Hungersnot aus dem nichts...

  • Auf der Seite:
    http://survival.4u.org/katastrophen/
    wird von Hungersnot aus dem nichts als mögliches Scenario gesprochen. Ich find aber nix darüber, auch der Link existiert nicht mehr.


    Worum gehts da? Was muss ich mir da drunter vorstellen?

  • Die "normale" Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel basiert darauf daß Lieschen Müller aus Gewohnheit ungefähr soviel einkauft wie sie die nächsten zwei Tage braucht.

    Wenn Lieschen Müller jetzt z.B. eine Horrormeldung im Fernsehen sieht die sie - und tausende Mitbürger - zu Hamsterkäufen veranlasst, dann kommt die "normale" Infrastruktur der Supermärkte nicht mehr hinterher und die Regale werden leer(er).

    Die leeren Regale bringen jetzt noch mehr Leute auf die Idee daß sie Vorrat brauchen weil es vielleicht bald garnichts mehr gibt. Am besten sagt ein Politiker noch im Fernsehen daß es keinen Grund gibt für Hamsterkäufe, so daß jetzt ALLE nur noch dieses Thema im Kopf haben und Vorrat anlegen wollen.

    Weil es die Produktions- und Transportkapazitäten aber nicht hergeben daß an einem Tag ALLE die mehrfache Menge des "normalen" Bedarfs abrufen bricht das System zusammen, wohlgemerkt obwohl die "normalen" Mengen an Lebensmittel zur Verfügung stehen, diese aber von wenigen in Mengen abgekauft werden um Vorrat aufzubauen, oder aufgrund von Streik, Aufstand, ... nicht mehr verteilt werden können.

    In der Konsequenz bedeutet das für die Mehrheit eine Hungersnot die NUR aus dem geänderten Einkaufsverhalten der Masse resultiert, ohne daß die eigentlichen Faktoren der Horrormeldung schon eingetreten sind.

    So habe ich das in Erinnerung, hoffentlich habe ich nichts verwechselt oder vergessen?

    Grüße,
    J.

    If you are looking to government for the answer, you obviously don´t understand the problem.

  • Ok . Das HAmsterkaufszenario kannte ich...:-)


    Danke für die Antwort!!!

  • was aber doch keine Hungersnot zur Folge hat, sondern nur bedingt, dass sich die Vorratshaltung vom Supermarkt in die Haushalte verlagert ...
    (schlecht allenfalls für den, der weder für 2 bis 3 Wochen Vorrat hat noch beim Last-Minute-Volkshamstern mitmacht)

  • Zitat von DerMixer;54952

    Worum gehts da? Was muss ich mir da drunter vorstellen?


    Hallo,


    ich kenne den Link von Eva Marbachs Seite jetzt nicht, aber für ein Szenario mit spontaner Hungersnot brauchts nicht viel Fantasie:


    In fast allen Regeionen der Welt hat sich Arbeitsteilung und Spezialisierung seit Jahrhunderten als Prinzip durchgesetzt. D.h. auch Lebensmittel werden von wenigen Spezialisten für die vielen Konsumenten hergestellt. Damit das funktioniert, braucht es
    1. zuverlässige Ernten,
    2. Haltbarmachung der Lebensmittel
    3. Transportmöglichkeiten und
    4. Kaufkraft beim Käufer.


    Wenn nun einer oder mehrere dieser Faktoren ausfallen, stockt die Belieferung mit Lebensmitteln und da die Mehrzahl der (ebenfalls spezialisierten) Konsumenten darauf nicht vorbereitet ist/sein kann, kommt es letztendlich zur Hungersnot, zumindest solange, bis Hilfe von aussen kommt (UNO) oder sich das System wieder fängt und stabilisiert.


    Als Ende der achtziger Jahre die Sowjetunion zerfiel, konnt man das beobachten: in der Ukraine und in Weissrussland vergammelte die Ernte auf den Feldern bzw. riesigen Lagerplätzen, weil plötzlich niemand mehr den Transport durchführte. Durch den gleichzeitigen Verfall des Rubels konnten die russischen Verbraucher sich nicht mit importierten Gütern versorgen, weil sie unbezahlbar waren, das Resultat waren sehr sehr harte Zeiten, speziell die Winter.


    Als in den 90ern dann auf dem Balkan die ethnischen Konflikte wieder mal blutig ausbrachen, nutzten die einzelnen Kriegsparteien das Abschneiden der Versorgungsrouten und das Verminen von Feldern bewusst, um die jeweilige "gegnerische" Bevölkerung auszuhungern.


    Ein "Überangebot" an Verbrauchern ohne Kaufkraft ist auch eine sichere Weise, für Hunger zu sorgen: Massenflucht aus Kriegsgebieten oder nach Naturkatastrophen führt in logischer Konsequenz zu massiven Versorgungsproblemen an den Zufluchtsorten.


    Wobei bei regional begrenzten Konflikten oder Katastrophen die globale "Wohltätigkeitsindustrie" inzwischen innerhalb weniger Tage anläuft und die betroffenen mit Hilfsgütern regelrecht bombardiert, mit anfangs mehr oder weniger grossem Erfolg (Erdbeben in Haiti, Chile). Grossereignisse, wie der Tsunami in Asien oder die Flut in Pakistan bringen allerdings die internationale Hilfsmaschinerie an ihre Grenzen, vor allem, wenn die Katastrophe in Kriegs- bzw. Diktatur-Ländern (Burma beim Tsunami) zuschlägt.


    Erstaunlich und gleichzeitig ernüchternd finde ich die Tatsache, dass die klassischen reichen und hoch zivilisierten Länder bei an sich "kleinen" Katastrophen immer mehr unfähig erscheinen, angemessen und schnell zu reagieren: Hurrikan Katrina in New Orleans oder das Erdbeben im italienischen l'Aquila Anfang 2009 (wo jetzt(!) noch Menschen in Zelten leben und es wochenlang nicht möglich war, die Kommunikationsinfrastruktur wieder eingiermassen herzustellen).


    Mittlerweile - so ist meine Einschätzung zumindest - dürfte die Gefahr einer überraschenden und umfassenden Versorgungslücke (nicht nur Hunger) in unseren alten übersättigten Industrieländern viel grösser und die Auswirkungen heftiger sein, als in Entwicklungsländern. Warum? Weil "wir" uns auf unserem Wohlstand ausruhen und wichtige Grundfähigkeiten verlernt haben: wir wissen, wie man Chicken Nuggets in der Mikrowelle zubereitet, scheitern aber daran, ein Hühnchen von der Strasse zu fangen und es zu schlachten und zu essen. Da ist uns jeder Mensch in einem beliebigen Schwellenland weit voraus... Ebenso das Anpassen an neue Situationen: mich faszinierten die nach der Flut in Pakistan dort überall zu sehenden hochbeinigen Bettgestelle mit drübergehängter Zeltplane, die die Menschen sich dort als provisorische Wohnung für die ganze Familie aufbauten. Wir würden unsere Ikea-Spannplatten-Bettlandschaften mit Radiowecker nicht mal aus den Haus bekommen...


    Dass z.B. die schweizerische Regierung und die dt. Behörden seit einiger Zeit wieder recht deutlich zum Anlegen eines Notvorrats raten, sollte eigentlich jeden nachdenklich machen.


    Grüsse


    Tom