichen Problematik zunehmend zum Verschleissjob. Früher gingen viele Polizisten nach 20, 30 Dienstjahren oder mehr in den wohlverdienten Ruhestand. Heute meine lieben Kollegen, reden wir in den Polizeikreisen über akute Rekrutierungsprobleme, wir reden nicht selten über zunehmend psychische Probleme, über Beziehungsprobleme, über Scheidungen, über Burnout, über und über…… und nicht selten über den vorzeitigen Austritt aus dem Polizeiberuf.
    Warum ?

    Nun zurück zu Stuttgart 21 oder welche Demo auch immer………..

    - Jeder dieser Polizisten ist hinter der OD-Rüstung (OD = Ordnungsdienst) ein Mensch, ein Bürger und nicht der Staat. Er vertritt vielfach sogar die gleiche Meinung wie der vor dem Schild stehende Demonstranten. An diesem Tag hat er aber einfach das verfluchte Pech, an einer dieser verdam…….Demo eingeteilt zu sein. Und die Befehle des Zugführers auszuüben und umzusetzen.
    - Jeder dieser Polizisten würde lieber den verantwortlichen Politiker vor seinen Schild schicken, der schlussendlich die Eskalation mit seiner verfehlten Politik verursacht hat.
    - Jeder dieser Polizisten würde lieber Zuhause bei seiner Familie, bei seiner Freundin oder Freunden sein - aber nie und nimmer an einer Demo, egal um welches Thema es sich gerade handelt.
    - Jeder dieser Polizisten hat trotz OD-Ausrüstung Angst um seine Gesundheit – nicht selten Angst um sein Leben. Vergessen wir nicht, an der Front stehen keine Rambos sondern Familienväter und Menschen mit Gefühlen.
    - Jeder dieser Polizisten weiss genau, mit was er unter Umständen konfrontiert werden kann – im besten Fall sind es Spucke, Schimpfwörter, Beleidigungen und im extremen Fall reden wir von Baseballschläger, Molotow-Cocktails, Stahlruten, Messern, Eisenstangen, Backsteinen, Stahlrundkugeln, ätzende Flüssigkeiten etc. etc. etc.
    - Jeder dieser Polzisten hat innerhalb des Einsatzes einen Puls von 240, ist hyper nervös und überaus angespannt und gereizt. Nicht vergessen, wir reden bei eskalierenden Demos von „Kriegszuständen“.


    Jetzt sind wir beim Kern des Problems, ich versuche euch „nur im Ansatz“ auf einer eine „Eskalationsreise“ mitzunehmen.

    Stellt euch vor, ihr steht als Polizist mit Schild und schwerer Ausrüstung vor hunderten, ev. tausenden Demonstranten. Ihr hättet eigentlich nach 6 Tagen Dienst einen euren freien Tage, hättet diesen gerne mit Familien, Kinder, Freunden verbracht – wurdet aber kurzfristig an die Demo einberufen. Ihr wisst warum die Leute vor euch nicht zufrieden sind, eigentlich könnt ihr die vielen Menschen auch verstehen, nur ist das im Moment nicht der Kern eurer Aufgabe. Ihr habt vom Einsatzleiter den „Befehl“ erhalten, die Reihe an der Strasse X zu halten. Ihr steht in der ersten Reihe, die Ausrüstung trägt sich schwer und ist unbequem, das Wetter ist heiss oder es regnet euch permanent hinter den Nacken oder sonst wo hin. Im Stillen hofft ihr auf eine friedliche Kundgebung und dass ihr so schnell wie möglich nach Hause könnt. Vielfach ist es ja auch so – in eurem Fall geht die Geschichte weiter. Ihr steht da, hört auf dem einen Ohr den nervösen Polizeifunk, auf dem anderen Ohr bekommt ihr die lauthalsen Schreie, Parolen, Forderungen, Beschimpfungen etc. der Demonstranten mit. Langsam heizt sich die Stimmung auf, eure Beine sind vor lauter stehen schon schwer und eigentlich habt ihr die Nase gestrichen voll. Schon fliegt die erste Spucke euch an Helm oder mitten ins Gesicht, weil ihr einfach das Visier des Helmes nicht runter gemacht habt. Der Puls steigt langsam auf 240, die ersten Pflastersteine fliegen und wenn ihr diesen an den Helm bekommt, fühlt sich das an wie wenn Mike Tysen euch eine gepfeffert hätte. In der ersten Reihe seht ihr die Gesichter, die grossen Augen – nicht selten blanker Hass einzelner Leute die einfach genug haben wie ihr selber auch. Jetzt liebe Kollegen braucht es genau einen Funken, sei es das „Go“ des Einsatzleiters oder der Schlag eines Chaoten (der eigentlich nur auf Gewalt aus ist und nichts mit der Demo zu tun hat) der euch einen Baseballschläger um die Ohren schlägt. Und nun geht es auf beiden Seiten im Extremfall um das „nackte“ Überleben, die Situation eskaliert und läuft nicht selten vollkommen aus dem Ruder. Eine Unterscheidung zwischen friedlichem Demonstranten, Zuschauer, Chaoten etc. ist im Extremfall sehr schwierig – teilweise beinahe unmöglich.

