Lieferketten Semiconductor-Industrie

  • Baerti Denkst Du nicht das moderate Inflations Anstiege auch eingepreist sind? Wird wohl der einzige Weg sein die hohen Staatsverschuldungen los zu werden, oder lieg ich da falsch?


    Gruß

    Kcco

    Ja, die Frage ist aber wie stark die Inflationsztendenzen gehen können/werden. Das Problem würde erst wirklich eintreten, wenn die Zentralbanken dann gezwungen wären die Zinsen zu erhöhen, das wäre auch schon im geringen Prozentbereich bei einigen Staaten dramatisch. Klassische Zwickmühle. Hoffen wir mal das die Infla in Zukunft unter 5% gehalten werden kann. Das wäre ein Mittelweg.

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • Das ist eine lehrbuchmäßige selbsterfüllende Prophezeihung, was wir gerade erleben: "Elektronikbauteile werden knapp." "Was? Wirklich? Ich muss schnell Elektronikbauteile kaufen, bevor sie gar nicht mehr verfügbar sind!" "Eletkronikbauteile sind nicht mehr verfügbar." - was für ein abstruses Schauspiel.


    Ich hab den Eindruck die globale arbeitsteilige Wirtschaft verschluckt sich grad an ihrer eigenen Gier, ganz besonders der gemeine Konsument, der meint, dass immer nur das Neueste taugt.

    Was wurde ich schon belächelt für meinen Spleen, alte PCs zu sammeln, herzurichten und in der Familie zu nutzen, teilweise auch weiterzuverkaufen.

    "Was, Du nutzt noch DDR3-RAM? Wie, dein Kind muss auf einer GTX750 zocken? Unter einer Ryzen-CPU geht heute gar nichts mehr!" usw. Komischerweise fangen die Leute nun an, sich um vergleichsweise alte i5- und Xeon-CPUs zu kloppen, was vor einem Jahr noch für 20-30 Euro gebraucht zu kriegen war, wird heute auf 70-80 Euro hochgesteigert. Die NVIDIA GTX1050Ti, 2016 für 150 Euro auf den Markt gekommen, kostet heute gebraucht mit ausgenudelten ratternden Lüftern mindestens 160 Euro, Tendenz steigend.


    Es kommen aktuell drei Sachverhalte ungeschickt zusammen:


    1. Chipfertigung dauert.


    Wie schon mal weiter oben geschrieben, ist die Chipfertigung nicht mal eben auf Knopfdruck skalierbar. Ein regulärer Durchlauf von Tapeout bis zum fertig prozessierten Wafer dauert zwischen 60 und 80 Tagen. Dann kommt noch Wafer testen, Chips vereinzeln und verpacken, Bauteiltest und Auslieferung an die Bestücker, die die Teile auf die Leiterplatten löten. Da reden wir schon in normalen Zeiten von 100, eher 120 Tagen. Bis dann die damit ausgestattete Fritzbox oder was weiss ich im Handel ist, gehen auch nochmal Wochen ins Land, das Zeugs muss ja erst mal z.B. durch den Suezkanal. Dann haben wir jetzt noch Corona-bedingte Fertigungsausfälle oder Verzögerungen durch andere Effekte (Frachter-Stau vor den Häfen, zu wenige Leercontainer usw.). Also vergeht locker ein halbes Jahr zwischen Nachbestellung der Chips und Verfügbarkeit des Produkts.


    2. Die Chipfabriken sind ausgelastet


    Halbleiterfabriken sind extrem teuer in Betrieb und Unterhalt. Da kann man sich keinen Leerlauf leisten. Auch sind die meisten Prozessschritte nur dann stabil und reporduzierbar, wenn permanent was durch die Maschinen läuft. Einen Waferstepper für zwei Wochen abzuschalten, ist keine gute Idee, das dauert dann wieder 4 Wochen, bis die Parameter wieder "in spec" sind. Abgesehen davon, dass so eine Kiste gern mal 150Mio. Euro kostet und 24/7/365 laufen muss, um sich zu amortisieren. Das alles hat zur Folge, dass die stornierten Fertigungsaufträge für Chips der Autohersteller sofort durch andere Fertigungsaufträge (v.a. für Apple, NVIDIA und Cryptominer) vollständig belegt wurden. Huawei hat nach dem Druck durch Trump gewaltige Hamsterkäufe getätigt serh viele Chips auf Vorrat geordert. Das lastet die Werke komplett aus. Die Autoindustrie kommt da jetzt nicht mehr mit mehr Aufträgen rein, und muss warten, bis wieder was frei wird.


    3. "Globale Gleichzeitigkeit" beim Konsumverhalten


    Das Konsumverhalten extrem vieler Menschen wurde durch die Pandemie "zwangs-synchronisiert". Wenn sonst nur 1.000 Webcams pro Monat und Land verkauft wurden, waren es plötzlich 100.000. Dito bei anderer Homeoffice-Ausrüstung. Die Lockdowns taten ein übriges und sorgten dafür, dass viele Haushalte ihre Unterhaltungselektronik aufgerüstet haben. Geld, das sonst für Reisen, Veranstaltungen, Restaurants ausgegeben wurde, ist verfügbar und erleichtert solche Konsumausgaben.



    Das trifft jetzt halt aufeinander. Erschwerend kommt hinzu, dass Bau und Inbetriebnahme neuer Fertigungslinien für Halbleiter eher in Jahren als in Monaten gemessen werden muss und diese Investitionen nciht gerade klein sind. Ein Beispiel: Intel möchte gerne zwei Werke in Europa errichten. Geschätzte Gesamtinvestition: 20 Mrd. Euro (wovon Intel gerne 8 Mrd. Euro als staatliche Subvention hätte).

    Als Investor würde ich mir das gut überlegen, bislang hat die Produktionskapazität für Chips mehr als ausgereicht. Sobald der Klopapier-Zyklus bei den Mikrochips abklingt, hat man teure Überkapazitäten aufgebaut, die dann keiner braucht.


    Grüsse

    Tom