    Wir reden auf beiden Seiten von Extremsituationen - Verstand, Verhältnismässigkeit, Verständnis, Mitgefühl etc. werden z.B. kurzeitig infolge Adrenalin – Ausstoss ausgesetzt, es wird einfach gehandelt – mit allen verfügbaren Mitteln…………………………..!! Erst wenn ihr körperlich so fertig seit, der Einsatzleiter euch per Funk ins Ohr schreit oder eurer Kollege neben euch auf den Rücken schlägt, kommt die Sache langsam wieder „unter Kontrolle“. Was nach dem Einsatz in jedem einzelnen vorgehen kann würde den Rahmen der Diskussion sprengen.


    So, jetzt ist auch mir die Luft zum schreiben ausgegangen :) Nun möchte ich das Rad wieder schliessen. Es liegt leider im Naturell des Menschen, dass er seit Generationen nicht begreift, wo der Sinn unseres Dasein liegt – in diesem Sinne werden wir leider noch viele tragische „Stuttgart 21“ erleben.


    Gruss und ein friedlicher Tag wünscht euch allen

    Jaguar :gratuliere:

  • hallo,


    Die meisten Polizisten sind normale Menschen, wie du und ich.


    Der ein- oder andere ist aber enfach ein brutales Arschloch.


    Guckt euch die Glatze hier an, oder das Weichei, das Gas auf den Opa sprüht.


    Wer soviel Freude empfindet ist ein Sadist, der sofort aus dem Dienst entfernt gehört.


    http://www.youtube.com/watch?v=a2wNgq_30Ss


    Ein solches Vorgehen ist nicht zu entschuldigen.


    Grüße, Jan.

  • Ich bin äußerst beeindruckt. Vielen Dank, jaguar.
    Genau die Sicht der "anderen" Seite hatte ich mir gewünscht.


    Gruß.
    gorx


  • Nun, Du hast es ja selber schon gesagt. Es gibt bei der Polizei auch genau diese "Arschlöcher" ... aber die Masse sind das wohl nicht.
    Wir hatten be der Bundeswehr auch welche, die kamen mit ihren eigenen Kampfmessern an am ersten Tag ... die wurden bald ausgesiebt.
    Wenn das öfter passiert wird es wohl auch dementsprechende interne Verfahren bei der Polizei geben um die aus dem Verkehr zu ziehen (nehme ich an .. ich weiß es nicht).


    Mich stört eher der Einsatz dieser "SEK"-Einheiten (heißen die Vollvermummten so?). Das ist in meinen Augen definitiv nicht mehr Polizei, sondern eher Militär. Die sollten bei sowas nicht eingesetzt werden..... oder stehen Demonstarnten demnächst der GSG9 gegenüber ... oder Einzelkämpfern des Militärs ?


    Gruß.
    gorx

  • Wenn ich zu umzingeten Polizisten hingehe keinerlei Distanz wahre und mich von : "Treten sie zurück" nicht abschrecken lasse, brauch ich mich nicht wundern wenn ich Pfefferspray in die Fresse bekomme :nono:
    Zumal solche Filmausschnitte ja gezielt provoziert werden...
    Hätte ich mich auf n Polizeiauto gesetzt hätt ich daheim deutlich mehr riskiert, zu Recht.

  • Nun, Blackei`s "Glatze" scheint tatsächlich ein Brutalo zu sein. Wobei die Gegenseite sicherlich auch provoziert hat. Und die Kiddies mit den Kaputzen auch im Alltag irritierend sind - dieser Junkie-Links-Look, bäh. Aber was man auf den Bildern sieht, ist, dass die meisten Protestler absolute "Normalos" sind. Und ich habe nicht gesehen, dass irgendwer auf die Politisten einschlägt. Lediglich am Ende flogen diverse Gegenstände.

    Aber gut, wer kommt auf die Idee, vermutlich unreife Schüler zu einer Demo zu beordern ? Warum das dumpfe Getrommele im Hintergrund (akustisch) ?

    Was auch bedenklich ist, einige der Protestler von Vorgestern sind das Etablishment von gestern/heute/morgen - man denke nur an Joschk* Fisch*r...

    Es sind so viele Interessensgruppen involviert, schwer sie alle auseinander zu halten und objektiv zu beurteilen.

    Was lernt der Survivler daraus ? lieber nicht auf der Strasse wein, wenn dort gekämpft wird. Oder zumindest eine Regenjacke haben und gut "gepolstern" sein. :devil:

  • Die Jungs auf dem Auto sind zurecht so behandelt worden und wurden auch verhälnismäßig "sanft" angefasst.


    Zu den Therorien, die Demonstranten hätten provoziert.


    Wir leben im Internetzeitalter und die Polizei filmt selbst mit.


    Wo sind die Bilder von den brutalen Übergriffen der Demonstranten?


    Entweder irgendein Geheimbund hält sie zurück, oder es gibt schlicht und einfach keine... :peinlich:


    Es bleiben leider mehr offene Fragen als Antworten, mal sehn was die nächsten Wochen so bringen. :winke:

  • Zitat von BadTrapper;52377


    ...
    Aber gut, wer kommt auf die Idee, vermutlich unreife Schüler zu einer Demo zu beordern ? Warum das dumpfe Getrommele im Hintergrund (akustisch) ?
    ...


    Laut Berichten waren da einige als Schulklasse(n) als genehmigte Demonstration angemeldet. Die Lehrerin hat, als die Polizei räumte die Klassendemo dann beendet, die Schüler haben sich aber dann den anderen Demonstranten angeschlossen.
    Ich persönlich hätte als Elternteil die Lehrerin gevierteilt ... aber ich kenne die Hintergründe natürlich nicht.


    Gruß.
    gorx

  • mal eine Überlegung unabhängig von Stuttgart 21 ...



    mit "Rekrutierungsproblemen" droht aber eine gefährliche Entwicklung:


    1. kann die "Musterungsstelle" dann nicht mehr alle aus psychischen/intellektuellen/ect. Gründen ungeeigneten Bewerber ablehnen, sondern muß nehmen, was sie kriegen


    und 2. bewerben sich dann nur noch diejenigen, die entweder sonst für keinen Job in Frage kommen oder die "machtgeil" darauf sind, in Uniform auf der Straße Chef spielen zu dürfen


    und dann "tickt" der durchschnittliche Polizist in 20 oder 30 Jahren nicht mehr "wie jeder andere Mensch auch" ...


    ... sondern gleicht eher eine Melange aus Einkaufszentren-Security und Diskotürstehern
    (was die Jobs sind, in denen die o.g. Bewerbergruppe heute unterkommt)



  • Bei Demonstranten ist es ebenso...Polizisten bilden auch nur einen Querschnitt der Bevölkerung ab, da findet man eben wie Überall "Solche und Solche".

  • Danke fuer die Erklaerungen.


    Ich sehe aber nur, dass "Ihr" in Deutschland an groessere, entschlossene Demos nicht gewoehnt seid. Der Aufruhr ueber ein paar blaue Augen ist dann gross.


    Kommt mal hier nach Frankreich, was da vor ein paar Wochen in Grenoble los war, oder wenn mal wieder ein paar unzufriedene Bauern eine Kreuzung Tagelang blockieren und auf vorbeifahrende Autos (d.h. du und ich) mit Pflastersteinen werfen ?


    Ist alles relativ. Deutschland ist halt im Normalfall eine Konsensgesellschaft, und die Schweiz noch mehr. Wo ihr aber recht habt ist die Andeutung dass das nur der Anfang einer "Bewegung" sein koennte bzw. einer unguten Tendenz die sich weiter eskalieren koennte.


    Gruss
    the asdfgr

  • @asdfgr :


    Ja, Frankreich ist da eine ganz andere "Hausnummer".


    Ich muß da immer an Krieg denken, wenn ich mal Bilder von Demos in Frankreich sehe.
    Leider kriege ich nie mit, wer sich da am Ende durchsetzt. Bringt demonstrieren eigentlich überhaupt was ?
    Provokant gesagt glaube ich da ehrlich gesagt nicht wirklich dran.
    Haben Demonstrationen in der Vergangenheit jemals was bewirkt ? Ich weiß es nicht (außer der französischen Revolution vielleicht .. aber ne Demo war das ja auch nicht unbedingt).
    Leider gibt uns der deutsche Staat nicht wirklich eine große Auswahl an Rechtsmitteln in die Hand außer Demonstrationen ... wenn man mal von kostspieligen Klagen absieht.


    Gruß.
    gorx

  • ich denke, in Frankreich und in Deutschland gibt es grundsätzlich unterschiedliche Demonstrationskulturen


    in F (soweit hier in den Medien berichtet wird) kurze Randale zugunsten irgendwelcher Partikularinteressen


    in D oft langandauerende (und seitens der Mehrzahl der Demonstranten friedliche) Proteste gegen irgendwelche umstrittenen Vorhaben ... oder im Falle der Leipziger Montagsdemonstrationen sogar gegen das politische System ...


    [SIZE="1"]Anmerkung:
    Die Berliner 1. Mai-Randalen sind für mich genauso wenig "Demonstrationen" wie ich Hooligans, denen es nur um die "dritte Halbzeit" geht, als Fußballfans ansehen würde[/SIZE]


    Zitat von gorx;52402

    ... Bringt demonstrieren eigentlich überhaupt was ?
    Provokant gesagt glaube ich da ehrlich gesagt nicht wirklich dran.
    Haben Demonstrationen in der Vergangenheit jemals was bewirkt ? ...


    kannst Dir ja mal das Atomkraftwerk Wyhl und die Wiederaufbereitungsanlage in Wackerdorf im Blick darauf anschauen :face_with_rolling_eyes:

  • @ Jaguar

    Danke für deinen Text, er gibt in Dinge Einblick die wichtig sind, es ist leider so das der Hauptschuldige für solch Ausschreitungen meist die Politiker und der Staat sind, die die es ausbaden müssen sind schlussendlich die in einer der untersten Ebenen des Staates mit dem wenigsten Lohn und schlussendlich der ganzen Drecksarbeit.
    Für den normalen Demonstranten ist schlussendlich die Polizei schuld, für die Medien ebenfalls, und die Politiker geben dann der Polizei ebenso die Schuld, wenn dann von der Polizei noch einer aufmuckt wird er vermutlich seinen Job beenden können.

    Ein Textauszug von dir sagt alles,

    Zitat

    - Jeder dieser Polizisten würde lieber Zuhause bei seiner Familie, bei seiner Freundin oder Freunden sein - aber nie und nimmer an einer Demo, egal um welches Thema es sich gerade handelt.
    - Jeder dieser Polizisten hat trotz OD-Ausrüstung Angst um seine Gesundheit – nicht selten Angst um sein Leben. Vergessen wir nicht, an der Front stehen keine Rambos sondern Familienväter und Menschen mit Gefühlen.




    Für die meisten Polizisten wird dies zutreffen, auch wenn es ausnahmen gibt, diese ausnahen gibt es aber auch auf der anderen Seite einer Demo wenn es eskaliert.
    Ich will hier keine Schuldigen suchen, weder bei den Demonstranten oder bei der Polizei, es gab sicher auf beiden seiten provokationen oder angriffe, das ist leider traurig, aber das gibt es leider viel bei demonstrationen mit verhärteten Fronten, die Frage ist dann auch ob die TV Kamera nur auf der einen Seite filmt.
    Das Hauptproblem aber ist das die Massen nicht einsehen wollen oder können, das die Politiker die Sie wählen für das verantwortlich sind, und nicht der gewöhnliche Polizist der den Befehl von oben hat zu räumen. Für den Staat ist das einfach, er gestaltet dies so das die Wut auf die Polizei gelenkt wird und stiehlt sich so aus der Verantwortung, der Volkszorn wird so noch mehr aufgeheizt und es kommt zu noch schlimmeren auseinandersetzungen.
    Schlussendlich bleiben verletzte Demonstranten und Polizisten auf der Strecke und mit dem ist das Problem auch nicht gelöst.:traurig:

    Ich hoffe das man in Stuttgart noch eine gute und friedliche Lösung findet, wobei ich sagen muss das ich leider nicht recht daran glauben kann da die Behörden da alles andere als einen verhandelsinteressierten Eindruck machen, wenn die sich für den Schaden und die verletzten selber verantworten müssten, sähe dies vieleicht anders aus.